ein bericht des amts für multikulturelle angelegenheiten frankfurt am main
analysen studien berichte
Frankfurter Integrations- und Diversitätsbericht 2011 – 2014
Interkulturelle Öffnung von Stadt, Politik und Verwaltung
ein bericht des amts für multikulturelle angelegenheiten frankfurt am main
analysen studien berichte
Frankfurter Integrations- und Diversitätsbericht 2011 – 2014
Interkulturelle Öffnung von Stadt, Politik und Verwaltung
Impressum Herausgeber: Magistrat der Stadt Frankfurt am Main Dezernat XI - Integration Amt für multikulturelle Angelegenheiten Verfasser: Patrick Schupp Redaktion: Dr. Armin von Ungern-Sternberg (Amtsleitung) Dr. Uta George (Fachteamleitung 15.3) Markus Wiegner (Fachteamleitung 15.2) Lektorat: Reiner Heck Grafische Gestaltung: Margaretha Shaw Graphic Design Druck und Verarbeitung: flyeralarm GmbH Bezugsadresse: Amt für multikulturelle Angelegenheiten Lange Str. 25-27 60311 Frankfurt am Main
[email protected] 1. Auflage März 2015 © Der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Angabe des Herausgebers.
An dem Frankfurter Integrations- und Diversitätsbericht war eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe vorbereitend beteiligt. Die Bearbeitung konnte nur mit Unterstützung von Vertreterinnen und Vertretern anderer Fachämter und Betriebe gelingen. Das „AmkA“ dankt allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen. In dem vorliegenden Bericht wird i.d.R. sowohl die weibliche wie auch die männliche Form verwendet. Lediglich in Grafiken wird – aus Gründen der Übersichtlichkeit – auf diese ausführliche Form verzichtet.
Inhalt Vorwort 7 1. Integrationspolitik und Integrationsberichterstattung in Frankfurt am Main
13
2. Rahmenbedingungen der Integrationspolitik in Frankfurt am Main
19
2.1 Demographische Entwicklung und Einschätzung kommunaler Herausforderungen
19
2.2 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
27
2.3 Kommunale Integrations- und Diversitätspolitik
29
3. Ansatzpunkte der Integrationsberichterstattung
32
3.1 Möglichkeiten und Formen von Integrationsberichterstattung
32
3.2 Restriktionen des vorliegenden Berichtes
34
3.3 Methodische Vorgehensweise und Quellen des Berichts
35
4. Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
39
4.1 Integrationspolitische Querschnittsarbeit
39
4.2 Interkulturelle Öffnung der Ämter und Betriebe
40
4.3 Aufgabenbereiche, Inhalte und Bedarfe der interkulturellen Öffnung
40
4.3.1 Binnenperspektive der Amts- und Betriebsleitungen
42
4.3.2. Gesamtstädtische Perspektive der Amts- und Betriebsleitungen
44
4.4 Information und Zielgruppenansprache
46
4.4.1 Allgemeine Strategien der Informationsverbreitung
46
4.4.2 Strategien zur Bekanntmachung und Werbung für Informationsveranstaltungen
48
4.4.3 Mehrsprachige Information
50
4.5 Interkulturelle Öffnung als Führungs- und Personalentwicklungsaufgabe
52
4.5.1 Anteil der in interkultureller Kompetenz geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
54
4.5.2 Inhalte von Schulungen
56
4.5.3 Interkulturelle Teams und Arbeitsgruppen
58
4.6 Interkulturelle Öffnung als Beteiligungsprozess
59
4.6.1 Förderung des interkulturellen Kontakts und Zusammenlebens
59
4.6.2 Beteiligung von Personen mit Migrationshintergrund oder Migrantenorganisationen
62
4.7 Richtlinien und Instrumente der Qualitätssicherung
66
4.7.1 Qualitätssicherung nach innen
66
4.7.2 Qualitätssicherung nach außen
66
4.7.3 Standards der interkulturellen Öffnung und interkulturelle Qualitätskriterien
68
4.8 Vernetzung und Kooperation
70
4.8.1 Wichtigste Akteure der interkulturellen Integrationsarbeit
70
4.8.2 Arbeitskreise, Gremien, Runde Tische der interkulturellen Integrationsarbeit
71
5. Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
74
74
5.1 Rechtliche Situation und Antidiskriminierung 5.1.1 Ausgangslage
76
5.1.2 Entwicklungen im Handlungsfeld
79
5.1.3 Zusammenfassung
85
5.2 Spracherwerb und Sprachbeherrschung
86
5.2.1 Ausgangslage
87
5.2.2 Entwicklungen im Handlungsfeld
91
5.2.3 Zusammenfassung
99
5.3 Bildung und Schule
100
5.3.1 Ausgangslage
101
5.3.2 Entwicklungen im Handlungsfeld
110
5.3.3 Zusammenfassung
115
5.4 Wirtschaft und Arbeit
116
5.4.1 Ausgangslage
117
5.4.2 Entwicklungen im Handlungsfeld
124
5.4.3 Zusammenfassung
129
5.5 Zusammenhalt und (Zusammen)Leben im Stadtteil
129
5.5.1 Ausgangslage
131
5.5.2 Entwicklung im Handlungsfeld
132
5.5.3 Zusammenfassung
142
5.6 G esundheit und Alter
142
5.6.1 Ausgangslage
143
5.6.2 Entwicklungen im Handlungsfeld
147
5.6.3 Zusammenfassung
152
5.7 K ultur, Freizeit und Sport
152
5.7.1 Ausgangslage
154
5.7.2 Entwicklungen im Handlungsfeld
158
5.7.3 Zusammenfassung
165
5.8 I nterkulturelle Öffnung der Verwaltung
166
5.8.1 Ausgangslage
167
5.8.2 Entwicklungen im Handlungsfeld
169
5.8.3 Zusammenfassung
172
6. Zusammenfassende Betrachtung und Handlungsansätze
174
Literatur und vertiefende Studien
191
Mit dem Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept hat die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt am Main am 30.09.2010 ein Strategie- und Handlungskonzept für Politik und Verwaltung verabschiedet. Zugleich wurde ein dezernatsübergreifendes Verfahren zur weiteren Realisierung sowie zur Integrationsberichterstattung beschlossen. Dieser Bericht beschreibt Situation, Entwicklungen und Maßnahmen aus der Sicht und Zuständigkeit der städtischen Ämter und Betriebe. Der Bericht gibt damit auch Hinweise darauf, welche Bedarfe weiterhin bestehen und bietet eine Grundlage für zukünftige Planungen und Beschlussfassungen.
„Ziel ist eine strategisch orientierte und vernetzte kommunale Integrationspolitik mit mehr Verbindlichkeit, Kohärenz und Systematik der Arbeit und Zusammenarbeit.“
(Integrations- und Diversitätskonzept: S. 39)
Vorwort
Vielfalt bewegt Frankfurt Ein Zwischenfazit zur Frankfurter Integrationspolitik Dies ist der erste „Integrations- und Diversitätsbericht“ der Stadt Frankfurt am Main. Er ist nicht einfach ein Tätigkeitsbericht des Integrationsdezernats oder des Amts für multikulturelle Angelegenheiten, sondern er nimmt die Arbeit aller städtischen Ämter und Betriebe in den Blick. Er umfasst die Jahre 2011-14 und gibt damit eine Gesamtschau über den Sachstand und erste Entwicklungen nach dem im Herbst 2010 beschlossenen „Integrations- und Diversitätskonzept“. Mit dieser neuen Integrations- und Diversitätsberichterstattung verbindet der Magistrat einen neuen Anspruch an Vollständigkeit und Systematik. Die Hauptteile des Berichts vollziehen die Querschnittsaufgabe interkultureller Öffnung nach und fügen dann einen Längsschnitt der verschiedenen Tätigkeitsfelder kommunaler Handlungsaufgaben an. Dabei ist die Darstellung an die Gliederung des Integrations- und Diversitätsmonitorings angelehnt, um in der gemeinsamen Benutzung eine Zusammenschau einzelner Aspekte zu erleichtern.
Ein neuer Anspruch an Integrationspolitik Zu Beginn meiner Amtszeit als Frankfurter Integrationsdezernentin habe ich verschiedene Grundsätze einer künftigen Integrationspolitik vorgestellt, die als „Leitlinien“ auch in das beschlossene Integrations- und Diversitätskonzept eingegangen sind: Integrationspolitik ist weder eine „Ausländer“- oder „Migrantenpolitik“, noch in erster Linie oder gar ausschließlich eine „Problempolitik“. Integrationspolitik muss vielmehr „heraus aus der Nische“. Eine moderne Integrationspolitik antwortet fachübergreifend und dauerhaft auf die Anforderungen, die eine veränderte demographische Wirklichkeit an demokratische Institutionen, rechtliche Rahmenbedingungen, öffentliche Dienstleistungen – und an uns
alle – stellt, um gleiche Chancen und möglichst allgemeine Teilhabe herzustellen und dauerhaft zu sichern. Zur erfolgreichen „Integration“ gehört es daher auch, mit der realen „Diversität“ angemessen ernst, professionell und empathisch umzugehen. Welchen Weg wir in den letzten Jahren dabei zurückgelegt haben, darüber gibt dieser Bericht eine erste Auskunft. Integrationspolitik ist ein kontinuierlicher Prozess, eine gesellschaftliche Daueraufgabe politischer und sozialer Verständigung. Auf der Basis des beschlossenen Integrations- und Diversitätskonzepts gilt es daher, regelmäßig konkrete Handlungspläne zu erarbeiten, gemeinsam umzusetzen und kritisch zu überprüfen. Es darf keine Integrationspolitik „aus dem Bauchgefühl“ geben, aufgrund von Vermutungen oder einer angeblichen Lebenserfahrung aus der Praxis, was „fördern und fordern“ wirklich bedeutet. Dergleichen macht sich gut in Talkshows. Wenn wir wirklich vorankommen wollen, müssen wir anders vorgehen. Wir müssen vermeintliche Gewissheiten hinterfragen. In einer koordinierten Berichterstattung gilt es, immer wieder neu Sachstände und bestehende Ansätze zu überprüfen und gegebenenfalls neue Prioritäten auszuloten. Auch deswegen ist eine innovative Integrations- und Diversitätsberichterstattung ein integraler Bestandteil der neuen, stadtweiten Integrationspolitik mit strategischem Anspruch. Deswegen nimmt dieser Bericht das städtische Handeln konsequent unter einer eigenen, mitunter auch wertenden Perspektive in den Blick – auch solche Aktivitäten, über die in anderen Zusammenhängen berichtet werden könnte und auch berichtet wird. Für eine langfristige Kohärenz politischer Einzelentscheidungen und für eine bessere Arbeit und Zusammenarbeit der Fachverwaltungen benötigen wir eine solche Basis. Wir benötigen sie, um uns über konkrete Ziele ebenso wie über unser grundsätzliches Verständnis von sozialer Integration in einer pluralistischen Gesellschaft zu verständigen. Wir brauchen ferner ein ausreichendes Maß an Konfliktfähigkeit, denn es liegt in der Natur jener Sache, welche wir allgemein „Integration“ nennen, dass die Einschätzungen
7
Vorwort
darüber, was bereits erreicht wurde und was überhaupt erreicht werden sollte, manchmal weit auseinander gehen. Umso wichtiger war und ist es mir, dass wir uns nicht in einer Fülle von Einzelmaßnahmen verlieren – obwohl jede einzelne Maßnahme wichtig ist. Ebenso wichtig ist, dass sich die Struktur unserer Arbeit und Zusammenarbeit ändert. Die 55 Ziele und 60 Handlungslinien des Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzepts sollen unsere kommunale Integrationspolitik mittelfristig in eine systematische Abfolge aus konkreten, dezernatsübergreifenden Zielsetzungen und eine dann folgende Umsetzungsberichterstattung überführen. Auf diesem Weg kommt mit diesem Bericht nunmehr eine erste Runde zum Abschluss. Wer die folgenden Seiten auch nur flüchtig durchblättert, wird sofort feststellen: In den letzten fünf Jahren ist es gelungen, das Bewusstsein, dass sich etwas ändern muss, umfassend zu platzieren. Es ist viel geschehen, eine neue und erhebliche Dynamik ist entstanden. Es gibt verstärkte Anstrengungen und neue Kooperationen. Einiges hat sich verändert. Aber für aufmerksame Leserinnen und Leser wird nicht minder deutlich: Es besteht weiterhin ein Riesenbedarf, sowohl im Einzelnen als auch an gemeinsamer Steuerung. Integrationspolitik bedarf eines gemeinsamen Rahmens und koordinierter Aktivitäten. Denn „Es geschieht vieles“ oder „Viele sind aktiv“ kann auch heißen: „Viele arbeiten vor sich hin“, im besten Fall natürlich professionell und engagiert, aber nicht selten ungenügend aufeinander abgestimmt und koordiniert. Ich betone dies deswegen, weil dieser Bericht von vielen wohl unter dem Aspekt gelesen werden wird: „Was wurde alles gemacht?“ Die meisten wollen einfach wissen, was unternommen und erreicht wurde und wo wir heute stehen in Frankfurt. Wenn die Liste der ergriffenen Maßnahmen nur lang genug ist, dann sind viele der Meinung: Es ist gut so, vieles wurde getan und geändert. Das ist zwar richtig: Politik lebt jedoch immer von einem weiteren Horizont und einer integrativen Perspektive, die die einzelnen Maßnahmen in einen stimmigen Zusammenhang stellt und auf übergeordnete Ziele ausrichtet. Erfolgreiche Integrationspolitik bemisst sich nicht einfach an der Quantität von Maßnahmen; „gut gemeint“ ist nicht gleichbedeutend mit „gut gemacht“; „mehr vom Alten“ führt nicht unbedingt zu wirklich Neuem. Integrationspolitik als eine Querschnittsaufgabe zu verstehen, die alle Bürgerinnen und Bürger einer Stadt betrifft, bedarf einer langfristigen Perspektive, die alle politischen Institutionen einbezieht. Sie betrifft unsere städtischen Einrichtungen sowie das öffentliche und private Leben der Menschen gleichermaßen.
8
Der vorliegende Integrations- und Diversitätsbericht ist um Vollständigkeit in der Auflistung städtischer Maßnahmen und Dienstleistungen bemüht. Vieles ist bereits geschehen, einiges werden wir in den kommenden Jahren in Angriff nehmen. Mit dem Integrations- und Diversitätskonzept haben wir die Grundlage für eine systematische und konsequente Vorgehensweise geschaffen. Somit werden wir auch weiterhin aufmerksam und (selbst-)kritisch prüfen, ob das Angebot im Stadtgebiet wirklich bedarfsdeckend angelegt ist und es die Zielgruppen in gewünschter Weise erreicht. Der vorliegende Bericht zeigt, dass wir in den vergangenen Jahren gut vorangekommen sind. Die Ämter und Betriebe reagieren auf eine veränderte Realität. Kooperationen und bereichsübergreifende Maßnahmen in allen Feldern, in denen die kulturelle und soziale Vielfalt einer dynamischen Stadt zu einer bleibenden Herausforderung geworden ist, wurden sukzessive ausgebaut. Der Bericht legt dar, in welchem Kontext und unter welchen gegebenen Rahmenbedingungen die städtischen Maßnahmen angeregt und umgesetzt wurden.
Integrationspolitik gestern und heute Von Beginn an war es ein entscheidender Bestandteil des bundesweit berühmt gewordenen „Frankfurter Modells“, Integrationspolitik durch ein eigenständiges Dezernat politisch vertreten zu lassen. Der Vielfalt einer Stadt sollte politisch, institutionell und administrativ durch ein eigenes, vollwertiges Amt Rechnung getragen werden. In der Logik der in Zuständigkeiten gegliederten öffentlichen Verwaltung konnte das in den Folgejahren allerdings auch so ausgelegt werden, dass dem Dezernat und Amt in einer Nische der „Ausländerarbeit“ und „Migrantenpolitik“ lediglich eine Nebenrolle zugebilligt wurde. Diese Betrachtung einer komplexen, alle Lebensbereiche und Handlungsfelder durchdringenden Herausforderung wird der gesellschaftlichen Realität einer globalisierten Stadt nicht mehr gerecht. Integrationspolitik ist keine Nebensache für Minderheiten und Problemgruppen. Sie braucht den Einsatz aller – im politischen und öffentlichen Leben so gut wie im privaten. Sie verlangt mehr als eher klein budgetierte Projekte und wohlgemeinte Kampagnen. Moderne Integrationspolitik ist mehr als ein Nebenschauplatz und mehr als ein Aushängeschild. Es reicht nicht zu sagen, dass „man“ ja etwas tue für Migranten; es gebe ja sogar ein eigenes Dezernat und Amt dafür und zahlreiche Pilot-, Test- und Modellvorhaben! Das ist zwar alles schön und gut. Wir sehen heute aber mehr denn je, dass im Grunde genommen doch allzu vieles einfach so geblieben ist, wie es seit jeher war. Natürlich braucht man
gut Bewährtes nicht ändern. Genauer betrachtet hinkt das vermeintlich gut Bewährte jedoch oftmals weit hinter der veränderten Wirklichkeit hinterher. In solchen Fällen müssen überlieferte und eingespielte Regelungen modifiziert werden – so schwer das den Betroffenen, also uns allen, manchmal auch fallen mag. Mit einer Assimilation „der“ Migrantinnen und Migranten ist es jedenfalls längst nicht getan. Diese Einsicht und Erfahrung ist nicht nur in den zuständigen Wissenschaften einmütiger Konsens, sondern auch in parteiübergreifenden politischen Debatten. Integrationspolitik ist keine „Einbahnstraße“. Organisatorische Beharrungskräfte, die am „Einbahnstraßenmodell“‚ festhalten, müssen überwunden werden. Moderne Integrationspolitik kann dabei helfen. Wer sich mit öffentlicher Verwaltung einmal praktisch beschäftigt hat – oder auch mit der politischen Verteilung von Kompetenzen – weiß, wie schwierig und mühsam es ist, hier voranzukommen. Und wer sich schon einmal politisch engagiert hat, weiß außerdem, wie schnell Sachfragen zu Machtfragen werden können. Das Wort von der „Integration als Querschnittsaufgabe“ geht leicht von den Lippen. Es ist auch genau der richtige Begriff, um die heutigen Herausforderungen zu verstehen. Aber viele wollen nicht nachvollziehen, was damit eigentlich gemeint ist. Dies ist nicht bloß ein Frankfurter Phänomen. Auch in anderen Städten und Kommunen, auch in andern Ländern und nicht zuletzt auf Bundesebene machen Kolleginnen und Kollegen ähnliche Erfahrungen. Wirkliche Veränderungen, vor allem in Institutionen, in großen Organisationen und kleineren Behörden, sind schwierig und langwierig. Doch wenn „Integration“ eben auch heißt, Menschen klar zu machen, dass es sich lohnt, zusammenzuarbeiten und zusammenzuleben, und dass gerade bei unterschiedlichen Sicht- und Herangehensweisen am Ende für alle mehr herauskommt, wenn sich alle bewegen, dann muss das auch für die Politik selbst gelten und auch für die Politik umsetzende Verwaltungsorganisation. Vielfalt ist überall. Von der Notwendigkeit, unter diesen Voraussetzungen auch das eigene Denken und Handeln sowie überholte institutionelle Strukturen zu verändern, ist niemand und kein Bereich völlig frei. Die Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Diesen Wandel müssen wir auch in Zukunft positiv gestalten. Denn Vielfalt ist mehr denn je eine Herausforderung für uns alle. In mehr Einzelfällen und in einem stetig breiter werdenden Spektrum kommunaler Politik wird erwartet, dass Integrationspolitik dieser Aufgabe auch in Zukunft gerecht werden wird. Unsere Arbeit zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind. Das Problembewusstsein für integrationspolitische Aspekte unseres Zusammenlebens
ist gestiegen. Innerhalb der Verwaltung wird dem „AmkA“ zugetraut, einen nennenswerten Beitrag zur Bewältigung der Aufgaben zu leisten. Das werden wir weiterhin versuchen und dabei auch bemüht sein, eine ämterübergreifende Zusammenarbeit zu organisieren. In dieser zukünftig noch wichtiger werdenden Kooperation sollten spezielle Kompetenzen in gemeinsamen Beratungen und Planungen frühzeitig so genutzt werden, dass noch stärkere Synergieeffekte entstehen. Die produktive Zusammenarbeit der politischen Institutionen, der Dezernate und Ämter zumal, aber auch aller weiteren städtischen Einrichtungen und Behörden ist für eine erfolgreiche Integrationspolitik entscheidend. Gelungene Kooperation bewahrt spezielle Zuständigkeiten und Aufgaben. Sozialpolitik, Bildungspolitik, Gesundheitspolitik und vieles mehr behalten ihr Profil, auch wenn sie Integration als Querschnittsaufgabe betrachten. Und ebenso richtig ist es, dass Integration mehr ist als Sozialpolitik im klassischen Sinn. Analoges gilt für die Bildungspolitik, die Gesundheitspolitik und andere Felder. Auch Menschen, denen es im Grunde genommen „gut“ geht, fühlen sich häufig nicht als gleichrangig beachtet. Selbst wer ökonomisch gut gestellt ist, kann sich an den Rand gedrängt und diskriminiert fühlen. Über Partizipations- und Integrationschancen entscheiden auch heute noch allzu oft nicht der Bildungsabschluss oder fachliche Fähigkeiten. Noch viel zu häufig hängen Teilhabemöglichkeiten und Erfolgschancen vom Nachnamen, vom Aussehen oder schlicht vom „richtigen“ oder „falschen“ Kleidungsstück ab. Demokratie lebt nicht schon dadurch, dass Menschen in Lohn gebracht werden oder sich aus Mangel an Alternativen beruflich selbständig machen können. Und Chancengerechtigkeit entsteht nicht schon dadurch, dass scheinbar keine formalen Hürden mehr existieren. Menschen haben auch immaterielle Bedürfnisse, z.B. ein respektables Mitglied der Gesellschaft zu sein, auch wenn sie ihr Leben nach eigenen, anderen Vorstellungen ausrichten. Es kann ja gar nicht anders sein, als dass auch „integrierte“ Menschen eigene, neue Ansprüche stellen, die oft widersprüchlich sind. Integration ist nicht dadurch erreicht, dass eine neue Unterschicht entsteht, die dankbar ist, dass sie hier sein darf und ihre Kinder auf eine andere Schule schicken könnte als die, die sie selbst besucht hat. Zeigt das im Folgenden Berichtete, dass wir die veränderte Wirklichkeit unserer Stadtgesellschaft bereits genügend in den Blick genommen haben? Gefordert ist nichts weniger als ein – wie es im Nationalen Integrationsplan der Bundesregierung heißt – tief greifender Mentalitätswandel. Hat dieser Mentalitätswandel in der Breite der Bevölkerung
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Vorwort
unserer Stadt und unseres Landes bereits eingesetzt? Sind wir nicht nur bereit, etwas für die „Migranten“ zu machen – sondern auch schon willens und fähig, etwas mit ihnen zu teilen und von ihnen zu lernen – langfristig und nachhaltig?
Sind wir wirklich bereit für diese wachsende Stadt? Das heute oft gehörte Wort von der „wachsenden Stadt“ hat viele Dimensionen. Das anhaltende Bevölkerungswachstum Frankfurts dominiert die politische Agenda. Aber was heißt es eigentlich, dass die Stadt „wächst“? Es bedeutet zum Beispiel, dass zuletzt zwei Drittel der Neubürgerinnen und Neubürger eine ausländische Staatsangehörigkeit besaßen. Und es bedeutet auch, dass in den Grundschulen die meisten Kinder mehrere Sprachen besser sprechen als die Lehrerinnen und Lehrer. Es bedeutet weiterhin, dass umgekehrt die Zahl der Schulkinder in Deutsch-Vorlaufkursen steigen wird. Dass unsere Stadt wächst, bedeutet vielerlei. Die Liste an Beispielen könnte unendlich fortgesetzt werden. „Wachstum“ heißt im 21. Jahrhundert, dass auch in Frankfurt am Main immer mehr unterschiedliche Menschen zuhause sind oder ein Zuhause finden möchten und müssen. Dies kann nur gelingen, wenn dieses Zuhause für sie sichtbar und greifbar wird, und wenn sie es mit gestalten können, wenn sie gehört werden. „Lieber zuhause als integriert“ – diese Bemerkung eines Frankfurters, auch er kein deutscher Muttersprachler, habe ich 2009 dem Entwurf unseres Integrationskonzepts vorangestellt. Aber noch heute, auch beim Lesen dieses Berichts, stellt sich mir die Frage: Sind wir bereit, diese Stadt als Zuhause mit vielerlei, manchmal ganz anderen, anders lebenden Menschen zu teilen? Sind wir fähig dazu, verschiedene Lebensweisen wirklich zu respektieren und zu tolerieren – als einen wichtigen und willkommenen Bestandteil unseres Zusammenlebens in einer „wachsenden Stadt“? Wo jemand zuhause ist, da hat sie/er auch Verantwortung zu tragen. „Zuhause in einer wachsenden Stadt“ – wenn dieses Motto ein geeigneter Ausgangs- und Zielpunkt der Frankfurter Politik ist, dann muss dies die Frage nach sich ziehen, wer diese wachsende Stadt eigentlich gestaltet. Die Antwort kann nur lauten: Es sind die Menschen in dieser Stadt – Menschen mit unterschiedlichen Belangen, Wünschen und Bedürfnissen. Dazu gehören auch Menschen, die erst kurze Zeit da sind und auch solche, die nur für kurze Zeit da sein werden. Dies ist die demographische Realität Frankfurts. Wir kommen nicht umhin, sie zu akzeptieren.
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Mehr als ein erster Schritt – aber noch ein langer Weg Mit unserem Integrations- und Diversitätskonzept haben wir als eine der ersten Kommunen das Verständnis und die Aufgaben von Integrationspolitik grundlegend verändert. Die Grunddefinition von Multikulturalität heißt ja nichts anderes als: Es ist normal, verschieden zu sein. Multikulturalität ist heute das Normalste der Welt, was nicht bedeutet, dass sie nicht anstrengend ist und jeden Tag eine neue Herausforderung birgt. Darum geht es. In Frankfurt wollen wir andere Menschen, andere Lebensformen und Sichtweisen nicht als Belastung oder gar als Bedrohung, sondern als demokratische Normalität empfinden und aus dieser Haltung heraus und auf der Grundlage unserer Rechtsordnung unser Frankfurter Gemeinwesen gestalten. Dies ist der erste umfassende Integrations- und Diversitätsbericht der Frankfurter Politik und zugleich der erste nach Beschluss unseres kommunalen Integrations- und Diversitätskonzepts im Jahr 2010. Er gibt Auskunft über unsere Arbeit und richtet sich somit auch an die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. Denn immer wieder sind wir als Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, uns zu fragen, inwiefern die politischen Selbstverpflichtungen, die Arbeit unserer Behörden und die öffentliche Debatte bereits ausreichend spiegeln, was sich in unserer vielfältigen Stadtgesellschaft abbildet. Wir sollten realistisch bleiben. Nicht alle Menschen – ob mit oder ohne „Migrationshintergrund“ – werden sich an der Gestaltung dieser Gesellschaft aktiv beteiligen. Wir sollten das als persönliche Entscheidung respektieren, sofern sie freiwillig und wissentlich erfolgt. Wir dürfen das Ziel, alle Menschen zu erreichen und zu beteiligen, jedoch nicht aufgeben. Allerdings soll und kann keineswegs alles anerkannt und „integriert“ werden: Wir dürfen es nicht hinnehmen, wenn grundlegende Werte und Normen unserer freiheitlichen Demokratie verletzt werden. Ja, wir sind eine attraktive, lebenswerte und weltoffene Stadt. Für die Zukunft als weiter wachsende Stadt gilt es jedoch auch, sich den Herausforderungen des Wachstums zu stellen. Denn mit dem Abstraktum „Stadt“ wächst ja auch alles andere. Eine Stadt gibt es nicht ohne Menschen. Und was heißt „Stadt“ überhaupt: Pluralismus auf engem Raum: Gesellschaftliche Vielfalt und unterschiedliche Überzeugungen gehören zu jedem Zusammenleben. In Frankfurt erlebt man das tagtäglich und besonders intensiv. Das ist zwar manchmal etwas anstrengend, macht diese Stadt aber dennoch für viele höchst attraktiv.
„Vielfalt bewegt Frankfurt.“ Dies ist die Ausgangssituation und Zielbeschreibung unserer Frankfurter Integrationspolitik. Auf diesem Weg sind wir mehr als nur einen Schritt vorangekommen. Dieser Bericht stellt eine gute Grundlage dessen dar, was wir in den vergangenen Jahren erreicht haben und gibt zugleich einen Ausblick auf das, was es noch zu verändern und zu vervollständigen gilt. Mein aufrichtiger Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Amts für multikulturelle Angelegenheiten sowie allen, die an der Verwirklichung von Integration als Chancengerechtigkeit und lebendiger Teilhabe am gesellschaftlichen Leben arbeiten. Wege entstehen, indem man sie geht.
Frankfurt, im Frühjahr 2015
Dr. Nargess Eskandari-Grünberg Stadträtin, Dezernentin für Integration
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In der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion wird „Integration“ häufig auf einzelne Aspekte, Vorfälle oder Modellvorhaben reduziert. Demgegenüber ist es der Anspruch der Frankfurter Integrationspolitik, in allen Handlungsbereichen kommunaler Arbeit zu übergreifenden Zielen, gemeinsamen Standards und einem abgestimmten ämterübergreifenden Handeln zu gelangen. Der vorliegende Bericht umfasst daher eine Gesamtdarstellung integrationspolitischer Sachstände, Maßnahmen und Vorhaben.
„Als Querschnittsaufgabe hat Integrationspolitik auf verschiedenen Ebenen anzusetzen: In Stadtpolitik und öffentlicher Verwaltung sind auf der Grundlage des Integrations- und Diversitätskonzepts mittelfristige und jährliche Ziele und Prioritäten abzustimmen sowie zur Erreichung dieser Ziele koordinierte Abläufe sicherzustellen.“
(Integrations- und Diversitätskonzept: S. 41)
1. Integrationspolitik und Integrationsberichterstattung in Frankfurt am Main Die Stadt Frankfurt am Main hat eine lange, erfolgreiche Tradition in der Integrationspolitik. Im Jahr 2014 ist eine Vielzahl an Programmen und Einzelmaßnahmen städtischer Ämter zu verzeichnen. Ebenso umfangreich ist das nachbarschaftliche Engagement sowie die ehrenamtliche oder professionelle Arbeit der Zivilgesellschaft. Manches Engagement kann auf jahrelange Entwicklung und Erfahrungen zurückblicken, viel hat sich in den letzten Jahren geändert und an neue Situationen angepasst. Andere Entwicklungen und Projekte sind neu. Das 2010 verabschiedete Integrations- und Diversitätskonzept verfolgt die Absicht, dem umfangreichen Handeln der Stadt Frankfurt am Main eine neue strategische Grundlage zu geben. Es hat darüber hinaus den Charakter einer öffentlichen Willensbekundung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Das Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept versteht Integration als eine Querschnittsaufgabe, die in den einzelnen Fachämtern und Betrieben auch dezentral ausgeübt wird. Daher sind einheitliche Standards, eine vergleichbare Einschätzung zu Prioritäten, ein gemeinsamer Austausch über Hürden und Schwierigkeiten wesentliche Ziele des Konzepts. Dieser Bericht beschreibt den dabei in den letzten Jahren erreichten Stand. Das Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept versteht Integration ferner als einen kontinuierlichen und auch längerfristig wirkenden Prozess. Dieser Bericht bietet im Sinne eines Zwischenstandes daher zugleich eine umfassende fachliche Grundlage für die weitere diskursive und strategische Planung.
Frankfurter Integrationspolitik Integrationspolitik hat in Frankfurt eine lange Tradition. Eine erste umfassende Darstellung des Handelns von Stadtpolitik und Stadtverwaltung gibt die 2013 vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten herausgegebene Migrationsgeschichte der Stadt Frankfurt am Main „Eine Stadt und ihre Einwanderer“ (KARPF 2013). Auf der Grundlage von erstmals freigegebenen Akten des Stadtarchivs wurde auch die Behandlung der Jahre nach 1945 bis 1989 mit einem Ausblick bis 2010 möglich. Was sich seit 1960 in politischen Debatten, in Arbeitspapieren und im Handeln der Stadtverwaltung spiegelt, wirkt zum Teil bis heute fort, nicht zuletzt in den Erinnerungen der älteren Generationen. Manche Berichte, Vorschläge und Kontroversen aus früheren Jahrzehnten erscheinen unverändert aktuell, wenngleich heute mit ausdifferenzierten Analysen und stärker operationalisiert gearbeitet werden kann. Nach einem Kommunalwahlkampf, der auch die sogenannte „Ausländerproblematik“ umfasste, war die Gründung des AmkA in einem eigenen – und zumeist ehrenamtlich geführten – Dezernat im Jahr 1989 ein starker Akzent und tatsächlich ein „Paradigmenwechsel“ möglich (vgl. COHN-BENDIT & SCHMID 1992: S. 286), der bis heute nachwirkt. Von Beginn an hatte „die kleine Behörde […] die gleichen Rechte und Pflichten wie jedes andere städtische Amt“ (COHN-BENDIT & SCHMID 1992: S. 285). Diese Arbeit auf Augenhöhe wie auch das Amt für multikulturelle Angelegenheiten „als neutrale Koordinations- und Informationsstelle mit gleichem Abstand zu verschiedenen Handlungsfeldern städtischer Politik“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 48) bilden
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1.
Integrationspolitik und Integrationsberichterstattung in Frankfurt am Main
einen dauerhaften und zentralen Baustein des sogenannten „Frankfurter Modells“ der Integrationspolitik, das heute wieder ähnlich starke Aufmerksamkeit – bundesweit und international – erfährt wie bereits 1989. Vieles, was in der Frühphase des AmkA auf den Weg gebracht wurde – Anhörungen, Kampagnen, Publikationen – war seinerzeit weithin einzigartig, besaß einen engagierten dynamischen Zug und ist bis heute unverändert von Belang. Auch in der zweiten Phase strukturell-professioneller Konsolidierung des Amtes – wichtige Neuerungen waren hier Sprach- und Orientierungskurse, Bildungs- und Antiradikalisierungsarbeit – war die Frankfurter Integrationspolitik ein Vorreiter bundespolitischer Entwicklungen. Das AmkA entwickelte sich zu einem institutionellen Symbol dafür, dass die Stadt Frankfurt am Main die vielfältigen Perspektiven ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ernst nimmt. Es wurde zugleich deutlich, dass „Integrationspolitik“ kein Teilsegment oder nur eine einzelne Bevölkerungsgruppe betrifft, sondern die Gesellschaft insgesamt.
Integrations- und Diversitätskonzept Das 2009 als umfangreicher „Entwurf“ in Form eines sogenannten „Weißbuchs“ zur Diskussion gestellte und 2010 in veränderter Fassung verabschiedete Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept formuliert nicht nur eine umfassende Gesamtstrategie als eine stadtweite „Politik der Vielfalt und Vernetzung“, sondern vollzieht auch eine Ausweitung des Integrationsgedankens unter dem Aspekt urbaner Diversität.
vielfältigen unterschiedlichen Lebenssituationen der Bevölkerung zu berücksichtigen mit der Absicht, möglichst viele Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Dahinter steht sowohl die Überlegung, gezielte Hilfestellungen effizient zu gestalten wie auch Gemeinsinn und soziale Kohäsion zu stärken. „Jede Gesellschaft braucht eine von allen geteilte Sicht von Wirklichkeit, Vorstellungen von einer gemeinsamen Zukunft, Formen und Symbole der Zugehörigkeit, eine Verständigung über Pflichten, Rechte und Möglichkeiten der Teilhabe. Bei allen Unterschieden stellt sich uns immer neu die Frage: Wie wollen wir zusammenleben?“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 12). Bereits in den ersten übergeordneten Zielen des Integrations- und Diversitätskonzepts wird der neue Ansatz deutlich: Es gilt nicht nur, die „Kommunikation von Gemeinschaft zu fördern“ (Ziel 1), sondern ebenso den „Umgang mit Unterschieden zu erleichtern“ (Ziel 2). Auf dieser Grundlage ist es ein zentrales Mittel von Integrationspolitik, „Dialog und Vernetzung voranzubringen“ (Ziel 3). Dabei gilt es, die „Beteiligung an Entscheidungen auszubauen“ und die „Möglichkeiten von Kommunalpolitik auszuschöpfen“ (Ziel 4). Es bleibt die klare Willenserklärung der Frankfurter Stadtpolitik, auch weiterhin nach innovativen Lösungen zu suchen.
Dieser Leitgedanke wurde bereits in der partizipativen Erarbeitung des Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzepts sichtbar. Der appellative Charakter früherer Integrationsarbeit von Dezernat und AmkA sowie die lange Tradition an Anhörungen und Dokumentationen wurde 2009 bis 2010 zu einer umfassenden gesamtstädtischen Beteiligung ausgeweitet. Das Vorgehen ist umfassend beschrieben und dokumentiert in der Publikation „Öffentlicher Dialog zum Entwurf eines Integrations- und Diversitätskonzepts (Oktober 2009 - März 2010). Dokumentation“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2010).
Das Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept setzt der Frankfurter Integrationspolitik damit eine neue inhaltliche Basis: Integration befördern, den Umgang mit Unterschieden lernen. Es beschreibt in 55 Zielen und 60 Handlungslinien zugleich geplante Abläufe der dezernats- und ämterübergreifenden Bearbeitung. Dabei verfolgt es ausdrücklich kein Maßnahmenkonzept, sondern einen strukturellen und diskursiven Gedanken: An die Beschlussfassung zum Integrations- und Diversitätskonzept soll eine Abfolge dezernats- und ämterübergreifender Zielbeschreibungen und Arbeitsgruppen anknüpfen, welche die Umsetzung der Leitgedanken des Konzepts in einem Mechanismus Zielsetzung, Umsetzung und Berichterstattung operationalisieren. Dabei ist „das Amt für multikulturelle Angelegenheiten […] die koordinierende Fach- und Informationsstelle bei Fragen der Integration und Diversität mit einer koordinierenden Querschnittsfunktion“ (Ziel 49; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 48).
Im Sinne des Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzepts ist Integrationspolitik keine Teilaufgabe städtischen Handelns; Integrationspolitik wendet sich auch nicht nur an „Migranten“ oder Einwohnerinnen und Einwohner mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Vielmehr ist es erklärte Absicht, im Sinne einer freien, weltoffenen Demokratie die
Die inhaltlichen und operativen Herausforderungen sind denen des Jahres 1989 vergleichbar. Wie bereits damals bedeutet diese Querschnittsfunktion „für den Alltag der Behörde […], in jedem nur denkbaren Arbeitsfeld Neuland zu betreten“ (COHN-BENDIT & SCHMID 1992: S. 286). Die 2014 per Verfügung des Oberbürgermeisters erfolgte orga-
14
nisatorische Stärkung des Amtes als selbstständiges Fachamt mit eigener Organisationskennziffer als „Amt 15“ der Allgemeinen Verwaltung unterstreicht die strukturelle Bedeutung dieser weiterhin besonderen Frankfurter Behörde.
Integrationsberichterstattung Auch die Integrationsberichterstattung hat in Frankfurt eine lang zurückreichende Tradition: Nach ersten Berichten zur Situation der sogenannten „Gastarbeiter“ stellt eine umfangreiche, im Auftrag des Magistrats 1973 veröffentlichte Studie zur Situation „Ausländischer Arbeiter in einer Großstadt“ (vgl. BORIS 1973) einen heute noch zeithistorisch interessanten Meilenstein dar, der seinerzeit indessen von Teilen der Politik, wie so viele Untersuchungen seitdem, unter Kostengesichtspunkten kritisiert wurde.1 Parallel zur Erarbeitung der beauftragten Studie gründete die Stadtverwaltung 1971 eine „Arbeitsgruppe für Ausländerfragen“, die 1973 in vier Untergruppen ihre Arbeit aufnahm und bis 1975 fortführte. Ihre Protokolle können als interne Integrationsberichte verstanden werden. Ohne Weisungsrecht und nach Bedarfslage tagend scheint diese Initiative schließlich verlaufen zu sein. Nach verschiedenen Jahren mit Forderungen nach einer „Gesamtkonzeption“ und einer Reihe von Einzelberichten legte 1985 das Sozialdezernat mit „Grundsätzen für die Integration der Ausländer in Frankfurt am Main“ einen „Bericht über Grundsätze und Leistungen für die Integration ausländischer Mitbürger“ vor, der allerdings nicht viel mehr als „eine Leistungsliste im Bildungs-, Jugend- und Wohnungsbereich darstellte“ (KARPF 2013: S. 235). Das in der nächsten Legislaturperiode 1989 gegründete Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) veröffentlichte 1990, 1993, 1995 bzw. 2000 mit wachsendem Umfang und zunehmenden Kooperationen in der Stadtverwaltung einen Einjahres-, Zweieinhalbjahres-, Fünfjahres- und Zehnjahresbericht. Diese Berichterstattung wurde im Jahr 2000, auf der Grundlage eines Stadtverordnetenbeschlusses, abgelöst durch einen jährlichen gesamtstädtischen „Bericht über Maßnahmen zur Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie von deutschen Aussiedlern im vorangegangenen Haushaltsjahr“. Diese – wesentlich im Format eines summarischen Tätigkeitsberichts durch das AmkA redigierte – Integrationsberichterstattung wurde 2007 durch einen weiteren Stadtverordnetenbeschluss als inzwischen unzureichend beendet. Der Magistrat führte 2009 in einer umfassenden Stellungnahme rückblickend aus: „Die bisherige Integrationsberichterstattung der Stadt Frankfurt ist nicht mehr adäquat. Als Bericht über die »Förderung von Integrationsmaßnahmen und Ausländervereinen durch die
Stadt Frankfurt am Main« bestand sie in einer Darstellung verschiedener Tätigkeiten mehrerer städtischer Ämter in Form redaktionell betreuter Selbstbeschreibungen, die unterschiedlichen Kriterien folgten. Die Darstellungsweise war nicht vollständig, weder systematisch noch einheitlich und nicht detailgenau. Aus der bisherigen Integrationsberichterstattung konnten weder Erfolge noch fortbestehende Aufgaben oder ein ggf. erforderlicher Änderungsbedarf abgeleitet werden. Auch eine Einschätzung der Situation und Entwicklung in Frankfurt fiel entsprechend schwer“ (B 479/2009: S. 2). Mit dem gleichen Bericht wurde in einer „Erhebung der Integrations- und interkulturellen Angebote der Stadt Frankfurt am Main 2006/07“ (KNOBEL & HEID 2008) ein neues Berichtsformat einer einheitlichen, umfassenden Maßnahmendokumentation durch die Frankfurter Goethe-Universität erprobt, das eigene methodische Probleme aufwies und daher in dieser Form nicht fortgeführt wurde (vgl. B 479/2009). Das ein Jahr später (2010) verabschiedete Integrationsund Diversitätskonzept widmet der künftigen Integrationsberichterstattung mehrere Ziele (Ziel 37 – 38). Die künftige Berichterstattung soll sich in ämterübergreifender Kooperation auf Grundsätze des Integrations- und Diversitätskonzepts und einzelner Handlungspläne beziehen, auch langfristige Entwicklungen beachten und als Entscheidungsgrundlage verwendbar sein. Die Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung (M 132/2010) legt ferner fest, „die bislang jährliche Berichterstattung durch eine künftige Integrationsberichterstattung als Umsetzungsberichterstattung auf der Grundlage des Integrations- und Diversitätskonzepts in einem 3jährigen Turnus“ zu ersetzen. Die Integrationsberichterstattung soll dabei außerdem durch ein ergänztes Monitoring (Ziel 39) sowie vertiefende Studien (Ziel 40) begleitet werden. Die erste Auflage eines umfassenden „Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring“ wurde 2012 in Weiterentwicklung eines 2009 publizierten Konzepts durch das AmkA vorgelegt (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012). Das Integrations- und Diversitätsmonitoring soll in einem dreijährigen Turnus fortgeschrieben werden. Mit der „Frankfurter Integrationsstudie 2008“, einer Wiederholungsstudie von 2001, verfügt die Stadt über die bundesweit erste Langzeitstudie, die neben einer Sekundäranalyse amtlicher Daten auch qualitative Untersuchungen zu ausgewählten Stadtteilen zusammenführte. Vertiefende
1 Vgl. zu den Inhalten dieses sowie weiterer früher Berichte: Karpf (2013: S. 176ff.).
15
1.
Integrationspolitik und Integrationsberichterstattung in Frankfurt am Main
Studien entstanden in den Jahren 2007 bis 2011 im Rahmen des internationalen Städtenetzwerks CLIP (Cities for Local Integration Policies) und behandelten Fragen von Integration und Wohnungspolitik, Wirtschaftsförderung und Sozialen Beziehungen. Weitere aktuelle durch das AmkA in Auftrag gegebene Untersuchungen beinhalteten eine „Analyse der Angebotsstruktur in Einrichtungen der Altenhilfe für ältere Migrantinnen und Migranten“ (BARG ET. AL. 2013) sowie zum „Transnationalen Unternehmertum“ (EBNER & WÖSTEN 2013). Die Fortführung vertiefender Studien und evaluierender Arbeiten ist Bestandteil des Arbeitsauftrags des Integrations- und Diversitätskonzepts. Auch von anderen Ämtern werden Studien, Analysen und Berichte erarbeitet, die integrationspolitische Themen behandeln und deren Ergebnisse integrationspolitisch relevant sind. Hierzu gehören z. B. die umfangreichen Teilberichte des Frankfurter Sozialberichts des Jugendund Sozialamtes, das Monitoring zur sozialen Segregation und Benachteiligung des Jugend- und Sozialamtes, der Kindergesundheitsbericht des Gesundheitsamtes, der Wohnungsmarktbericht des Amts für Wohnungswesen sowie die laufenden Materialien zur Stadtbeobachtung des Bürgeramts für Statistik und Wahlen – um nur einige zu nennen. Ein wichtiger Auftrag des Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzepts bleibt es daher, die Berichterstattung der städtischen Ämter abzustimmen (Ziel 38): „Eine vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten organisatorisch koordinierte Arbeitsgruppe begleitet mit Unterstützung der städtischen Fachämter und Betriebe eine einheitliche Konzeption, Weiterentwicklung und zentrale Dokumentation des städtischen Berichtswesens. Dies gilt auch für Kooperationen und Fördermaßnahmen. Das Amt für multikulturelle Angelegenheiten ist für das stadtweite Informationsmanagement im Bereich Integration und Diversität zuständig, mit dem Ziel, Vergleichbarkeit herzustellen, und dem Auftrag, auftretende Lücken zu schließen“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 42f.)
Möglichkeiten und Aufbau dieses Berichts In diesem Bericht wird rund drei Jahre und zum ersten Mal nach Verabschiedung des Frankfurter Integrationsund Diversitätskonzepts eine umfassende und gesicherte Darstellung des integrationspolitischen Handelns der städtischen Ämter und Betriebe sowie der Rahmenbedingungen ihrer Arbeit vorgelegt. Als erster zusammenhängender Bericht eines – von vornherein auf längerfristige Entwicklungen angelegten Prozesses – beschreibt er einen Zwischenstand. Mit der weiteren Konkretisierung politischer Ziele, dezernatsübergreifender Festlegungen und ämterübergreifender Handlungspläne, wie sie im
16
Integrations- und Diversitätskonzept vorgesehen sind, wird die Integrationsberichterstattung künftig noch stärker als zielorientierte „Umsetzungsberichterstattung“ erarbeitet werden können. Zum jetzigen Zeitpunkt wählt der Bericht die Perspektive einer prozessorientierten „Umsetzungsberichterstattung“. Eine umfassende Evaluation der Vielzahl städtischer Angebote, Maßnahmen und Prozesse war für diesen Bericht von Beginn an nicht zu leisten. Er beinhaltet jedoch eine zusammenfassende Betrachtung (Kapitel 6), die zugleich einen Ausblick nimmt im Sinne einer vom Integrationsund Diversitätskonzept erwünschten Verwendung zur Grundlage künftiger Entscheidungen (Ziel 38; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 42). Dieses Kapitel entspricht in seiner Binnengliederung im Wesentlichen dem weiteren Bericht, der in seiner Detailtiefe und Themenbreite weit darüber hinausgeht. Eine Beurteilung der Situation in Frankfurt am Main hat die Rahmenbedingungen der Integrationspolitik zu berücksichtigen. Kapitel 2 gibt daher eine aktuelle Darstellung zur Bevölkerungsentwicklung und zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Das Kapitel enthält ferner eine erste Analyse der Wahrnehmung zum Aufgabenfeld „Integration“ in Frankfurt am Main auf der Grundlage der städtischen Bürgerbefragungen. Zur Einschätzung der lokalen Situation gehört auch die Berücksichtigung der realen Handlungsmöglichkeiten kommunaler Integrationspolitik im föderalen Gefüge der Bundesrepublik sowie im Rahmen nationaler Rechtssetzungen. Die kurze Darstellung in diesem Kapitel wird in den jeweiligen Handlungsfeldern (Kapitel 5.1 – 5.8) vertieft. Für die transparente Beurteilung dieses Berichts werden in Kapitel 3 seine methodischen Möglichkeiten und Grenzen offengelegt. Als Umsetzungsberichterstattung orientiert sich dieser Bericht an den vorliegenden konkreten politischen Zielvorgaben des Integrations- und Diversitätskonzepts sowie an dezernatsübergreifend vorgenommenen Handlungsplänen, soweit diese bereits vorliegen. In der Darstellung der Arbeit der Ämter und Betriebe ist zu berücksichtigen, dass (zwangsläufig) ressortspezifische Definitionen und Blickwinkel dafür vorliegen, was „Integration“ bedeutet. Dies betrifft auch die Frage, was als eine integrationspolitische Maßnahme gelten soll. Insofern die Bevölkerung mit Migrationshintergrund über mehrere Generationen hinweg integraler Bestandteil der Stadtgesellschaft und -bevölkerung geworden ist und sich Angebote und (Dienst)Leistungen der Stadtverwaltung an die städtische Gesamtbevölkerung richten, können hier nicht nur zielgruppenspezifische Maßnahmen aufgenommen werden. Im Sinne des Integrations- und Diversitätskonzepts wird in diesem Bericht daher auch die Perspektive der Pro-
zessberichterstattung zur Entwicklung der interkulturellen Öffnung der Regelstrukturen eingenommen. Unabhängig davon besteht eine Grundfrage darin, ob bevölkerungsspezifische Nutzungsdifferenzen, -einschränkungen sowie unterschiedliche Bedingungen der Nutzung von städtischen Angeboten bestehen. In diesem Zusammenhang bietet Kapitel 4 die Darstellung von „Querschnittsbereichen Interkultureller Öffnung und Integrationsarbeit“ auf der Grundlage einer Befragung der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main. Diese „Querschnittsbereiche“ umfassen in ihrem Kern strategische Ansätze und Instrumente der interkulturellen Öffnung, von denen zumindest einige bei allen Ämtern und Betrieben zur Anwendung kommen können. Darüber hinaus wurden über die Befragung Bedarfe, Prioritäten und Verständnisse der interkulturellen Öffnung erfasst, welche zukünftig als Ansatzpunkte für gemeinsame Prozesse genutzt werden können.
ten und Netzwerken soll in Zukunft auf dem Integrationsund Informationsportal www.vielfalt-bewegt-frankfurt.de des Amts für multikulturelle Angelegenheiten aktuell und interaktiv dargestellt werden. Die Situation in Frankfurt am Main ist zudem von überregionalen und internationalen Initiativen beeinflusst, von Programmen des Landes und des Bundes sowie der Europäischen Union ebenso wie von Vorhaben großer Organisationen, NGOs, Wohlfahrtsverbänden usw. Auch diese wichtige Arbeit konnte in diesem Bericht nur so weit berücksichtigt werden, wie die Stadtverwaltung als handelnder bzw. subsidiär fördernder Partner einbezogen ist.
Daran anknüpfend gliedern die Kapitel 5.1 bis 5.8 die Arbeit der städtischen Ämter und Betriebe in zentrale Handlungsfelder, wie sie sich aus dem Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main ergeben und auch im Integrations- und Diversitätsmonitoring spiegeln. Für die Ausgestaltung einzelner Kapitel wurden Gespräche mit verschiedenen Ämtern und Betrieben durchgeführt und Informationen und statistische Übersichten angefragt. Der Bericht und die Befragung wurden zudem in einer ämterübergreifenden Arbeitsgruppe des Amts für multikulturelle Angelegenheiten vorbereitet. Das Amt für multikulturelle Angelegenheiten dankt allen beteiligten Akteuren und Fachvertreterinnen und -vertretern.
Stadtgesellschaftliches Engagement Für Frankfurt typisch und für die Integration der Stadtgesellschaft wesentlich ist das vielfältige nachbarschaftliche Engagement, die Fülle ehrenamtlicher Initiativen und die Vielzahl professioneller Akteure der Zivilgesellschaft: gemeinnützige Vereine, GmbHs, Stiftungen, ebenso wie Wohlfahrtsverbände, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften usw. Dieser Bericht konnte nicht einmal anstreben, diese wesentliche Arbeit auch nur ansatzweise zu erfassen. Er konzentriert sich auf das Handeln der städtischen Ämter und Betriebe, die zugleich in erster Linie durch die Ziele und Handlungslinien des von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedeten Frankfurter Integrationsund Diversitätskonzepts gebunden sind. Soweit sich diese Arbeit in Kooperationen oder Fördermaßnahmen der Stadt widerspiegelt, ist sie in diesem Bericht nach Möglichkeit weitestgehend berücksichtigt. Die Fülle von Ideen, Projek-
17
Die Frankfurter Bevölkerung ist durch eine hohe Diversität und große Dynamik geprägt. Eine moderne Stadtverwaltung steht vor der Aufgabe, alle Mitglieder der Stadtgesellschaft gleichermaßen anzusprechen und die verschiedenen Perspektiven zu beachten. Dieser Bericht beschreibt – mit Blick auf das Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept und auf der Grundlage kommunaler Handlungskompetenzen – die Entwicklungen und Fortschritte der letzten Jahre. Dabei wird eine gesamtstädtische Perspektive eingenommen.
„Der ständige Wandel Frankfurts, ausgelöst durch eine in hohem Maße ausdifferenzierte Bevölkerung, ihre Kreativität und Mobilität sowie durch Internationalisierung, Zuwanderung, ökonomischen und technischen Wandel verlangt von uns allen, eigene Ansprüche und das eigene Verhalten immer wieder zu überprüfen und sich dabei an den dauerhaften, gültigen Grundlagen unseres Zusammenlebens zu orientieren.”
(Integrations- und Diversitätskonzept: S. 19)
2. Rahmenbedingungen der Integrationspolitik in Frankfurt am Main Frankfurt zeichnet sich nicht nur durch eine sehr hohe Diversität seiner Bevölkerung aus, sondern ist zugleich eine wachsende Stadt. Neben einer noch weiterhin hohen Geburtenrate trägt hierzu der vermehrte Zuzug aus dem Ausland, gerade aus den neueren Mitgliedsländern der Europäischen Union, bei. Empirische Untersuchungen zeigen, dass das Verhältnis zwischen der deutschen und ausländischen Bevölkerung nur für einen sehr geringen und rückläufigen Teil der Befragten ein erwähnenswertes Problem darstellt. Die Einschätzung kommender Herausforderungen fällt bei beiden Bevölkerungsgruppen sehr ähnlich aus. Trotz formaler und finanzieller Einschränkungen stehen Strategien und Handlungsinstrumente kommunaler Integrationspolitik zur Verfügung.
2.1 Demographische Entwicklung und Einschätzung kommunaler Herausforderungen Die demographische Entwicklung der Bevölkerung ergibt sich aus der Bilanz von Geburten und Sterbefällen sowie Zuzugsprozessen. In beiderlei Hinsicht sind in Frankfurt Zuwächse erkennbar. Die Bevölkerung sieht aktuell wenig Probleme im Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen in Frankfurt und benennt Sprache, Bildung und Arbeit als zentrale Bereiche der Integration.
Bevölkerungsentwicklung Mit der Umstellung der Berechnung des Migrationshintergrundes auf das MigraPro-Verfahren wurde es 2012 möglich, erstmals auch den familiären Migrationshintergrund zu berücksichtigen.Dadurch wurde eine dem Mikrozensus vergleichbare Grundlage geschaffen. Die Bevölkerungsgruppen mit und ohne Migrationshintergrund sowie die Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahre und der Rentnerinnen und Rentner halten sich die Waage. Die Staatsangehörigkeit ist für die statistische Erfassung des Migrationshintergrunds einer Person heutzutage nicht mehr ausreichend. Ein Grund hierfür ist, dass viele zugewanderte Menschen oder deren Nachkommen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen – z. B. durch Einbürgerung, per Geburt nach dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht, durch binationalen Familienhintergrund oder als Spätaussiedler. Daher wurde eine Erweiterung des sogenannten „Ausländerkonzepts“ notwendig (vgl. HAUG 2005: S. 3f.). Mittlerweile ist die Erfassung des „Migrationshintergrundes“ in einem Großteil der amtlichen Statistik(en) vollzogen. Das Merkmal „Migrationshintergrund“ ist bislang jedoch nicht allgemeinverbindlich und unverwechselbar definiert. In der amtlichen Statistik und wissenschaftlichen Forschung existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Vorgehensweisen der Erfassung. Die breiteste Definition wurde vom Statistischen Bundesamt (StBa) entwickelt und kommt im Rahmen der Mikrozensus-Befragung zur Anwendung. Sie erfasst nicht nur den persönlichen, sondern auch den familiären Migrationshintergrund anhand der Merkmale Zuzug, Einbürgerung und Staatsangehörigkeit der Eltern (vgl. STBA 2010: S. 384f.). Im Jahr 2012 hat das Bürgeramt, Statistik und Wahlen der Stadt Frankfurt am Main die Berechnung des Migrationshintergrundes aus dem Melderegister auf das Migra-
19
2.
Rahmenbedingungen der Integrationspolitik in Frankfurt am Main
Pro-Verfahren umgestellt. Mit der neuen Methode ist es möglich, neben den Merkmalen Geburtsort und Aussiedlerstatus, erstmals auch den familiären Migrationshintergrund zu berücksichtigen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2013a: S. 1). Damit wurde eine dem Mikrozensus vergleichbare Grundlage geschaffen.2 Die folgende Tabelle zeigt die Anteile der Bevölkerung mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit sowie mit und ohne Migrationshintergrund in verschiedenen Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung der Stadt Frankfurt am Main. Um ein mit dem Mikrozensus vergleichbares Maß für den Migrationshintergrund zu erhalten, müssen die Anteile der Bevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit und mit Migrationshintergrund und der Anteil der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Frankfurt am Main addiert werden. Wie den Abbildungen 2.1 und 2.2 zu entnehmen ist, liegt der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main aktuell bei rund 47,4 %. Bei den Kindern unter sechs Jahren liegt der Anteil bei 68 %. Mit beiden Werten liegt Frankfurt im interkommunalen Vergleich mit ausgewählten Großstädten in Deutschland an der Spitzenposition (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2013a: S. 3; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 32). Abbildung 2.2 verdeutlicht aber noch eine weitere demographische Tatsache: Die Bevölkerungsstruktur in Frankfurt am Main befindet sich aktuell – statistisch gesehen – in zweierlei Hinsicht in einem Gleichgewicht. Anhand der amtlichen Bevölkerungsstatistik lässt sich die Frankfurter Bevölkerung aktuell zu annähernd gleichen Teilen in eine Bevölkerungsgruppe mit und ohne Migrationshintergrund unterteilen. Gleichzeitig halten sich aktuell aber auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahre und der Rentnerinnen und Rentner in Frankfurt am Main die Waage. Gemäß Detailauswertungen des Bürgeramtes, Statistik und Wahlen zum familiären Migrationshintergrund von Kindern und Jugendlichen in Frankfurt am Main dominiert bei den Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren mit deutscher Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund mit einem Anteil von 74,3 % die Zahl der Kinder, bei denen beide Elternteile einen Migrationshintergrund aufweisen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2013a: S. 3). Dies ist auch ein Zeichen für die Internationalität der Stadt Frankfurt am Main. Wie das Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring gezeigt hat, ist die Bevölkerung in Frankfurt am Main durch eine hohe Diversität in der Zusammenset-
20
zung ihrer Bevölkerung mit Blick auf Herkunftsregionen gekennzeichnet (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN - AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 24 – 37 sowie Abschnitt 5.5.1). In Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung wird oftmals eine Lücke im Altersaufbau prognostiziert, die sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar macht. Dabei ist Frankfurt am Main noch relativ unberührt von dieser Entwicklung, denn die Bevölkerung befindet sich seit Ende 2005 in einer anhaltenden Phase des Bevölkerungswachstums. Grundlage hierfür bildet die Bilanz aus Geburten und Sterbefälle sowie Zuzügen und Wegzügen. Wie die Abbildung 2.3 aus den Frankfurter „Materialien zur Stadtbeobachtung“ des Bürgeramt, Statistik und Wahlen zeigt, erzielt nur ein Drittel der betrachteten Großstädte im interkommunalen Vergleich eine positive Bilanz aus Geburten und Sterbefällen. Frankfurt steht dabei sowohl in der Bilanz wie auch beim Anteil der Lebendgeborenen (je 1000 Einwohnern und Einwohnerinnen) an Platz 2.3 Neben der hohen Geburtenrate wird der Bevölkerungszuwachs durch Zuzugsprozesse nach Frankfurt am Main begünstigt. In jüngster Zeit kam es dabei zu einem vermehrten Zuzug aus dem Ausland von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Ein Großteil dieser „Neuen Zuwanderung“ erfolgt aus den Mitgliedstaaten der Europä-
2 Im Durchschnitt liegen die Abweichungen zwischen den – anhand von Migra-Pro ermittelten – Anteilen der Bevölkerung mit Migrationshintergrund gemäß dem Frankfurter Melderegister und den Werten des Mikrozensus in einem Bereich von 4 % und weniger. Auch der Verbund deutscher Städtestatistiker (VDSt) kommt in einem Städtevergleich zu diesem Ergebnis: „In den meisten Städten liegt die Abweichung insgesamt zwischen einem und gut zwei Prozentpunkten.“ (VDSt 2013: S. 36). Eine Ausnahme bildet die Altersgruppe über 65 Jahre. Hier liegt der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main gemäß MigraPro bei 29 % und gemäß Mikrozensus bei durchschnittlich 16 %. Auch diese Abweichungen zeigen sich in den Analysen des VDSt bei allen berücksichtigten Kommunen: „Ein Vergleich der Altersdaten deutet darauf hin, dass die Zahl der Einwohner mit Migrationshintergrund in den kommunalen Registern insbesondere bei den älteren Einwohnern überschätzt wird […] So liegen die Anteile der Einwohner mit Migrationshintergrund in allen betrachteten Städten über den Werten des Mikrozensus.“ (VDSt 2013: S. 39). 3 Die Frankfurter Geburtenrate übersteigt seit dem Jahr 2002 die gesamtdeutschen Werte. Seit dem Jahr 2004 liegt sie außerdem auch über dem hessischen Vergleichswert (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2008: S. 1). Die weibliche Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit verzeichnet dabei eine höhere Geburtenrate als die mit deutscher Staatsangehörigkeit (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2009: S. 34f.). In der Regel nähert sich die Geburtenzahl in der zugewanderten Bevölkerung mit steigender Aufenthaltsdauer jedoch der des lokalen Kontextes an (vgl. BMI 2011: S. 49).
21
41.121
nicht schulpflichtige Kinder
schulpflichtige Kinder
Kinder
Minderjährige
Jugendliche
Heranwachsende
erwerbsfähige Jugendliche
erwerbsfähige Bevölkerung
junge Erwachsene
unter 6
6 bis unter 15
unter 15
unter 18
15 bis unter 18
15 bis unter 21
15 bis unter 25
15 bis unter 65
18 bis unter 21
junge Alte
ältere Menschen
60 bis unter 65
60 bis unter 75
RentnerInnen
65 und älter
Summe
langlebige Menschen
95 und älter
91 bis unter 95
678.691
110.561
862
2.819
59.571 47.309
75 bis unter 91
95.170
65 bis unter 75
alte Menschen
372.118
Erwachsene
25 bis unter 60 35.599
34.320
21 bis unter 25
18.034
475.863
68.146
33.826
15.792
108.059
92.267
51.146
21.163 19.958
3 bis unter 6
Insgesamt
176.935
16.748
59
114
4.985
11.590
20.757
9.167
117.276
10.808
5.125
146.627
20.184
9.376
4.251
17.811
13.560
8.592
4.968
2.477
2.491
11,8%
26,1%
15,1%
6,8%
4,0%
10,5%
19,5%
21,8%
25,8%
31,5%
31,5%
28,4%
30,8%
29,6%
27,7%
26,9%
16,5%
14,7%
16,8%
12,1%
12,4%
144.706
15.086
80
246
5.550
9.210
14.073
4.863
59.805
6.462
4.159
81.005
16.337
9.875
5.716
54.331
48.615
25.641
22.974
11.374
11.600
in %
21,3%
13,6%
9,3%
8,7%
11,7%
15,5%
14,8%
13,7%
16,1%
18,8%
23,1%
17,0%
24,0%
29,2%
36,2%
50,3%
52,7%
50,1%
55,9%
57,0%
54,8%
absolut
absolut
in %
mit deutscher Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund
mit ausländischer Staatsangehörigkeit
Bevölkerung …
unter 3
Altersgruppe in Jahren
47,4%
28,8%
16,1%
12,8%
22,3%
34,9%
36,6%
39,4%
47,6%
50,3%
51,5%
47,8%
53,6%
56,9%
63,1%
66,8%
67, %
66,9%
68,0%
69,4%
66,6%
7.072
357.050
78.727
723
2.459
36.774
38.771
60.340
21.569
195.037
17.050
8.750
248.231
31.625
14.575
5.825
35.917
30.092
16.913
13.179
6.107
in %
52,6%
71,2%
83,9%
87,2%
77,7%
65,1 %
63,4%
60,6%
52,4%
49,7%
48,5%
52,2%
46,4%
43,1%
36,9%
33,2%
32,6%
33,1%
32,0%
30,6%
33,4%
mit deutscher Staatsangehörigkeit ohne Migrationshintergrund
(mit deutscher Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund + mit ausländischer Staatsangehörigkeit) absolut
Insgesamt mit Migrationshintergrund
Abbildung 2.1: Einwohnerinnen und Einwohner mit Hauptwohnung in Frankfurt a.M. am 31.12.2012 nach Altersgruppen, Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund Datenquelle: Melderegister
2.
Rahmenbedingungen der Integrationspolitik in Frankfurt am Main
ausländische Staatsangehörigkeit 26,1% 21,0%
mit Migrationshintergrund 47,4%
deutsche Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund 21,3% 11,1%
ohne Migrationshintergrund 52,6%
35,7% 2,5% 2,2%
2,6%
Abbildung 2.2: Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund und mit ausländischer und deutscher Staatsangehörigkeit mit Hauptwohnsitz in Frankfurt am Main im Alter von unter 18, 18 bis unter 65 Jahren und über 65 Jahren Datenquelle: Melderegister
8.0% 11,6% 5.3% Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre
Stadt
Berlin
Erwachsene unter 65 Jahre
Rentner/innen
Lebend Geborene
Sterbefälle
Anzahl
Anzahl
je 1000 Einwohner/ innen
Bilanz je 1000 Einwohner/ innen
je 1000 Einwohner/ innen
33075
9,5
31380
9
1695
0,5
Bremen
4450
8,1
5963
10,9
-1513
-2,8
Dortmund
4883
8,4
6687
11,6
-1804
-3,1
Dresden
5907
11,2
4772
9,1
1135
2,2
Düsseldorf
5800
9,8
5913
10
-113
-0,2
Duisburg
4084
8,4
6059
12,4
-1975
-4,1
Essen
4610
8,1
7256
12,7
-2646
-4,6
Frankfurt am Main
7404
10,7
5619
8,1
1785
2,6
Hamburg
17125
9,6
17060
9,5
65
0
Hannover
5004
9,7
5238
10,2
-234
-0,5
Köln
9259
9,2
10189
10,1
-930
-0,9
Leipzig
5490
10,4
5667
10,8
-177
-0,3
München
14714
10,5
10790
7,7
3924
2,8
Nürnberg
4580
9
5490
10,8
-910
-1,8
Stuttgart
5582
9,8
5143
9
439
0,8
Abbildung 2.3: Natürliche Bevölkerungsbewegung 2011 Quelle: STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN (2013b: S. 65)
22
Anzahl
8000
7000
Bilanz EU insgesamt Bilanz Bulgarien Bilanz Rumänien
6000
Bilanz EU8 Bilanz EU4 5000
4000
3000
2000
1000
0
13 20
12 20
11 20
10 20
09 20
08 20
07 20
06 20
05 20
04 20
03 20
02 20
01 20
00 20
99 19
98 19
97 19
96 19
19
-2000
95
-1000
Abbildung 2.4: Netto-Zuwanderung (Zuzüge abzüglich Wegzüge) nach Frankfurt am Main nach Staatsangehörigkeit. Datenquelle: Melderegister
ischen Union und ergibt sich damit aus dem Wegfall von Freizügigkeitsbeschränkungen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2014: S. 1). Ein Schwerpunkt der jüngsten Diskussion liegt dabei insbesondere auf den Zuzugsprozessen aus den sogenannten „EU-8“-Mitgliedstaaten (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakische Republik, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn) sowie aus Bulgarien und Rumänien in Verbindung mit dem Erwerb der uneingeschränkten Freizügigkeit in den Jahren 2011 bzw. 2013. Es ist darauf hinzuweisen, dass Erweiterungsrunden der EU auch in der Vergangenheit immer wieder zu Zuzugsprozessen geführt haben. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass diese Zuzugstendenzen auch schnell wieder rückläufig sein können.4 Wie man der nachfolgenden Abbildung 2.4 entnehmen kann, lässt sich dieser Befund in den vergangenen Jahren auch im Wanderungssaldo der Stadt Frankfurt am Main nachvollziehen.
Abbildung 2.4 zeigt den Verlauf der Zuwanderung von Personen mit Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates anhand des Saldos aus Zuzügen und Wegzügen (Netto-Zuwanderung). Wie man sehen kann, kam es ab dem Jahr 2003 zu einem vermehrten Zuzug von Personen mit Staatsangehörigkeit eines Staates aus der Gruppe der „EU8“. Im Verlauf der Jahre 2006 und 2007 war dann bereits ein starker Rückgang im Zuwanderungssaldo zu verzeichnen. Bei den Personen mit bulgarischer und rumänischer Staatsangehörigkeit kam es – bereits vor der Erlangung der
4 Bereits in Zusammenhang mit der Debatte um Freizügigkeitsbeschränkungen im Vorfeld der Osterweiterung der EU wurde von wissenschaftlicher Seite darauf hingewiesen, dass Freizügigkeit nicht per se zu und nicht dauerhaft zu einer verstärkten Zuwanderung führen muss (vgl. KUPISZEWSKI 2002; STRAUBHAAR 2001). Ausgangspunkt dieser Argumentation bildete die Erkenntnis, dass die Mehrzahl der Menschen eine Tendenz zur Sesshaftigkeit aufweist, die nur unter speziellen Umständen überwunden wird (vgl. CASTLES 2000; FAIST 1997; KALTER 1997).
23
2.
Rahmenbedingungen der Integrationspolitik in Frankfurt am Main
10000 Saldo zum Vorjahr für die Altersgruppen:
+14,6%
Bulgarien
+15,1%
Spanien
+18,3%
Korea
+19,0%
Ungarn
+22,9%
Rumänien
> 65
8000
45 – 65 25 – 45 15 – 25 6000
6 – 15 0–6
4000
2000
0
2013
2012
2011
2010
2009
-2000
5 Staatsangehörigkeiten mit größtem Zuwachs von 2012 auf 2013
Abbildung 2.5: Vorjahressaldo nach Altersgruppen der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Frankfurt am Main 2009 bis 2013 Datenquelle: Melderegister
vollständigen Freizügigkeit – zu Zuzugsprozessen beginnend im Jahr 2006, die sich dann bis 2012 stabil fortsetzten. Zu dem tatsächlichen Beitrittsdatum erfolgte somit nur noch ein geringer Anstieg im Saldo. In jüngster Zeit (ab dem Jahr 2010) kommt es außerdem zu einer Überlagerung durch vermehrte Zuwanderung im Zuge der Finanzund Wirtschaftskrise in den südeuropäischen Ländern Griechenland, Italien, Portugal und Spanien (sogenannte „EU-4“). Der Schwerpunkt liegt dabei bei der Zuwanderung von Personen mit spanischer Staatsangehörigkeit. Die in Abbildung 2.4 dargestellten Wanderungssalden ausgewählter Staatsangehörigkeiten machten in den Jahren 2005 bis 2012 zwischen 80 % bis 90 % der Zuwanderung von Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union aus. Der vermehrte Zuzug nach Frankfurt am Main hat zu einem Zuwachs der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit und zu einer Änderung der Bevölkerungsstruktur geführt (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2014: S. 4).
24
Abbildung 2.5 zeigt die Veränderung des Bevölkerungsbestandes und der Altersstruktur der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit und der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main. Zusätzlich sind die fünf Staatsangehörigkeiten mit dem größten prozentualen Zuwachs im Vergleich der Jahre 2012 und 2013 aufgeführt (vgl. hierzu auch: STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2014). Wie man erkennen kann, sind gerade in jüngster Zeit Zuwächse bei der Bevölkerung mit bulgarischer, rumänischer und ungarischer Staatsangehörigkeit zu beobachten, welche in den Jahren 2011 und 2013 die volle Freizügigkeit erlangt haben. Die Abbildung zeigt außerdem einen deutlichen Zuwachs der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit seit dem Jahr 2011. Der Zuwachs zeigt sich bei annähernd allen Altersgruppen. Am stärksten wächst die erwerbsfähige Bevölkerung im Alter von 15 bis 65 Jahren; aber auch unter den Kindern unter 6 Jahren sowie unter den Rentnerinnen und Rentnern mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist eine Zunahme erkennbar. Diese Entwicklung ist
(in den unterschiedlichen Altersgruppen) auf verschiedene Ursachen und Prozesse zurückzuführen, die zum Teil in den handlungsfeldbezogenen Kapiteln erläutert werden (siehe insbes. die Kapitel 5.1, 5.4 und 5.6).
„Integration“ und „Diversität“ aus Bevölkerungsperspektive Die Ergebnisse der Frankfurter Bürgerbefragung liefern Anhaltspunkte zu Meinungen und Einschätzungen der Bevölkerung zum Thema „Integration“ und zum „Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen“ in Frankfurt am Main. Abbildung 2.6 beruht auf Befragungsergebnissen aus der Frankfurter Bürgerbefragung. Dargestellt ist der Anteil der Befragten, die auf die offene Frage „Was sind Ihrer Meinung nach zurzeit in Frankfurt die größten Probleme?“ Angaben in Zusammenhang mit Problemen im Verhältnis zwischen der Bevölkerung mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit eingebracht haben. Als Ergebnis der Bürgerbefragung kann festgehalten werden, dass das Verhältnis zwischen der Bevölkerung mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit nur für einen sehr geringen und rückläufigen Teil der Befragten ein erwähnenswertes Problem darstellt. Aktuell bewegt sich der Prozentsatz derjenigen Befragten, die Probleme in diesem Bereich benennen, bei 6 % bis 9 %. Die meiste Erwähnung Bevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit
13
17
19
21 21 17 16 15 15 15
14
13 13
15 16
17 12 12
Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit
7
8
10 5
4 4 5
7
7 5 4 4 4 6 6 3
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangen auch die „Hertie-Studie“ und eine Studie des forsa-Instituts, welche im Auftrag der Frankfurter Neuen Presse durchgeführt wurde. Beide beschäftigen sich mit Meinungen und Einstellungen der Frankfurter Bevölkerung zur Stadt Frankfurt am Main. Die Studie der forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH bestätigt die Ergebnisse der Bürgerbefragung aus dem Jahr 2012 für die Jahre 2013 und 2014. Auch hier werden als zentrale Problembereiche „Verkehrsprobleme“ (46 %) und „Mieten, Wohnungsnot“ (37 %) benannt, integrationsrelevante Themen finden sich auf den hinteren Rangplätzen (forsa 2014: S. 5). Das Ergebnis der Studie „FrankfurtRheinMain“ der gemeinnützigen Hertie-Stiftung aus dem Jahr 2010 lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: „Die ethnische Frage wird zwar in der gesamten Region als eher niedrig eingestuft, dennoch kommt das Problem der Intoleranz bereits in der engeren Region stärker auf die Agenda als in Frankfurt. Angesichts des hohen Migrantenanteils ist das gerade für Frankfurt ein bemerkenswert positiver Befund und deutet auf eine besonders tolerante Kultur hin.“ (GEMEINNÜTZIGE HERTIE-STIFTUNG 2010: S. 116)
1993 – 2012
10
Wie man den prozentualen Angaben weiter entnehmen kann, ist der Anteil der Befragten, die Probleme im Verhältnis zwischen der Bevölkerung mit deutscher und nicht-deutscher Staatsangehörigkeit erwähnen, bei der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit generell sehr gering. Bei der Bevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit ist die Problemwahrnehmung seit dem Jahr 1998 tendenziell rückläufig und nähert sich den Werten der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit an. Besonders stark fällt der Rückgang in den Jahren 2011 und 2012 aus.
8 9
%
%
finden jeweils Probleme in Zusammenhang mit dem Wohnungsmarkt (22 % bis 29 %) und der Verkehrssituation (22 % bis 27 %) in Frankfurt am Main (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2013c: S. 2f.).
8
5 6
1993 – 2012 Abbildung 2.6: Antworten aus der Frankfurter Bürgerbefragung (in Prozent), die auf Probleme im Verhältnis zwischen deutscher und ausländischer Bevölkerung hindeuten. (Frage: Was sind Ihrer Meinung nach zurzeit in Frankfurt die größten Probleme?) Quelle: STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2013C: S. 2f.) Anmerkung: geringe Fallzahl und eingeschränkte Repräsentativität bei Befragten mit ausländischer Staatsangehörigkeit
In den Jahren 2011 und 2012 wurde zudem ein Sonderfrageprogramm für die Frankfurter Bürgerbefragung zur Anwendung gebracht, welches aus einer Zusammenarbeit zwischen dem Bürgeramt, Statistik und Wahlen und dem AmkA hervorgeht. Ziel des Frageprogramms war es, die Meinung der (per Stichprobe ausgewählten) Befragten zu den wichtigsten Aspekten für ein gelingendes Zusammenleben von Bevölkerungsgruppen in Frankfurt am Main zu erfassen. Die Befragungsergebnisse sind in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.
25
2.
Rahmenbedingungen der Integrationspolitik in Frankfurt am Main
Befragte mit ausländischer Staatsangehörigkeit
Sprachkenntnisse in Deutsch
86% 81%
Berufs- und AusbildungsmöglichBildungskeiten DiskrimiSolidarität verbessern chancen verbessern nierung zwischen bekämpfen Jung und 84% 84% Alt 81% 82% 81% 78% 77%
mehr Angebot für Familien 72% 70%
69%
andere Lebensweisen tolerieren 69%68%
Fremdsprachenkenntnisse Offenheit und Mehr- für neue sprachigkeit Einwohner 67% 67%
67%
65%
Begegnungsmöglichkeiten für bürgerunterschied- schaft- und liche Bevöl- ehrenamtkerungsliches gruppen Engagement 67%
Vermittlung bei Nachbarschaftskonflikten
61%
59%
56% 57%
12
11 20
20
11
12
20
20
12
11 20
20
11
12
20
20
12
11 20
20
20 11 20 12
11
12
20
20
12
11 20
20
11
12
20
20
12
11 20
20
20 11 20 12
12
20
20
11
51%
Befragte mit deutscher Staatsangehörigkeit Sprachkenntnisse in Deutsch 87% 81%
Berufsund Bildungs- Ausbildungschancen möglichverbessern keiten DiskrimiSolidarität zwischen verbessern nierung bekämpfen Jung und 83% 82% Alt 81% 81% 73% 74%
andere Lebensweisen tolerieren
75% 71% 67% 68%
Offenheit Fremdsprachenfür neue Einwohner kenntnisse mehr und MehrAngebot sprachigkeit für Familien 68% 66% 63% 62% 61% 61%
bürgerschaft- und ehrenamtliches Engagement 66%
54%
Begegnungsmöglichkeiten für unterschiedliche BevölkeVermittrungslung bei gruppen Nachbarschaftskonflikten 58% 56%
Abbildung 2.7: Ergebnisse des Sonderfrageprogramms zur Frankfurter Bürgerbefragung Bewertungen von Antwortalternativen als sehr wichtig/wichtig (in Prozent) zur Frage: „Was glauben Sie ist besonders wichtig für das Zusammenleben der Menschen in Frankfurt?“ Datenquelle: Melderegister
26
20 11 20 12
20 12
1 20 1
2
20 1
1 20 1
20 11 20 12
2
20 1
1 20 1
20 11 20 12
2
20 1
1 20 1
20 11 20 12
20 1
2
1 20 1
20 11 20 12
20 11 20 12
20 1
1
20 12
50% 51%
Anmerkung: geringe Fallzahl und eingeschränkte Repräsentativität bei Befragten mit ausländischer Staatsangehörigkeit
Im Rahmen der Bürgerbefragung wurden die folgenden Bereiche als die 5 wichtigsten Handlungsfelder für ein gelingendes Zusammenleben benannt: • Sprachkenntnisse in Deutsch; • Bildungschancen verbessern; • Berufs- und Ausbildungsmöglichkeiten verbessern; • Diskriminierung bekämpfen; • Solidarität zwischen Jung und Alt. Dabei fällt auf, dass auf diesen ersten fünf Rängen kaum Unterschiede in den Bewertungen von Befragten mit deutscher und nicht-deutscher Staatsangehörigkeit zu erkennen sind. Die Nennungen korrespondieren im Übrigen mit den in diesem Bericht berücksichtigten zentralen Handlungsfeldern der Integrationsarbeit „Spracherwerb und Sprachbeherrschung“, „Bildung und Schule“, „Wirtschaft und Arbeit“ sowie „Gesundheit und Alter“ (bzw. „Wohnen und Zusammenleben“). Unterschiede ergeben sich lediglich bei der höheren Priorisierung der beruflichen Bildung gegenüber den allgemeinen Bildungschancen auf Seiten der Bevölkerung mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit. Bei den übrigen Rängen wird deutlich, dass die Bevölkerung mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit dem Ausbau von Familienangeboten höhere Priorität einräumt. Interessant ist der sich bei beiden Befragtengruppen im Jahr 2012 abzeichnende Bedeutungszuwachs der Bereiche „Solidarität zwischen Jung und Alt“ sowie „bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement“.
2.2 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen Im Rahmen der guten Wirtschafts- und Beschäftigungssituation und dem anhaltenden Fachkräftebedarf sind Einkommenssteigerungen auch für Erwerbstätige mit Migrationshintergrund zu verzeichnen, allerdings auch Einkommensungleichkeiten und eine unterschiedliche Beschäftigungssituation. Die Stadt Frankfurt am Main zählt zu den wirtschaftsstärksten Städten Deutschlands und Europas; gemessen am BIP pro Kopf nimmt Frankfurt sogar die Spitzenposition ein (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2014: S. 9; WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG FRANKFURT 2014: S. 7; IHK FRANKFURT AM MAIN 2013: S. 4; STADT FRANKFURT AM MAIN – DEZERNAT INTEGRATION 2009: S. 30). Die wirtschaftliche Bedeutung des Standorts Frankfurt am Main hängt wesentlich mit der Stellung als Messestadt und Dienstleistungszentrum zusammen. Zudem beherbergt sie mit der Frankfurter Börse, der Europäischen Zentralbank, der Deutschen Bundesbank und (über 300) weiteren nationalen und internationalen Banken das größte Finanzzentrum Europas (vgl.
STADT FRANKFURT AM MAIN – DEZERNAT INTEGRATION 2009: S. 30). Im Jahr 2011 entfielen 83,8 % der Bruttowertschöpfung entsprechend auf den Dienstleistungssektor (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2014: S. 10). Die Wirtschaftskraft und Internationalität des Wirtschaftsstandorts Frankfurt am Main stehen in einem direkten Zusammenhang mit dem Zuzug von Personen aus dem Inund Ausland. Darüber hinaus ist Frankfurt am Main durch einen hohen Anteil an Einpendlerinnen und Einpendlern gekennzeichnet: So hatten am 30.06.2012 von den 508.321 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Arbeitsort in Frankfurt am Main nur etwa 34 % auch ihren Wohnort in Frankfurt am Main (vgl. JOBCENTER FRANKFURT AM MAIN 2014: S. 12). Erleichtert werden dieser wirtschaftliche Austausch und die Mobilität von Personen durch eine gute Transportinfrastruktur (vgl. KARPF 2013: S. 243f.). Dabei kommt insbesondere dem Frankfurter Flughafen als größter Verkehrsflughafen in Deutschland und drittgrößter in Europa eine wichtige Funktion zu. Wie die folgende Abbildung 2.8 zeigt, können – mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung während der Finanzkrise im Jahr 2009 – regelmäßige Verbesserungen der Beschäftigungslage wie auch Steigerungen der Wirtschaftskraft Frankfurts festgestellt werden: • D ie Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist kontinuierlich gestiegen; bei einem gleichbleibenden Anteil an geringfügig Beschäftigten und einer rückläufigen Arbeitslosenquote. • Nach einem Rückgang in Folge der Finanzkrise hat das BIP zu Marktpreisen im Jahr 2010 einen deutlichen Zuwachs erfahren. Auch in den Folgejahren bewegte sich die BIP-Veränderungsrate im positiven Bereich. Die zuletzt gute Arbeitsmarktlage – sowohl gesamtwirtschaftlich wie auch speziell in Frankfurt am Main – führt im Zusammenspiel mit der demographischen Entwicklung zu einem vermehrten Bedarf an Fachkräften (vgl. JOBCENTER FRANKFURT AM MAIN 2014: S. 8). Prognosen gehen in den kommenden 5 bis 7 Jahren von einem Bedarf von 80.000 Fachkräften für ganz Hessen (bis zum Jahr 2018; vgl. KNOBEL ET. AL. 2013: S. 17) bzw. 100.000 Fachkräfte im IHK-Bezirk Frankfurt am Main (bis zum Jahr 2020; vgl. IHK FRANKFURT AM MAIN 2014: S. 1) aus. Dabei wird ein im Vergleich zur Gesamtregion Südhessen höherer Bedarf an Akademikerinnen und Akademikern erwartet. Aufgrund der erwähnten strukturellen Gegebenheiten hat der Frankfurter Arbeitsmarkt einen besonders hohen Bedarf und Anteil (rund 80 %) an Beschäftigten im Dienst-
27
2.
Rahmenbedingungen der Integrationspolitik in Frankfurt am Main
15%
Zuwachs (zum Vorjahr) in % : Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte
10%
BIP-Veränderungsrate ( Veränderung der BIP in jeweiligen Preisen im Vergleich zum Vorjahr)
5%
0% 2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
Anteil der ausschließlich geringfügig Beschäftigten an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
Arbeitslosenquote (Jahresdurchschnitt bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen)
-5%
Abbildung 2.8: -10% Entwicklung der Beschäftigungs- und Wirtschaftslage in den Jahren 2005 bis 2012 Datenquellen: Bundesagentur für Arbeit Statistische Ämter der Länder (2013) Statistisches Jahrbuch Frankfurt am Main, mehrere Bände
leistungssektor, mit einer hohen Konzentration an wirtschaftsnahen Dienstleistungen (vgl. JOBCENTER FRANKFURT AM MAIN 2014: S. 10, S. 12; KNOBEL ET. AL. 2013: S. 46). Auch für die unmittelbare Zukunft werden die Beschäftigungschancen und -zuwächse in den Dienstleistungsberufen und dabei insbesondere in den Berufen des Gesundheits- und Sozialwesens, in Organisations- und Büroberufen, in der Immobilienbranche und der Sicherheitsbranche wie auch in der Kreativwirtschaft erwartet (vgl. KNOBEL ET. AL. 2013: S. 15; S. 46ff.).5 Die günstige wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsmarktlage zeichnet sich zunehmend auch im Einkommen der Beschäftigten ab (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2014: S. 14, 2012: S. 35). Diese Entwicklung zeigt sich sowohl in Statistiken zu den Bruttoarbeitsentgelten der Beschäftigungsstatistik, wie auch in den – aus dem Mikrozensus entnommenen – Nettoeinkommen und im verfügbaren Einkommen, welches aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung hervorgeht.6 Allerdings fallen am Standort Frankfurt am Main auch die Lebenshaltungskosten überdurchschnittlich hoch aus (vgl. TREICHLER 2013: S. 38). Sie sind in den letzten Jahren ebenfalls gestiegen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013: S. 15).7
28
Wie das Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring gezeigt hat, gelten die erwähnten Einkommenssteigerungen auch für Erwerbstätige mit Migrationshintergrund und erwerbstätige Frauen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 152). Dennoch sind in Frankfurt am Main nach wie vor auch Einkommensungleichheiten zu beobachten. So erzielt die Bevölkerung mit Migrationshintergrund im Durchschnitt weniger Einkommen als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, und weibliche Erwerbstätige erzielen im Durchschnitt weniger als männliche (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 152). Die SGB II-
5 Detaillierte Ergebnisse zur Entwicklung der Arbeitsmarktposition der Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund in Frankfurt am Main finden sich in Kapitel 5.4. 6 Als „verfügbares Einkommen“ bezeichnet man das Einkommen, welches für die Bevölkerung für Spar- und Konsumzwecke zur Verfügung steht (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2012; STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2009). 7 In einer im Rahmen der Hertie-Studie durch TNS-Infratest im Jahr 2010 durchgeführten Befragung der Frankfurter Bevölkerung wurden „steigende Preise“ in einem Ranking der größten Probleme an erster Stelle benannt (vgl. HERTIE-STIFTUNG 2010: S. 117).
Bezugsquote beträgt in Frankfurt am Main relativ konstant ca. 12 %, die Armutsgefährdungsquote ca. 18 %. Damit liegt Frankfurt in einem ähnlichen Bereich wie andere süddeutsche Großstädte und bewegt sich etwa auf dem bundesdeutschen Durchschnitt (vgl. SEILS & MEYER 2012: S. 3f., S. 8f.). Wie eine aktuelle Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, ist die räumliche Trennung zwischen „Arm“ und „Reich“ in Frankfurt am Main – gemessen an der Verteilung von Niedriglohn- und Nicht-Niedriglohn-Beziehern über die Frankfurter Stadtteile – im Vergleich mit anderen deutschen Städten am höchsten ausgeprägt (vgl. VOM BERGE ET. AL. 2014: S. 7). Sämtliche Indikatoren deuten außerdem auf ein höheres Armutsrisiko der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit sowie verstärkte Alters- und Kinderarmut hin (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 145 – 148).
2.3 Kommunale Integrations- und Diversitätspolitik Integrationspolitik umfasst nach modernem Verständnis mehr als kompensatorische Integrationsmaßnahmen. Die konzeptgeleitete Steuerung zum Abbau integrativer Hindernisse wird durch überregionale Entwicklungen, Zuständigkeiten und finanzielle Restriktionen begrenzt. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, der Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes, der Einrichtung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Steuerungsinstanz und der Erarbeitung eines Nationalen Integrationsplans (NIP) wurde in Deutschland eine neue Phase in der Migrations- und Integrationspolitik eingeleitet. Der Kern dieser Neuausrichtung besteht dabei darin, „Integration“ zu einer Angelegenheit moderner Steuerung zu machen und eine konzeptgeleitete, aktiv gestaltete Integrationspolitik umzusetzen. Einen zentralen Ansatzpunkt bildet zudem die Erkenntnis, dass rein kompensatorische Integrationsmaßnahmen nicht ausreichen, um Chancengleichheit herzustellen, sondern dass flankierend ein Prozess des Abbaus von „institutionellen Hindernissen“ und der aktiven Öffnung von Angeboten und Einrichtungen notwendig ist. Dieser Prozess wird als „Interkulturelle Öffnung“ von Organisationen und Angeboten bezeichnet (vgl. BARAULINA 2007: S. 30). Den Kommunen wird eine zentrale Rolle bei der Umsetzung dieser aktiven und strategisch orientierten Integrationspolitik zugewiesen (vgl. BOMMES 2011; GESEMANN 2010; BUNDESREGIERUNG 2007/2011; KGSt 2000). In vielen Handlungsfeldern sind die Einflussmöglichkeiten
auf kommunaler Ebene jedoch begrenzt und durch Bundes- und Landesrecht vordefiniert. Dies gilt vor allem für die Kerngebiete der strukturellen Integration und dabei besonders für die Handlungsfelder „Beschäftigung“ sowie „Bildung und Schule“ (vgl. BOMMES 2011: S. 219; ILS/IRS 2011: S. 70; GESEMANN & ROTH 2009: S. 24f.). Die Handlungsmöglichkeiten sind zudem durch nationale, europäische und globale Entwicklungen begrenzt, auf die die lokale Politik und lokale Maßnahmen kaum Einfluss nehmen können (vgl. KRUMMACHER 2011: S. 195; GESEMANN & ROTH 2009: S. 24f.). Hierzu zählen z.B. die wirtschaftliche und politische Entwicklung, Bestimmungen des Zuwanderungs- und Staatsangehörigkeitsrechts und damit verbundene Prozesse der Zu- und Abwanderung. Finanzielle Restriktionen führen außerdem dazu, dass Integrations- und interkulturelle Arbeit oftmals in Form von (Modell-)Projekten umgesetzt werden. Bei Auslaufen der Finanzierungsgrundlage droht dann die Gefahr des Zusammenbrechens von aufgebauten Arbeitsstrukturen und -ansätzen. Der vorliegende Bericht stellt die Tätigkeit der Stadt Frankfurt am Main in verschiedenen Handlungsfeldern der städtischen Integrationsarbeit dar. In vielen Feldern sind die Einflussmöglichkeiten der Stadt Frankfurt am Main jedoch begrenzt. Die entsprechenden Rahmenbedingungen der kommunalen Tätigkeit in verschiedenen Handlungsfeldern der interkulturellen Integrationsarbeit. Die kommunalen Möglichkeiten und Ansätze der Integrationsarbeit sind jeweils in den Handlungsfeldkapiteln (Kapitel 5.1 bis 5.8) beschrieben. Unabhängig von diesen Rahmenbedingungen stehen auf kommunaler Ebene jedoch Strategien und Instrumente der interkulturellen Öffnung zur Verfügung, welche dabei helfen können, Menschen mit Migrationshintergrund systematisch in die regelmäßigen (pflichtigen und freiwilligen) Leistungen einzubeziehen und Chancengleichheit zu fördern. Die entsprechenden Strategien und Handlungsansätze werden u.a. in Kapitel 3.3 dieses Berichtes dargestellt. In Kapitel 4 werden außerdem die Ergebnisse einer Befragung der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main zu den existierenden Aktivitäten und Ansätzen der interkulturellen Öffnung präsentiert. Im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts zählen zu den wichtigsten Instrumenten zur Gestaltung der Rahmenbedingungen der städtischen Integrations- und interkulturellen Arbeit (vgl. GESEMANN 2010: S. 27; SCHUPP 2010: S. 55f.):
29
2.
Rahmenbedingungen der Integrationspolitik in Frankfurt am Main
• d ie Möglichkeit zur Verabschiedung von Satzungen (Rechtsetzungshoheit); • die Aufstellung von Entwicklungsplänen und (Integrations-)Konzepten (Planungshoheit); • die Einrichtung von freiwilligen Aufgaben und die Förderung von Einrichtungen, Diensten, Vereinen sowie die Aufstellung von Förderkriterien, Richt- und Leitlinien (Finanzhoheit); • Aktivierung, Beteiligung und Vernetzung von Akteuren vor Ort.
30
Eine moderne Integrationspolitik im Sinne eines Diversitätsmanagements nimmt die gesamte Stadtbevölkerung in den Blick und betrifft die gesamte Stadtverwaltung. Der Erfolg integrationspolitischer Arbeit besteht somit nicht primär in der Entwicklung von migranten- und anderer zielgruppenspezifischer Ansätze, sondern darin, existierende Angebote und Strukturen passend anzuwenden. Dieser Bericht beschreibt – mit Blick auf das Integrationsund Diversitätskonzept – den Zwischenstand eines Prozesses, der es zum Ziel hat, die Chancengleichheit, Ressourcen und die Beteiligung möglichst aller Einwohnerinnen und Einwohner sowie eine bevölkerungsgruppenübergreifende Öffnung von Angeboten zu gewährleisten.
„Eine aussagekräftige Integrationsberichterstattung ist eine komplexe gesamtstädtische Aufgabe, die sowohl in ihrer Konzeption wie auch in ihrer Umsetzung in hohem Maße einer ämterübergreifenden und interdisziplinären Zusammenarbeit bedarf. […] Ziel der Frankfurter Integrationspolitik ist es, in einem transparenten Turnus aus Zielsetzung und Umsetzungsberichterstattung zu arbeiten.“
(Integrations- und Diversitätskonzept: S. 41f.)
3. Ansatzpunkte der Integrationsberichterstattung Dieser Bericht hat das Ziel, die politische Steuerung der weiteren Umsetzung des Integrations- und Diversitätskonzepts zu verbessern. Er beschreibt dabei einen in den Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main begonnenen Prozess mit der Absicht, die diskursive strategische Planung weiter voranzubringen. Auf der Grundlage des Integrations- und Diversitätskonzepts hat der Bericht die Auffassung zum Maßstab, dass sich „Integration“ an der Lebenslage von Bevölkerungsgruppen und ihrer gesellschaftlichen, strukturellen sowie persönlichen Partizipation feststellen lässt.
Betrachtung kommunaler Aktivitäten und Maßnahmen zwischen einer beschreibenden Vorgehensweise, dem erklärenden Ansatz und der Bewertung von Sachverhalten unterschieden werden. Angesichts methodischer Restriktionen, limitierter Datengrundlagen bzw. Informationen und/oder der generell eingeschränkten Steuerungsfähigkeit von sozialen Sachverhalten sind nicht immer alle diese Aspekte umsetzbar. Existierende Berichtssysteme realisieren daher i.d.R. immer Mischungsverhältnisse der soeben aufgeführten Ansatzpunkte.
ANALYSE (IST-Situation) · Bedarfe · Probleme · Ursachen
3.1 Möglichkeiten und Formen von Integrationsberichterstattung Integrationspolitik erfordert heute neben konzeptioneller Steuerung verschiedene Berichtsinstrumente. Diese unterscheiden sich nach der Zielrichtung und den notwendigen Voraussetzungen. Jedes kommunale Berichtswesen unterliegt unterschiedlichen Ansprüchen und Erkenntnisinteressen, die nicht immer alle realisierbar sind. Ein grundsätzlicher Anspruch an ein kommunales Berichtswesen besteht darin, eine gewisse „Steuerungsfähigkeit“ in Hinblick auf die kommunale Tätigkeit herzustellen. Wie Abbildung 3.1 verdeutlicht, lässt sich das Berichtswesen in Zusammenhang mit der Steuerung kommunaler Prozesse und Maßnahmen grundsätzlich in einem Steuerungskreislauf zwischen der Erfassung einer IST-Situation, der Dokumentation von Planungs- und Umsetzungsschritten sowie der Kontrolle und Bewertung von Wirkungen verorten. Vor diesem Hintergrund kann bei der
32
PLANUNG Strategische Ziele und Handlungsfelder identifizieren oder modifizieren (SOLL)
KONTROLLE Wirkungen analysieren (Vergleich: SOLL – IST)
PROZESS Handlungspläne entwickeln und implementieren
Abbildung 3.1: Steuerungskreislauf einer handlungsfeldbezogenen Analyse und Fachplanung In Anlehnung an: KGSt (2008: S. 11)
Im Folgenden sollen die erwähnten Formen der Berichterstattung und ihre Zielrichtung sowie die Möglichkeiten, Grenzen und Quellen des vorliegenden Integrationsberichts dargestellt werden. Abbildung 3.2 verdeutlicht
Tätigkeitsbericht Maßnahmendokumentation Umsetzungsbericht
• Einfache Dokumentation • Inhaltliche Beschreibung Zielbezogen
• Soll-Ist-Abweichungen • ggf. Effektivitäts- oder Effizienzeinschätzung
Prozessbezogen
• Verlaufsdarstellung • ggf. Wertung
Erfolgsbezogen
• Erklärung • ggf. Erfolgsfaktoren
Evaluation
• Nachweis von Wirkungsketten • Herstellung eines Ursachenbezugs
nochmals die Ansatzpunkte der erwähnten verschiedenen Formen der Berichterstattung. Sie werden nachfolgend inhaltlich beschrieben.
Tätigkeitsbericht und Maßnahmendokumentation Die Berichtsform „Tätigkeitsbericht“ oder „Maßnahmendokumentation“ kann als eine Form der Berichterstattung charakterisiert werden, welche Informationen systematisch sammelt und auswertet. Entsprechende Berichtswesen legen den Schwerpunkt auf Umfang und Inhalte sowie Rahmenbedingungen der Tätigkeit. Der steuerungsrelevante Anspruch eines entsprechenden Berichtssystems besteht i.d.R. darin, für einen bestimmten Zeitraum eine Vollständigkeit der Darstellung zu erreichen und über wichtige Ereignisse und Tätigkeitsinhalte zu informieren. Die Integrationsberichterstattung als Tätigkeitsbericht wurde 2007 durch Stadtverordnetenbeschluss als unzureichend beendet. Eine testweise durchgeführte Erhebung der Integrations- und interkulturellen Angebote der Stadt Frankfurt am Main für die Jahre 2006 bis 2007 (vgl. KNOBEL & HEID 2008) machte die methodischen Schwierigkeiten einer Maßnahmendokumentation deutlich. Für eine umfassende und möglichst laufend aktuelle Dokumentation der Angebote, Maßnahmen und Projekte der Stadt Frankfurt am Main soll das Integrationsportal des Amts für multikulturelle Angelegenheiten www.vielfaltbewegt-frankfurt.de auch weiter ausgebaut werden.
Umsetzungsberichterstattung Als konzeptueller Ansatzpunkt für eine Umsetzungsberichterstattung kann zwischen einer erfolgs-, ziel- oder prozessbezogenen Vorgehensweise unterschieden werden.8 Als Ansatzpunkte einer Umsetzungsberichterstattung lassen sich unterscheiden: • Der zielbezogene Ansatz bewertet zuvor formulierte Ziele in Hinblick auf: - die Abweichungen zwischen einem IST- und einem SOLL-Zustand oder vorhandenen Bedarfen (Effektivität: Zielerreichungs- oder Zielabdeckungsgrad);
Abbildung 3.2: Formen der Berichterstattung
- eingesetzte Ressourcen sowie die entstandenen Kosten (Effizienz). • Der erfolgsbezogene Ansatz verfolgt darüber hinaus eine verstärkt erklärende Ausrichtung, wobei z. B. bestpractice-Beispiele und deren Erfolgsfaktoren (Rahmenbedingungen) aufgezeigt werden. • Der prozessbezogene Ansatz thematisiert darüber hinaus den Ablauf der Umsetzung. Im Mittelpunkt stehen die folgenden Fragen: - Wer wurde in die Umsetzung einbezogen? - Wie verlief der Umsetzungsprozess? Welche Kommunikations- und Ablaufstrukturen wurden eingerichtet? Wurden Arbeitsgruppen gebildet? - Welche Vorgehensweisen wurden vereinbart? - Wie wurden amtsinterne Verfahren verändert bzw. auf das Konzept abgestimmt? Mit der Veröffentlichung des 10-Punkte-Plans des Oberbürgermeisters und der Dezernentin wurde für verschiedene Handlungsfelder der Grundstein für einen prozessbezogenen Ansatz der Umsetzungsberichterstattung geschaffen. Ein prozessbezogener Ansatz wird in Zukunft mit der weiteren Konkretisierung ämterübergreifender Handlungspläne und Projektgruppen möglich werden.
8 Der erfolgs- oder zielbezogene Ansatz wird z.T. auch als „Produktevaluation“ von der „Prozessevaluation“ abgegrenzt (vgl. SCHEUNPFLUG ET AL. 2010: S. 8f; WOLLMANN 2004: S. 206f.). Die Prozessevaluation wird auch als „Performanz-“ oder „Implementations-“Evaluation oder als „Begleitforschung“ bezeichnet. Eine Mischform zwischen diesen Berichterstattungsformen stellen Monitoringsysteme dar, da hier unterstellt wird, dass beobachtbare statistische Trends steuerungsrelevant sind. Die Steuerungsrelevanz kann sich dabei jedoch nicht auf bestehende Angebote beziehen, da sich die Daten der amtlichen Statistik i.d.R. nicht direkt mit diesen verknüpfen lassen und nicht den statistischen Anforderungen genügen, um gesicherte Rückschlüsse auf mögliche Ursachen zu ermöglichen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 7). Anhand der in einem Monitoring aufgezeigten Entwicklungen und Trends können jedoch Handlungsfelder identifiziert werden, in denen eine verstärkte Tätigkeit notwendig erscheint. Für die konkrete Ausgestaltung von Aktivitäten sind ergänzende Vertiefungsstudien und/oder Formen des Erfahrungsaustauschs.
33
3.
Ansatzpunkte der Integrationsberichterstattung
Ein erfolgsbezogener Ansatz ist in diesem Rahmen gesamtstädtisch noch nicht zu leisten, da er Aspekte der Evaluation umfasst. Ein zielbezogener Ansatz der Umsetzungsberichterstattung wird in diesem Bericht in den Kapiteln 6 und 4 verfolgt und wird in Zukunft mit der weiteren Konkretisierung ämterübergreifender Handlungspläne sowie Projektgruppen möglich werden. Ein erfolgsbezogener Ansatz ist in diesem Rahmen gesamtstädtisch noch nicht zu leisten.
Evaluation Ziel einer Evaluationsstudie ist es, eine Maßnahme bewertbar zu machen (vgl. KROMREY 2001: S. 105f.). Methodisch besteht die zentrale Anforderung dabei darin, schlüssig nachzuweisen, dass das erzielte Ergebnis (z.B. Zielerreichung oder Qualität) tatsächlich auf das Wirken einer bestimmten Maßnahme zurückführbar ist. Das überzeugendste Forschungsdesign zur Analyse kausaler Wirkungsmechanismen bietet das wissenschaftliche Experiment. Ein methodisches Grundprinzip des Experiments besteht darin, dass eine nach dem Zufallsprinzip zusammengesetzte („randomisierte“) Kontrollgruppe existiert oder gezielt geschaffen wird, an der die Effekte der Maßnahme gegengeprüft werden können. Die Einrichtung einer Kontrollgruppe ist bei kommunalen Maßnahmen und Angeboten aus ethischen oder rein praktischen Gründen jedoch nur selten möglich. Mit Blick auf eine Evaluation des Zielerreichungsgrades oder der Qualität von Maßnahmen müssten daher immer sämtliche Rahmenbedingungen, die die Wirksamkeit einer Maßnahme beeinflussen können, mitberücksichtigt werden. Als Rahmenbedingungen der Leistungserstellung müssten z. B. die folgenden in die Betrachtung einbezogen werden: • Migration / Wanderungsprozesse; • sozio-demographische Rahmenbedingungen; • Arbeitsmarktsituation; • finanzielle Ressourcen und personelle Kapazitäten; • Merkmale der Kundinnen und Kunden (z. B. Beschäftigung, soziale Lage, Bildungsniveau, Sprachkenntnisse, …); • Merkmale des Personals (z. B. Qualifikation, interkulturelle Kompetenz, Sprachkenntnisse, …); • kooperationsförderliche und -hinderliche Faktoren. Eine Evaluation der einzelnen hier beschriebenen Vorhaben müsste jeweils separat unter genauer Umfeldbetrachtung erfolgen und ist in diesem Rahmen nicht leistbar.
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3.2 Restriktionen des vorliegenden Berichtes Eine Betrachtung des aktuellen Stands der Integrationspolitik in Frankfurt am Main unterliegt methodischen Aussageeinschränkungen, die beachtet werden müssen. Wie im vorherigen Kapitel erläutert, müsste eine Evaluation methodischen Anforderungen genügen, die hier nicht erfüllt werden können. Entsprechende Vorhaben sollten daher projekt- bzw. angebotsspezifisch von den jeweiligen Fachämtern umgesetzt werden. In dem vorliegenden Bericht werden jedoch in den Abschnitten „Ausgangslage“ zentrale Ergebnisse des Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitorings aufgegriffen und – falls vorliegend – über Erkenntnisse aus (Evaluations-)Studien berichtet, die sich auf die Stadt Frankfurt am Main beziehen. In den Handlungsfeldkapiteln (Kapitel 5.1 bis 5.8) erfolgt außerdem jeweils eine kurze Darstellung, welche Rahmenbedingungen und Einschränkungen für die interkulturelle Integrationsarbeit der Stadt Frankfurt am Main bestehen. In dem vorliegenden Bericht werden nur die durch die städtischen Ämter und Betriebe umgesetzten Tätigkeiten, Angebote und Maßnahmen thematisiert. Da dadurch nicht einschätzbar ist, ob eine Entwicklung auf die Tätigkeit der Stadt oder der Träger der Wohlfahrtspflege bzw. frei-gemeinnütziger oder privater Organisationen zurückführbar ist, stößt auch eine erklärende Vorgehensweise auf Grenzen. Für die Beschreibung der jeweiligen „Ausgangslage“ in den einzelnen Handlungsfeldern wurden hauptsächlich Untersuchungen ausgewertet, die sich spezifisch auf Aktivitäten bzw. die Situation in Frankfurt am Main beziehen. Eine umfassendere Dokumentation oder Evaluation der in diesem Bericht beschriebenen Ansätze, Aktivitäten und Angebote ist aktuell nicht zu leisten, sondern auch zukünftig nur durch vertiefende Einzelstudien leistbar.9 Der vorliegende Bericht orientiert sich in der durchgeführten Befragung bei den Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main an den Zielen des Integrations- und Diversitätskonzepts. Die im Rahmen dieser Befragung
9 Für den Bereich „Altenhilfe“ hat das AmkA im Jahr 2012 z.B. eine Bestandserhebung zur interkulturellen Öffnung der Frankfurter Altenhilfeeinrichtungen, Migrantenselbstorganisationen und religiösen Gemeinden in Auftrag gegeben (vgl. BARG ET. AL. 2013). Die Ergebnisse der Studie sind in Abschnitt 5.6.1 dargestellt. Darüber hinaus gingen in den Jahren 2007 bis 2012 handlungsfeldbezogene Einschätzungen zur Tätigkeit der Stadt Frankfurt am Main aus dem Städtenetzwerk „Cities for Local Integration Policy“ (CLIP) hervor. Im Rahmen von CLIP wurden unter Beteiligung der Stadt Frankfurt am Main in internationalen Vergleichsstudien Best Practices und Rahmenbedingungen der Tätigkeit verschiedener europäischer Städte vergleichend dargestellt.
erfassten „Querschnittsbereiche der interkulturellen und Integrationsarbeit“ stimmen mit den wesentlichen Grundsatzzielen des Integrations- und Diversitätskonzepts überein (siehe hierzu auch die genaueren Ausführungen in den jeweiligen Einzelkapiteln der Befragung 4.1 bis 4.8). Damit wird die Auffassung vertreten, dass das Vorliegen von Standards und Instrumenten der interkulturellen Öffnung eine Voraussetzung für ein gelingendes Diversitätsmanagement bildet. Die Etablierung eines gemeinsamen Verständnisses von und gemeinsamen Prozesses hin zu „Integration“, „Interkulturalität“ und „Diversität“ muss in Zukunft noch gesamtstädtisch geleistet werden. Da diese gemeinsame Grundlage in der Praxis noch nicht existiert, fällt es methodisch schwer, die städtischen Ämter und Betriebe beispielsweise nach ihren geförderten „Integrationsangeboten“ zu befragen, da ein zu unterschiedliches Verständnis vorliegt, was „Integration“ bedeutet. Der vorliegende Bericht kann jedoch einen Beitrag dazu leisten, eine Grundlage für die Praxis und Politik zu schaffen.
prozessen sowie daran anknüpfende Handlungsschritte beziehen.
In ihrer Tätigkeit verfolgen die unterschiedlichen Ressorts und Arbeitsbereiche zu diesen Querschnittsthemen zwangsläufig unterschiedliche Logiken und Ansätze. Eine moderne Integrationspolitik im Sinne eines Diversitätsmanagements nimmt die gesamte Stadtbevölkerung in den Blick und betrifft die gesamte Stadtverwaltung. Im Rahmen des Diversitätsmanagements kommt es darauf an, ein Bewusstsein für Vielfalt zu schaffen, Barrieren im Zugang zu Maßnahmen und Produkten abzubauen, die Stadtverwaltung und Angebotsstrukturen möglichst für alle Bevölkerungsgruppen zu öffnen und sie bevölkerungsübergreifend nutzerfreundlich zu gestalten. Voraussetzung für die Etablierung eines gemeinsamen Diversitätsansatzes ist jedoch, dass handlungsfeldbezogene Einzellogiken stärker zusammengeführt und gemeinsame Handlungspläne und Leitlinien verankert werden, um so flächendeckend zu einer mehrdimensionaleren Praxishandhabung von Diversität beizutragen.10
Ausgangspunkt bildet damit der bereits im Integrationsund Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main vertretene Ansatz, dass eine nachhaltige Integrationsarbeit aus zwei sich ergänzenden Komponenten bestehen muss: einer handlungsfeldbezogenen und einer strategischen. Neben die Arbeit in einzelnen Handlungsfeldern kommunaler Politik und Verwaltung müssen deshalb übergreifende strategische Grundprinzipien treten, wie z. B. Interkulturelle Öffnung, Beteiligung und Vernetzung. Im Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept sind solche übergeordneten Grundprinzipien als „Ziele“ den inhaltlichen „Handlungslinien“ vorangestellt.
Für eine prozessbezogene Berichterstattung muss das in Abbildung 3.1 aufgezeigte klassische Planungsverständnis einer handlungsfeldbezogenen kommunalen Fachplanung um eine diskursive Planung ergänzt werden. Ergänzend zu Zielpriorisierungen und -operationalisierungen sind dann handlungsfeldbezogen ämterübergreifende Vereinbarungen über gemeinsame Schritte und Zeithorizonte zu treffen. Mit dem 10-Punkte-Plan des Oberbürgermeisters wurde ein Schritt in die Richtung eines solchen konzertierten Vorgehens eingeschlagen. Auch mit weiteren Dezernaten der Stadt Frankfurt am Main wurden erste Zielvereinbarungen getroffen. Die vorliegende Berichterstattung wird sich daher zukünftig stärker auf die Dokumentation von Planungs- und Zielvereinbarungs-
3.3 Methodische Vorgehensweise und Quellen des Berichts Der vorliegende Bericht basiert auf einer handlungsfeldbezogenen Darstellung der Integrations- und interkulturellen Angebote der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main sowie einer Befragung aller städtischen Ämter und Betriebe zum Thema „Interkulturelle Öffnung“. Der Integrationsbericht soll vor diesem Hintergrund eine Grundlage für gemeinsame Prozesse zur Entwicklung von Standards und eines gemeinsamen Verständnisses von Interkulturalität dienen und gleichzeitig die methodischen Schwachpunkte und inhaltliche Kritik der letzten Berichte aufgreifen.
Den Zielen des Integrationskonzepts, also den Entwicklungen in den Bereichen der Interkulturellen Öffnung, der Beteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen sowie zur Standardisierung und gemeinsamen Zielsetzung städtischer Ämter als integrationspolitische Querschnittsarbeit wird im Kapitel 4 nachgegangen. Diesem Kapitel liegt eine querschnitthafte Befragung der städtischen Ämter und Betriebe zugrunde.
10 Exemplarisch ist hier die Vorgehensweise zu benennen, die das Stadtjugendamt München gegangen ist: „Es wurden Leitlinien für eine geschlechtsspezifisch differenzierte Kinder- und Jugendhilfe (2000), Leitlinien für die Arbeit mit Jungen und jungen Männern (2005) und Leitlinien zur kommunalen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung (2006) entwickelt. Derzeit werden die einzelnen Ansätze, die mit Personen und Funktionen verbunden sind, unter dem Dach von »Vielfalt gestalten« zusammengeführt und als einheitlicher Organisations- und Personalentwicklungsansatz verstanden. Das Profil der jeweiligen Fachstellen und der strategischen Ausrichtung bleibt dabei gewahrt.“ (SCHRÖER 2007: S. 33)
35
3.
Ansatzpunkte der Integrationsberichterstattung
Entwicklungen in den verschiedenen Handlungsfeldern städtischer Integrationsarbeit als lebenslagen- und zielgruppenspezifische Ansätze städtischer Integrationsarbeit werden in Kapitel 5 dargestellt. Dieses Kapitel orientiert sich an den Handlungslinien des Integrations- und Diversitätskonzepts und der Gliederung des Integrations- und Diversitätsmonitorings (vgl. hierzu Kapitel 2 in: STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012). Ziel von Integrationspolitik in einer vielfältigen Stadt wie Frankfurt am Main muss es sein, im Sinne von Chancengerechtigkeit die Einbindung möglichst aller Bürgerinnen und Bürger sowie eine umfassende Öffnung von Angeboten zu gewährleisten (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 16; S. 81). Der vorliegende Bericht will als Zwischenstand auch einen Beitrag zur Diskussion dieser Zielerreichung leisten (vgl. hierzu auch Kapitel 4.1).
Lebenslagen der Bevölkerung und Handlungsfelder Dieser Bericht thematisiert die Tätigkeit der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main in verschiedenen integrationsrelevanten Handlungsfeldern zur Lebenslage der Einwohnerinnen und Einwohner. Hinter diesem Konzept steht die Auffassung, dass sich „Integration“ an der Lebenslage von Bevölkerungsgruppen und deren Versorgung mit existenziellen und öffentlichen Gütern in bestimmten Lebensbereichen festmachen lässt. Je nach Schwerpunkt können in den Handlungsfeldern unterschiedliche Bevölkerungsgruppen in Hinblick auf ungleichheitsrelevante Merkmale im Fokus der Betrachtung eines Berichtswesens stehen.11 Der vorliegende Bericht legt den Schwerpunkt auf die Lebenslage der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und die bestehenden Integrations- und interkulturellen Aktivitäten der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main. Die Gliederung der Handlungsfelder ist an dem Integrations- und Diversitätsmonitoring und an den Handlungslinien des Integrations- und Diversitätskonzepts der Stadt Frankfurt am Main orientiert. In jedem Handlungsfeld findet sich ein Unterkapitel zur „Ausgangslage“, in dem jeweils die zentralen Ergebnisse des Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitorings und weiterer Berichte der Stadtverwaltung aufgegriffen sowie Ergebnisse aus wissenschaftlichen Studien zur Ausgangssituation in Frankfurt am Main zusammengefasst werden. Die Kapitel gehen jedoch über die Resultate des Integrations- und Diversitätsmonitorings hinaus, insofern auch Ergebnisse aus Handlungsfeldern präsentiert wer-
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den, die in dem Monitoring (noch) nicht mit regelmäßigen amtlichen Daten belegt werden konnten. In den jeweils darauffolgenden Abschnitten „Entwicklungen im Handlungsfeld“ wird der Sachstand der handlungsfeldbezogenen Integrationsarbeit dargestellt, wobei der Schwerpunkt auf Entwicklungen bis zum Jahr 2013 liegt. Dabei werden selbst initiierte oder durchgeführte sowie geförderte Angebote, Maßnahmen und Projekte der städtischen Ämter und Betriebe aufgegriffen. Neben dem Berichtswesen der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main wurden für diesen Teil des Berichts eine Recherche mittels des Parlamentsinformationssystems PARLIS sowie Gespräche mit Ämtern und Betrieben durchgeführt. Die aus PARLIS entnommenen Berichte sind im Text mit der Berichtsnummer („B …“) und Jahreszahl zitiert. Die vollständigen Titel und Quellennachweise sind im Literaturverzeichnis hinterlegt. Der vorliegende Bericht konzentriert sich in der Darstellung der Arbeit städtischer Ämter und Betriebe (Kapitel 5) auf zielgruppenspezifische Ansätze der Arbeit für Menschen mit Migrationshintergrund. Dabei bilden je nach Handlungsfeld Personen mit Migrationshintergrund eine sehr große – oft sogar die größte – Zielgruppe in den Regelangeboten. Dieser Bericht nimmt weitere ständige Angebote der Stadt – z. B. in den Bereichen Familien, Jugendliche, soziale Lage – nur unter dem Gesichtspunkt interkultureller Öffnung in den Blick. Die praktizierten Ansätze einer interkulturellen Öffnung der städtischen (Regel-)Angebote werden auf der Grundlage einer durchgeführten Befragung der städtischen Ämter und Betriebe (Kapitel 4) dargestellt. Im Übrigen wird auf die bestehende Sozialberichterstattung des Jugend- und Sozialamtes der Stadt Frankfurt am Main verwiesen.
Interkulturelle Öffnung in Frankfurt am Main Ein weiterer zentraler inhaltlicher Anknüpfungspunkt des vorliegenden Berichtes liegt in der Darstellung von Ansatzpunkten der interkulturellen Öffnung. Diese wurden im Rahmen einer nach Themenfeldern der interkulturellen Öffnung gegliederten Befragung der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main erfasst. Ausgangspunkt für die durchgeführte Befragung bildeten u. a. methodische und konzeptuelle Probleme, welche bei vergangenen Integrationsberichten als Kritikpunkte ein-
11 Aufgrund ihrer Relevanz im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes bilden dabei die askriptiven Merkmale „Alter“, „Geschlecht“, „Religion“ bzw. „Weltanschauung“, „Behinderung“, „sexuelle Identität“ sowie „ethnische Herkunft“ typische Parameter der horizontalen Ungleichheit.
gebracht wurden. Diese betrafen u. a. die Systematik und Vollständigkeit der Darstellung von Integrationsangeboten sowie die Möglichkeiten der Erfassung von handlungsfeldbezogenen Entwicklungen und der Tätigkeit möglichst aller städtischen Ämter und Betriebe in Zusammenhang mit Aspekten der interkulturellen Arbeit und Öffnung (vgl. hierzu: § 8782/2010; B 479/2009; KNOBEL & HEID 2008: S. 48ff.; § 2170/2007). Die Untergliederung des Berichts in Querschnittsbereiche und zentrale Handlungsfelder sowie die jeweils themenfeldorientierte Befragung bzw. Darstellung stellen einen Versuch dar, diese Probleme zu beheben.
hintergrund (vgl. HANDSCHUCK & SCHRÖER 2012: S. 21; FREISE 2005: S. 24). Der Erfolg der interkulturellen Arbeit besteht somit nicht primär in der Entwicklung migrantenspezifischer Methoden und Techniken, sondern darin, existierende Ansätze interkulturell sensibel anzuwenden (vgl. STRAßBURGER 2013: S. 12).
Der Ansatz der interkulturellen Öffnung betont, dass eine Orientierung der Strukturen, Ziele und Angebote von Verwaltungen bzw. Organisationen im Allgemeinen an den Bedürfnissen, Ressourcen und der Lebenswirklichkeit der Bevölkerung mit Migrationshintergrund stattfinden muss. Diese Forderungen korrespondieren mit den zentralen Kriterien des Integrations- und Diversitätskonzepts der Stadt Frankfurt am Main, welche in dem Konzept jeweils als Grundsatzziele formuliert und als Querschnittsaufgaben in einzelnen Handlungsfeldern und Handlungslinien immer wieder aufgegriffen werden. Die Operationalisierung und Abfrage der Ziele des Integrations- und Diversitätskonzepts konzentrierte sich daher im Schwerpunkt auf die Grundsatzziele 1 bis 4 des Bereichs „Kommunale Selbstverwaltung“ sowie die Ziele 29 bis 33 des Bereichs „Leitlinien von Integrationspolitik“. Inhaltlich wendet sich der Ansatz der interkulturellen Öffnung dabei explizit gegen eine Defizitorientierung und einseitige Verweise auf die Notwendigkeit einer Assimilation bzw. des Erwerbs „zielortspezifischen Kapitals“ (vgl. BARAULINA 2007: S.30). Gebhardt fasst entsprechende Strategien folgendermaßen zusammen: „Zum Ansatz der interkulturellen Öffnung gehört eine Reihe von Maßnahmen, die von der Organisationsentwicklung von Behörden über die Anerkennung von Mehrsprachigkeit und interkulturellen Kompetenzen im Personalwesen bis zur Durchführung von Kampagnen zur Erhöhung des Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen und privaten Beschäftigungssektor reichen.“ (GEBHARDT 2013: S. 31f.) Als Programm der Organisationsentwicklung bezieht sich die interkulturelle Öffnung letztlich auf alle zentralen Bereiche einer Organisation. Die Konzepte und Methoden der interkulturellen Öffnung basieren auf Prinzipien der interkulturellen Verständigung, Konfliktmediation sowie des interkulturellen Lernens und beziehen sich somit nicht ausschließlich auf die Bevölkerung mit Migrations-
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Die Umsetzung der kommunalen Integrations- und Diversitätspolitik ist eine Aufgabe, die alle Ämter und Betriebe betrifft. Bei der Realisierung eines städtischen Diversitätsmanagements und im Prozess interkultureller Öffnung hat das Amt für multikulturelle Angelegenheiten eine beratende, initiierende, teils koordinierende und berichtende Funktion. Dieser Bericht umfasst daher auch eine erste Analyse vergleichbarer oder übergreifender Standards und Vorgehensweisen der städtischen Ämter und Betriebe.
„Integration ist ein kontinuierlicher, gesamtgesellschaftlicher Prozess. Die Grundsätze und Handlungslinien des Integrations- und Diversitätskonzepts sollen als dauerhafte und übergeordnete Arbeitsansätze zu einer einheitlichen Zielbeschreibung und zur Systematisierung von Abläufen beitragen, die in der Fachverwaltung und in ihren vielfachen Kooperationen dezentral erfolgen. Auf dieser Basis sollen abgestimmte Ziele in Handlungsplänen operationalisiert werden, die turnusgemäß zur Grundlage einer systematisierten Berichterstattung werden. Die gemeinsame Steuerung erfolgt in einer Arbeitsstruktur, die dieses Konzept ebenfalls formuliert. Die Dezernate stellen dafür übergreifende Arbeitsgruppen zusammen und steuern die kommunale Organisationsentwicklung.“
(Integrations- und Diversitätskonzept: S. 52)
4. Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung Die städtischen Ämter und Betriebe unterhalten verschiedene Formate von vermehrter zielgruppenbezogener Information und Ansprache, von Beteiligung und zur Förderung von Kontakten. Interkulturelle Öffnung als Führungs- und Personalentwicklungsaufgabe gewinnt in der Stadtverwaltung an Bedeutung, der Einsatz interkultureller Teams ist bislang noch von nachrangiger Bedeutung. Diese Entwicklungen sind noch stärker in der Fläche zu verankern, inhaltlich zu konkretisieren und in Teilen zu standardisieren. Dies betrifft Zielbeschreibungen ebenso wie Schulungsinhalte sowie Instrumente der Qualitätssicherung für integrative Maßnahmen und Strukturen.
4.1 Integrationspolitische Querschnittsarbeit Eine moderne Integrationspolitik erfordert neben der Tätigkeit in klassischen Handlungsfeldern der interkulturellen Integrationsarbeit auch eine systematische Querschnittsarbeit. Querschnittstätigkeit bedeutet zuerst, dass das Thema „Integration“ für alle Fachressorts und Tätigkeitsfelder der Stadt Frankfurt am Main eine Rolle spielt. Das Amt für multikulturelle Angelegenheiten ist die zentrale – mit der innerstädtischen Planung, Weiterentwicklung und Koordination betraute – Behörde für Fragen und Aufgaben der „Integration“ (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDE-ZERNAT 2011: S. 48). In der täglichen Arbeit umfasst diese Tätigkeit im Kern die in den Abschnitten 2.3 sowie 3.3 des Berichts dargestellten zentralen Aufgabenbereiche und Ansatzpunkte der interkulturellen Öffnung. Diese Querschnittsbereiche stimmen mit den Grundsatzzielen des Integrations- und Diversitätskonzepts der Stadt Frankfurt am Main überein und stellen eine gesamtstädtische Aufgabe dar.
Um die „Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung und Integrationsarbeit“ in dem vorliegenden Bericht gesamtstädtisch abbilden zu können, wurde eine Befragung bei allen Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main durchgeführt, deren Ergebnisse in den folgenden Abschnitten präsentiert werden. Interkulturelle Öffnung wurde im Rahmen des Fragebogens definiert als „Prozess, der sich auf die Bedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund sowie die Strukturen, Ziele, Angebote einer Organisation richtet, mit dem Ziel, diese bedürfnisgerecht und barrierefrei zu gestalten“. Die Querschnittsbereiche wurden in der durchgeführten Befragung in sechs thematische Blöcke untergliedert, denen die folgenden Auswertungskapitel im Großen und Ganzen folgen: • Aufgabenbereiche, Bedarfe und Inhalte der interkulturellen Öffnung (Kapitel 4.3) • Information und Zielgruppenansprache (Kapitel 4.4) • Interkulturelle Öffnung als Führungs-, Team- und Personalentwicklungsaufgabe (Kapitel 4.5) • Interkulturelle Öffnung als Beteiligungsprozess (Kapitel 4.6) • Richtlinien und Instrumente der Qualitätssicherung (Kapitel 4.7) • Vernetzung und Kooperation (Kapitel 4.8) Bei der Auswertung wird im Folgenden zwischen dem Ergebnis „insgesamt“ (Ergebnis aller befragten Ämter und Betriebe) und dem Ergebnis von Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt unterschieden. Die Abgrenzung „mit direktem Bürgerkontakt“ wurde dabei so operationalisiert, dass hier Ämter und Betriebe zusammengefasst wurden, die nicht ausschließlich interne Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder die im Fragebogen angegeben haben, dass sie in direktem Bürgerkontakt stehen.
39
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
4.2 Interkulturelle Öffnung der Ämter und Betriebe Bei einer Erhebung Interkultureller Öffnung in städtischen Ämtern und Betrieben konnte bis März 2014 eine sehr hohe Rücklaufquote von 77% erzielt werden. „Interkulturelle Öffnung“ wurde dabei definiert als „Prozess, der sich auf Menschen mit Migrationshintergrund und die Strukturen, Ziele, Angebote einer Organisation richtet, mit dem Ziel, diese bedürfnisgerecht und barrierefrei zu gestalten“.
Erhebung durch Befragung Um eine einheitliche Erfassung der bei den Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main existierenden Maßnahmen, Vorkehrungen und Bedarfe der Interkulturellen Öffnung gewährleisten zu können, wurde entschieden, eine schriftliche Befragung durchzuführen. Eine Befragung per Fragebogen hatte zudem den Vorteil, dass dieser bzw. Teile des Fragebogens an mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und über mehrere (Schnitt)Stellen hinweg weitergegeben werden konnte. Der Fragebogen wurde als elektronische wie auch als (ausgedruckte) schriftliche Version zur Verfügung gestellt und konnte somit sowohl per Hauspost wie auch per E-Mail zurückgeschickt werden. Er war in sechs thematische Blöcke unterteilt, welche auch als zentrale Zielbereiche des Integrations- und Diversitätskonzepts und Dimensionen der interkulturellen Öffnung verstanden werden können. Die Fragen im Themenfeld 1 richteten sich explizit an die Amts- bzw. Betriebsleitungen. Bei den übrigen Themenfeldern wurde im Anschreiben darum gebeten, diese an die-/denjenige(n) Mitarbeiterin oder Mitarbeiter weiterzuleiten, die/der die Fragen im jeweiligen Fachressort am besten beantworten kann. Die Darstellung der ausgewerteten Ergebnisse der Befragung in diesem Kapitel orientiert sich in den Unterkapiteln an diesen Themenfeldern. Lediglich die Ergebnisse der Befragung der Amts- bzw. Betriebsleitungen wurde auf die Abschnitte 4.3 und 4.4 verteilt. Der Fragebogen wurde im Rahmen einer ämterübergreifenden Begleitgruppe abgestimmt und durch den Gesamtpersonalrat und das Referat für Datenschutz und IT-Sicherheit genehmigt. Bei jeder Frage waren offene Textfelder für „Anmerkungen“ vorgesehen, die bei der Auswertung berücksichtigt wurden. Außerdem waren dem Fragebogen Informationsblätter zu den Zielen und Inhalten der Befragung sowie ein Begriffsleitfaden mit Definitionen zu den wichtigsten Begriffen beigelegt. In der folgenden Abbildung werden die Themenfelder und darin vertretene Fragen überblicksartig dargestellt. 40
Bearbeitung in den Ämtern und Rücklauf Der Fragebogen wurde ab KW 42 des Jahres 2013 per E-Mail und auch als schriftliche Version an alle Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main verschickt. Die Teilnahme an der Befragung war den Ämtern und Betrieben grundsätzlich freigestellt. In dem Fragebogen wurde zwar um die Benennung des Amtes und einer Ansprechpartnerin/ eines Ansprechpartners gebeten; er konnte aber auch anonym zurückgeschickt werden. Auf die Möglichkeit der anonymen Teilnahme und Wahrung der Anonymität wurde explizit hingewiesen. An die Rücksendung des Fragebogens wurde mehrmals erinnert. Um den Grundsatz der Anonymität zu gewährleisten, kann in der nachfolgenden Auswertung der Ergebnisse keine Unterscheidung zwischen Ämtern und Betrieben erfolgen. Kategorisiert man die angeschriebenen Ämter danach, ob ein direkter Bürgerkontakt vorliegt, so ist die folgende genauere Darstellung zur Verteilung des Rücklaufs möglich. Die Unterscheidung nach „direktem Bürgerkontakt“ erfolgte dabei anhand der folgenden Kriterien: • E s werden nicht nur rein interne Dienstleistungen, im Sinne von Verwaltungsleistungen (wie z.B. Rechnungsführung, Personalwesen, Liegenschaftsmanagement, …) für die Stadtverwaltung erstellt. • Es wurde im Fragebogen angegeben, dass Kundenkontakt zu Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt Frankfurt am Main besteht. Der Rücklauf fiel bei den Ämtern und Betrieben ohne direkten Bürgerkontakt höher aus. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass auch bei den Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt mit annähernd 70% eine sehr gute Rücklaufquote erzielt wurde. Zusammenfassend kann somit davon ausgegangen werden, dass aufgrund der eingegangenen Fragebögen eine sehr solide Aussage zu der aktuellen Ausgangs- und Bedarfslage in Zusammenhang mit interkulturellen Öffnungsprozessen bei den Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main möglich ist.
4.3 Aufgabenbereiche, Inhalte und Bedarfe der interkulturellen Öffnung Ein Großteil der städtischen Ämter und Betriebe hat bereits Öffnungsprozesse angestoßen oder abgeschlossen. Die Bereiche „interkulturelles Selbstverständnis“, „Personalgewinnung“ und „interkulturelle Kompetenz“ werden als sehr wichtig bewertet. Die Einschätzung der zukünftigen Aufgabenbereiche, Inhalte und Bedarfe der interkulturellen Öffnung wurde
Gesamteinschätzung der Amts- und Betriebsleitungen
Bedeutung und Bedarf interkultureller Maßnahmen Typische Umsetzungsprobleme
Themenspezifische Einschätzung der Ämter und Betriebe (z.T. von mehreren Abteilungen)
Information und Zielgruppenansprache Beteiligung von Migranten Richtlinien und Instrumente der Qualitätssicherung Interkulturelle Öffnung als Führungs- und Personalentwicklungsanalyse Vernetzung und Kooperation
Gesamt
Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt
77%
Abbildung 4.1: Gliederung der Erhebung zur interkulturellen Öffnung der Ämter und Betriebe
Ämter und Betriebe ohne direkten Bürgerkontakt
67%
88% Abbildung 4.2: Rücklaufquoten
primär über einen Fragebogen erhoben, der direkt an die Amts- bzw. Betriebsleitungen gerichtet war. Es wurde dabei davon ausgegangen, dass sie als Führungsspitze und aufgrund ihrer regelmäßigen Abstimmung mit den Abteilungsleitungen am ehesten die Gesamtsituation und Bedarfe des eigenen Amtes/Betriebs sowie der Stadtverwaltung insgesamt einschätzen und vertreten können. Sie bilden außerdem zentrale Ansprechpartner des AmkA bei der Umsetzung des Integrations- und Diversitätskonzeptes, der Abstimmung von Vorhaben, Zielvereinbarungen und von Ressourcen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 48). Im Rahmen des Fragebogens wurden Einschätzungsfragen gestellt zu: • d er Bedeutung und dem Bedarf konkreter interkultureller Maßnahmen für das eigene Amt/den eigenen Betrieb sowie in Zusammenhang mit einem gesamtstädtischen Prozess;
insgesamt
mit direktem Bürgerkontakt
32,6%
9,3%
11,6%
52,6%
• d en Barrieren, Unterstützungsmöglichkeiten und typischen Problemen der interkulturellen Öffnung und Integrationsarbeit im Arbeitsalltag. Die Fragen dienen zur Einschätzung der Ausgangs- und Bedarfssituation und einer Priorisierung von Handlungsfeldern der interkulturellen Öffnung aus Perspektive der Leitungen. Dabei wurde jeweils getrennt nach der Situation des eigenen Amtes/Betriebs (Binnenperspektive) wie auch nach der Notwendigkeit gesamtstädtischer Prozesse (gesamtstädtische Perspektive) gefragt. Die Fragen im ersten Block wurden als standardisierte Fragen gestellt. Bei den Barrieren, Unterstützungsmöglichkeiten und typischen Problemen wurde um eine Häufigkeitseinschätzung und ergänzende offene Angaben zu den Unterstützungsbedarfen gebeten.
Abbildung 4.3: Antworten auf die Frage: „Für wie notwendig halten Sie einen Prozess der interkulturellen Öffnung in Ihrem Amt?“
46,5%
15,8%
31,6%
Öffnungsprozesse wurden angestoßen
aktuell existieren keine Kapazitäten
Öffnungsprozesse sind in Planung / Bedarfsermittlung
kein Bedarf
Anmerkungen: Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/ oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
41
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
Abbildung 4.3 zeigt die Antworten der Amts- bzw. Betriebsleitungen zu den Bedarfen der interkulturellen Öffnung. Die folgenden Punkte fallen auf: • Bei den Ämtern und Betrieben mit Bürgerkontakt haben über die Hälfte bereits Öffnungsprozesse angestoßen, bei weiteren 16% sind Öffnungsprozesse in Planung. • Betrachtet man die Gesamtheit der Ämter und Betriebe, so überwiegen die Antworten „kein Bedarf“ und „keine Kapazitäten“. • Die Kategorie „keine Kapazitäten“ existiert bei Ämtern und Betrieben mit Bürgerkontakt nicht – bei Ihnen sind Prozesse der interkulturellen Öffnung vermutlich bereits in den bestehenden Kapazitäten enthalten. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Benennung der Antwortkategorie „kein Bedarf“ auch bedeuten kann, dass interkulturelle Öffnungsprozesse bereits abgeschlossen wurden. Auf diesen Sachverhalt wurde auch von einem befragten städtischen Amt in den offenen Anmerkungen hingewiesen. Im folgenden Kapitel wird (in den Abbildungen 4.4 und 4.5) die Einschätzung der Wichtigkeit durch die Leitungen der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main von – im Fragebogen vorgegebenen – Aspekten der interkulturellen Integrationsarbeit und der interkulturellen Öffnung dargestellt. Dabei wurde sowohl um eine Einschätzung mit Blick auf die eigene Tätigkeit (Binnenperspektive) wie auch bezüglich eines gesamtstädtischen Prozesses (gesamtstädtische Perspektive) gebeten. Bei der Auswertung wird wieder zwischen dem Gesamtergebnis (Ergebnis aller befragten Ämter und Betriebe) und dem Ergebnis von Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt unterschieden.
4.3.1 Binnenperspektive der Amts- und Betriebsleitungen
Zunächst fällt auf, dass Leitungen von Ämtern und Betrieben, die in direktem Bürgerkontakt stehen, die aufgeführten Bereiche der interkulturellen Öffnung und interkulturellen Integrationsarbeit im Durchschnitt in sehr viel stärkerem Maße als „teilweise wichtig“ oder „sehr wichtig“ für ihre Tätigkeit einschätzen als der Durchschnitt. Mit Blick auf die Häufigkeit der Benennung befinden sich die folgenden drei Bereiche sowohl im Gesamtergebnis wie auch in der Einschätzung der Leitungen von Ämtern und Betrieben, die in direktem Bürgerkontakt stehen, unter den Top 4: „interkulturelles Selbstverständnis“, „Personalgewinnung“ und „Basisqualifikation der Mitarbeiter in interkultureller Kompetenz“. Als weitere Bereiche wurden unter den ersten vier „interkulturelle Qualitätskriterien“ (Platz 4 in der Gesamteinschätzung) sowie „Öffnung des Zugangs zu Angeboten“ (Platz 3 in der Einschätzung der Ämter und Betriebe mit direktem Kundenkontakt) benannt. Ab der vierten Position ergibt sich eine größere Varianz der Bewertungen. In beiden Fällen als „sehr wichtig“ wird der Aspekt „Öffnung des Zugangs zu Angeboten“ bewertet. „Interkulturelle Teams“ werden in beiden Fällen als am wenigsten wichtig für die eigene Tätigkeit betrachtet. Auch der Aspekt „Ausbau des Angebots“ findet sich bei beiden Auswertungen im letzten Drittel wieder. Darüber hinaus zeigen sich große Unterschiede in der Bewertung. Betrachtet man die Einschätzung insgesamt, so stehen „interkulturelle Qualität skriterien“ beispielsweise in der Rangfolge im vorderen Drittel, während sie bei den Ämtern mit Bürgerkontakt im hinteren Drittel stehen. Ähnlich verhält es sich mit den Bereichen „Aktivierung von Engagement“ und „Schulungen in Antidiskriminierung“, welche grundsätzlich im letzten Drittel und bei der Bewertung durch Leitungen von Ämtern und Betrieben mit Bürgerkontakt im Mittelfeld angesiedelt sind.
Die Bereiche „interkulturelles Selbstverständnis“, „Basisqualifikation der Mitarbeiter in interkultureller Kompetenz“ und „Personalgewinnung“ werden von den städtischen Ämtern und Betrieben als besonders wichtig eingestuft.
Ergänzend zu der quantitativen Auswertung sind die folgenden Punkte zu erwähnen, die durch einige der befragten Leitungen in die offenen Anmerkungen eingebracht wurden:
Die Binnenperspektive richtet den Blickwinkel auf das Innenleben – die innere Struktur (vgl. SCHUPP 2010: S. 90) – einer Organisation und auf die Bedeutung von Aspekten der interkulturellen Öffnung für die Tätigkeit des eigenen Amtes bzw. Betriebes. Die folgende Abbildung 4.4 zeigt die zusammengefassten Bewertungen der Amts- bzw. Betriebsleitungen zu Bereichen der interkulturellen Integrationsarbeit und von Aspekten der interkulturellen Öffnung aus der Binnenperspektive. Die Auswertung der eingeschätzten Wichtigkeit aus gesamtstädtischer Perspektive erfolgt getrennt in Abbildung 4.5.
• E s bestehen kaum Handlungsspielräume für die Umsetzung der aufgeführten Punkte, da die Aufgaben weitgehend gesetzlich vorgeschrieben sind (siehe hierzu auch die Auswertungen in Abbildung 4.6 in diesem Kapitel). • Ausschlaggebend bei der Personalauswahl ist die Qualifikation. • Voraussetzung für eine Qualifizierung in „Interkultureller Kompetenz“ ist eine Verständigung auf eine Definition von „Interkultureller Kompetenz“ – ggf. zugeschnitten auf bestimmte Aufgabenfelder.
42
Einschätzung insgesamt 80% teilweise wichtig 70% 60%
sehr wichtig 27% 27%
50% 35%
32% 31%
40%
43%
40%
34% 37%
30% 48% 20%
27%
27%
30%
16%
14%
41% 28%
29%
26%
10%
16%
16%
20% 12%
18%
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0%
Einschätzung von Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt 100%
teilweise wichtig
90% 80%
sehr wichtig 15% 30%
70%
42%
32%
60%
30% 47%
40%
50% 40% 30% 20%
30%
50% 45%
25% 35%
75% 60% 47%
53%
45% 32%
10%
35% 25%
40% 30% 20%
20%
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0%
Abbildung 4.4: Antworten „teilweise wichtig“ oder „sehr wichtig“ auf die Frage: „Welche der nachfolgend aufgeführten Bereiche erachten Sie als sehr wichtig, welche als teilweise wichtig für die Tätigkeit Ihres Amtes, welche als nachgeordnet wichtig?“ Anmerkungen: • Antwortkategorien: „sehr wichtig“, „teilweise / bereichsspezifisch wichtig“, „weniger / nachgeordnet wichtig“ • absteigende Ordnung der Antwortkategorien entsprechend der Summe der Antworten, die auf die Kategorien „sehr wichtig“ und „teilweise wichtig“ entfallen • Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
43
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
• G enerelles Ziel muss eine Verwaltung sein, die in der Personalstruktur und den Kompetenzen und Lebenserfahrungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Querschnitt der Stadtbevölkerung widerspiegelt. Ziel ist ferner, das Verwaltungshandeln so auszurichten, dass Angebote, Dienstleistungen, Informationen möglichst alle Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Frankfurt am Main gleichermaßen erreichen. Dies ist auch eine interkulturelle Managementaufgabe.
4.3.2. Gesamtstädtische Perspektive der Amts- und Betriebsleitungen Die Bereiche „Willkommenskultur“ und „Pflichtqualifizierung in interkultureller Kompetenz“ werden von den Ämtern und Betrieben als sehr wichtig eingestuft. Bei Kontakten zu Migrantenvereinen wird Unterstützungsbedarf – z.B. durch das AmkA – geäußert. Integrationspolitik und interkulturelle Öffnung bilden eine Querschnittsaufgabe, die sich auf die Tätigkeit der gesamten Stadtverwaltung bezieht (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 39ff.). Wie auch das Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main betont, ist es diesbezüglich wichtig, regelmäßige Ziele und Prioritäten zu überprüfen, abzustimmen und koordinierte Abläufe sicherzustellen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 41). Daher wurden die befragten Amts- und Betriebsleitungen auch um eine Einschätzung der Wichtigkeit bestimmter Zielbereiche der interkulturellen Öffnung aus gesamtstädtischer Perspektive gebeten. In der Abbildung 4.5 ist die Bewertung der Wichtigkeit der aufgeführten Bereiche der interkulturellen Öffnung und interkulturellen Integrationsarbeit aus gesamtstädtischer Perspektive aufgeführt. Die Bewertung folgte wieder durch die Leitungen im Rahmen des „Fragebogens für die Amtsbzw. Betriebsleitungen“. Auch in dieser Abbildung fällt beim Vergleich der abgebildeten Verteilungen zunächst auf, dass bei Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt die Kategorien „teilweise wichtig“ und „sehr wichtig“ im Vergleich zur Gesamtheit der Ämter und Betriebe ausgeprägter ausfallen. Betrachtet man die Rangfolge der Benennung, so zeigt sich jeweils eine sehr ähnliche Verteilung: An den ersten beiden Positionen stehen die Bereiche „Willkommenskultur“ und „Pflichtqualifizierung in interkultureller Kompetenz“. Der Aspekt „Willkommenskultur“ nimmt dabei die mit Abstand wichtigste Position in der Bewertungsreihenfolge ein. In den offenen Anmerkungen wurde zu dem
44
Punkt „Willkommenskultur“ ergänzend ausgeführt, dass es dabei im Vordergrund steht, „Information und Zugänge zu vereinfachen und Maßnahmen für Neu-Frankfurterinnen und Neu-Frankfurter zu gestalten“. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die in der Graphik abgebildeten Säulen nach den summierten Anteilen der Antwortangaben „teilweise wichtig“ und „sehr wichtig“ geordnet sind. Würde man die Auswertung nach der Kategorie „sehr wichtig“ ordnen, so würde der Bereich „Gewinnung von Personal mit Migrationshintergrund“ in beiden Verteilungen an die zweite Stelle rücken. Auf den ersten Plätzen stehen außerdem die Bereiche „Schulung in Antidiskriminierung“, „stärkere städtische Zusammenarbeit“ sowie „Aufklärung über Bürgerrechte und -pflichten“. Der Bereich „Schulung in kultursensiblen Auswahlverfahren“ steht jeweils auf dem achten von elf Rängen; er rückt jedoch jeweils nach vorne, wenn man nur die Bewertung „sehr wichtig“ betrachtet (auf Rang 7 in der Gesamteinschätzung und Rang 4 in der Einschätzung der Ämter und Betriebe mit Bürgerkontakt). Als weniger wichtig werden die Punkte „ein zentraler, ämterübergreifender Prozess“, „Vereinbarung interkultureller Handlungspläne“ und „Evaluation der Arbeit“ eingestuft. Zuletzt wird in Abbildung 4.6 die Frage ausgewertet, welche Barrieren interkulturellen Öffnungsprozessen entgegenstehen. Wie zu erkennen ist, stehen hier – mit 62% der Angaben – eindeutig die personellen, zeitlichen (36%) sowie finanziellen Kapazitäten im Vordergrund (26%). Darüber hinaus wird Unterstützungsbedarf insbesondere im Zugang zu Migrantenvereinen und zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund geäußert. Weitere Unterstützungsbedarfe und Anmerkungen, die den abgefragten Kategorien als offene Angaben ergänzend zugeordnet wurden, sind: • E in Prozess der interkulturellen Öffnung ist auch deshalb aufwändig, weil viele andere Prozesse gleichrangig laufen. • Finanzielle Unterstützung für die Erstellung und den Druck von mehrsprachigem Informationsmaterial sowie zentrale Finanzierung von Dolmetscherdiensten. • Ein stärkerer Austausch mit dem AmkA wäre sinnvoll, um zukünftige Aktivitäten zu kanalisieren und abzustimmen. • Es ist eine stärkere Zusammenarbeit mit der KAV und Migrantenvereinen gewünscht. • Ein stärkerer interkommunaler Austausch – z. B. über gute Praxisbeispiele – wäre sinnvoll. • Die Erfahrung zeigt, dass eine Resonanz der Bevölkerung mit Migrationshintergrund bzw. Vereinen nicht immer vorhanden ist. Kann das AmkA bei der Kontaktaufnahme helfen? • Unterstützung durch E-Mail-Verteiler des AmkA.
Einschätzung insgesamt 100%
wichtig sehr wichtig
90% 80% 70%
48%
60% 50% 55%
40%
45% 56%
45%
48%
45% 53%
30%
40%
38%
43%
20% 10%
16%
23% 12%
20%
16% 5%
14%
7%
7%
7%
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0%
30%
Einschätzung von Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt 100%
wichtig sehr wichtig
90% 80%
35%
70% 60% 60% 50%
30%
55% 55%
55% 35%
40% 60% 30%
42%
60%
20%
35%
30%
40% 25%
10%
25%
20%
25%
20% 5%
11%
10%
10%
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0%
Abbildung 4.5: Antworten „wichtig“ oder „sehr wichtig“ auf die Frage: „Für wie wichtig halten Sie die folgenden Maßnahmen für einen gesamtstädtischen Prozess der interkulturellen Öffnung?“ Anmerkungen: • Antwortkategorien: „sehr wichtig“, „teilweise / bereichsspezifisch wichtig“, „weniger / nachgeordnet wichtig“ • absteigende Ordnung der Antwortkategorien entsprechend der Summe der Antworten, die auf die Kategorien „sehr wichtig“ und „teilweise wichtig“ entfallen • Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
45
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
fehlender Zugang zu Migrantenvereinen / zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund
personelle und zeitliche Kapazitäten
20%
36% 12%
hoher organisatorischer und inhalticher Aufwand 2% rechtliche Hürden
4% 26%
bundes- oder landesrechtliche Aktivitäten und Hürden
4.4 Information und Zielgruppenansprache Die gezielte Ansprache und angemessene Gestaltung von Informationsmaterial und -angeboten nehmen eine wichtige Rolle für deren Nutzung durch Menschen mit Migrationshintergrund ein. Als Grundfragen im Sinne eines Zielgruppenmarketings wurden in der durchgeführten Befragung Strategien der Bekanntmachung von Veranstaltungen und Angeboten sowie die Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit bzw. niederschwelliger/barrierefreier Ausgestaltung von Informationsmaterial thematisiert. Das Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main betont in verschiedenen Zielen und Handlungslinien die Bedeutung von zielgruppenspezifischen Informationsstrategien und Formen der aktivierenden Zielgruppenansprache – z. B. durch aufsuchende Beteiligung und möglichst niederschwellige Ausgestaltung der Zugänge zu Information (vgl. Ziel 1, 3, 4 und 18 sowie die Ziele 30 bis 33; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 20f.; S. 29; S. 35ff.). Im Themenfeld „Informationen und Zielgruppenansprache“ wurden daher die vorhandenen Strategien der Informationsverarbeitung, der Informationsgestaltung und Bewerbung von Veranstaltungen thematisiert. Die gezielte Ansprache und angemessene Gestaltung von Informationsmaterial und von Informationsangeboten nehmen eine wichtige Rolle für deren Nutzung durch Menschen mit Migrationshintergrund ein (vgl. STRAßBURGER 2013: S. 8ff.). Als Grundfragen im Sinne eines Zielgruppenmarketings wurden in dem Fragebogen thematisiert:
46
Abbildung 4.6: Antworten auf die Frage: „Welche Barrieren bestehen und wo sehen Sie finanzielle Kapazitäten Unterstützungsbedarfe?“
• F ragen nach Strategien der Bekanntmachung von und Werbung für Veranstaltungen und Angebote sowie zielgruppenspezifischen Strategien der Öffentlichkeitsarbeit. • Berücksichtigung der Mehrsprachigkeit von Information und Beratung bzw. einer zielgruppengerechten Aufbereitung von Information in mehreren und in einfacher Sprache. Die entsprechenden Fragen wurden über standardisierte Fragen mit Antwortvorgaben gemessen, wobei unterschieden wurde, ob entsprechende Maßnahmen in allen oder in einigen Abteilungen und bei allen oder einigen Angeboten der befragten Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main zur Anwendung kommen. Ein Grund hierfür war die Rückmeldung aus der städtischen Begleitgruppe zum Integrationsbericht, dass Sachverhalte in Abteilungen uneinheitlich gehandhabt werden und eine pauschale Antwort daher nicht möglich ist.
4.4.1 Allgemeine Strategien der Informationsverbreitung An erster Stelle wurde durch die befragten Ämter und Betriebe die Verbreitung von Informationsmaterial in Bildungseinrichtungen oder in Bürger- und Sozialrathäusern benannt. Etwas seltener werden Strategien der Verbreitung von Informationen bei Migrantenvereinen, -diensten und sonstigen Einrichtungen, die Integrationsarbeit leisten, genutzt. Unter „allgemeinen Strategien der Informationsverbreitung“ werden Strategien der Verbreitung von Informationsmaterial zusammengefasst, welche – entsprechend
Insgesamt Verbreitung von Informationsmaterial ... bei allen Abteilungen, bei allen Angeboten bei allen Abteilungen, bei einigen Angeboten bei einigen Abteilungen, bei allen Angeboten bei einigen Abteilungen, bei einigen Angeboten
34
6
2 27 24
5
5
1
1 4
5
5
1
1
30
30
29
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2
1 8
7
in städtischen Bildungseinrichtungen
8
in den Bürgerämtern, Sozialrathäusern
gar nicht
2 8
6
bei Migrantenvereinen
5
bei anderen Einrichtungen, die Integrationsarbeit leisten
bei Migrationsdiensten
in Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil
Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt Verbreitung von Informationsmaterial ...
5
bei allen Abteilungen, bei allen Angeboten
2
bei allen Abteilungen, bei einigen Angeboten
2 2
bei einigen Abteilungen, bei allen Angeboten
2
1
1
1 11
6
1
3
3
6
in städtischen Bildungseinrichtungen
7
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1
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2
bei einigen Abteilungen, bei einigen Angeboten
12
gar nicht
8
in den Bürgerämtern, Sozialrathäusern
6
bei Migrationsdiensten
6
bei Migrantenvereinen
5
bei anderen Einrichtungen, die Integrationsarbeit leisten
5
in Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil
Abbildung 4.7: Antworten auf die Frage: „Welche der folgenden Strategien zur Verbreitung von Informationsmaterial nutzen Sie?“ Anmerkungen: Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
47
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
der Ziele des Integrations- und Diversitätskonzepts – dazu beitragen sollen, städtische Angebote so zu kommunizieren, dass die unterschiedlichen Gruppen der Stadtgesellschaft angemessen informiert und beteiligt sind (vgl. Ziele 1, 3 und 4 sowie Ziel 32; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTE-GRATIONSDEZERNAT 2011: S. 20f.; S. 37). Diese Strategien setzen vor Ort z. B. auf Wohnquartiersebene oder in Bildungseinrichtungen, bei Institutionen im Stadtteil oder Migrantenvereinen an (vgl. Ziel 4 und 32; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERANT 2011: S. 21; S. 37). Die Abbildung 4.7 zeigt zuerst die Ergebnisse der Frage nach generellen Informationsstrategien. In der Auswertung wird zunächst das Ergebnis „Insgesamt“ – also die Summe der Antworten aller befragten Ämter und Betriebe – dargestellt. Danach erfolgt getrennt eine Auswertung für Ämter und Betriebe, die in direktem Bürgerkontakt stehen. Wie man der Abbildung entnehmen kann, stehen allgemeine Strategien der Informationsverbreitung gegenüber zielgruppenspezifischen Informationsstrategien im Vordergrund. Dies gilt sowohl im Gesamtergebnis wie auch bei Ämtern und Betrieben, die im direkten Bürgerkontakt stehen. • A n vorderster Stelle stehen Strategien der Verbreitung von Informationsmaterial in Bildungseinrichtungen oder in Bürger- und Sozialrathäusern. • Etwas seltener werden Strategien der Verbreitung von Informationen bei Migrantenvereinen, -diensten und sonstigen Einrichtungen, die Integrationsarbeit leisten, genutzt. • Die Informationsverbreitung gezielt in Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil steht an letzter Stelle. Entsprechend diesem Muster wurde von einigen der befragten Ämter und Betriebe in den offenen Angaben vermerkt, dass Angebote jeder Bürgerin und jedem Bürger zur Verfügung stehen und keine zielgruppenspezifischen Informationsmaßnahmen existieren. Zudem wurde angemerkt, dass Angebote, Maßnahmen und Projekte nicht immer selbst durchgeführt werden und Zuschussnehmerinnen und Zuschussnehmer ihr Infomaterial i.d.R. eigenständig verteilen.
4.4.2 Strategien zur Bekanntmachung und Werbung für Informationsveranstaltungen Die Verbreitung von Werbematerial über städtische Bildungseinrichtungen, mehrsprachige Hinweise sowie die kultursensible Gestaltung von Informationsveranstaltungen zählen zu den wichtigsten durch die befragten Ämter und Betriebe benannten Informationsstrategien. 48
In der nachfolgenden Abbildung (4.8) werden Fragen zu Informationsstrategien ausgewertet, die zu einer gleichermaßen angemessenen Berücksichtigung aller Gruppen der Stadtgesellschaft bei öffentlichen (Informations-)Veranstaltungen und Anlässen beitragen sollen (vgl. Ziele 1 und 18; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 20; S. 29f.). Der im vorherigen Kapitel thematisierte Rückgriff auf allgemeine Informationsstrategien wird in diesem Kapitel somit durch eine Auswertung der Antworten zu Strategien der Bekanntmachung und Werbung für Informationsveranstaltungen ergänzt. Um Vergleichbarkeit zu gewährleisten, waren die Antwortvorgaben im Fragebogen weitgehend identisch zu den Antwortvorgaben aus dem vorangehenden Abschnitt zu den allgemeinen Informationsstrategien (vgl. Abbildung 4.7). Bei Betrachtung der Rangfolge der benannten Strategien ergeben sich bei der Frage nach der Vorgehensweise bei der Bekanntmachung und Werbung für Informationsveranstaltungen erneut nur geringe Unterschiede zwischen Ämtern und Betrieben mit direktem Kundenkontakt und dem Gesamtergebnis. Der Hauptgrund hierfür liegt auch hier darin, dass Ämter und Betriebe ohne direkten Bürgerkontakt seltener oder nur im kleinen Rahmen Informationsmaterial verbreiten und dementsprechend die meisten der Angaben auf die Kategorie „gar nicht/keine Informationsveranstaltungen“ entfallen. Aus der Befragung gehen die folgenden Ergebnisse hervor: • Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen die Verbreitung von Werbematerial über städtische Bildungseinrichtungen, mehrsprachige Hinweise – wie Plakate, Hinweise im Internet, mehrsprachige Anschreiben – sowie die kultursensible Gestaltung von Informationsveranstaltungen. • Danach folgen – in mittlerer Rangfolge – die Verbreitung von Informationsmaterial über Einrichtungen, die Integrationsarbeit leisten, über die Bürgerämter und Sozialrathäuser sowie die Verbreitung von Informationen über Veranstaltungen in Stadtteilen mit hohen Migrantenanteilen. • Am seltensten genutzt wird die Verbreitung von Informationen über Veranstaltungen bei Migrationsdiensten und Migrantenvereinen. Ergänzend zu den vorgegebenen Antwortalternativen wurde im Fragebogen bei den offenen Anmerkungen einbracht, dass Veranstaltungen z. T. durch Dritte umgesetzt werden und sich an alle Interessentinnen und Interessenten richten.
Insgesamt
Bekanntmachung und Werbung für Informationsveranstaltungen ... bei allen Abteilungen, bei allen Angeboten
28
26
30
29
27
33
32
30
1 2 1
4
2 7
6
6
1
1
3
3
2
1
3
4
kultursensible Gestaltung von Veranstaltungen
in städtischen Bildungseinrichtungen
gar nicht
3 2
1 5
2 1
5
in den Bürgerämtern, Sozialrathäusern bei anderen Einrichtungen, die Integrationsarbeit leisten
mehrsprachige Hinweise
bei einigen Abteilungen, bei allen Angeboten bei einigen Abteilungen, bei einigen Angeboten
3 2
bei allen Abteilungen, bei einigen Angeboten
3
bei Migrantenvereinen
in Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil
bei Migrationsdiensten
Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt Bekanntmachung und Werbung für Informationsveranstaltungen ...
3
1
bei allen Abteilungen, bei allen Angeboten
2
bei allen Abteilungen, bei einigen Angeboten
4
3
1
2
11 10
10
12
1
12 2
1
2 6
5
3
in städtischen Bildungseinrichtungen
1
kultursensible Gestaltung von Veranstaltungen
14
12
2
2
1
1
3
3
2
bei einigen Abteilungen, bei allen Angeboten bei einigen Abteilungen, bei einigen Angeboten gar nicht
2 4 2
mehrsprachige Hinweise
14
in den Bürgerämtern, Sozialrathäusern bei anderen Einrichtungen, die Integrationsarbeit leisten
4
bei Migrationsdiensten
in Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil
bei Migrantenvereinen
Abbildung 4.8: Antworten auf die Frage: „Welche der Strategien zur Bekanntmachung und Werbung für Informationsveranstaltungen kommen zur Anwendung?“ Anmerkungen: Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
49
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
mit direktem Bürgerkontakt
insgesamt
50%
23,3%
häufig
20%
18,6%
hin und wieder
Abbildung 4.9: Antworten auf die Frage: „Wie häufig kommt es im Arbeitsalltag vor, dass bei der Beratung und Zusammenarbeit mit Kundinnen und Kunden Sprachschwierigkeiten auftreten?“
30%
48,8%
kaum
9,3%
nie
Anmerkung: Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/ oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
4.4.3 Mehrsprachige Information Die mit Abstand bei den Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main am meisten zur Anwendung kommende mehrsprachige Informationsmaßnahme bildet der Rückgriff auf mehrsprachiges Informationsmaterial in Form von Printmedien. Das Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main betont mehrfach die besondere Bedeutung niederschwelliger Informationsansätze (vgl. z.B. Ziele 30 und 32; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 35f.). Die Berücksichtigung von Sprach- und Verständigungsproblemen sowie die Bereitstellung von mehrsprachigem Informationsmaterial oder in „einfacher Sprache“ können hier ebenso eine Rolle spielen wie der Einsatz von mutter- bzw. fremdsprachigen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, Lotsinnen und Lotsen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (vgl. z.B. Ziel 3 sowie Ziel 30; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 21; S. 35f.). Daher wurde anhand des Fragebogens erfasst, wie oft Sprach- und Verständigungsprobleme im Arbeitsalltag mit Kundinnen und Kunden mit Migrationshintergrund auftreten (vgl. Abbildung 4.9) und wie damit umgegangen wird – ob z.B. mehrsprachiges Informationsmaterial erstellt wird (vgl. Abbildung 4.10). Im Rahmen der nachfolgenden Abbildung wird zunächst die Frage nach den im Arbeitsalltag auftretenden Verständigungsschwierigkeiten aufgegriffen. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass in der Gesamtauswertung die Kategorien „nie“ und „kaum“ annähernd 60% der Antwortangaben ausmachen. Betrachtet man dagegen allein die Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt, so verhält es sich genau umgekehrt: 50% der antwortenden Ämter und Betriebe mit Bürgerkontakt äußerten sprachliche Verständigungsprobleme bei der alltäglichen Arbeit.
50
Bei der Frage nach den Verständigungsproblemen im Arbeitsalltag wurden von den teilnehmenden Ämtern und Betrieben verschiedene Anmerkungen gemacht, welche Alltagsstrategien bestehen: • D ie Verständigung mit ausländischen Fachkollegeninnen und Fachkollegen erfolgt i.d.R. auf Englisch oder über eine Dolmetscherin bzw. einen Dolmetscher. • Es liegen Verständniserklärungen zu Formularen in bulgarischer, rumänischer, polnischer, kroatischer und türkischer Sprache vor. • Vordrucke und Infoblätter werden – soweit möglich – einfach und verständlich gestaltet. • Die Kommunikation wird über leicht verständliche Piktogramme in den Besuchereingängen vereinfacht. Außerdem wurde angemerkt, dass z.T. keine großen Gestaltungsfreiräume bestehen, da die Amtssprache deutsch ist und Auskünfte rechtsverbindlich sein müssen. Wie im nachfolgenden Abschnitt und in der Abbildung 4.10 dargestellt wird, existieren jedoch bei einigen Ämtern und Betrieben auch Strategien zum Umgang mit Verständigungsschwierigkeiten und Mehrsprachigkeit, die über die in Kapitel 4.4.3 aufgeführten allgemeinen Informationsstrategien hinausgehen. Bei der Frage nach dem Einsatz mehrsprachiger Informationsstrategien ergeben sich lediglich Unterschiede bei dem Aspekt „fremdsprachige Weiterbildung“, der bei Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt weiter vorne an Platz 5 und insgesamt an Platz 7 der Reihenfolge steht. Die mit Abstand am meisten genutzte mehrsprachige Informationsmaßnahme ist der Rückgriff auf mehrsprachiges Informationsmaterial. Bei den Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt stellt diese Informationsmaß-
Insgesamt Mehrsprachige Informationen durch ... bei allen Abteilungen, bei allen Angeboten bei allen Abteilungen, bei einigen Angeboten
1
11
27
8
10
23
1 19
28
21
1
24
5
1
5
3
2 1
11 8
7
mehrsprachiges Infomaterial
Einsatz von Mitarbeiter/-innen mit muttersprachlichen Kenntnissen
fremdsprachige Multiplikatoren
Nutzung barrierefreier Sprache
städtischer Dolmetscherdienst
5
4
5
6
8
7
6
bei einigen Abteilungen, bei einigen Angeboten
1
1
1
1
6
4
bei einigen Abteilungen, bei allen Angeboten
30
29
28
Weiterbildung von Mitarbeiter/ -innen
Übersetzung durch Familienmitglieder, Verwandte
gar nicht / keine Information
Druchführung mehrsprachiger Infoveranstaltungen
Druchführung mehrsprachiger Führungen, Sprechstunden
Ämter und Betriebe mit Bürgerkontakt
8
Mehrsprachige Informationen durch ...
1 bei allen Abteilungen, bei allen Angeboten
5
1
4
7
2
3
1
1
3
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10 8 6
6
7
bei allen Abteilungen, bei einigen Angeboten
1
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bei einigen Abteilungen, bei allen Angeboten
3
4 10
1
9
7
6
3
10
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bei einigen Abteilungen, bei einigen Angeboten gar nicht / keine Information
6
5
4
4
2 mehrsprachiges Infomaterial
Einsatz von Mitarbeiter/-innen mit muttersprachlichen Kenntnissen städtischer Dolmetscherdienst
Weiterbildung von Mitarbeiter/ -innen
Nutzung barrierefreier Sprache
fremdsprachige Multiplikatoren
Übersetzung durch Familienmitglieder, Verwandte
Druchführung mehrsprachiger Fürungen, Sprechstunden
Druchführung mehrsprachiger Infoveranstaltungen
Abbildung 4.10: Antworten auf die Frage: „Informieren Sie über Ihre Angebote, Maßnahmen und Projekte in mehreren Sprachen?“ Anmerkungen: Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
51
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
nahme die mit Abstand wichtigste dar. Beispiele für Angebote, die durch die Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main mehrsprachig beworben werden, sind: ∞ Das Jugend- und Sozialamt informiert mit einem Flyer in 10 Sprachen über Angebote im Bereich „Sport, Musik, Bildung und mehr …“ für Babys und Kinder unter 3 Jahren. ∞ Das Gesundheitsamt stellt eine Informationsbroschüre über die Internationale Humanitäre Sprechstunde in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch) zur Verfügung. Auch das Projekt „Kommunale Gesundheitsinitiativen interkulturell“ (KoGi) wird durch einen Flyer in englischer Sprache beworben. ∞ Das Kinderbüro bietet die Broschüre „Frankfurt, mein Zuhause. Wegweiser für das Leben mit Baby“ auf seiner Homepage in 6 Sprachen an. Die Broschüre beinhaltet Informationen und Kontaktadressen zu wichtigen Ansprechpartnern und Institutionen in Frankfurt am Main. In deutscher Sprache liegt sie auch dem Willkommenspaket für Neugeborene bei – mit Verweis auf die mehrsprachigen Flyer im Internet. ∞ Die vom Stadtschulamt erstellten Formulare und Informationen zur „Anmeldung und Aufnahme in Kindertageseinrichtungen“ liegen ebenfalls in einer Vielzahl von Sprachen vor. ∞ In mehreren Frankfurter Museen werden in Kooperation mit dem Verein „Italiani in Deutschland, Freunde des italienischen Kulturinstituts e.V.“ das Programm „Italia a Francoforte“ umgesetzt. In einer Reihe von Veranstaltungen werden kostenlos zweisprachige Führungen sowie Ausstellungen zu italienischen Kunstschätzen angeboten. Das Programm wird auch auf italienischer Sprache beworben. ∞ Die Frankfurter Feuerwehr hat ihre Werbebroschüren in englische, französische, italienische, kroatische, polnische, serbische, spanische und türkische Sprachfassungen übersetzen lassen und auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Diese ist ebenfalls in acht Sprachen verfügbar. ∞ Das AmkA hat mehrere mehrsprachige Flyer und Informationsmaterial entwickelt: - zum Thema „Willkommen in Frankfurt am Main“ mit Informationen zu Migrationsberatungsstellen in Frankfurt am Main; - zu Hilfen und Beratung für Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus in Frankfurt am Main; - zu den Projekten „Home Instruction for Parents of Preschool Youngsters“ (HIPPY), Konfliktvermittlung und „Interkulturelle Hilfestellung in Rentenfragen“. - Zur Bekanntmachung der Ombudsstelle-Antidiskriminierungsstelle wurde die Infokarte „Gleiches Recht für alle“ entwickelt und in 7 Sprachen übersetzt. Über das Vorgehen bei Diskriminierungsfällen informiert die mehrsprachige Broschüre „Was tun bei Gewalt und Diskriminierung?“. 52
Als die nächsthäufigen benannten Informationsmaßnahmen folgen pragmatische Alltagsstrategien, wie der Rückgriff auf den städtischen Dolmetscherdienst sowie der Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Verwandten und Familienmitgliedern als Dolmetscherinnen und Dolmetscher. Regelmäßige mehrsprachige Informationsveranstaltungen, Sprechstunden oder Führungen kommen dagegen selten zur Anwendung. Auch mehrsprachige Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und die Nutzung barrierefreier Sprachkonzepte spielen gesamtstädtisch eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Notwendigkeit zur Entwicklung mehrsprachigen Informationsmaterials letztlich eine angebots- und zielgruppenbezogene Entscheidung darstellt. So kann mehrsprachiges Informationsmaterial sehr wichtig bei Angeboten sein, die sich gezielt an Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer richten. In anderen Fällen kann der Rückgriff auf barrierefreie bzw. einfache Sprache – unterstützt durch Piktogramme – zielführender sein. Zu dem Aspekt „Nutzung in barrierefreier / vereinfachter Sprache“ wurde in den offenen Anmerkungen erwähnt, dass die Umsetzung gerade für eine multikulturelle Stadt wie Frankfurt am Main, und insbesondere abhängig von konkreten Themen, als sehr wichtig eingeschätzt wird. Wie aus den Anmerkungen hervorgeht, stellt sich aber auch hier die Frage nach den Prioritäten und Kapazitäten. Ergänzend wurde außerdem der Punkt „mehrsprachiger Internetauftritt“ als Informationsstrategie erwähnt. Außerdem wurden die folgenden Erfahrungswerte in den offenen Anmerkungen ergänzt: • D eutsch und ggf. Englisch ist in aller Regel ausreichend, um sich zu verständigen. • Die Amtssprache ist deutsch. Die Auskunft muss rechtsverbindlich sein. • Es findet eine Gleichbehandlung unabhängig von der Herkunft und Muttersprache statt.
4.5 Interkulturelle Öffnung als Führungsund Personalentwicklungsaufgabe Prozesse der Interkulturellen Öffnung basieren u.a. auf Personalentwicklung und Personalmanagement. Führungskräfte müssen selbst über interkulturelle Kompetenzen verfügen und deren Implementation in der Mitarbeiterschaft als Teil ihrer Führungsaufgabe verstehen. Aus einer Organisationsentwicklungsperspektive betrifft der Prozess der „interkulturellen Öffnung“ alle Abteilungen
Insgesamt 100% 11,6% 90%
11,6%
11,6%
18,6%
4,7%
25,6%
23,3%
23,3%
80% 32,6%
70%
4,7% 13,6%
27,9%
32,6%
22,7% regelmäßig
18,6%
32,6%
häufig
60%
selten 50%
48,8%
nie
51,2% 40%
30%
37,2%
32,6%
37,2%
23,3%
20,9%
46,5%
47,7%
32,6%
20%
10%
16,3%
18,6%
14,0%
15,9%
18,6%
23,3%
0% bei strategischen in Projekten, Überlegungen Netzwerken in öffentlichen Veranstaltungen
bei städtischen in kommunalen Kooperationen Arbeitspapieren in der Fachauf Konferenzen bei Mitarbeiterliteratur gesprächen
Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt 100%
5,3%
90%
25,0%
21,1%
25,0%
20,0%
31,6% 40,0%
80%
10,5%
31,6%
15,8%
70%
regelmäßig
36,8%
60% 45,0%
50%
35,0%
häufig
40,0%
selten 20,0% nie
47,4% 40% 52,6%
68,4%
30% 40,0%
25,0% 40,0%
20%
42,1%
30,0% 10%
21,1% 10,5%
10,0%
5,0%
0% bei strategischen in Projekten, Überlegungen Netzwerken bei städtischen Kooperationen
in der Fachliteratur
5,3%
in öffentlichen bei MitarbeiterVeranstaltungen gesprächen auf Konferenzen in kommunalen Arbeitspapieren
Abbildung 4.11: Antworten auf die Frage: „Wie häufig begegnen Sie den Themen »Interkulturelle Öffnung« und »Diversität« in den folgenden Zusammenhängen Ihrer fachlichen Tätigkeit?“ Anmerkungen: Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
53
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
und Aufgabenbereiche einer Organisation, ganz besonders aber die Bereiche „Personal“ und „Service“ (vgl. REICHWEIN & VOGEL 2004). Hierbei geht es im Kern darum, Barrieren und institutionelle Hindernisse abzubauen, die Servicequalität zu erhöhen sowie gezielt Menschen mit Migrationshintergrund als Zielgruppe anzusprechen, zu gewinnen und zu motivieren. Außerdem spielt die Weiterbildung des Personals in interkultureller Kompetenz eine wichtige Rolle. Zentrale Fragen und Anknüpfungspunkte des Fragebogens in Bezug auf diesen Themenbereich bildeten: • W ie hoch wird der Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in interkultureller Kompetenz geschult sind, eingeschätzt? • Erfolgt(e) eine gezielte Schulung der interkulturellen Kompetenz bei dem bestehenden Personal? Mit welchen Schwerpunkten? • Werden die Vorteile gemischter Teams und Arbeitsgruppen gefördert und genutzt? • Welche Schulungsinhalte bestehen? • Wird auf interkulturelle Teamkonzepte zurückgegriffen? Die entsprechenden Fragen ergeben sich aus den Zielen Ziel 29 und Ziel 31 des Integrations- und Diversitätskonzepts. Sie waren als standardisierte oder teilstandardisierte Fragen konzipiert. Die Erfassung des Anteils an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfolgte nur grob als Einschätzungsfrage anhand kategorialer Vorgaben. Im nachfolgenden Abschnitt wird zunächst dargestellt, welche Relevanz die Themen „Interkulturelle Öffnung“ und „Diversität“ auf Leitungsebene einnehmen. Um zu einer gesamtstädtischen Einschätzung zu gelangen, wurden die Amts- und Betriebsleitungen der Stadt Frankfurt am Main um ihre subjektiven Einschätzungen zu verschiedenen Bereichen der täglichen Arbeit und ihrer fachlichen Tätigkeit gebeten. Hierzu zählte auch die Frage, wie häufig sie verschiedenen – im Fragebogen als Antwortkategorien vorgegebenen – interkulturellen Themen begegnen. Grundlage bildete somit der gesonderte Fragebogen für die Amts-/Betriebsleitungen. Die Abbildung 11 zeigt die Verteilung der Antworten auf die Kategorien „regelmäßig“, „häufig“, „selten“ und „nie“. In der Auswertung wird unterschieden zwischen dem Ergebnis „insgesamt“ und den Einschätzungen von Amts- und Betriebsleitungen, deren Ämter bzw. Betriebe in direktem Bürgerkontakt stehen. Die aufgeführten Schwerpunktthemen sind in der Reihenfolge nach der Häufigkeit der Nennung der Kategorien „regelmäßig“ und „häufig“ geordnet. Beim Vergleich der grafischen Ergebnisse in Abbildung 4.11 fällt zunächst auf, dass die Leitungen von Ämtern und
54
Betrieben, die in direktem Bürgerkontakt stehen, die Frage deutlich häufiger mit der Antwortkategorie „regelmäßig“ und „häufig“ und nur selten mit „nie“ beantwortet haben. Sie stehen somit – nach eigenen Angaben – stärker in Kontakt mit den Themen „Interkulturelle Öffnung“ und „Diversität“. Es wird außerdem deutlich, dass – sowohl im Gesamtergebnis wie auch bei Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt – die Schwerpunkte bei „strategischen Überlegungen“, „in Projekten / Netzwerken“ und „in der Fachliteratur“ bestehen. Im Vergleich der Rangfolge rückt bei Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt allerdings der Bereich „bei städtischen Kooperationen“ an die zweite Stelle, während im Gesamtergebnis der Bereich „in öffentlichen Veranstaltungen“ an dieser Stelle steht. Betrachtet man nur den „regelmäßigen Kontakt“ mit einzelnen Themenbereichen, so ragt bei den Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt außerdem mit 40% der Bereich „in der Fachliteratur“ heraus. An letzter Stelle stehen jeweils die Antwortvorgaben „bei Mitarbeitergesprächen“, „auf Konferenzen“ und „in kommunalen Arbeitspapieren“.
4.5.1 Anteil der in interkultureller Kompetenz geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Der Anteil geschulter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liegt im Durchschnitt bei etwa 30% und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit direktem Bürgerkontakt sowie beim Führungspersonal der städtischen Ämter und Betriebe bei etwa 40%. Interkulturelle Kompetenz ist als „soft skill“ zu bezeichnen. Menschen, die über interkulturelle Kompetenz verfügen, sind sich über ihre eigenen kulturellen Prägungen und auch über unbeabsichtigte Ausgrenzungsmechanismen bewusst. Interkulturelle Kompetenz kann verstanden werden als die Bereitschaft und Fähigkeit, die Vielfalt der Gesellschaft bei Planung, Umsetzung und Kontakten „mitzudenken“ (vgl. HL 59 und 60; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 81). In der Befragung der städtischen Ämter und Betriebe wurde interkuturelle Kompetenz definiert als „besondere Form der sozialen Kompetenz, die dabei hilft, Missverständnisse und Hemmschwellen abzubauen, Vertrauen aufzubauen und mit Kulturunterschieden sensibel umzugehen, um so in interkulturellen Situationen adäquat und zielführend zu handeln“. In diesem Unterkapitel werden Ergebnisse zu der Frage nach dem Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in interkultureller Kompetenz geschult sind, präsentiert. Bei der entsprechenden Abfrage im Fragebogen wurde darum gebeten, eine Einschätzung einzubringen, und
Ämter und Betriebe insgesamt
12%
14%
Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt
19%
20%
25%
9% 16%
10%
37%
> 70%
10%
14% 9%
12%
50% – 70%
25%
12% 9%
10%
30% – 50%
11%
25%
5% 21%
16%
10%
10% – 30%
19%
15% < 10%
33%
Mitarbeiter-/innen insgesamt
35%
Mitarbeiter-/innen mit Kundenkontakt
21% 15%
weiß nicht / keine Angabe
15%
10%
11%
15%
15%
16%
Mitarbeiter-/innen insgesamt
Mitarbeiter-/innen mit Kundenkontakt
Mitarbeiter-/innen in Führungspositionen
31%
Mitarbeiter-/innen in Führungspositionen
Abbildung 4.12: Antworten auf die Frage: „Wie hoch schätzen Sie den Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in interkultureller Kompetenz oder im kultursensiblen Umgang mit Kundinnen und Kunden geschult sind?“ Anmerkungen: Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
zwar jeweils getrennt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: • insgesamt; • mit Kundenkontakt; • in Führungspositionen. Dabei handelt es sich i.d.R. um subjektive Einschätzungen von Fachvertreterinnen und Fachvertretern der befragten Ämter und Betriebe und nicht um objektive statistische Werte aus Akten oder Weiterbildungsübersichten. Daher wurden die entsprechenden Angaben im Fragebogen auch nur grob über kategoriale Vorgaben in 20%-Schritten erfasst. Um zukünftig zu einer genaueren Einschätzung des Anteils der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in interkultureller Kompetenz geschult sind, zu gelangen, sind Befragungen auf Mitarbeiterebene notwendig.12 In einem ersten Schritt wäre es dabei wichtig, sich zunächst auf Kriterien, Indikatoren und ein Verfahren zur Messung von interkulturellen Kompetenzen auf Mitarbeiterebene zu einigen. Dabei kann es nicht nur um besuchte Weiterbildungen gehen – für eine umfassende Einschätzung müs-
sen zusätzlich auch die bereits vorhandenen soft skills und generellen sozialen Kompetenzen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betrachtet werden. Erste Anhaltspunkte hierfür liefern der Bericht des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main vom 30.08.2004 „Interkulturelle Kompetenz definieren und in der Stadtverwaltung umsetzen“ (B 564/2004) sowie die durch das AmkA in Auftrag gegebene Expertise „KulturKonzepte. Ein kritischer Diskussionsbeitrag für die interkulturelle Bildung“ (vgl. SARMA 2012). Abbildung 4.12 zeigt die Verteilung der Antworten der befragten Ämter und Betriebe auf die kategoriale Abfrage des Anteils der in interkultureller Kompetenz geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Ergebnisse werden nachfolgend erläutert. Die Frage wurde von rund 70% der befragten Ämter und Betriebe beantwortet.
12 Dasselbe gilt zukünftig auch für die Erfassung des Migrationshintergrunds unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Frankfurt am Main.
55
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
Bei Betrachtung der Gesamtbefragungsergebnisse fällt zunächst auf, dass höhere Anteile auf die Kategorie „weiß nicht / keine Angabe“ entfallen. Vernachlässigt man diese „fehlenden Angaben“, so zeigt sich bei der Gesamtheit aller Ämter und Betriebe wie auch bei den Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt ein ähnliches Muster: • G emäß den Einschätzungen liegt der Anteil der in interkultureller Kompetenz geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt höher als der Gesamtdurchschnitt. Während sich die Verteilung insgesamt ab einem Anteil von 30% halbiert und die meisten Antworten auf die Kategorie „< 10 %“ entfallen, liegt der Schwerpunkt bei den Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt auf der Kategorie „30 % – 50 %“. • Ein Mitarbeiteranteil über 50 % wird eher bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Kundenkontakt und bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Führungspositionen erreicht. Bezieht man die Kategorie „30 % – 50 %“ in die Betrachtung mit ein, so gleicht sich die Verteilung zwischen den betrachteten Gruppen jedoch an. Um zu einem mittleren Wert der Verteilung zu gelangen, wurde ergänzend zu den präsentierten kategorialen Prozentangaben der Median der Angaben berechnet.13 Aus den Berechnungen ergibt sich ein mittlerer Anteil an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in interkultureller Kompetenz geschult sind, von etwa 30 % bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im gesamtstädtischen Durchschnitt und von jeweils etwa 40 % bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit direktem Bürgerkontakt und beim Führungspersonal.
4.5.2 Inhalte von Schulungen Zu den wichtigsten interkulturellen Weiterbildungsinhalten zählen in den vergangenen fünf Jahren Schulungen zum „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“, in „interkultureller Kompetenz / Diversitykompetenz, interkulturelle Kommunikation“ sowie im Bereich „Konfliktvermittlung, Deeskalation“. Neben der Bitte um Einschätzung, wie viele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in interkultureller Kompetenz geschult sind, wurde in dem Fragebogen auch nach den Inhalten von Weiterbildungsveranstaltungen gefragt. Um die Beantwortung der Frage zu erleichtern, wurde dabei gezielt nach Weiterbildungsprozessen gefragt, welche durch die Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main in den vergangenen 5 Jahren aktiv eingeleitet und organisiert wurden. Die Themengebiete wurden im Fragebogen durch eine Liste vorgegeben, die jedoch um eigene Angaben ergänzt werden konnte. Obwohl die Frage somit
56
eher auf gesamtorganisatorische Weiterbildungsprozesse abzielte, benannten einige Ämter und Betriebe auch Einzelveranstaltungen aus dem Weiterbildungsprogramm des Personal- und Organisationsamtes der Stadt Frankfurt am Main, bei denen davon auszugehen ist, dass diese nur von einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder (über die Zeit oder im Block) von Mitarbeitergruppen bzw. einzelnen Abteilungen besucht wurden. Insgesamt brachten rund 64 % der befragten Ämter und Betriebe Angaben zu besuchten Weiterbildungsveranstaltungen ein. Die Angaben sind insgesamt als nur eingeschränkt vollständig zu betrachten und geben lediglich grobe Hinweise auf abgedeckte Themengebiete und mögliche Bedarfe. In der nachfolgenden Abbildung sind die umgesetzten Veranstaltungen nach Themengebieten und der Stärke ihrer Benennung dargestellt. Wie man der Abbildung 4.13 entnehmen kann, lag der thematische Schwerpunkt in den vergangenen fünf Jahren auf dem Bereich „Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“. Dies ist nicht verwunderlich, da das Personal und Organisationsamt (POA) der Stadt Frankfurt am Main mit der Einführung des AGG allen Ämtern und Betrieben Schulungen proaktiv angeboten hat und diese Schulungen für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verpflichtend waren. Der Fakt, dass nicht noch mehr Ämter und Betriebe diese Antwortvorgabe erwähnt haben, liegt vermutlich daran, dass: • n ach den Weiterbildungsmaßnahmen gefragt wurde, die in den letzten 5 Jahren durchgeführt wurden, während Schulungen zum AGG bei der Stadt Frankfurt am Main bereits ab dem Jahr 2007 umgesetzt wurden; • die Frage eher auf Weiterbildungsmaßnahmen abzielte, die durch die befragten Ämter und Betriebe selbst initiiert oder für die gesamte Organisation eingeleitet wurden. Am zweithäufigsten wurden die Bereiche „interkulturelle Kompetenz / Diversitykompetenz, interkulturelle Kommunikation“ und am dritthäufigsten der Bereich „Konfliktvermittlung, Deeskalation“ als Themen von Schulungen, Seminaren, Vorträgen oder Workshops zur Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwähnt. Insgesamt entfielen etwa 60 % der Nennungen auf diese ersten drei Bereiche. An vierter Stelle und relativ gleichgewichtig wurden umgesetzte Schulungen zu den Themen „Antidiskriminierung“,
13 Ohne die Kategorie „weiß nicht / keine Angabe“
Nennungen in % der antwortenden Ämter und Betriebe
Nennungen in % aller Nennungen
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
61%
25%
interkulturelle Kompetenz/Diversitykompetenz, interkulturelle Kommunikation
43%
19%
Konfliktvermittlung, Deeskalation
32%
13%
Antidiskriminierung
21%
9%
Strategien der interkulturellen Öffnung
20%
8%
Fortbildung für Führungskräfte
20%
8%
Umgang mit DaZ, Amtssprache Deutsch
20%
8%
Migrationsgeschichte
11%
5%
Sonstiges
14%
6%
„Strategien der interkulturellen Öffnung“, „Fortbildungen für Führungskräfte“ und „Umgang mit DaZ, Amtssprache Deutsch“ genannt. Als wichtigster Weiterbildungsträger wurde das POA benannt. Dies gilt sowohl für die Organisation von Veranstaltungen zum AGG wie auch in anderen Themenbereichen. Darüber hinaus benannten – v.a. im Themenfeld „interkulturelle Kompetenz / Diversitykompetenz, interkulturelle Kommunikation“ – viele der befragten Ämter und Betriebe das AmkA als wichtigen Partner für die Durchführung von (Weiterbildungs-)Veranstaltungen.14 Ca. 45% der befragten Ämter und Betriebe meldeten darüber hinaus anhaltenden Bedarf an Weiterbildungsveranstaltungen an. Als thematisch interessante Inhalte wurden aus der vorgegebenen Themenliste ausgewählt: • i nterkulturelle Kompetenz und interkulturelle Fragen / Interkulturalität im Alltag bei Beratungen; • Konfliktlösung, Deeskalation; • Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen; • Sprachsensibilisierung / sprachliche Verständigung: einfache Sprache; Amtssprache Deutsch und multikulturelle Bevölkerung; Umgang mit Personen mit Zweitsprache Deutsch; • Schulungen zu den Themen „Antidiskriminierung“ und „Antidiskriminierungsrichtlinien der Stadt Frankfurt am Main“; • Ansatzpunkte und Strategien der interkulturellen Öffnung der Stadtverwaltung.
Abbildung 4.13: Anteil der Nennungen auf die Frage „Zu welchen der folgenden Themengebiete hat Ihr Amt/Betrieb in den letzten fünf Jahren Schulungen, Seminare oder Vorträge bzw. Workshops für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgesetzt?“
In der offenen Angabe erwähnten einige der befragten Ämter und Betriebe (ca. ein Siebtel) ergänzend die folgenden Themengebiete und Fragestellungen: • Welche Zielgruppen erreichen wir mit unseren Werbemaßnahmen? Was ist bei diesen Werbemitteln sprachlich, stilistisch, ikonographisch zu beachten? • Workshops zu Unterschieden im Erziehungsverhalten und in den familiären Bindungen; • Rechtsseminare (Ausländerrecht und Asylbewerberleistungsgesetz), Seminare zu rechtlichen Ausführungsbestimmungen; • Seminare zur Migrationsgeschichte und Phasen / Veränderungen im Verwaltungshandeln; • psychosoziale Zusammenhänge. Bis auf den Bereich „Arbeit mit Sprachmittlern“ wurden somit Bedarfe zu allen im Fragebogen aufgeführten thematischen Bereichen angemeldet. Die Antworten fielen jedoch ressortspezifisch sehr heterogen aus. Geringfügig stärkere Erwähnung fanden die ersten vier Bereiche: „Interkulturelle Kompetenz“, „Konfliktlösung“, „Anerkennung von Abschlüssen“ und „Sprachsensibilisierung / sprachliche Verständigung“. Zudem formulierten einige (ca. ein Siebtel) der befragten Ämter und Betriebe jeweils Sonderthemen, die von der präsentierten Liste abwichen.
14 Die durch das AmkA in jüngster Zeit in Kooperation mit anderen Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main in diesem Bereich durchgeführten Veranstaltungen sind in Kapitel 5.8 aufgeführt.
57
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
Ämter und Betriebe insgesamt
Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt
JA 17% 36%
NEIN 83%
JA 21%
36%
NEIN 79%
Abbildung 4.14: Antworten auf die Frage: „Greift Ihre Dienststelle bei bestimmten Angeboten, Projekten oder Arbeitssituationen gezielt auf interkulturell gemischte Arbeitsgruppen und Teams zurück?“ Anmerkung: Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
4.5.3 Interkulturelle Teams und Arbeitsgruppen Die Befragungsergebnisse zeigen, dass interkulturell-gemischte Arbeitsgruppen und Teams im Arbeitsalltag der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main nur selten zur Anwendung kommen. Ein Ziel einer interkulturellen Öffnung ist, dass sich die Vielfalt der Gesellschaft auch in ihren Institutionen wiederfindet. Interkulturelle Teams und Arbeitsgruppen bieten darüber hinaus eine Mehrzahl an Perspektiven und Erfahrungen und sind daher bereichernd für die Zusammenarbeit in der Verwaltung (vgl. HL 59 und 60; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 81). Ein „interkulturelles Team“ kann dabei als eine kulturell heterogen zusammengesetzte Gruppe definiert werden, deren besondere Chance darin besteht (vgl. PAVKOVIC 2009: S. 190): • i ndividuelle und eigenkulturelle Gewohnheiten und Orientierungen zu hinterfragen und interkulturelle Sensibilität zu entwickeln; • interkulturelle (Sach- und Handlungs-)Kompetenz in Bezug auf Zielgruppen zu erlernen; • kulturspezifisches Wissen und Fähigkeiten arbeitsteilig zum Einsatz zu bringen.
58
Eine Voraussetzung für die Realisierung dieser Ziele ist die gleichgestellte Position von Teammitgliedern mit und ohne Migrationshintergrund (vgl. PAVKOVIC 2009: S. 193f.). Gerade (teilautonome) Teamarbeit eröffnet hier die Möglichkeit, die Bedingungen zu realisieren, welche in der Kontakthypothese als Voraussetzung für den gelingenden Abbau von Stereotypen und Vorurteilen spezifiziert wurden und im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang nur selten realisierbar sind.15 Aus der Organisationsforschung ist außerdem bekannt, dass heterogen zusammengesetzte Teams bei unstrukturierten Aufgaben (d.h. komplexe Aufgaben mit geringer Zielorientierung) bzw. bei Aufgabenstellungen, die Flexibilität und Kreativität erfordern, Vorteile besitzen (vgl. BIEMANN & WECKMÜLLER 2012: S. 47; SCHUPP 2010: S. 156).16 Ein besonderer Vorteil, der mit Teams mit einer (insbes. auch interkulturell) heterogenen Zusammensetzung in Verbindung gebracht wird, ist die Fähigkeit, flexibler auf Veränderungen und Probleme zu reagieren: Die
15 Die Forschungen, welche zur „Kontakthypothese“ durchgeführt wurden, verweisen darauf, dass Kontakte zwischen Personen mit unterschiedlicher Gruppenzugehörigkeit 16 Homogene Teams arbeiten dagegen besser bei gut strukturierten sowie kommunikations- und koordinationsintensiven Aufgaben.
Mitglieder ergänzen sich durch ihre unterschiedlichen Kenntnisse, Erfahrungen, Problemlösungsstrategien und Entscheidungsprozesse, was die Kreativität und das Innovationspotenzial erhöht. In Abbildung 4.14 ist der Anteil der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main dargestellt, die auf die Frage „Greift Ihre Dienststelle bei bestimmten Angeboten, Projekten oder Arbeitssituationen gezielt auf interkulturell gemischte Arbeitsgruppen und Teams zurück?“ mit „JA“ geantwortet haben. Wie man der Abbildung entnehmen kann, kommen interkulturell-gemischte Arbeitsgruppen und Teams – sowohl bei den Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main insgesamt wie auch bei den Ämtern und Betrieben mit direktem Bürgerkontakt – als verankertes Konzept im Arbeitsalltag nur selten zur Anwendung. Beispiele für in dem Fragebogen benannte Arbeitssituationen, in denen interkulturelle Teamarbeit bei einzelnen Ämtern und Betrieben stattfindet, sind: • bei Messeauftritten; • im Rahmen von themenspezifischen Arbeitskreisen; • bei Qualifizierungsangeboten im Bereich der „Interkulturellen Kompetenz“; • bei Kundengesprächen, interkulturellen Veranstaltungen und der Konzeptionsentwicklung. Als wichtige Funktionen, welche durch interkulturell gemischte Teams realisiert werden können, wurden außerdem erwähnt: • sensibilisieren, Vielfalt erfahren; • Handlungsoptionen entwickeln, Wissen / Haltungen / Fähigkeiten vermitteln; • Interkulturelle Teams sind wichtig, um die verschiedenen Migrantenmilieus zu erreichen und/oder • um ein passgenaues Angebot sicherzustellen und Zielgruppen besser einzubeziehen.
4.6 Interkulturelle Öffnung als Beteiligungsprozess Die Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund oder Migrantenorganisationen an Entscheidungen bzw. bei der Leistungserstellung bildet eine zentrale Komponente einer modernen Integrationspolitik und einen Kernbereich der interkulturellen Öffnung. Der Einbezug über Foren oder als Beraterinnen und Berater bzw. bei der Informationsverbreitung stellen die meistgenutzten Beteiligungsformen dar.
Strategien der interkulturellen Öffnung sollten von Beginn an die gesellschaftlichen Gruppen, die zentral für diesen gesellschaftlichen Umdenkungsprozess sind, mit einbeziehen (vgl. GISSENDANNER 2011: S. 42; PRÖHL & HARTMANN 2002: S. 120f.). Dieser partizipative Ansatz bildet den Kern der interkulturellen Öffnung. Die Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund oder Migrantenorganisationen an Entscheidungen bzw. bei der Leistungserstellung stellt daher auch ein wichtiges Grundsatzziel des Integrations- und Diversitätskonzepts der Stadt Frankfurt am Main dar (vgl. Ziel 4 und Ziel 33; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 21; S. 37). Als Fragen wurden in diesem Zusammenhang in dem Fragebogen aufgenommen: • G rad der Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund an der Angebotsplanung und -umsetzung; • Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung des interkulturellen Kontakts. Die Unterscheidung von Beteiligungsformen erfolgte in Anlehnung an Vorschläge von Stock Scott Gissendanner (2011) sowie Claudia Fortmann, Roy von Rittern und Günter Warsewa (2010). Die Fragen waren teilstandardisiert – zunächst sollten die existierenden Beteiligungsformen angekreuzt und danach in einer tabellarischen Übersicht benannt und kurz beschrieben werden. Um Missverständnissen oder einer uneinheitlichen Begriffsverwendung vorzubeugen, wurden die abgefragten Aktivitäten der Beteiligung sowie der Förderung des interkulturellen Kontakts und des Zusammenlebens in einem – dem Fragebogen beigefügten – Begriffsleitfaden näher erläutert. Die Definitionen des Begriffsleitfadens sind in den Kapiteln 5.6.1 und 5.6.2 der Auswertung jeweils beigefügt. Im folgenden Abschnitt werden zuerst die durch die Ämter und Betriebe benannten Aktivitäten zur Förderung des interkulturellen Kontakts und Zusammenlebens dargestellt.
4.6.1 Förderung des interkulturellen Kontakts und Zusammenlebens Etwa 12% der befragten Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main setzen Aktivitäten zur Förderung des interkulturellen Kontakts und Zusammenlebens um. Foren stellen dabei die meistgenutzte Aktivität dar. Ein gelungenes Zusammenleben ist keine Selbstverständlichkeit, sondern muss gefördert werden. Dazu sind städtische Ämter und Betriebe ebenso aufgerufen wie die Stadtgesellschaft insgesamt. Öffentliche Veranstaltungen und die gezielte Förderung des Dialogs unterstützen dabei, Zusammenhalt herzustellen.
59
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
Für diesen Bericht wurden die städtischen Ämter und Betriebe gefragt, welche Aktivitäten sie hierzu angestoßen haben. Die nachfolgend zusammengefassten Ergebnisse beziehen sich auf die Abbildung 4.15 (vgl. hierzu auch ergänzend detailliertere Beschreibungen in Kapitel 5.5.2): Foren stellen die meistgenutzte Aktivität dar. „Foren“ Berichtsdefinition: Veranstaltungen und Gesprächsbzw. Diskussionskreise, die aktuelle Themen aufgreifen, mit dem Ziel, die Politik, Fachebene und die Bevölkerung miteinander ins Gespräch zu bringen, um dadurch die öffentliche Debatte anzuregen und zu einem Fazit zu gelangen. Im Rahmen des Fragebogens erwähnte Beispiele für durch die Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main durchgeführte Foren sind: • Veranstaltungen im Rahmen der Interkulturellen Wochen; • der Frankfurter Familienkongress, der durch das Frankfurter Bündnis für Familien in Kooperation mit dem Dezernat für Bildung und Frauen und das Frankfurter Kinderbüro umgesetzt wird; • der Tag des Bürgerengagements und der Internationale Tag des Ehrenamts, die vom Frankfurter Referat für Bürgerengagement organisiert werden; • die 16 Regionalräte des Präventionsrates; • weitere temporäre und themenbezogene Veranstaltungen, in deren Rahmen aktuelle Entwicklungen diskutiert wurden, wie: - die Podiumsdiskussion zur Lebenssituation der Roma in Frankfurt oder die Veranstaltung „Diversität in Bildungseinrichtungen“ des AmkA; - die Veranstaltung „Gentrifizierung – sozialverträgliche Stadtteilentwicklung“ des Stadtplanungsamtes der Stadt Frankfurt am Main; -verschiedene, durch das Frankfurter Amt für Gesundheit durchgeführte, Gesundheitsforen und Veranstaltungen zu weiblicher Genitalverstümmelung.
60
Die Einrichtung von Bewohnern- und Eltern-Treffs steht an zweiter Stelle. „Bewohner- und Eltern-Treffs“ Berichtsdefinition: Regelmäßige Treffen zwischen engagierten Bewohnerinnen und Bewohnern eines Quartiers bzw. Eltern, in denen ein Raum geschaffen wird, um sich kennenzulernen und über Themen und Probleme auszutauschen. Häufig diskutierte Themen sind z.B.: • stadtteil- oder nachbarschaftsbezogene Themen Die Treffen finden dann meist in Räumlichkeiten statt, die durch Wohnungsunternehmen oder die Stadt zur Verfügung gestellt werden. Ziel ist ein besseres Kennenlernen sowie die Verbesserung des Zusammenlebens in der Wohngegend, Wohnanlage oder Nachbarschaft. • erziehungs- und bildungsbezogene Themen Zu diesem Zweck werden oft sogenannte „Elterntreffs“ eingerichtet, die funktional in die Institution Schule bzw. Kita einbezogen sind, wobei z.B. ein Austausch mit Erziehungs- und Lehrkräften und die Formulierung von Anliegen zu den Funktionen zählen können. Im Rahmen des Fragebogens erwähnte Beispiele sind: • d er im Stadtteil Fechenheim eingerichtete Arbeitskreis „Unser Dieter“ und der in der Siedlung Goldstein eingerichtete Arbeitskreis „Henriette-Fürth-Straße“; • bei Kindertagesstätten und Schulen eingerichtete Elterntreffs und Elterncafés (explizit erwähnt wurden der Stadtteil Niederrad und die Siedlung Goldstein); • im Rahmen des Projekt „Libraries for All. European Strategy for Multicultural Education (ESME)“ durch die Stadtbücherei in den Stadtteilbüchereien Gallus und Sindlingen eingerichtete Elterncafés (vgl. hierzu auch Kapitel 5.3.2); • auch im Projekt „wortstark“ des Stadtschulamtes werden Elterncafés durch ehrenamtliche Elternbegleiterinnen eingerichtet, in denen Wissen darüber, wie Kinder zu Hause in der sprachlichen Entwicklung unterstützt werden können, an Eltern weitervermittelt wird (vgl. hierzu auch Kapitel 5.2.2).
Insgesamt 20% Aktivitäten zur Förderung des interkulturellen Kontakts und Zusammenlebens zwischen Bevölkerungsgruppen ... 36% Foren
37%
NEIN keine Aktivitäten 88%
17%
JA 12%
13%
Bewohner-/ Elterntreffs
Zukunftskonferenzen /-werkstätten
Planungs-/ Stadtteilkonferenzen
13% 7% 13%
Bewohnerversammlungen /-anhörungen
Konfliktmanagement /Mediation
Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt 20% Aktivitäten zur Förderung des interkulturellen Kontakts und Zusammenlebens zwischen Bevölkerungsgruppen ... 36% Foren
32% Bewohner-/ Elterntreffs
NEIN keine Aktivitäten 75%
18%
Zukunftskonferenzen /-werkstätten
JA 25% 14%
Planungs-/ Stadtteilkonferenzen
14% 7%
Bewohnerversammlungen /-anhörungen
14% Konfliktmanagement /Mediation
Abbildung 4.15: Antworten auf die Frage: „Werden Aktivitäten umgesetzt, um den interkulturellen Dialog und das interkulturelle Zusammenleben zwischen Bevölkerungsgruppen zu fördern? Wenn JA, welche?“ Anmerkungen: Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
61
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
„Zukunftswerkstätten“ und „Stadtteilkonferenzen“ sind häufiger genutzte Formate „Zukunftskonferenzen und -werkstätten“ Berichtsdefinition: Bei der Zukunftskonferenz (bzw. -werkstatt) versammeln sich von einem Problem betroffene Personen, um – ausgehend von einer Trendund Problemanalyse im Stadtteil – zu gemeinsamen Zukunftsideen sowie Planungen für die Umsetzung von Maßnahmen zu gelangen. Stadtteilkonferenzen Berichtsdefinition: Stadtteilkonferenzen sind ein Zusammenschluss von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von städtischen und sozialen Einrichtungen und im Viertel engagierten Einzelpersonen. Sie werden als Expertinnen und Experten angesehen, die Ressourcen und Probleme im Stadtteil oder Sozialraum kennen und Bedarfe formulieren können. Stadtteilkonferenzen werden i.d.R. von städtischer Seite initiiert und sind eine Methode des sozialraumorientierten Handelns. Im Rahmen des Fragebogens erwähnte Beispiele sind: • der vom AmkA gemeinsam mit dem Kulturdezernat organisierte Workshop „Partizipation und Diversität in der kulturellen Vermittlung“ (vgl. hierzu auch Kapitel 5.7.2); • durch das Frankfurter Gesundheitsamt durchgeführte stadtteilbezogene Gesundheitskonferenzen (vgl. hierzu auch Kapitel 5.6.2); • die Sitzungen und Bürgersprechstunden der Regionalräte; • Weiterentwicklung der im Rahmen des Frankfurter Programms „Aktive Nachbarschaft“ entstandenen Partizipationsstrukturen im Rahmen einer Zukunftswerkstatt im Stadtteil Sindlingen. „Bewohnerversammlungen und -anhörungen“ werden von den an der Befragung beteiligten Ämtern und Betrieben nur selten umgesetzt. Bewohnerversammlungen und -anhörungen Berichtsdefinition: Bewohnerversammlungen bzw. -anhörungen sind quartiersbezogene Veranstaltungen mit Bewohnerinnen und Bewohnern bestimmter Wohnanlagen oder -siedlungen, in deren Rahmen Erfahrungen und Probleme diskutiert sowie Lösungsansätze erarbeitet werden. Im Rahmen des Fragebogens erwähnte Beispiele sind: • der Arbeitskreis „Am Galluspark“, in dessen Rahmen der Präventionsrat Mieterversammlungen und präventive Gespräche mit Mieterinnen und Mietern durchgeführt hat;
62
• d er Arbeitskreis „Henriette-Fürth-Straße“ im Stadtteil Goldstein. • Das Stadtplanungsamt führt bei Planungsvorhaben regelmäßig Bewohneranhörungen und aktivierende Befragungen durch (z.B. im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“). „Konfliktmanagement / Mediation“ wird in Einzelfällen geleistet. Konfliktmanagement Berichtsdefinition: Die Aufgabe von Konfliktmanagern und Mediatoren besteht darin, bei Konflikten in Wohnhäusern, Nachbarschaften und Stadtteilen zwischen den betroffenen Parteien zu vermitteln. Dazu greifen sie auf eine Palette bewährter Methoden und Strategien zurück, setzen Gespräche mit den Konfliktparteien um oder führen die beiden Konfliktparteien in gemeinsamen Gesprächen zusammen und erarbeiten Lösungsvorschläge und -verfahren. Ein zentrales Beispiel dafür ist die Konfliktvermittlungsstelle des AmkA.
4.6.2 Beteiligung von Personen mit Migrationshintergrund oder Migrantenorganisationen Etwa ein Viertel der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main bietet Beteiligungsformen wie z.B. Lotsen- oder Multiplikatoren-Modelle an oder beschäftigt ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Die Beteiligung von Personen mit Migrationshintergrund oder Migrantenorganisationen an städtischen Aktivitäten ist eine Voraussetzung für ein positiv gestaltetes Leben in einer vielfältigen Gesellschaft. Das Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main ruft dazu auf, Angebote zu öffnen, damit sie für möglichst viele Zielgruppen interessant und zugänglich sind. Menschen mit Migrationshintergrund sind dabei nicht nur Kundinnen und Kunden sondern gestalten diese Prozesse mit (vgl. HL 7; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 58). Im folgenden Abschnitt werden die durch die Ämter und Betriebe benannten Aktivitäten zur Beteiligung von Personen mit Migrationshintergrund oder Migrantenorganisationen bzw. -vereinen an der Planung und Ausgestaltung von Angeboten und Maßnahmen dargestellt. Um Verständnisproblemen vorzubeugen, wurden die abgefragten Beteiligungsaktivitäten in einem – dem Fragebogen beigefügten – Begriffsleitfaden näher erläutert.
Diese Erläuterungen werden der nachfolgenden Auswertung jeweils beigefügt. Die Unterscheidung von Beteiligungsformen erfolgte in Anlehnung an Vorschläge von Stock Scott Gissendanner (2011) sowie Claudia Fortmann, Roy von Rittern und Günter Warsewa (2010). Die im Folgenden beschriebenen Ergebnisse beziehen sich auf Abbildung 4.16. Wie man aus der grafischen Auswertung entnehmen kann, haben aktuell 25% aller befragten Ämter und Betriebe und 40% der Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt entsprechende Beteiligungsformen eingerichtet. In beiden Fällen kommen die einzelnen Beteiligungsformen (mit jeweils ca. 20%) in etwa gleich stark zur Anwendung. Lediglich die Beteiligung als Beraterinnen und Berater bzw. Informantinnen und Informanten sowie als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren wurden geringfügig häufiger benannt (vgl. Abbildung 4.16). Dies sind gleichzeitig diejenigen Beteiligungsformen, welche – entsprechend der zugrundeliegenden Typologie – den geringsten Beteiligungsgrad beinhalten. Als Beispiele für durch die Stadt Frankfurt am Main umgesetzte Beteiligungsformen wurden im Fragebogen erwähnt: Beteiligung als Beraterinnen und Berater bzw. Informantinnen und Informanten Berater- und Informantenprojekte Berichtsdefinition: Hierunter werden auf der einen Seite Beratertätigkeiten zu typischen Bedarfen und Problemlagen, zu den Wirkungsweisen und/oder Zielsetzungen von Integrationspolitik zusammengefasst – z.B. durch Gutachten, Stellungnahmen, Positionspapiere oder durch Bereitstellung von persönlichen Erfahrungswerten. Auf der anderen Seite zählen hierzu auch die Distribution von Information über Angebote, Programme und Veranstaltungen über persönliche Kontaktnetzwerke und Verteiler. Beispiele aus der Arbeit der Frankfurter Ämter und Betriebe: • Migrantenvereine werden in Kursen, Veranstaltungen, als Mitveranstalter oder Zielgruppe bei der Planung von Angeboten und Maßnahmen eingebunden. • Eine Beteiligung findet informell oder über Träger statt. • Menschen mit Migrationshintergrund werden als Informantinnen und Informanten an Messen, Schulveranstaltungen und Tagen der offenen Tür beteiligt. • Eine Beteiligung erfolgt in stadtteilbezogenen kommunalen Gesundheitsnetzwerken des Frankfurter Gesundheitsamtes.
Beteiligung als Lotsinnen und Lotsen Lotsenprojekte Berichtsdefinition: Lotsinnen und Lotsen nehmen eine aktive Begleiterrolle für Menschen mit Migrationshintergrund wahr. Sie stehen mit Rat und Tat bei alltäglichen und anderen Problemlagen zur Seite, vermitteln wichtige Informationen und tragen so Schritt für Schritt dazu bei, Eigenverantwortlichkeit und Handlungskompetenzen zu stärken. I.d.R. arbeiten sie projektbezogen als ehrenamtliche Helferinnen und Helfer und informieren z.B. über das Bildungs-, Gesundheits- und Rentensystem sowie andere Bereiche oder unterstützen Migrantinnen und Migranten bei der Berufswahl. Beispiele aus der Arbeit der Frankfurter Ämter und Betriebe: • Gezielte Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund im Gesundheitslotsenprojekt des Frankfurter Gesundheitsamtes (vgl. hierzu auch Kapitel 5.6.2). • Die „Soziale Sprechstunde“ in Sindlingen bietet Orientierung, Rat und Hilfestellung beim Ausfüllen von Formularen und wird unterstützt durch Migrantinnen und Migranten. • Im Rahmen des Kulturlotsenprojekts des AmkA werden Migrantinnen und Migranten als muttersprachliche Ausstellungsbegleiterinnen und -begleiter beteiligt (vgl. hierzu auch Kapitel 5.7.2). Beteiligung als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren Multiplikatorenprogramme Berichtsdefinition: Multiplikatorinnen und Multiplikatoren stellen Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt Frankfurt am Main Informationen über ein städtisches Angebot, über ein städtisches Arbeitsfeld oder ein zielgruppenspezifisch bzw. gesellschaftlich relevantes Themenfeld zur Verfügung oder beraten Personen in diesem Zusammenhang. Zu diesem Zweck werden sie i.d.R. im Vorfeld von städtischer Seite geschult. Oftmals arbeiten sie auf ehrenamtlicher Basis und verfügen über besondere Kontakte, die sie aktiv aufsuchen, sowie Sprachkenntnisse, die den Zugang zu einer Zielgruppe vereinfachen. Beispiele aus der Arbeit der Frankfurter Ämter und Betriebe: • Einbezug als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in den AmkA-Projekten „Bildungsorientierte Elternarbeit“ (BE), „Home Instruction for Parents of Pre-school Youngsters“ (HIPPY) sowie als Rentenhelferinnen und Rentenhelfer im Projekt „Interkulturelle Hilfestellungen in Rentenfragen“ (vgl. hierzu auch Kapitel 5.3.2 und 5.6.2).
63
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
• I n den städtischen Kitas und im Rahmen der Familienzentren werden Eltern als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für andere Eltern tätig. • Eine Beteiligung erfolgt in den stadtteilbezogenen kommunalen Gesundheitsnetzwerken des Frankfurter Gesundheitsamtes. • Migrantenvereine, Migrantenselbstorganisationen, Flüchtlingsverbände werden in die Veranstaltungsbewerbung eingebunden.
•
•
• Beteiligung als bürgerschaftliche bzw. ehrenamtliche Helferinnen und Helfer Ehrenamtsprojekte Berichtsdefinition: Bürgerschaftliche und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind direkt an der Leistungserstellung, Beratung und Begleitung von Menschen mit Migrationshintergrund auf ehrenamtlicher Basis beteiligt. Beispiele aus der Arbeit der Frankfurter Ämter und Betriebe: • Einbezug durch ehrenamtliche Arbeit in den AmkAProjekten „Bildungsorientierte Elternarbeit“ (BE), „Home Instruction for Parents of Pre-school Youngsters“ (HIPPY) sowie im Projekt „Interkulturelle Hilfestellungen in Rentenfragen“. • Beteiligung als ehrenamtliche Helferinnen und Helfer im Rahmen der Ehrenamtsbörse und „Tag des Ehrenamts“ des Hauptamtes durch Organisationen, die mit ehrenamtlichen Personen arbeiten. • Muttersprachlerinnen und Muttersprachler werden als ehrenamtliche Vorleserinnen und Vorleser in mehrsprachige Vorleseprojekte bei der Stadtbücherei eingebunden (vgl. hierzu auch Kapitel 5.2.2). Teilnahme an Arbeitsgruppen und Gremien Arbeitsgruppen und Gremien Berichtsdefinition: Menschen mit Migrationshintergrund können auch durch gezielte Berücksichtigung in Arbeitsgruppen und/oder Gremien beteiligt werden. Sie bringen dann als Expertinnen und Experten ihre persönlichen und fachlichen Erfahrungen in ein Handlungsfeld ein. Beispiele aus der Arbeit der Frankfurter Ämter und Betriebe: • Einrichtung eines interkulturellen Beirats durch die Stadtbücherei im Rahmen des EU-Projektes „Libraries for All. European Strategy for Multicultural Education (ESME)“ (vgl. hierzu auch Kapitel 5.3.2). • Einbezug im Rahmen der Gesundheits-AG Nordweststadt und in den stadtteilbezogenen kommunalen
64
•
•
•
Gesundheitsnetzwerken des Frankfurter Gesundheitsamtes. Einbezug bei der Bewertung und Weiterentwicklung der bisherigen Arbeitsergebnisse im Rahmen von Überleitungsworkshops zum Frankfurter Programm „Aktive Nachbarschaft“ in Seckbach, Rödelheim und Zeilsheim. Einbezug im Rahmen des Arbeitskreises „Migrantinnen“ des Frauenreferats, der sich für eine Verbesserung des Beratungsangebots für Migrantinnen einsetzt. Einbezug von Expertinnen und Experten mit Migrationshintergrund im Gesprächskreis „Interkulturelle Kompetenz“ des Personal- und Organisationsamts (vgl. hierzu auch die Kapitel 4.8.2 sowie 5.8.2). Eltern mit Migrationshintergrund sind in den Elternbeiräten der Kinderzentren gleichermaßen vertreten wie Eltern ohne Migrationshintergrund. Die Magistratskommission „Chancengleichheit und Integration“ des Integrationsdezernats der Stadt Frankfurt am Main, die paritätisch mit vier Magistratsmitgliedern, drei Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung sowie 19 sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohnern besetzt ist (vgl. M294/2012). Die Volkshochschule (VHS) Frankfurt am Main kooperiert mit verschiedenen konfessionellen Bildungsträgern und Migrantenvereinen im Rahmen von Arbeitskreisen und Veranstaltungen. Ein Beispiel für eine Kooperation ist die gemeinsame Konzeption und Durchführung der Veranstaltung „Trialog der Religionen“ der VHS Frankfurt am Main mit der Evangelischen Pfarrstelle für interreligiösen Dialog, der Evangelischen Stadtakademie, der Jüdischen Volkshochschule und der Katholischen Erwachsenenbildung Frankfurt am Main (vgl. hierzu auch Kapitel 5.3.2).
Insgesamt
36% Beteiligung als ... 25% Berater/-innen, Informant /-innen
17% NEIN, keine derartigen Beteiligungsformen
Teilnahme an Arbeitsgruppen, Gremien
19%
JA 24%
76%
19%
bürgerschaftliche / ehrenamtliche Helfer /-innen Lotsen
21% Multiplikatoren / innen
Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt
36% Beteiligung als ... 21% Berater/-innen, Informant /-innen
17% NEIN, keine derartigen Beteiligungsformen 58%
Teilnahme an Arbeitsgruppen, Gremien
JA 42%
19%
21%
bürgerschaftliche / ehrenamtliche Helfer /-innen Lotsen
21% Multiplikatoren / innen
Abbildung 4.16: Antworten auf die Frage: „Werden Personen mit Migrationshintergrund oder Migrantenorganisationen bzw. -vereine an der Planung und Ausgestaltung von Angeboten und Maßnahmen beteiligt? Falls JA: Wie?“ Anmerkungen: Unter der Kategorie „mit direktem Bürgerkontakt“ sind Ämter und Betriebe zusammengefasst, die nicht ausschließlich Verwaltungsleistungen für die Stadtverwaltung erstellen und/oder im Fragebogen angegeben haben, dass Bürgerkontakt vorliegt.
65
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
4.7 Richtlinien und Instrumente der Qualitätssicherung Die Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main praktizieren verschiedene Formen des Beschwerdemanagements. Außerdem wird darauf geachtet, dass Einrichtungen, Träger und Vereine über interkulturell kompetentes Personal verfügen. Die Orientierung auf interkulturelle Öffnungsprozesse der Stadtverwaltung und Stadtgesellschaft erfordert eine begleitende Qualitätssicherung. Diese sollte in regelmäßigen Abständen überprüfen, inwiefern die gesteckten Ziele erreicht wurden bzw. ob sie modifiziert werden müssen. Voraussetzung ist, das Konzept der interkulturellen Öffnung zu operationalisieren. D.h. Richtlinien zu definieren, welche Veränderungen erreicht sein müssen, um von einer gelungenen Umsetzung zu sprechen. Als „Richtlinien und Instrumente der Qualitätssicherung“ werden im Folgenden verstanden: • v erschiedene Formen des Beschwerdemanagements, über welche die Rückmeldungen von Kundinnen und Kunden erfasst werden; • Studien, Berichtswesen; • (interkulturelle) Leitlinien, die z.B. bei der Förderung und Vergabe von Aufträgen an Auftragnehmern zur Anwendung kommen. Die in den Fragebogen aufgenommenen Fragen korrespondieren mit Ziel 2 und Ziel 36 des Integrations- und Diversitätskonzepts. Die Formen des Beschwerdemanagements sowie Förderkriterien wurden mittels vorgegebener Kategorien erfasst. Die Richtlinien und Instrumente wurden im Rahmen der durchgeführten Befragung über standardisierte Fragen zu Instrumenten zur Erfassung von Rückmeldungen sowie Bedürfnissen von Kundinnen und Kunden sowie zur Vorgehensweise bei der Förderung und Auftragsvergabe ermittelt. Über eine offene Frage wurden außerdem ergänzend die – aus Sicht der befragten Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main – zentralen Standards und interkulturellen Qualitätskriterien erfragt.
4.7.1 Qualitätssicherung nach innen Die Mehrheit der Ämter und Betriebe benennt die Einrichtung von Formen des Beschwerdemanagements als praktiziertes Instrument der Qualitätssicherung und zur Erfassung der Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden mit Migrationshintergrund.
66
Es ist wichtig, dass die städtischen Ämter und Betriebe die Wirksamkeit und Erreichbarkeit ihrer Maßnahmen und Angebote gegenüber ihren Kundinnen und Kunden stetig überprüfen (Ziel 29; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 17; S. 35; S. 52). Nur so lässt sich gewährleisten, dass ihre Arbeit nicht an den unterschiedlichen Zielgruppen vorbeigeht. Die nachfolgende Abbildung gibt die Auswertung zu der Frage wieder, wie die befragten Ämter und Betriebe sicherstellen, dass die Bedürfnisse und Rückmeldungen von Kundinnen und Kunden mit Migrationshintergrund bei eigenständig durchgeführten Maßnahmen und Angeboten berücksichtigt werden. Der größte Anteil entfällt auf den Bereich „Beschwerdemanagement“, wobei die Dokumentation schriftlicher und telefonischer Rückmeldungen (mit 64%) im Vordergrund steht. Eine Erfassung von Rückmeldungen per Fragebogen erfolgt bei ca. 36% der befragten Ämter und Betriebe. Gemäß der Ergebnisse der Befragung erfolgt die Dokumentation dabei i.d.R. per deutsch-sprachigem Fragebogen. Ergänzend wurden als Anmerkungen in den Fragebogen eingebracht, dass: • B eschwerden nicht systematisch erfasst, sondern bearbeitet werden, wenn diese von Bürgerinnen und Bürgern an das Amt herangetragen werden (z.T. auch in englischer Sprache); • manche Ämter und Betriebe über eine Beschwerdedatenbank verfügen. 4.7.2 Qualitätssicherung nach außen Bei der Vergabe von Leistungen an externe Auftragnehmer und bei der Projektförderung ist es für die Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main von besonderer Relevanz, dass Einrichtungen, Träger und Vereine über interkulturell kompetentes Personal verfügen. Die Anwendung von interkulturellen Standards nach innen bildet nur einen Aspekt der Qualitätssicherung. Ebenso wichtig ist es, sicherzugehen, dass interkulturelle Qualitätsstandards auch nach außen sichtbar und kommuniziert werden. Ein Bereich, in dem die Stadt Frankfurt am Main partiell über Einflussmöglichkeiten verfügt, ist die Förderung von Projekten und Vereinen sowie die Vergabe von Leistungen (vgl. Ziel 36; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 41). Weitere Instrumente stellen z.B. die Verabschiedung von Satzungen im Rahmen der kommunalen Rechtsetzungshoheit und die Aufstellung von Entwicklungsplänen und (Inte-
durch Einbezug in die Angebotsgestaltung
durch Studien, Berichtswesen
12%
durch interkulturelle Leitlinien
10%
per Fragebogen in deutscher Sprache
29%
14% per mehrsprachigem Fragebogen
7%
durch Beschwerdemanagement 24% Dokumentation schriftlicher oder telefonischer Rückmeldungen
64%
40%
Trifft nicht zu: kein direkter Bürgerkontakt Abbildung 4.17: Antworten auf die Frage: „Wie stellen Sie sicher, dass bei eigenständig durchgeführten Maßnahmen und Angeboten die Bedürfnisse und Rückmeldungen von Kundinnen und Kunden mit Migrationshintergrund berücksichtigt werden?“
grations-)Konzepten im Rahmen der kommunalen Planungshoheit dar (vgl. GESEMANN 2010: S. 27; SCHUPP 2010: S. 55f.). Im Rahmen der Befragung wurde nach Kriterien gefragt, die bei der Förderung von Projekten oder Beauftragung von Einrichtungen zur Erstellung kundenbezogener Leistungen eine Rolle spielen. Die Ergebnisse sind in der folgenden Abbildung graphisch dargestellt und werden nachfolgend beschrieben. Wie die Abbildung zeigt, wird bei Förderung und Beauftragung am stärksten darauf geachtet, dass Einrichtungen, Träger und Vereine über interkulturell kompetentes Personal verfügen. Im Übrigen sind die abgefragten Strategien relativ gleichmäßig verteilt. Leicht stärkeres Gewicht wird darauf gelegt, dass vorhandene Hemmschwellen bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund konzeptuell berücksichtigt und Kontakte zu Migrantenvereinen bzw. -communities vorhanden sind. Das Vorhandensein eines „Beschwerdemanagements“ oder die „Rückmeldung der Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Migrationshintergrund“ sind als Kriterien von nachrangiger Bedeutung bzw. werden eher selten eingefordert.
Eine ergänzende Auswertung der offenen Angaben bei den „Anmerkungen“ im Fragebogen zeigt, dass diese Frage für die befragten Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main insgesamt nicht einfach zu beantworten war. Als Anmerkungen zu dieser Frage wurden z.B. eingebracht: • A lle Vertragspartner und Anfragenden werden im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen gleich behandelt. • Die geförderten Akteure rekrutieren sich international. • Es stehen fachliche Standards im Vordergrund – z.B. Kompetenz in der Jugendarbeit, Vorhandensein einer Übungsleiterlizenz, wirtschaftliche und planungsrechtliche Vorgaben. • Die Leitlinien sind nicht zentral formalisiert. Es wird generell interkulturell gearbeitet; es herrscht eine amtsweite informelle-fachliche Haltung. • Projekte und kundenbezogene Leistungen werden bedarfsorientiert gefördert.
67
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
Personal mit interkultureller Kompetenz
keine Leistungserbringung gegenüber der Bevölkerung
14% mehrsprachiges Personal
31% 9%
gezielte Ansprache von Menschen mit Migrationshintergrund als Kunenden/-innen
8%
11%
12% 4%
9%
Kontakte zu Migrantenvereinen / -communities
Berücksichtigung von Hemmschwellen 2% Rückmeldung der Teilnehmerzahl mit Migrationshintergrund
Beschwerdemanagement
Berücksichtigung besonderer Lebenslage
4.7.3 Standards der interkulturellen Öffnung und interkulturelle Qualitätskriterien Die Bereiche „Willkommenskultur“ und „Offenheit“ bzw. „Zugang für alle“ bilden aus Sicht der befragten Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main die bedeutendsten (Qualitäts-)Kriterien und Standards einer interkulturellen Öffnung. Die Umsetzung einer Integrations- und Diversitätspolitik als städtische Querschnittsaufgabe erfordert eine Abstimmung über die entwickelten Kriterien und Prinzipien der Interkulturellen Öffnung (vgl. Ziele 44, 45 und 46; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 46f.). Daher wurden die Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main im Rahmen der Befragung auch nach den für ihre Arbeitsbereiche jeweils relevanten Standards der Interkulturalität gefragt. Die entsprechende Frage lautete: „Was sind für Sie zentrale Standards der interkulturellen Öffnung und interkulturelle Qualitätskriterien?“ Die Abfrage erfolgte offen – d.h. es war die Möglichkeit gegeben, eigene Standards zu benennen und selbst Antworten auf die Frage zu formulieren. Etwa die Hälfte der befragten Ämter und Betriebe brachte Angaben zu relevanten Standards und Kriterien ein, was auch damit zusammenhängt, dass Ämter und Betriebe ohne Kundenkontakt i.d.R. seltener auf die Frage antworteten (bzw. antworten konnten). Die benannten „Standards
68
Abbildung 4.18: Antworten auf die Frage: „Welche Kriterien spielen eine Rolle bei der Förderung von Projekten oder der Beauftragung von Einrichtungen zur Erstellung kundenbezogener Leistungen?“
der interkulturellen Öffnung und interkulturellen Qualitätskriterien“ werden nachfolgend in der Reihenfolge der Häufigkeit ihrer Benennung wiedergegeben. Wie der Übersicht zu entnehmen ist, wurden in der offenen Frage im Wesentlichen diejenigen Aspekte benannt, welche in der Befragung auch systematisch als Themenfelder 1 bis 6 berücksichtigt wurden. Dies deutet grundsätzlich darauf hin, dass: • d er erarbeitete Fragebogen inhaltlich und konzeptuell die für die Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main wichtigsten Bereiche abdeckte; • die entsprechenden Querschnittsaspekte der interkulturellen Öffnung bei den antwortenden Ämtern und Betrieben bekannt und für die tägliche Arbeit relevant sind. In Übereinstimmung mit dem Ergebnis aus Themenfeld 1 der Befragung (Fragebogen für die Amts- bzw. Betriebsleitungen) bilden die Bereiche „Willkommenskultur“ und „Offenheit“ bzw. „Zugang für alle“ die bedeutendsten (Qualitäts-)Kriterien und Standards einer interkulturellen Öffnung. Am nächsthäufigsten wurden allgemeine oder ressortspezifische Leitlinien benannt, die als formalisierte Regeln dazu beitragen sollen, Gleichbehandlung, Antidiskriminierung und Interkulturalität sicherzustellen. Als Beispiele für solche Leitlinien wurden benannt:
Willkommenskultur und Offenheit im Kundenservice, Zugang für alle und Internationalität des Angebots sicherstellen, Information und Zugänge vereinfachen, Partizipations- und Beteiligungsmöglichkeiten erschließen
25%
Formale Leitlinien: - Leitlinien der interkulturellen Orientierung und Leitlinien „Inklusion“ der Stadt Frankfurt am Main, - Antidiskriminierungsrichtlinie der Stadt Frankfurt am Main, - Charta der Vielfalt, - Gleichberechtigungsgesetz, - UN-Behindertenrechtskonvention, - Persönlichkeits-/Freiheitsrechte gem. Art 2 GG i.V. mit der Menschenwürde nach Art. 1 GG
25%
Mehrsprachigkeit und Sprachfähigkeiten berücksichtigen, Kommunikation über leicht verständliche Sprache, Deutsch und Erwerb von Fremdsprachen unterstützen
13%
Gleichbehandlung
10%
Pflichtschulung für Mitarbeiter/-innen in interkultureller Kompetenz, Entwicklung von interkultureller Handlungskompetenz, Strukturen und Kompetenzen weiterentwickeln
8%
Personal mit Migrationshintergrund gewinnen und einsetzen, proaktives Vorgehen bei Stellenbesetzungsverfahren, um Bewerbungen von Menschen aller Nationalitäten werben
6%
Anerkennung unterschiedlicher kultureller Orientierungen, Abbau von Fremdenfeindlichkeit, Erkennen von Bikulturalität als Ressource, Integration und Gleichberechtigung ethnisch und kulturell unterschiedlicher Orientierungen
6%
Vernetzung und Kontaktpflege
6%
• d ie „Leitlinien für interkulturelle Orientierung und Kompetenz in der Kinder- und Jugendhilfe für die Stadt Frankfurt am Main“, welche seit dem Jahr 2007 für alle Träger der Jugendhilfe in Frankfurt am Main verbindlich gelten; • die Leitlinien „Inklusion“ der Stadt Frankfurt am Main „Jungen Menschen in ihrer Vielfalt begegnen !“ vom 06.02.2013; • die Antidiskriminierungsrichtlinie der Stadt Frankfurt am Main aus dem Jahr 2003 (vgl. § 6020/2003), welche es der Ombudsstelle-Antidiskriminierung ermöglicht, bei Diskriminierungsmeldungen gegen städtische Behörden und Betriebe zu ermitteln; • die Charta der Vielfalt, welche durch die Oberbürgermeisterin Petra Roth für die Stadt Frankfurt am Main im Jahr 2007 unterzeichnet wurde; • das „Allgemeine Gleichberechtigungsgesetz“ (AGG), welches seit dem 18. August 2006 bundesweit gilt; • die UN-Behindertenrechtskonvention, welche im Jahr 2009 in Kraft getreten ist; • die im Grundgesetz seit dessen Inkrafttreten (am 23.05.49) verbrieften Persönlichkeits- und Freiheitsrechte gemäß Art. 2 GG in Verbindung mit der Menschenwürde nach Art. 1 GG.
Abbildung 4.19: Durch die befragten Ämter und Betriebe benannte Standards der interkulturellen Öffnung und interkulturelle Qualitätskriterien
Diese „Formalen Leitlinien“ können allerdings nicht völlig unabhängig gesehen werden von den Angaben unter Punkt 4 („Gleichbehandlung“) in Abbildung 4.19. Der wesentliche Unterschied besteht dabei darin, dass unter Punkt 4 Angaben zusammengefasst wurden, wie „Gleichbehandlung egal welcher Herkunft und Muttersprache“ oder „Gleichberechtigung ethnisch und kulturell unterschiedlicher Orientierungen“. Würde man die Bereiche „Gleichbehandlung“ und „Formale Leitlinien“ zusammenfassen, so würde die resultierende Gesamtkategorie (mit 35%) an die erste Stelle rücken. An dritter Stelle steht der Aspekt „Sprache“. In diesem Bereich sind verschiedene Angaben zusammengefasst, die inhaltlich auf die Bedeutung einer gelingenden Verständigung und Berücksichtigung von Sprachfähigkeiten hinweisen. Das letzte Viertel der Angaben entfällt relativ ausgewogen auf die Bereiche „Personal in interkultureller Kompetenz qualifizieren“ und „Personal mit Migrationshintergrund gewinnen“, „Anerkennung unterschiedlicher kultureller Orientierungen“ sowie „Vernetzung und Kontaktpflege“.
69
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
Anteil der befragten Ämter und Betriebe, die die nachfolgenden Akteure als wichtig benannt haben
Anteil der Akteursnennung an der Gesamtzahl
AmkA
86%
23%
Sonstige Ämter der Stadtverwaltung
39%
15%
Vereine
36%
19%
Verbände, Träger
36%
16%
Stiftungen, Forschungs-, Consultingeinrichtungen
21%
9%
Bildungs-, Fortbildungseinrichtungen
18%
7%
Religionsgemeinschaften
18%
5%
Sonstige Akteure
18%
6%
Abbildung 4.20: Anteil der Nennungen auf die Frage „Wer ist für Sie ein wichtiger Akteur bei Fragen/Inhalten der »Interkulturellen Integrationsarbeit«“? Anmerkung: In der linken Spalte bildet die Anzahl der antwortenden Ämter und Betriebe die Berechnungsbasis. In der rechten Spalte wird zur Basis der Gesamtzahl der Nennungen ausgewertet.
4.8. Vernetzung und Kooperation
4.8.1 Wichtigste Akteure der interkulturellen Integrationsarbeit
Interkulturelle Netzwerkarbeit dient dem Informationsaustausch und der Verbesserung der Zusammenarbeit mit Migrantenselbstorganisationen, mit anderen städtischen Einrichtungen und Kommunen sowie zwischen anderen Trägern und Organisationen, die Integrations- und interkulturelle Arbeit leisten.
Wichtige Akteure der interkulturellen Integrationsarbeit sind in der Wahrnehmung der Ämter und Betriebe vor allem andere Ämter und dabei insbesondere das AmkA. An zweiter Stelle folgen Vereine sowie Verbände und Einrichtungsträger.
Ein gesamtstädtischer Prozess der interkulturellen Öffnung verlangt ein hohes Maß an Abstimmung, um über gemeinsame Ziele und Strategien beraten zu können. Eine Vernetzung der Ämter und Betriebe untereinander und mit Migrantenorganisationen und freien Trägern bildet die Grundlage dafür (vgl. Ziel 41 und Ziel 44; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 44; S. 46; REICHWEIN & VOGEL 2004: S.; PRÖHL & HARTMANN 2002: S. 120f.). Im Rahmen des Fragebogens wurden zur Erfassung dieses Themenbereichs Fragen gestellt zu: • z entralen Kontaktpartnern in Zusammenhang mit interkultureller Öffnung und interkultureller Integrationsarbeit; • der Mitarbeit in städtischen sowie überregionalen Arbeitskreisen, Gremien und runden Tischen zu den Themengebieten „Interkulturelle Öffnung“ und „Interkulturelle Integrationsarbeit“. Die entsprechenden Fragen waren als offene Fragen konzipiert.
70
Im Zusammenhang mit Vernetzung und Kooperationen ist es von Interesse, welche spezifischen Partner die städtischen Ämter und Betriebe wählen, um interkulturelle Öffnungsprozesse voranzutreiben. Von wem lässt sich das einzelne Amt beraten oder inspirieren? Mit wem kooperieren die befragten Ämter und Betriebe? Die Frage nach den wichtigsten Akteuren wurde daher nochmals durch die Ergänzungsfrage „Wen kontaktieren Sie?“ präzisiert. Insgesamt benannten ca. 70% der befragten Ämter und Betriebe unterschiedliche Einzelakteure oder Akteurskategorien, die in der folgenden Übersicht nach Tätigkeitsbereichen zusammengefasst sind. Die wichtigsten Akteure und Kooperationspartner der interkulturellen Integrationsarbeit stellen für die befragten Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main vor allem andere Ämter und Betriebe und dabei insbesondere das AmkA dar. Rund 40% der Nennungen entfielen auf Ämter der Stadtverwaltung, 86% aller antwortenden Ämter und Betriebe benannten dabei das AmkA als wichtigen Akteur. Als weitere städtische Akteure wurden die Volkshochschule Frankfurt am Main, die Fortbildungsabteilung des Personal- und Organisationsamtes der Stadt Frankfurt am Main, das Stadtschulamt und Bildungseinrichtungen (insbes. Kitas), die Programme „Soziale Stadt“ des Stadtplanungs-
Nennungen in % der antwortenden Ämter und Betriebe
Nennungen in % aller Nennungen
Arbeitskreise des AmkA
63%
37%
Stadtteilbezogene Arbeitskreise und Gremien
37%
21%
Überregionale Arbeitskreise und Netzwerke
37%
15%
Gesprächskreis „Interkulturelle Kompetenz“ des POA
26%
8%
Arbeitskreise des Frauenreferats und Präventionsrates
11%
8%
Sonstiger Ämterarbeitskreis
32%
12%
amtes und „Aktive Nachbarschaften“ des Jugend- und Sozialamtes benannt. Als ein zweiter Bereich wurden Vereine sowie Verbände und Einrichtungsträger benannt. In der Kategorie „Vereine“ entfielen 50% der Nennungen auf „Migrantenvereine“ oder „Kulturvereine“ und die anderen 50% auf eine Vielzahl unterschiedlicher sonstiger Vereine, welche größtenteils auch in die Erbringung von Integrationsangeboten eingebunden sind und deren (Integrations-)Projekte städtisch gefördert werden. Die verbleibenden 25% der Nennungen teilen sich relativ gleichmäßig auf die Akteurskategorien „Stiftungen, Forschungs-, Consultingeinrichtungen“, „Bildungs- und Fortbildungseinrichtungen“, „Religionsgemeinschaften“ sowie „Sonstige Akteure“ auf. Zu den Religionsgemeinschaften werden in der Auswertung auch die Moscheevereine gezählt, die von einem der befragten Ämter und Betriebe als wichtige Akteure und Kooperationspartner benannt wurden. Als wichtiges Gremium des „Interkulturellen Dialogs“ wurde außerdem der „Rat der Religionen“ benannt. Die Kategorie „Sonstige Akteure“ umfasst des Weiteren sehr heterogene Angaben, wie die „Konsulate“ und „Botschaften“ oder die „Polizei“ als relevante Akteure und Kooperationspartner der Integrationsarbeit.
4.8.2 Arbeitskreise, Gremien, runde Tische der interkulturellen Integrationsarbeit Etwa die Hälfte der städtischen Ämter und Betriebe ist an Gremien und Arbeitskreisen beteiligt, die sich mit Aspekten der interkulturellen Integrationsarbeit befassen. Am Häufigsten werden vom AmkA initiierte und in Federführung begleitete Arbeitskreise benannt. In Frankfurt am Main haben sich eine Vielzahl an Gremien und Arbeitskreisen gegründet, die sich mit dem Thema
Abbildung 4.21: Anteil der Nennungen auf die Frage „In welchen regionalen und überregionalen Arbeitskreisen, Gremien oder runden Tischen, in denen die Themen »Interkulturelle Integrationsarbeit« oder »Interkulturelle Öffnung« eine Rolle spielen, arbeitet Ihr Amt / Ihr Betrieb mit?“? Es waren Mehrfachnennungen möglich. In der linken Spalte wird ausgewertet, welcher Anteil der antwortenden Ämter und Betriebe Mitglied in einem bestimmten Arbeitskreis / Gremium / rundem Tisch ist. In der rechten Spalte wird die Nennungshäufigkeit eines bestimmten Arbeitskreises / Gremiums / runden Tisches ins Verhältnis gesetzt zur Gesamtzahl aller benannten Arbeitskreise / Gremien / runden Tische.
der interkulturellen Integrationsarbeit befassen. In ihnen arbeiten Vertreterinnen und Vertreter von städtischen Ämtern und Betrieben sowie von freien Trägern, unter anderem von Migrantenorganisationen, sowie Einzelpersonen zusammen (vgl. HL 6; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 58). Die Frage nach der Vernetzung über Arbeitskreise, Gremien und runden Tischen lautete: „In welchen regionalen und überregionalen Arbeitskreisen, Gremien oder runden Tischen, in denen die Themen »Interkulturelle Integrationsarbeit« oder »Interkulturelle Öffnung« eine Rolle spielen, arbeitet Ihr Amt / Ihr Betrieb mit?“ Auf die Frage antworteten ca. 50% der befragten Ämter und Betriebe, sodass davon ausgegangen werden kann, dass etwa die Hälfte der befragten Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main in Arbeitskreise, Gremien und runden Tischen zu den Themen „Interkulturelle Integrationsarbeit“ und „Interkulturelle Öffnung“ vertreten sind. Die wichtigsten Aktivitäten sind in der nachfolgenden Abbildung nach dem Anteil ihrer Benennung aufgeführt. Vom AmkA initiierte und in Federführung begleitete Arbeitskreise wurden am häufigsten benannt. Hierzu zählen: • der Arbeitskreis zur Lage von Menschen ohne Aufenthaltsstatus; • der Arbeitskreis zur Situation von Sinti und Roma; • der Arbeitskreis zum Integrationsbericht und Integrationsmonitoring; • der Arbeitskreis zu religiösen und kulturellen Neubauten; • der Initiativkreis zur Vorbereitung der Interkulturellen Wochen; • das Ämternetzwerk zu Fragen von Extremismusprävention; • der runde Tisch des Magistrats zur sog. „Armutszuwanderung“; 71
4.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung
• d as Netzwerk der Frankfurter Integrationskursträger; • das Netzwerk „Integration durch Qualifizierung – IQ“17. Nächsthäufig wurden stadtteilbezogene Arbeitskreise benannt, wie die Ämterrunde Fechenheim, die Arbeitskreise „Interkultureller Dialog“ (Gallus), „Galluspark“ (Gallus), „Unser Dieter“ (Fechenheim), „Henriette-Fürth-Straße“ (Goldstein) und „Häusliche Gewalt“ (Bügel), an denen jeweils der Präventionsrat sowie unterschiedliche Ämter beteiligt sind, sowie die KoGi-Netzwerke des Gesundheitsamtes und die Regionalräte des Präventionsrates. Überregionale Arbeitskreise wurden als Vernetzungsform ebenso oft benannt. Betrachtet man jedoch die Gesamtheit der Einzelnennungen der Ämter und Betriebe (unter Berücksichtigung von Mehrfachnennungen), so wurden im Verhältnis überregionale Arbeitskreise etwas seltener genannt als stadtteilbezogene Arbeitskreise. Zu den benannten überregionalen Arbeitskreisen zählen der bundesweite Arbeitskreis „Kommunaler Qualitätszirkel zur Integrationspolitik“, der bundesweite Arbeitskreis „Migration und Gesundheit“ und der Arbeitskreis „Gemeindepsychiatrie“, die Kommission „Interkulturelle Bibliotheksarbeit“ des Deutschen Bibliotheksverbandes, der Arbeitskreis „Migration und Museum“ des Deutschen Museumsbundes, der Erfahrungsaustausch großer Ausländerbehörden im Rahmen des Deutschen Städtetags, das „Netzwerk gegen Gewalt“ der Polizei Hessen, das Städtenetzwerk „Kriminalprävention“. Es folgen der Arbeitskreis des Personal- und Organisationsamtes der Stadt Frankfurt am Main „Interkulturelle Kompetenz“ sowie Arbeitskreise, die – z.T. gemeinsam mit dem Frauenreferat – durch den Präventionsrat der Stadt Frankfurt am Main organisiert werden. Zu den letzteren zählen z.B. der Arbeitskreis „Frauen“, der Arbeitskreis „Schwule und Lesben“ sowie verschiedene Arbeitskreise bei Schulen (wie z.B. der Arbeitskreis „Graffiti“). Zu den weiteren stadtteilbezogenen Arbeitskreisen des Präventionsrates zählen die Arbeitskreise „Drogen“, „Sicherheit“, „Jugend und Prävention“ (vgl. hierzu auch: Kapitel 5.5.2). In der Kategorie „Sonstiger Arbeitskreis“ sind sehr heterogene Angaben zusammengefasst, wie z.B. der Arbeitskreis „Trialog der Religionen“ der Volkshochschule Frankfurt am Main, der bei der Polytechnischen Gesellschaft angesiedelte „Diesterweg-Kreis“, der runde Tisch „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ und der runde Tisch „Museumspädagogik“ des Frankfurter Kulturamtes sowie das Netzwerk „Frankfurt verbindet“. 17 Seit Anfang 2013 ist die INBAS GmbH die Koordinierungsstelle des „Netzwerk für Qualifizierung – IQ“ für Hessen. Das AmkA ist weiterhin für die fachliche Koordinierung des Handlungsfelds „Berufsbezogenes Deutsch / integrierte Deutschförderung“ zuständig.
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Die Stadt ist der unmittelbare, tägliche Bezugspunkt der Bevölkerung. Die allgemeine Situation – auch der Gesellschaft insgesamt – beurteilen viele Menschen danach, was sie selbst wahrnehmen oder erfahren. Es ist Ziel der Frankfurter Integrationspolitik, alle unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen anzusprechen und zu erreichen. Daher beschreibt dieser Bericht Entwicklungen in verschiedenen Handlungsfeldern kommunaler Integrationspolitik. Er folgt dabei dem Gesichtspunkt eines mittelfristigen, fortlaufenden Prozesses nach Verabschiedung des Integrations- und Diversitätskonzepts (2010).
„Ressortübergreifende Zusammenarbeit sowie eine gute Kooperation und Vernetzung sind wichtige Voraussetzungen für die erfolgreiche Arbeit aller, die sich um die stadtgesellschaftliche Integration bemühen. Die öffentliche Verwaltung ist nach Sachzuständigkeiten gegliedert. In den einzelnen Aufgabenbereichen ist jeweils eine Vielzahl von Interessen und Sachzwängen abwägend zu berücksichtigen. Integrationspolitische Zielsetzungen sind als Querschnittsaufgabe daher bereits organisatorisch eine besondere Herausforderung.“
(Integrations- und Diversitätskonzept: S. 46.)
5. Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit Die Frankfurter Stadtgesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten und Jahren stark verändert und ist von einer hohen Dynamik geprägt. Diese Situation, sozialer Wandel sowie Veränderungen in Sozialräumen haben in vielen städtischen Dienststellen Nachdenken und Veränderung ausgelöst. Entsprechend viele neue Vorhaben und Ansätze sind zu verzeichnen. Planung und Durchführung sind weitgehend geprägt von der jeweils eigenen Sachzuständigkeit. Dabei nehmen Kooperationen mit sowie die Beratung durch das Amt für multikulturelle Angelegenheiten zu. Ziel ist die Berücksichtigung und Umsetzung integrationspolitischer Aspekte in der jeweiligen Regeltätigkeit der zuständigen Dienststellen. Wichtige Aufgaben in diesem Prozess sind gemeinsame Situationsanalysen und Zielbeschreibungen sowie eine Verständigung über interkulturelle Standards und Verfahrensweisen sowie über Formen und Inhalte der Beratung und Schulung.
5.1 Rechtliche Situation und Antidiskriminierung Bei allen integrativen Maßnahmen und Förderprojekten bleibt festzustellen, dass wesentliche Teilhabechancen durch den rechtlichen Aufenthaltsstatus festgelegt sind. Die Stadt Frankfurt am Main engagiert sich daher für die Förderung der Motivation zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit und durch Beratungsleistungen während des Verfahrens. Eine institutionell verankerte Antidiskriminierungsarbeit sowie damit verbundene direkte interkulturelle Beratungsleistungen für die Bevölkerung und neu Hinzuziehende leisten Beiträge zu einer städtischen Willkommenskultur
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sowie zur weiteren Entwicklung einer interkulturell geöffneten, bürgernahen Stadtverwaltung. In Projekten und Arbeitsgruppen bietet die Stadt Frankfurt am Main Unterstützung für Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus. Die Stadtpolitik weiß sich hohen Standards für die angemessene Versorgung von Flüchtlingen und Asylsuchenden verpflichtet.
Integrationspolitische Bedeutung Ein Grundsatz des Integrations- und Diversitätskonzepts der Stadt Frankfurt am Main besteht darin, „sicherzustellen, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und Weltanschauung sowie unterschiedlicher Biographie und Lebenssituation gleichwertige Möglichkeiten zur Teilhabe am öffentlichen Leben haben“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 58). Die Stadt Frankfurt hat daher – noch vor Verabschiedung des bundesweit geltenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) – eine Antidiskriminierungsrichtlinie verabschiedet und eine Antidiskriminierungsstelle eingerichtet. Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Frankfurt am Main haben somit eine Anlaufstelle, bei der sie ihre Beschwerden vortragen können und die den Sachverhalt prüfen und ggf. klärend und vermittelnd tätig werden kann.
Kommunale Handlungsmöglichkeiten Rechtliche Situation. Die „rechtliche Situation“ der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist von Vorgaben des Bundes bestimmt – v.a. im Bereich des Zuwanderungs- und Staatsangehörigkeitsrechts. Insbesondere die kommunalen Ausländerbehörden und Standesämter erfüllen großenteils Aufgaben, die von der Bundes- oder Landesebene auf die kommunale Ebene übertragen wur-
den („übertragener Wirkungskreis“), und bei denen kaum Ermessensspielräume bestehen, wie diese Aufgaben auszuführen sind (vgl. SCHUPP 2010: S. 58). Antidiskriminierung. Mit Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und der Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) im Jahr 2006 wurden zentrale Institutionen zum Schutz vor Diskriminierung auf Bundesebene geschaffen. Die Aufgaben und Tätigkeit der bundesweiten Antidiskriminierungsstelle ergeben sich aus dem AGG. Sie hat in erster Linie den Auftrag, Menschen zu beraten, die sich aus rassistischen Gründen oder wegen der Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität diskriminiert fühlen. Darüber hinaus existieren jedoch zunehmend auch regionale Antidiskriminierungsstellen. Die Stadt Frankfurt am Main hat im Jahr 2003 eine eigene Antidiskriminierungsrichtlinie und Ausführungsbestimmungen verabschiedet, die es der städtischen Ombudsstelle-Antidiskriminierung ermöglichen, bei Beschwerden und Diskriminierungsmeldungen gegen städtische Behörden verwaltungsintern zu ermitteln. Bei Beschwerden gegen nicht-städtische Einrichtungen gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Hier kann die Ombudsstelle-Antidiskriminierung vermittelnd und beratend tätig werden.
Ziele aus dem Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept Das Integrations- und Diversitätskonzept hat unter Ziel 51 die Bedeutung einer Antidiskriminierungsstelle hervorgehoben (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 48f.). In dem Konzept sind außerdem die folgenden Punkte als Grundsätze für die Frankfurter Integrationspolitik benannt, die eine gleichberechtigte Teilhabe sicherstellen sollen: Ziel 18: • die verschiedenen Gruppen der Stadtgesellschaft anerkennen und gleich behandeln und einbeziehen. Ziel 31: • Rassismus, Antisemitismus und herabwürdigenden Äußerungen gezielt entgegentreten; • die städtischen Ämter und Betriebe sollen für unterschiedliche Formen der Diskriminierung sensibilisiert werden; • Diskriminierungen strukturell entgegenwirken – durch Einbezug aller Bevölkerungsgruppen, Herstellung von Begegnungsmöglichkeiten sowie Einführung gemischter Teams. Für viele zentrale Bereiche des öffentlichen Lebens sind
die Teilhabechancen der zugewanderten Bevölkerung und von Personen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit allerdings durch den Aufenthaltsstatus festgelegt. Die rechtliche Gleichstellung von Menschen mit deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit bildet daher eine wesentliche Voraussetzung für umfassende Teilhabe und Gleichberechtigung (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 58f.). Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit und der Erleichterung des Zugangs zur deutschen Staatsangehörigkeit zu. Die Übernahme der deutschen Staatsangehörigkeit bildet die Grundlage für die Partizipation an allen staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten und öffnet den Zugang zu allen politischen Partizipationsmöglichkeiten. Sie hat außerdem einen positiven Effekt auf die wirtschaftliche Platzierung von Migrantinnen und Migranten, was u.a. auch mit der dann einfacheren Möglichkeit zur Beschäftigung durch den Arbeitgeber zusammenhängt (vgl. DIEHL & BLOHM 2008: S. 443; KESCKES 2004: S. 222). Oftmals wird die Einbürgerung als Teil einer emotionalen oder identifikativen Integration gewertet. Die Stadt Frankfurt am Main hat im Rahmen des Integrations- und Diversitätskonzepts dabei die gesellschaftliche Pluralität, ihre weltanschauliche Neutralität und die Bedeutung der Anerkennung vielfacher Zugehörigkeiten betont (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 24f.). Die Entscheidung zur Einbürgerung ist insbesondere sehr stark davon abhängig, wie hoch die Hürden für eine Einbürgerung ausfallen und welche Anreize bzw. Chancen damit verbunden sind (vgl. DIEHL & BLOHM 2008: S. 442). Darüber hinaus muss die Bereitschaft vorhanden sein, sich an die bestehende Rechtsordnung Deutschlands zu halten. Die Erleichterung und Motivation zur Einbürgerung sind auf kommunaler und staatlicher Ebene auch Ausdruck einer Willkommenskultur, die das Zusammenleben in einer internationalen Stadtgesellschaft fördert. Als bedeutsame Elemente und Ziele dieser Willkommenskultur werden im Integrations- und Diversitätskonzept erwähnt: Ziel 16: • in der Kommunalverwaltung Offenheit, Transparenz, Informationsmöglichkeiten für alle Einwohnerinnen und Einwohner sicherstellen; • zur Einbürgerung ermuntern und Hilfestellung bieten. Als humanitäre und soziale Verpflichtung der Stadt Frankfurt am Main ist unter Ziel 13 sowie den Handlungslinien HL 3, 26, 51 und 52 des Integrations- und Diversitätskonzepts außerdem formuliert, dass auch Flüchtlingen und Menschen ohne Aufenthaltspapiere der Zugang zu städti-
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
schen Leistungen und ein Übergang in ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht und erleichtert werden soll.
5.1.1 Ausgangslage - Einbürgerung - Antidiskriminierung - Flüchtlinge und Menschen ohne Aufenthaltspapiere - Neue Zuwanderung
Einbürgerung Das Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring hat auf eine seit dem Jahre 2006 stagnierende Einbürgerungsquote von 1,7 bis 1,8% hingewiesen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 50). Die Frankfurter Einbürgerungsquote entsprach damit in den Jahren 2009 und 2010 in etwa dem hessenweiten Durchschnitt (1,8% und 1,9%) und lag oberhalb der Einbürgerungsquote Berlins (1,4% und 1,2%) sowie des bundesweiten Durchschnitts (1,4%) (vgl. THRÄNHARDT 2012: S. 6; ARBEITSGRUPPE INDIKATORENENTWICKLUNG 2011: S. 41f.). Stark gestiegen ist die Einbürgerungsquote unter den Personen mit EUStaatsbürgerschaft. Dies hängt damit zusammen, dass mit dem am 28. August 2007 in Kraft getretenen „Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union“ die Mehrstaatigkeit bei EU-Bürgern und Schweizern akzeptiert wurde. Das Fehlen einer deutschen oder EU-Staatsangehörigkeit führt zu fehlenden politischen Mitwirkungsrechten bei Wahlen. Wie das Integrations- und Diversitätsmonitoring gezeigt hat, verfügen ca. 55% der Bevölkerung mit Migrationshintergrund über kein Wahlrecht bei EU- und Kommunalwahlen und ca. 70% der Bevölkerung mit Migrationshintergrund kann – aufgrund der fehlenden deutschen Staatsangehörigkeit – nicht an den Bundestagswahlen teilnehmen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 57 – 60).
Ausbildungsplatz“ (24%). Mit Abstand folgten die Bereiche „auf der Suche nach einer Wohnung“ (17%), „bei der Polizei“ (18%) und „in kommunalen Ämtern“ (16%) (vgl. HALISCH 2008: S. 208). In der internationalen Städtevergleichsstudie TIES, die sich mit der Situation der zweiten Generation auseinandersetzte, gaben lediglich 32% der Befragten mit türkischer Herkunft an, bei der Arbeitssuche nicht diskriminiert worden zu sein (vgl. LESSARD-PHILLIPS ET. AL. 2012: S. 189).18 Im Städtevergleich belegte Frankfurt am Main damit in Hinblick auf die wahrgenommene berufliche Nicht-Diskriminierung den zweitschlechtesten Platz. Zudem lag der Anteil derjenigen, die angaben, systematisch Diskriminierungserfahrungen gemacht zu haben, über dem Durchschnitt. Gemäß den Ergebnissen der Bürgerbefragung 2011 und 2012 steht der Aspekt „Diskriminierung bekämpfen“ sowohl für die Frankfurter Bevölkerung mit deutscher wie auch mit ausländischer Staatsangehörigkeit an vierter Stelle in Hinblick auf die Wichtigkeit für das Zusammenleben in der Stadt Frankfurt am Main (siehe hierzu: Abschnitt 2.1).
Flüchtlinge und Menschen ohne Aufenthaltspapiere Flüchtlinge. Flüchtlinge werden nach dem sogenannten „Königsteiner Schlüssel“ unter Berücksichtigung des Steueraufkommens und der Bevölkerungszahl auf die Bundesländer verteilt. Im Jahr 2014 entfielen auf Hessen 7,3%. Die von Hessen zu übernehmenden Flüchtlinge werden nach einem hesseninternen Schlüssel, der die Einwohnerzahl und den Ausländeranteil berücksichtigt, auf die Gebietskörperschaften verteilt. Aktuell hat Frankfurt am Main 6,76% der für Hessen zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen. Für Flüchtlinge besteht die sogenannte Residenzpflicht, die je nach Bundesland unterschiedlich praktiziert wird. In Hessen ist es Flüchtlingen seit dem 18.12.2012 gestattet, sich im gesamten Bundesland aufzuhalten. Bis dahin war es Flüchtlingen untersagt, den jeweiligen Regierungsbezirk, dem sie zugewiesen waren, zu verlassen. Gleichwohl
Antidiskriminierung Auch zu den Handlungsfeldern „Antidiskriminierung“ und „Gleichstellung“ liegen Erfahrungswerte zur Ausgangslage vor. Gemäß den Ergebnissen der Frankfurter Integrationsstudie aus dem Jahr 2008 fühlten sich 17,2% der befragten Personen mit Migrationshintergrund manchmal oder häufig Benachteiligungen ausgesetzt (vgl. HALISCH 2008: S. 207). Zu den hauptsächlichen Situationen und Institutionen, in denen Menschen mit Migrationshintergrund Benachteiligungen erfahren, zählten „Schule/Ausbildung“ (31%) sowie die „Suche nach einer Arbeitsstelle/
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18 Die Studie „The Integration of the European Second Generation (TIES)“ richtete ihren Blick „auf die Nachkommen von Einwanderern aus der Türkei, Jugoslawien und Marokko, wobei die »zweite Generation« gefasst wird als die Kinder von Einwanderern, die im Einwanderungsland geboren wurden und lebten.“ (SÜRIG & WILMES 2011: S. 7). Es handelte sich um eine städtevergleichende Studie, an der sich neben Frankfurt am Main auch Berlin sowie 14 weitere Städte aus 7 EU-Ländern beteiligten (vgl. hierzu genauer: SÜRIG & WILMES 2011: S. 7). Insgesamt waren die 704 in Frankfurt am Main befragten Personen zum Zeitpunkt der Erhebung zwischen 18 und 35 Jahre alt. Da die meisten Ergebnisse nur signifikant für Befragte mit türkischen Eltern sind, beziehen sich die Ergebnisse daher speziell auf diese Befragtengruppe.
3500 MÄNNLICH 3000
2500
2000
1500
1000
WEIBLICH
500
0 1994 1995
1996 1997
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
2012 2013
Abbildung 5.1: Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Datenquelle: Hessisches Statistisches Landesamt (Asylbewerberleistungsstatistik)
sind sie verpflichtet, in der vorgegebenen Gebietskörperschaft ihren Wohnsitz aufzunehmen. Das Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring hat gezeigt, dass die Zahl der Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, seit dem Jahr 1999 rückläufig ist. Wie die beigefügte Aktualisierung der zugrundeliegenden Asylbewerberleistungsstatistik zeigt, war auch in den Jahren 2012 und 2013 lediglich ein geringfügiger Anstieg der Zahlen erkennbar. Insgesamt war im Vergleich zu 2012 ein Zuwachs um 74 Personen zu verzeichnen, was einem Anstieg um 7% entspricht.19 Der geringe Anstieg ist vermutlich auf den Umstand zurückzuführen, dass die Stadt Frankfurt am Main ihre Aufnahmequote in den Vorjahren übererfüllt hat. Die Zahl der Aufzunehmenden hat sich durch die insgesamt gestiegenen Flüchtlingszahlen jedoch erhöht. Eine weitere Steigerung ist aufgrund des (dritten) Syrien-Aufnahmeprogramms zu erwarten, in dessen Rahmen eine Aufnahme von weiteren 10.000 schutzbedürftigen syrischen Flüchtlingen in den Jahren 2014 und 2015 in Deutschland für die Dauer des Konfliktes beschlossen wurde.
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten auch geduldete Flüchtlinge. Eine Duldung erhält, wer Deutschland verlassen muss, aber (noch) nicht abgeschoben werden kann – z.B. weil kein Pass vorliegt, wegen einer schwerwiegenden Erkrankung oder weil es keinen Weg gibt, eine Kriegsregion anzufliegen. Im Jahr 2013 lebten zum Stichtag 31.12. in Frankfurt am Main 872 geduldete Menschen. Insgesamt spiegeln sich in den Herkunftsländern von Flüchtlingen ebenso wie in der Anzahl der Menschen ohne Aufenthaltsstatus die Krisen und Unsicherheiten dieser Welt wider. Neben Syrien zählten zu den Hauptherkunftsländern in den letzten Jahren Afghanistan sowie die afrikanischen Staaten Eritrea und Somalia. Eine aktuell zunehmend in den Blickpunkt rückende Gruppe bilden au-
19 Gemäß Auswertungen des Ausländerzentralregisters (AZR) lag der Anteil der Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen an allen, nach dem neuen Aufenthaltsrecht im AZR erfassten, Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in den vergangenen Jahren bei etwa 3 bis 4%.
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
ßerdem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Ihre Zahl ist in der letzten Zeit stark gestiegen (vgl. B133/2012). Menschen ohne Aufenthaltspapiere. Als „Menschen ohne Aufenthaltspapiere“ (oder alternativ auch: „Illegalisierte“, „Statuslose“ bzw. „Menschen ohne Aufenthaltsstatus“) werden im Folgenden Personen bezeichnet, die in Deutschland weder einen Aufenthaltstitel noch eine Duldung besitzen (vgl. KRIEGER ET. AL. 2006: S. 17). Über die genaue Zahl der Menschen ohne Aufenthaltspapiere sind keine methodisch zuverlässigen Aussagen möglich (vgl. KIREGER ET. AL. 2006: S. 21ff.). Zahlen zu Abschiebungen und Ausweisungen enthalten keine Angaben auf den vorangehenden Rechtsstatus. Die Polizeistatistik zum „illegalen Aufenthalt“ weist für die letzten Jahre wechselnde Herkunftsländer aus. Wie jede polizeiliche Aufgriffs- und Deliktstatistik ist sie wesentlich von Personaleinsatz und Kontrolldichte im Inland und an den Grenzen beeinflusst. Detaillierter führen die Autoren Alscher, Münz und Özcan in der Berliner Illegalitätsstudie hierzu aus: „Unklar ist […] welcher Teil der illegal und irregulär anwesenden Bevölkerung bzw. der irregulär Einreisenden aufgegriffen wird, auffällt oder aus einem anderen Grund behördlich dokumentiert wird. Deshalb ist es kaum möglich, vom »sichtbaren« Teil auf die Größe des »nicht sichtbaren« zu schließen […] Da sich zudem der politische und gesellschaftliche Kontext und damit auch die Behördentätigkeit ändern – z.B. die gesetzlichen Bestimmungen sowie die Intensität, mit der in bestimmten Bereichen kontrolliert und ermittelt wird –, kann nicht einmal von einer konstanten Relation zwischen »sichtbarem« und »nicht sichtbarem« Teil ausgegangen werden.“ (ALSCHER ET AL. 2001: S.8) Die umfangreichsten Informationen über die Lebenslage von Menschen ohne Aufenthaltspapiere in Frankfurt am Main bietet weiterhin die in den Jahren 2003 bis 2006 im Auftrag des Evangelischen Regionalverbands und des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau e.V. durchgeführte Studie „Lebenslage Illegal“ (KRIEGER ET. AL. 2006). In dieser Studie wird auf Basis und Plausibilisierung von Schätzungen aus anderen Städtestudien für Frankfurt am Main eine Zahl von 25.000 bis 40.000 Menschen ohne Papiere für möglich gehalten. Angaben zu möglichen Zahlen berücksichtigen nicht, dass ein Aufenthalt ohne Aufenthaltsstatus z.T. unfreiwillig und nicht immer von Anfang an bewusst erfolgt, sodass die Wege in die „Illegalität“ sehr unterschiedlich ausfallen:
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„Der Anteil derer, die illegal eine Grenze überschritten haben, wird insgesamt auf 15 - 30 Prozent geschätzt. Die meisten Statuslosen sind zuvor mit einem Touristenvisum eingereist und haben ihr Visum »überzogen« (»Overstayers«) und sich der Ausreisepflicht oder der drohenden Abschiebung durch »Untertauchen« entzogen. Auch für diejenigen, deren Asylanträge nicht positiv entschieden oder nicht verlängert wurden, ist der Verlust ihres Aufenthaltsstatus erst während ihres Aufenthaltes eingetreten. Das gilt auch für Duldungsinhaber, die nach einer längeren »Duldungskarriere« aus Angst vor Abschiebung im Untergrund verschwinden.“ (KRIEGER 2011: S. 149) Aufgrund des Risikos, entdeckt zu werden, befinden sich viele Menschen ohne Aufenthaltsstatus oft in sozialen Notlagen und ausweglosen Situationen, wobei sie der erpresserischen Ausbeutung und Täuschung durch Dritte unterliegen. Diese Situation tritt i.d.R. bereits vor der Einreise ein, denn oftmals erliegen die Betroffenen den falschen Versprechungen von Schleusern, Vermittlern oder zukünftigen Arbeitgebern. Besonders gilt dies im Fall des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Wie Norbert Cyrus in einer Studie zeigen konnte, wird ein Großteil der Opfer mit Gewalt rekrutiert oder über die tatsächlichen Inhalte der Beschäftigung zunächst getäuscht (vgl. CYRUS 2005: S. 59). Vertrauen kann dagegen innerhalb sozialer Netzwerke und Kontakte entstehen, welche z.T. ebenfalls bereits im Vorfeld bestehen und auch ein Migrationsmotiv darstellen können (vgl. KRIEGER ET. AL. 2006: S. 42ff.). Zu den „Überlebensstrategien“ können außerdem auch Eheschließungen zählen, mit dem oft riskanten Ziel, dauerhaft oder vorübergehend eine Legalisierung zu erreichen. Schwierig gestaltet sich die Situation für Jugendliche und Kinder, die oftmals die Ängste und Probleme der Eltern ohne Aufenthaltsstatus „übernehmen“ und dann ohne Schul- oder Kindergartenbesuch verbleiben.
Neue Zuwanderung Statistiken zum Ausmaß der „Neuen Zuwanderung“ sind im Kapitel 2.1 aufgeführt. Als Herkunftsländer der „Neuen Zuwanderung“ gelten neben Griechenland, Italien, Portugal und Spanien – in denen (bedingt durch die Finanzkrise) ein wirtschaftlicher Abschwung stattgefunden hat – insbesondere die Mitgliedstaaten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakische Republik, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn („EU-8-Zuwanderer“) sowie Bulgarien und Rumänien („EU-2-Zuwanderer“). Vor allem bei den Herkunftsländern Bulgarien und Rumänien wird – vor dem Hintergrund der Annahme, dass diese Bevölkerungsgruppen eher gering qualifiziert sind, eher geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und daher stärker Sozialleistungen in Anspruch nehmen wird – z.T. auch
von „Armutszuwanderung“ gesprochen (vgl. B180/2014: S. 3). Erste Studien haben in diesem Zusammenhang eine Ungleichverteilung der „Neuen Zuwanderung“ auf Kommunen innerhalb Deutschlands gezeigt; im Schwerpunkt handelt es sich dabei aber um Zuwanderung in Beschäftigungsverhältnisse (vgl. BRÜCKER ET. AL. 2013: S. 6, S. 10 sowie Kapitel 5.4). Auch der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) kommt zu dem Schluss, dass die These, dass EU-Mitgliedsländer mit vergleichsweise gut ausgebauten Sozialsystemen Unionsbürger aus den weniger wohlhabenden neuen EU-Mitgliedstaaten anziehen, derzeit empirisch kaum belegt ist (SVR 2013: S. 124ff.). Im interkommunalen Vergleich hatte Frankfurt am Main im Jahr 2013 neben Duisburg, Hamburg und München den stärksten Zuzug und höchsten positiven Wanderungssaldo bei den EU-2 und EU-10 zu verzeichnen (vgl. BMI 2014: S. 24). Bezogen auf die Bevölkerung mit bulgarischer und die Bevölkerung mit rumänischer Staatsangehörigkeit kommt eine erste Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zu dem Fazit, dass: „die Arbeitslosenquoten und die Anteile der Bezieher von Transferleistungen […] unter den […] Bulgaren und Rumänen deutlich geringer sind als bei anderen Migrantengruppen – und insgesamt profitiert Deutschland von dieser Zuwanderung.“ (BRÜCKER ET. AL. 2013: S. 2) In Frankfurt am Main bewegte sich die durchschnittliche Arbeitslosenquote (10,9%) wie auch der Anteil der SGB IIBezieherinnen und -Bezieher (13,2%) von Personen mit bulgarischer oder rumänischer Staatsangehörigkeit zum Jahresende 2012 im Vergleich mit ausgewählten anderen Städten auf einem mittleren Niveau (vgl. hierzu auch: BRENKE & NEUBECKER 2013: S. 9). In den ersten vier Monaten des Jahres 2014 ist die Zahl der SGB-II-Leistungsbezieher mit bulgarischer oder rumänischer Staatsangehörigkeit in Frankfurt am Main um 16,8% gestiegen. Die Steigerung und die Bezugsquote liegen allerdings deutlich unter den Werten anderer Städte wie Dortmund (+54,8%), Duisburg (+47,5%), Hamburg (+42,6%), Mannheim (+34,7%) oder Stuttgart (+31,6%) (vgl. BRÜCKER ET. AL. 2014: S. 3f.).20 Die Arbeitslosenquote ist weitergehend gleich geblieben (12,3%) (vgl. BRÜCKER ET. AL. 2014: S. 6). Aufgrund des kurzen Zeitraums seit der Erlangung der vollen Freizügigkeit auf Seiten der Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. Letztlich steht die Zuwanderung in Verbindung mit der gesamteuropäischen wirtschaftlichen Entwicklung. Auch in vergangenen Erweiterungsrunden der EU kam es zu kurzfristigen Zuzugsprozessen nach Deutschland, die dann
aber innerhalb weniger Jahre stark zurückgingen. Bei Personen aus den neuen Mitgliedstaaten konnte außerdem eine hohe Fluktuation und relativ kurze Aufenthaltsdauer in Deutschland festgestellt werden (vgl. BRENKE & NEUBECKER 2013: S. 6f.).
5.1.2 Entwicklungen im Handlungsfeld - Einbürgerung - Antidiskriminierungsarbeit - Aufenthalt und ausländerrechliche Fragen - Flüchtlinge und Menschen ohne Aufenthaltspapiere - Neue Zuwanderung
Einbürgerung Einbürgerungsberatung und -feier. Das Standesamt bearbeitet jährlich rund 3.000 Einbürgerungsanträge und führt Beratungsgespräche mit Einbürgerungsinteressierten durch (siehe Abbildung 5.2). In den vergangenen fünf Jahren lag der Durchschnitt der Beratung bei etwa 6.000 Gesprächen pro Jahr, was in etwa 25 Beratungen pro (Arbeits-)Tag entspricht. Ziel der Beratungen ist es, die Voraussetzungen, Modalitäten sowie Vor- und Nachteile der Einbürgerung zu erläutern und dadurch das Einbürgerungsverfahren transparent darzustellen und wahrgenommene Hürden – wo möglich – auszuräumen. Neben der Klärung des formellen Verfahrens kommt es darauf an, zu motivieren, Unsicherheiten abzubauen und stattdessen den Nutzen der politischen und gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten aufzuzeigen. Als Zeichen für die Bedeutung der Einbürgerung für die gesellschaftliche Partizipation führt das Standesamt einmal im Jahr in der Paulskirche Einbürgerungsfeiern durch, in deren Rahmen der Oberbürgermeister die Personen, die sich im vergangenen Jahr für eine Einbürgerung entschieden haben, als neue Staatsbürger willkommen heißt. Die Einbürgerungsfeiern sind ein Teil der Willkommenskultur Frankfurts und werden in Frankfurt am Main bereits seit dem Jahr 1989 durchgeführt. Damit war Frankfurt bundesweit ein Vorreiter. Einbürgerungskampagne. Seit dem 19.04.2012 wird durch die Stadt Frankfurt am Main die Einbürgerungskampagne
20 Dabei ist zu erwähnen, dass (trotz abhängiger Beschäftigung) die vergleichsweise niedrigen Löhne und Gehälter oftmals dazu führen, dass Personen mit bulgarischer oder rumänischer Staatsangehörigkeit ergänzende Leistungen aus dem SGB-II (als sogenannte „Aufstocker“) erhalten, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können (vgl. BRÜCKER ET. AL. 2014: S. 3).
79
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Einbürgerungsanträge
2.584
2.618
2.541
2.935
3.307
3.122
2.850
Beratungen
7.639
8.509
6.599
5.729
6.064
6.803
6.363
Einbürgerungen
2.970
2.754
2.926
2.953
2.518
3.166
2.838
Abbildung 5.2: Zahl der durch das Frankfurter Standesamt bearbeiteten Einbürgerungsanträge sowie durchgeführte Beratungen und Einbürgerungen Datenquelle: Standesamt
3500
300 total durchschnittlich pro Tag
3000
250
2500 200
2000 150 1500
100 1000
50
500
2012
2013
2014 0
ni Ju A li Se ugu pt s em t b er O k N tob ov e e r D mb ez er em be Ja r nu Fe ar br ua r M är z Ap ril M ai Ju ni Ju A li Se ugu pt s em t O ber k N tob ov e e r D mb ez er em be Ja r nu Fe ar br ua r M är z Ap ril M ai Ju ni Ju li
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0
Abbildung 5.3: Besuchszahlen der Internetseite „www.frankfurt-bürgert-ein.de“ Datenquelle: Nutzerstatistik www.frankfurt-bürgert-ein.de
„Frankfurt bürgert ein“ unter der Federführung des AmkA in Kooperation mit dem Standesamt umgesetzt. Kern der Kampagne bildet der Slogan „Warum soll ich Deutsch werden?“, der die Beweggründe, die für eine Einbürgerung sprechen, thematisiert und zum Nachdenken anregen soll. Ziel ist es, alle Einwohnerinnen und Einwohner Frankfurts mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit aufmerksam zu machen, zu informieren und zu motivieren – eine besondere Zielgruppe bilden dabei Jugendliche und Heranwachsende.
Der Slogan wurde über Plakate und Flyer in die Öffentlichkeit transportiert. Zudem wurde ein eigener Internet- und Facebook-Auftritt erstellt, auf den auch die Plakate und Flyer hinweisen. Über einen Zeitraum von knapp einem Monat wurden 23 Ganzsäulen innerhalb des Stadtgebietes plakatiert. Insgesamt wurden etwa 1.000 Plakate und 100.000 Infoflyer gedruckt und bei Veranstaltungen sowie öffentlichen Einrichtungen zum Aushang/zur Auslage gebracht. Auf den Flyern wurden die wichtigsten Argumente aufgeführt, die für einen Antrag auf die deutsche Staatsbür-
80
gerschaft sprechen. Um die Wege zur Einbürgerung zu verdeutlichen, sind auf der Webseite lebensnahe Beispiele von Personen und der unterschiedlichen Gründe aufgeführt, die zu einer Einbürgerungsentscheidung führen können. In einer zweiten Phase wurde die Kampagne ab dem 14.02.2013 um Maßnahmen der Verkehrsmittelwerbung ergänzt. Hierzu wurde von der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF) eine Stadtbahn zur Verfügung gestellt, die mit dem Slogan und Kontaktinformationen beklebt wurde. Die Stadtbahn ist so etwas wie ein „mobiler Botschafter“ und soll für zwei Jahre in Frankfurt am Main die Aufmerksamkeit der Bewohnerinnen und Bewohner auf das wichtige Thema lenken. Die Kampagne besteht auch aus einem Internetauftritt (www.frankfurt-bürgert-ein.de). Von September 2012 bis September 2013 wurde die entsprechende Webseite pro Monat durchschnittlich etwa 2.400 Mal aufgerufen. Wie die beigefügte Abbildung zeigt, ist die Zahl der Personen, welche die Webseite besuchen, bis Ende 2013 beinahe konstant gestiegen. Im Jahr 2014 lag die Besucherzahl bei durchschnittlich etwa 2.200 Besuchen pro Monat, bei zuletzt wiederum steigenden Zahlen. Dies entspricht einer Zahl von etwa 75 Besuchen pro Tag. Es ist darauf hinzuweisen, dass der unmittelbare Nutzen und der möglichst einfache Zugang zur Einbürgerung bei der Entscheidung für die Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit mehr bewirken als jeder öffentliche Aufruf bzw. öffentliche Kampagnen. Die vorhandenen Vorteile der Einbürgerung wurden in der Frankfurter Einbürgerungskampagne hervorgehoben. Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht, welche (darüber hinaus) motivierende Wirkung entwickeln könnten, müssen auf Bundesebene vorgenommen werden. Zu den wichtigsten Faktoren in der Entscheidung für die Einbürgerung zählt die Gewährung der doppelten Staatsangehörigkeit (vgl. WEINMANN ET. AL. 2012: S. 194, S. 360; FILSINGER 2008: S. 12). Das Frankfurter Integrationsdezernat hat sich mehrfach und mit Nachdruck für die Gewährung der doppelten Staatsangehörigkeit und Abschaffung der Optionspflicht eingesetzt. Mit dem am 3. Juli 2014 vom Bundestag beschlossenen Gesetzesentwurf zur Abschaffung der Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht wurde ein wichtiger Schritt in diese Richtung getan.
Antidiskriminierungsarbeit Als Schutz vor Diskriminierung wurde im Jahr 1990 die Frankfurter Erklärung zu Rassismus und Antisemitismus verabschiedet und im Jahr 2000 erneuert. Bereits in den
90er-Jahren sprach sich die Stadt Frankfurt am Main damit frühzeitig gegen „jede Form der Diskriminierung aufgrund von Rasse, Geschlecht, Religionszugehörigkeit und Nationalität“ aus. Gleichzeitig wurden 1993 die Tätigkeitsinhalte des AmkA durch Magistratsbeschluss explizit auf vermittelnde Antidiskriminierungsarbeit ausgedehnt. Mit Verabschiedung der städtischen Antidiskriminierungsrichtlinie (ADR) wurden im Jahr 2003 die Befugnisse des AmkA um Ermittlungsbefugnisse bei Diskriminierungsmeldungen gegen städtische Behörden und Betriebe erweitert (vgl. §6020/2003). Mit dem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2006 wurde im AmkA eine neue eigenständige Einheit als „OmbudsstelleAntidiskriminierung“ eingerichtet. Diese leistet seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) im Jahr 2006 auch beratende Arbeit zu den im AGG gesetzlich definierten, umfassenden Diskriminierungstatbeständen. Bei den durch die Ombudsstelle-Antidiskriminierung im AmkA bearbeiteten Fällen handelt es sich um Einzelfälle, die die biographische Situation des/der Ratsuchenden berücksichtigen müssen. Die eingehenden Diskriminierungsmeldungen sind oft auch von einer emotionalen Wahrnehmung geleitet und reichen von langen Wartezeiten bei Behörden und Ablehnung eines Antrags (z.B. bei fehlenden Unterlagen), über Diskriminierungswahrnehmungen bei Verständigungsproblemen oder verletzenden Äußerungen bis zur Meldung über ungleiche Behandlung durch die Polizei, in der Schule oder bei Bewerbungen. Manche Ratsuchende möchten auch anonym bleiben und suchen nach einem Ansprechpartner, der ihnen zuhört, ohne dass weitere Schritte veranlasst werden. Neben verschiedenen Formen und Graden der Diskriminierung ist in diesem Zusammenhang insbesondere zwischen gefühltem und objektiv vorliegendem diskriminierendem Handeln zu unterscheiden (vgl. B125/2013). Eine große Zahl an Beschwerden fällt in den Bereich der „gefühlten Diskriminierung“. Eine „gefühlte Diskriminierung“ bedeutet, dass auch nach der Erklärung der rechtlichen Situation bei den Beschwerdeführern noch ein Gefühl der Diskriminierung fortbesteht. So kommt es z.B. vor, dass die Gründe der Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung – trotz Erklärung der rechtlichen Grundlage – nicht verstanden werden, da das Zusammenleben in der Familie ein fundamentales Recht darstellt, von dem Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit aber ausgeschlossen sind, wenn sie die notwendigen Voraussetzungen des §29 AufenthG nicht erfüllen. Die Arbeit der Ombudsstelle-Antidiskriminierung umfasst daher nicht
81
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Was kann die Ombudsstelle-Antidiskriminierung tun? Die Antidiskriminierungsrichtlinie (ADR) gilt als Tätigkeitsgrundlage nur bei Beschwerden, die sich auf die Stadtverwaltung richten. Trotzdem kann die Ombudsstelle-Antidiskriminierung auch bei anderen Fällen durch Vermittlung und Beratung versuchen zu helfen. Rechtsgrundlage bildet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Wie geht die Ombudsstelle-Antidiskriminierung vor? Die Ombudsstelle-Antidiskriminierung ist eine Behörde, die an die Gesetzgebung gebunden ist. Ihre Aufgabe ist es, eine Diskriminierungsmeldung zu prüfen und ggf. zu bearbeiten. Folgende Leistungen sind möglich: • Kontaktaufnahme mit der beschuldigten Behörde • Klärung der Beschwerde, ggf. Durchführung eigener Ermittlungen • Durchführung von gemeinsamen Gesprächen zur Klärung von Missverständnissen • Durchführung von Maßnahmen zur Behebung einer Diskriminierung auf Ämter- und Dezernatsebene Was wird benötigt? Um eine sinnvolle und positive Ermittlung und Vermittlung herbeiführen zu können, müssen die Beschwerdeführer glaubwürdige Anhaltspunkte liefern: • Wann und wo fand die Diskriminierung statt? • Name der Behörde • Name der Person, der diskriminierendes Handeln vorgeworfen wird • möglichst Name von Zeugen
nur Beratungs- und Vermittlungstätigkeit, sondern auch Maßnahmen der interkulturellen Verständigung und Vertrauensbildung und steht damit in engem Zusammenhang mit der Arbeit des AmkA insgesamt. In Abbildung 5.4 sind die Vermittlungs- und Diskriminierungsfälle der Ombudsstelle-Antidiskriminierung in den Jahren 2006 bis 2013 dargestellt.21 Unter der Rubrik „Beratungsfälle“ sind in der Abbildung überwiegend rechtliche Beratungsfälle, z.B. zum Aufenthalts- oder Staatsbürgerschaftsrecht, aber auch zum Sorgerecht oder zur Sozialgesetzgebung zusammengefasst. Hier besteht kein Handlungsbedarf auf der Grundlage vermuteter Diskriminierung. Unter „Diskriminierungsmeldungen ohne erhärteten Diskriminierungsbezug“ sind Fälle zusammengefasst, die bei der Ombudsstelle-Antidiskriminierung gemeldet wurden, auch wenn sich im Fortgang der Fallbearbeitung und Beratung der Vorwurf der Diskriminierung im juristischen Sinne nicht erhärten lässt. Wie erkennbar ist, machen die Diskriminierungsmeldungen allgemein ca. 70% der Fallbearbeitungen aus – bei ca. 20% ist von erhärteten Diskriminierungsfällen zu sprechen. Die „Sonstigen Beratungen/Vermittlungsfälle“ nehmen entsprechend ca. 30% der Arbeit ein. Hierbei handelt es sich um sehr unterschiedliche und z.T. komplexe Fälle, die von Personensuche, Hinweisen von Gewalterfahrung bis hin zur allgemeinen Orientierung in Krisensituationen, z.B. von psychisch erkrankten Migranten und traumatisierten Flüchtlingen, reichen.
82
Abbildung 5.4: Leistungen der Ombudsstelle-Antidiskriminierung
Die Zahl der Beratungen und Beschwerden hängt auch mit dem Ausmaß an Präventionsarbeit zusammen. So führt die Ombudsstelle-Antidiskriminierung beispielsweise öffentliche Veranstaltungen und Kampagnen zur Information von Bürgerinnen und Bürgern sowie Vereinen zur ADR und zum AGG durch und veröffentlicht Infobroschüren. Als Beispiel ist die Informationsbroschüre „Hilfe bei Diskriminierung und Gewalt“ zu nennen.
Aufenthalt und ausländerrechtliche Fragen Aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen gehören zu den Auftragsangelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises, für die die Ausländerbehörden zuständig sind. Die Entscheidungsmöglichkeiten der Ausländerbehörden sind durch die detaillierten Vorgaben des Aufenthaltsgesetzes stark reglementiert. Deshalb steht den Ausländerbehörden nur in sehr geringem Umfang ein Ermessensspielraum zur Verfügung, um Vorgaben lokaler Entscheidungsträger Rechnung tragen zu können. Durch die Umsetzung von EU-Richtlinien in das deutsche Aufenthaltsrecht und einer sich stark wandelnden Rechtsprechung kommt es zu permanenten Änderungen des anzuwendenden Rechts. Hiermit werden Migrantinnen und Migranten, aber auch die Auslän-
21 Nicht berücksichtigt sind Fälle von Fachberatung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen städtischen Ämtern und Betrieben sowie anderen Institutionen zu Fragen von Antidiskriminierung, interkultureller Kommunikation oder zu rechtlichen Einzelfragen sowie schnell erledigbare Fälle und telefonische Anfragen, die unmittelbar geklärt werden können.
900
800
sonstige Beratungen / Vermittlungsfälle Beratungsfälle ohne erhärteten Diskriminierungsbezug
774 31
700
650
600 494
500
638
181
147
207
28%
23%
31% 466
90 400
508
695
18%
124 121
24%
20%
90% 300
397
200
355
326
72%
64%
357
322
56%
48%
61%
48
49 10%
58 11%
72 11%
2003
2004
2005
2006
456
437
434 390
122 27%
141 32%
157 36%
135 35%
253 54%
100
0
Diskriminierungsmeldungen mit erhärtetem Diskriminierungsbezug
670
257 56%
208 48%
200 46%
180 46%
134
141
21%
21%
92 26%
77 17%
88 20%
77 18%
75 19%
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Abbildung 5.5: Diskriminierungsfälle bei der Ombudsstelle-Antidiskriminierung 2003 bis 2013 Datenquelle: Fallstatistik Ombudsstelle-Antidiskriminierung
derbehörden, konfrontiert. Die Diskussion über Veränderungen des Aufenthaltsrechts ist von den Eckpunkten „Maßnahmen zur Eindämmung terroristischer Gefahren“ und „Umwandlung der Ausländerbehörden in Willkommensbehörden“ gekennzeichnet. Für die Migrantinnen und Migranten hatte dies einerseits zusätzliche bürokratische Maßnahmen (z.B. die Einführung der elektronischen Aufenthaltstitel), andererseits Verfahrensvereinfachungen bei der Zuwanderung (z.B. direkte Beteiligung der Arbeitsagenturen durch die deutschen Auslandsvertretungen) zur Folge. In Zusammenhang mit dem Ausbau der Ausländer- in Willkommensbehörden wird aktuell bundesweit darüber diskutiert, wie die Serviceorientierung und mehrsprachige Beratung verstärkt und wie die Transparenz und Spielräume bzw. Verfahrensschnelle bei der Entscheidung über Arbeits- bzw. Aufenthaltsgenehmigungen verbessert werden können (vgl. BMAS 2014: S. 8). Ausländerbehörden sollen zudem zunehmend Lotsenfunktion für Neuzuwanderer übernehmen, indem sie über weitere Schritte und Anlaufstellen informieren.
Flüchtlinge und Menschen ohne Aufenthaltspapiere Flüchtlinge. Eine regelhafte Integration in zentrale gesellschaftliche Bereiche ist nur sehr eingeschränkt möglich, solange Flüchtlinge einen ungeklärten Aufenthaltsstatus haben. Wird ein Asylantrag gestellt, besteht während des gesamten Asylverfahrens ein Anspruch auf laufende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, wie Gesundheitsleistungen und Unterbringung in Wohnheimen, Pensionen oder Hotels durch die Stadt Frankfurt am Main (vgl. B486/2012: S. 4). Dies gilt i.d.R. auch für geduldete Flüchtlinge. Asylantragsteller können in Frankfurt am Main im Rahmen der wirtschaftlichen Hilfen des Asylbewerberleistungsgesetzes zudem zwei Sprachkurse „Deutsch für Ausländer“ über die Volkshochschule wahrnehmen (vgl. B486/2012: S. 4). Bis zur Entscheidung über einen Asylantrag vergehen mehrere Monate: Ein behördliches Asylverfahren in Deutschland dauerte im Jahr 2012 im Durchschnitt ein knappes halbes Jahr. In den ersten beiden Quartalen des Jahres 2013 ist die Verfahrensdauer infolge größerer Asylbewerberzahlen auf neun Monate gestiegen; im dritten Quartal 2013 lag sie im Durchschnitt
83
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
jedoch wieder bei sieben Monaten (vgl. DEUTSCHER BUNDESTAG 2014: S. 2).22 Für die Unterbringung und die Auszahlung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist in Frankfurt am Main das Jugend- und Sozialamt zuständig. Nach Durchlaufen des Asylverfahrens und der Anerkennung als Asylberechtigte können die Betroffenen auf die regelmäßigen Integrationsangebote der Stadt Frankfurt am Main und der freien Träger zurückgreifen. Die Migrationsberatungsstellen, aber auch religiöse und humanitäre Organisationen, das Frankfurter Rechtshilfekomitee und Mentorenprogramme (wie z.B. „Socius“) engagieren sich vermittelnd, beratend und unterstützend in diesem Bereich. Ehrenamtliche Mentorinnen und Mentoren begleiten Flüchtlinge bei Behördengängen und im Alltag. Auch das AmkA leistet individuelle Beratung und Hilfe für Asylsuchende und vermittelt z.B. bei begründeten Anträgen der Ratsuchenden auf Umverteilung nach Frankfurt am Main. Thema der Beratung ist außerdem auch die Klärung der rechtlichen Situationen von Asylbewerberinnen und -bewerbern wie Anträge bei der Ausländerbehörde auf Korrekturen der Identitätsunterlagen, die von Asylsuchenden bei Anträgen auf Asyl situationsbedingt verfälscht wurden. Eine aktuell zunehmend in den Blickpunkt rückende Gruppe bilden die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Hauptherkunftsländer waren im Jahr 2014 Afghanistan, Somalia, Eritrea und Syrien. In Hessen gibt es zwei Clearingstellen: das Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt am Main und die Zentrale Aufnahmestelle in Gießen. Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge kommen i.d.R. ohne Ausweispapiere; durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Clearingsstellen wird dann das Alter geschätzt. Wenn er/sie unter 18 Jahre ist, ist eine Jugendhilfeeinrichtung zuständig. Die Jugendlichen werden medizinisch untersucht, eine Sozialanamnese wird erstellt, rechtliche Fragen, insbesondere die Stellung eines Asylantrags, geklärt. Aufgrund der stark steigenden Zahl kommen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aktuell oftmals nur in Übergangslösungen unter – in stationären Erstaufnahmeeinrichtungen, Notplätzen und in Notkonstrukten, ggf. auch Hotels. Die Unterbringung wird mit einem überörtlichen Kostenträger abgerechnet. Die Jugendlichen erhalten zunächst Deutschkurse und werden erst nach der Zuweisung regelhaft beschult. Bis sie volljährig sind, wird der Aufenthalt ermöglicht. Danach hängt es von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, ob der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet möglich ist.
84
Generell sind die Ursachen für Flucht vielfältig. Gemeinsam ist diesen Ursachen, dass die betroffene Person ihr Herkunftsland aufgrund einer wahrgenommenen Notsituation verlässt bzw. verlassen muss. In einigen Ländern der Welt werden Menschen aufgrund ihrer gesellschaftspolitischen Standpunkte bedroht und verfolgt. Publikationsverbote, Inhaftierung und Bedrohung an Leib und Leben sind alltägliche Erfahrungen dieser Menschen. Im Jahr 1994 entwickelte das Internationale SchriftstellerParlament das Programm „Städte der Zuflucht“, dessen Partnerstädte sich verpflichten, Autorinnen und Autoren, deren Leben und schriftstellerische Arbeit gefährdet ist, für mindestens ein Jahr aufzunehmen und ihnen eine Wohnung und ein Stipendium zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es nicht nur, den Autorinnen und Autoren zu ermöglichen, ungehindert und unbedrängt ihrer schriftstellerischen Arbeit nachzugehen, sondern auch, sie in das kulturelle und öffentliche Leben der jeweiligen Stadt zu integrieren. Die Stadt Frankfurt am Main beteiligt sich in Kooperation mit der Frankfurter Buchmesse und litprom an dem Programm. Menschen ohne Aufenthaltspapiere. Die Lebensbedingungen von Menschen ohne Aufenthaltspapiere wurden im Rahmen unterschiedlicher qualitativer „Städtestudien“ dokumentiert. Hier ist für alle Lebensbereiche eher von einer „Exklusion“ (LUHMANN 1997) und benachteiligenden Bedingungen auszugehen. So ist die gesundheitliche Versorgung, die Chancen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, der Zugang zu Bildung, arbeitsrechtlicher Schutz und der Anspruch auf soziale Leistungen durch rechtliche Restriktionen oder durch die Gefahr, bei Inanspruchnahme einer Leistung entdeckt zu werden, erheblich eingeschränkt (vgl. KRIEGER 2011: S. 152ff.). In einigen Bereichen wurden jedoch in den vergangenen Jahren – auch auf Druck der erwähnten Studien, der Wohlfahrtsverbände sowie kirchlicher und humanitärer Initiative – Kompromisse eingegangen. So wurde z.B. am 10.12.2009 die Regelung zur verpflichtenden Vorlage einer gültigen Meldebescheinigung als Voraussetzung für den Schulbesuch durch das Hessische Kultusministerium (HKM) aufgehoben. Seitdem ist es Kindern von Eltern mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus möglich, die Schule zu be-
22 Bei bestimmten Herkunftsländern mit geringen Anerkennungsquoten (z.B. Serbien und Mazedonien) fällt die Verfahrensdauer infolge von Beschleunigungsmaßnahmen und vorgezogener Entscheidungen im Durchschnitt (etwa vier Monate) kürzer aus. Umso länger dauern die Verfahren bei Flüchtlingen aus Ländern mit hohen Anerkennungschancen: Im dritten Quartal 2013 betrug die Verfahrensdauer bei den Herkunftsländern Afghanistan, Pakistan und Somalia durchschnittlich z.B. 14 bis 18 Monate (vgl. DEUTSCHER BUNDESTAG 2014: S. 2).
suchen, ohne dass aufenthaltsrechtliche Fragen tangiert sind (vgl. VOGEL & AßNER 2010: S. 10). Eines der vordringlichen Probleme ist die medizinische Versorgung von Menschen ohne Aufenthaltspapiere (vgl. BORDE ET. AL. 2009). Es ist bekannt, dass Menschen ohne Aufenthaltspapiere infolge ihrer oft defizitären Lebensbedingungen besonderen gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt sind. In Frankfurt am Main ist der Zugang zu Gesundheitsleistungen auch für Menschen ohne Gesundheitsversicherung im Rahmen der Humanitären Sprechstunde des Gesundheitsamtes möglich. Die Humanitäre Sprechstunde steht für unbürokratische, niederschwellige und anonyme Hilfe für Menschen, die – aufgrund ihrer ökonomischen und/oder rechtlichen Situation – keinen Zugang zur Regelversorgung haben. Detaillierte Ausführungen sind Kapitel 5.6.2 zu entnehmen. Die Stadt Frankfurt am Main unterhält im Dezernat für Integration außerdem eine ämter- und trägerübergreifende Arbeitsgruppe zur Beratung der Situation von Menschen ohne Aufenthaltspapiere oder mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus. Der Erfahrungsaustausch über gemeinsame oder arbeitsteilige pragmatische Lösungen zur Gesundheitsversorgung und -prävention bildet einen wichtigen Schwerpunkt der Arbeitsgruppe. Im September 2010 publizierte das AmkA eine mehrsprachige Informationsbroschüre zu „Anonymer Hilfe und Beratung für Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus in Frankfurt am Main“, in der Kontaktdaten wichtiger Beratungsstellen zusammengeführt wurden.
Neue Zuwanderung Seit vielen Monaten beschäftigt die sogenannte „Neue Zuwanderung“ von Menschen aus Südosteuropa insbesondere unter dem Stichwort „Armutszuwanderung“ Politik und Medien. Die Diskussion wird hauptsächlich angesichts des Inkrafttretens der vollen Freizügigkeit der Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien am 1. Januar 2014 geführt. Die Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist ein Grundsatz der Europäischen Union, welcher zu deren grundlegenden Konstruktionsprinzipien zählt. Alle Staatsangehörigen von EU-Mitgliedstaaten haben das Recht, sich in der Europäischen Union frei zu bewegen und in einem anderen EU-Land sowie in den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums auch Arbeit zu suchen (vgl. SVR 2013: S. 67). EU-Länder konnten den Zugang zu ihren Arbeitsmärkten für Staatsangehörige der Länder, die der EU in den Jahren 2004 und 2007 beigetreten sind, allerdings vorübergehend beschränken (SVR 2013: S. 68f.). Die Aufnahme eines Gewerbes bzw. einer selbstständigen Tätigkeit ist von diesen Beschränkungen ausgenommen.
Eine Zunahme der Zuwanderung von Menschen aus Rumänien und Bulgarien ist auch nach Frankfurt am Main feststellbar (siehe hierzu auch: Kapitel 2.1). In seinem Bericht aus dem Jahr 2014 hat der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main die folgende Einschätzung für das Frankfurter Stadtgebiet eingebracht (vgl. B180/2014: S. 4): • I n Frankfurt am Main stellt sich die Situation im Vergleich mit anderen Städten wie Dortmund oder Duisburg als weniger gravierend dar. Insbesondere sind in Frankfurt – anders als in anderen Städten – keine Stadtteile in besonderer Weise betroffen, d.h. es gibt keine besonderen Brennpunkte. • In einzelnen Nachbarschaften sind allerdings wachsende Schwierigkeiten in Zusammenhang mit Beschwerden (z.B. über Betteln, Unrat und Umweltverschmutzung, Sperrmüllberaubung) zu beobachten. • Steigende Fallzahlen werden außerdem gemeldet in den Bereichen Kleinkriminalität, Prostitution, anonyme Gesundheitsleistungen und prekäre Wohnunterbringungen (vgl. hierzu auch die Abschnitte 5.6.2 und 5.5.2). • Die Scheingewerbetätigkeit hat in der Zeit der eingeschränkten Freizügigkeit zugenommen. Das Ordnungsamt hat jedoch Maßnahmen eingeleitet, um diese einzudämmen. Der starke Anstieg in den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen bei den EU-8 und EU-2 lässt außerdem einen Übergang in abhängige Beschäftigung vermuten (vgl. hierzu auch Abschnitt 5.4.2). • Die Frage möglichen Sozialbetrugs ist komplex (vgl. hierzu auch: B180/2014: S. 11 sowie SVR 2013: S. 119 124). Gemäß den Bestimmungen des SGB II sind Unionsbürgerinnen und -bürger vom Leistungsbezug ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland sind (vgl. §7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II). Dies gilt auch für Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII (vgl. §23 Abs. 3 S. 1 SGB XII). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 11.11.2014 entschieden, dass Sozialleistungen nicht erwerbstätigen Unionsbürgern untersagt werden können, die „von ihrer Freizügigkeit allein mit dem Ziel Gebrauch machen, in den Genuss der Sozialhilfe eines anderen Mitgliedstaats zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel für die Beanspruchung eines Aufenthaltsrechts verfügen“ (EuGh v. 11. 11. 2014, Rs. C333/13, Rdnr. 78). • Die freien Träger befürchten eine Überlastung der Kapazitäten insbesondere in offenen Hilfeeinrichtungen.
5.1.3 Zusammenfassung Erst die Einbürgerung von Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit bedeutet ihre rechtliche Gleichstellung und politische Gleichberechtigung. Die Stadt Frank-
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
furt am Main strebt daher steigende Einbürgerungszahlen an. Das Standesamt führt im Jahr ca. 6.000 Beratungsgespräche durch, informiert über die Voraussetzungen und Modalitäten der Einbürgerungen und schildert Vor- bzw. Nachteile. Einbürgerungsfeiern in der Paulskirche und eine Öffentlichkeitskampagne fördern zudem das Wissen über die Möglichkeit, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen. Die Einbürgerung wird im Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main und in der laufenden Einbürgerungskampagne nicht als Gegensatz zu einer Anerkennung vielfacher Zugehörigkeiten gesehen. Zudem sind vorhandene Barrieren zur Einbürgerung zu reduzieren, wenn eine vermehrte Einbürgerung gewünscht ist. Durch die 2003 verabschiedete Antidiskriminierungsrichtlinie und die Ombudsstelle-Antidiskriminierung fördert die Stadt Frankfurt am Main den aktiven Schutz vor Diskriminierung. Zu ihren Befugnissen gehören Akteneinsichtnahme bei Ämtern der Stadt Frankfurt am Main, das Anhören betroffener Bedienstete, die Durchführung von Sachverhaltsermittlungen. In vielen Fällen ist eine interkulturelle Verständigung Basis und auch das Ziel der Beratung. Studien über die Situation in Frankfurt belegen, dass Menschen mit Migrationshintergrund wiederholt Benachteiligungen erfahren, etwa in Schule, Ausbildung, bei der Arbeits- oder Ausbildungsplatzsuche, bei der Wohnungssuche, bei Polizei oder Verwaltungen. Die OmbudsstelleAntidiskriminierung leistet bereits vor der Einführung des Allgemeinen Gleichstellungs-Gesetzes Beratungsarbeit. Sowohl für Flüchtlinge sowie auch Menschen mit ungeklärtem und ohne Aufenthaltsstatus sind Hilfemöglichkeiten eingeschränkt. Ihr Leben ist durch Unsicherheiten und z.T. schwierige Lebensumstände gekennzeichnet. Flüchtlinge erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Ihre Zahl hat zuletzt zugenommen.
5.2 Spracherwerb und Sprachbeherrschung Die Stadt Frankfurt am Main unterhält diverse Einzelmaßnahmen, Sprach- und Leseförderprogramme sowie Fachkräftefortbildung. Anstrengungen zur Förderung des deutschen Spracherwerbs – sowohl in der Frühförderung wie auch im Spracherwerb von Erwachsenen und älteren Menschen – bleiben jedoch weiterhin erforderlich. Zugleich werden Vor- und Nachteile von Förder- und Unterrichtskonzepten kontrovers diskutiert.
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In verschiedenen Arbeitsansätzen bemüht sich die Stadt ferner, den Spracherwerb im Alltag von Bildungseinrichtungen sowie in Sozialkontakten voranzubringen. Auch die Förderung von muttersprachlichen Kompetenzen der internationalen Frankfurter Bevölkerung wird fortgesetzt. In der Gestaltung des Schulangebots sowie in Fragen der Lehrerausbildung und -fortbildung stößt die Stadt Frankfurt am Main in Kooperation mit dem Land Hessen neue Prozesse an.
Integrationspolitische Bedeutung Eine angemessene Sprachbeherrschung ist eine wichtige Voraussetzung für die Bewältigung von Alltagsaufgaben und Orientierung insbesondere in einem neuen Lebensumfeld. Sprache bildet einen Teil der persönlichen und sozialen Identität von Menschen, und geteilte Sprache kann somit ein Ausgangspunkt für gelebte Gemeinsamkeiten und gefühlte Zugehörigkeit sein (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – DEZERNAT FÜR INTEGRATION 2011: S. 64). Die Fähigkeit zur sprachlichen Verständigung und eine gezielte Sprachförderung werden unbestritten – sowohl Wissenschaft, Politik wie auch aus Sicht der Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Frankfurt am Main – als Schlüssel zur Integration gesehen.23 Studien haben gezeigt, dass fehlende sprachliche Kompetenzen den weiteren Bildungsweg und damit den späteren Einstieg ins Erwerbsleben beeinträchtigen können. Vor diesem Hintergrund kommt der Wirkungsweise von Sprachförderprogrammen und der Frage nach der angemessenen Ausgestaltung bzw. Abstimmung der vorhandenen Sprachförderprogramme und -konzepte eine wichtige Bedeutung zu (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – DEZERNAT FÜR INTEGRATION 2011: S. 64).
Kommunale Handlungsmöglichkeiten In vielen Bundesländern – so auch in Hessen – bestehen Vorgaben zur Sprachförderung von Kindern, die nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen (vgl. SVR 2012: S. 69). Durch Landesrecht geregelt und somit auch für Kinder und Jugendliche in Frankfurt am Main verpflichtend sind (vgl. HKM 2010; §53 VOGSV):
23 Wie bereits in Kapitel 2.1 aufgezeigt, werden „Sprachkenntnisse in Deutsch“ – den Ergebnissen eines durch das AmkA und das Bürgeramt, Statistik und Wahlen in die Frankfurter Bürgerbefragung eingebrachten Sonderfrageprogramms – in den Jahren 2011 und 2012 sowohl aus Sicht der Befragten mit deutscher wie auch mit ausländischer Staatsangehörigkeit als wichtigster Aspekt für ein gelingendes Zusammenleben bewertet.
• d ie Teilnahme an verpflichtenden Sprachkursen und Vorklassen von Kindern bei unzureichenden Deutschkenntnissen; • Intensivklassen und -kurse für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, die über keine bzw. nur geringe Deutschkenntnisse verfügen und dem Unterricht in der Regelklasse noch nicht folgen können. Verpflichtend für Erwachsene ist die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für Neuzuwanderer, die ab dem 01. Januar 2005 einen Aufenthaltstitel erhalten haben: • u nd sich nicht ausreichend in Deutsch verständigen können; • bei besonderer Integrationsbedürftigkeit – z.B. wenn Leistungen nach dem SGB II bezogen werden oder eine Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit die Personensorge für ein in Deutschland lebendes minderjähriges Kind hat und sich nicht auf einfache Art in Deutsch verständigen kann (vgl. IntV 2004, §4(3)). Ebenfalls zur Teilnahme verpflichtet werden können Altzuwanderer, wenn sie Leistungen des SGB II beziehen. Personen mit Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union können nicht zu einem Kurs verpflichtet werden, auf Antrag jedoch zugelassen werden (vgl. SCHULLER ET. AL. 2011: S. 25).
Ziele aus dem Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept Das Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main benennt die folgenden Ziele zur zukünftigen Gestaltung k ommunaler Sprachfördermaßnahmen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – DEZERNAT FÜR INTEGRATION 2011: S. 64 ff.): HL 19: Ausbau der frühen Deutschförderung durch Einführung und Betonung übergreifender Sprachfördermaßnahmen (z.B. Eltern-Kind-Kurse, Nachmittagsgruppen, Spiel- und Lesegruppen). HL 20: Stärkere Förderung von: • berufsbezogenen Sprachkenntnissen, insbes. bei Frauen, die nach längerer Kindererziehung ins Berufsleben zurückkehren möchten; • Patenschafts- und Ferienprojekten für Kinder und Jugendliche; • Personen mit unterbrochener Bildungsbiographie sowie nicht-alphabetisierte Personen;
• der älteren Generation, die in einem langen Arbeitsleben keine Gelegenheit hatte, ihre Deutschkenntnisse auszubauen. HL 22: Sicherstellung eines differenzierten und zugänglichen Deutschkursangebots. HL 23: Ausbau geeigneter und nicht-diskriminierender Fördermaßnahmen für Kinder mit besonderem Sprachförderbedarf.
5.2.1 Ausgangslage - Sprachförderung bei Kindern und Jugendlichen - Sprachförderung und Mehrsprachigkeit - Sprachkontext und Dauer des Sprachkontakts - Sprachförderung im Erwachsenenalter
Sprachförderung bei Kindern und Jugendlichen Die Ergebnisse des Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitorings wie auch des Kindergesundheitsberichtes des Frankfurter Gesundheitsamtes haben darauf verwiesen, dass die Zahl bzw. der Anteil der Kinder und Jugendlichen in Frankfurt am Main mit Sprachauffälligkeiten und Förderbedarf in Deutsch tendenziell steigt (vgl. hierzu: STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 67ff.; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR GESUNDHEIT 2012: S. III; S. 133ff. sowie zusammenfassend die nachfolgende Abbildung 5.6). Kinder mit Migrationshintergrund weisen sowohl generell, insbesondere aber in der Sprachentwicklung, häufiger Entwicklungsauffälligkeiten auf als Kinder ohne Migrationshintergrund. Die Ergebnisse stehen in Einklang mit einer steigenden Zahl an Kindern, die an einem durch das Land Hessen geförderten Vorlaufkurs zur Verbesserung der Deutschkenntnisse teilnehmen. Ein starker Anstieg ist außerdem auch bei der Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Intensivkursen und -klassen (sogenannte „Seiteneinsteiger“) zu verzeichnen (vgl. Abbildung 5.6 sowie STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 72f.). Diese Entwicklung steht auch in Zusammenhang mit einer verstärkten Zuwanderung nach Frankfurt am Main aus dem europäischen Ausland im Zuge der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die Europäische Union (vgl. B180/2014: S. 5). Intensivkurse dienen der Verbesserung der Deutschkenntnisse von Schülerinnen und Schülern ab dem 3. Schuljahr, die während ihrer Schullaufbahn „quer“ ins deutsche Schulsystem einsteigen (i.d.R. aufgrund eines Zuzugs aus
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
1200
Schülerinnen und Schüler in... 1000 Vorlaufkursen, mit Migrationshintergrund Vorlaufkursen, ohne Migrationshintergrund
800
Intensivkursen und -klassen, aus dem Ausland zugewandert 600
Kinder mit Auffälligkeiten in allen oder 2 von 3 Tests bei der Einschulungsuntersuchung...
400
mit Migrationshintergrund ohne Migrationshintergrund
200
0 2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
Abbildung 5.6: Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Sprachförderprogr ammen und Zahl der Kinder mit Sprachauffälligkeiten in Frankfurt am Main Datenquellen: Staatliches Schulamt
dem Ausland). Zudem ist bei der Gruppe der Seiteneinsteiger auch eine Zunahme der Analphabeten insbesondere in der Altersgruppe über 16 Jahre zu beobachten (vgl. B152/2012: S. 6). Besonderer pädagogischer Bedarf wird in diesem Zusammenhang außerdem in der Verknüpfung mit integrativen Konzepten gesehen, die sich auch auf das Sozialverhalten und das Heranführen an die Schule und den Lernstoff richten.
Sprachförderung und Mehrsprachigkeit In Frankfurt am Main leben Migrantinnen und Migranten aus über 170 Herkunftsländern, wobei die gesprochenen Sprachen diese Zahl deutlich übersteigen dürfte (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 36). Der Anteil der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren, bei denen beide Elternteile einen Migrationshintergrund aufweisen, liegt bei ca. 38%. In vielen Frankfurter Familien und Haushalten gehört eine mehrsprachige Kommunikation vor diesem Hintergrund zum Alltag. Auch die Frankfurter Integra-
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tionsstudie und eine Studie, die an Frankfurter Kindertagesstätten durchgeführt wurde, verweisen auf die Bedeutung von Mehrsprachigkeit bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Frankfurt am Main: • E ntsprechend der Ergebnisse der Frankfurter Integrationsstudie lässt sich bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main ein vielfältiger und kontextuell unterschiedlicher Sprachgebrauch feststellen (vgl. HALISCH 2008: S. 318): Während mit zugewanderten Elternteilen meist in der Muttersprache kommuniziert wird, überwiegt bei der Kommunikation mit der Partnerin bzw. dem Partner sowie mit Kindern und Freunden der Rückgriff auf Deutsch als Umgangssprache. Etwa ein Viertel der Befragten gibt an, bei der Kommunikation mit den aufgeführten Referenzgruppen situativ die Sprache zu wechseln. • Gemäß den Ergebnissen der von der Goethe-Universität an Frankfurter Kindertagesstätten durchgeführten Studie zur „Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen in Frankfurt am Main“ liegt in 40% der Frankfurter Kin-
dertagesstätten ein Anteil von über 80% mehrsprachig aufwachsender Kinder vor (vgl. GOLD & SCHULZ 2014: S. 13). Auch in der Integrationsforschung kam den Bedingungsfaktoren gelingender „Mehrsprachigkeit“ und „Sprachförderung“ in den vergangenen Jahren zunehmende Aufmerksamkeit zu, wobei die Vor- und Nachteile von Förder- und Unterrichtskonzepten kontrovers diskutiert wurden.24 Zu den Erkenntnissen aus Studien zählt, dass Deutschkenntnisse wie auch Mehrsprachenfähigkeiten am leichtesten in den ersten Lebensjahren erworben werden können. Vorschulischen Sprach- und Bildungsangeboten ist daher Priorität einzuräumen. Verschiedene Studien zur frühkindlichen Sprachförderung zeigen außerdem, dass v.a. Sprachfördermaßnahmen, die in den Alltag einer Bildungseinrichtung integriert sind und sich an alle Kinder richten, sowie Programme der Lese- und Vorleseförderung, die den Dialog, das Lesen und Zuhören fördern, positive Wirkungen auf die Sprachentwicklung haben (vgl. PAETSCH ET. AL. 2014: S. 324ff.). Für die untersuchten kompensatorischen Maßnahmen, welche sich separiert an Kinder mit Sprachauffälligkeiten oder bestimmte Risikogruppen richten, konnten dagegen kaum sprachförderliche Effekte nachgewiesen werden (vgl. PAETSCH ET. AL. 2014: S. 324f.; BECKER & BECK 2011: S. 133).
Die folgende Abbildung zeigt ergänzend zu diesen allgemeinen Befunden die zentralen Argumente sowie Ergebnisse aus Studien zu den Vor- und Nachteilen der Förderung von Mehrsprachigkeit. Ein gemeinsames Ergebnis der bisher durchgeführten Studien besteht darin, dass eine Förderung der Zwei- oder Mehrsprachigkeit zumindest keine Nachteile, oftmals jedoch auch Vorteile erbringt (vgl. PAETSCH ET. AL. 2014: S. 330; ESSER 2006: S. 78; SÖHN 2005: S. 4). Positiv gewendet bedeuten die vorliegenden Studienergebnisse, dass mit entsprechenden Ansätzen „mindestens gleiche Ergebnisse in der Zweitsprache erzielt werden und die Kinder darüber hinaus zur Kunst des Lesens und Schreibens in ihrer Familiensprache gelangen“ (GOGOLIN 2006: S. 4). Des Weiteren deuten die existierenden Forschungsergebnisse darauf hin, dass häufige Eltern-Kind-Interaktionen und (insbes. dialogisches) Vorlesen bereits ab der frühen Kindheit sich positiv auf die weitere sprachliche Entwicklung von Kindern auswirken (vgl. PAETSCH ET. AL. 2014: S. 325f.; BIEDINGER 2009: S. 274, S. 285ff.; BUS ET. AL. 1995). Dabei ist zunächst nicht entscheidend, „welche Sprache die Eltern mit ihrem Kind sprechen, sondern in welcher Intensität und Qualität dies geschieht“ (GOLD 2011: S. 171).
Pro
Kontra
Kompetenzen in einer Sprache wirken sich positiv auf den Erwerb einer zweiten Sprache aus. Ab einem bestimmten Kompetenzschwellenwert erfolgt eine beschleunigte kognitive und bilinguale Entwicklung. Bestätigende Studien: SOUVIGNIER ET. AL. 2012; HÄUSERMANN 2011; APELTAUER 2007; KLIEME ET. AL. 2006: S. 24f.; SLAVIN & CHEUNG 2005; FRANCESCHINI 2002; STERN ET. AL. 1998; LIST 1992
Die Aufrechterhaltung der Erstsprache geht auf Kosten des Erlernens der Zweitsprache. Zweisprachigkeit kostet zusätzliche Lernzeit. Bestätigende Studien: DOLLMANN & KRISTEN 2010; ESSER 2006: S. 66f.; S. 72ff.; DRIESSEN 2005; SÖHN 2005: S. 49ff.
Die Erstsprache ist Teil der persönlichen Identität sowie der emotionalen und familialen Bindung. Bestätigende Studien: KRUMM 2008; BAKER 2006; PORTES & HAO 2002
Es besteht die Gefahr, dass keine Sprache kompetent beherrscht wird („Semilingualismus“, „sprachliche Marginalität“). Bestätigende Studien: ESSER 2006: S. 58f.
Monolingualer Unterricht setzt das nachholende Erlernen der Unterrichtssprache voraus. Bilingualer Unterricht ermöglicht eine Teilnahme am Regelunterricht auch bei geringeren Deutschkenntnissen und fördert zudem die allgemeine Sprachentwicklung.
Nicht der Erhalt oder die Förderung der Erstsprache, sondern die Möglichkeit zu einer möglichst frühzeitigen praktischen Einübung der Zweitsprache ist entscheidend für den Bildungserfolg (vgl. ESSER 2010: S. 375f.)
Abbildung 5.7: Pro- und Kontra-Argumente zur Förderung von Mehrsprachigkeit
24 In der Bildungsforschung wird zudem die fehlende Anerkennung der mutter- bzw. herkunftssprachigen Fähigkeiten als Sprach-Ressource sowie die monokulturelle Ausrichtung und starke Abhängigkeit des Bildungssystems von der deutschen Sprache thematisiert (vgl. z.B. SCHROEDER 2011: S. 86f., S. 90f.; DIEFENBACH 2010: S. 156)..
89
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
In Bezug auf die konkrete Situation in Frankfurt am Main liegen aktuell zwar keine Forschungs- oder Evaluationsergebnisse zur Wirkungsweise von Sprachförderprogrammen vor, dafür aber praktische Erfahrungswerte. Ein Erfahrungswert aus der täglichen Arbeit mit Kindern ist, dass „eine gut entwickelte Muttersprache, die im Kindergarten auf positive Resonanz stößt, den Erwerb der Deutschen Sprache günstig beeinflusst“ (B33/2007: S. 3).
Migrationshintergrund und die Familiensprache (vgl. MICHEEL ET. AL. 2012: S. 9; STANAT ET. AL. 2010; KRISTEN 2008; BAUMERT ET. AL. 2006). Mit Blick auf den Leistungsstand geht aus mehreren Studien wiederum hervor, dass die Sprachfähigkeiten stark von der Kindergartenbesuchsdauer beeinflusst sind (vgl. BECKER & BECK 2011: S. 133).
Auch die Bibliotheksexpertinnen der Frankfurter Stadtbücherei Silke Schumann und Vera Dopichaj kommen im Rahmen einer Bedarfs- und Angebotsanalyse zu der Schlussfolgerung, dass „die Fähigkeit und der Erfolg beim Deutsch lernen […] wesentlich von dem Grad der Beherrschung der Herkunftssprache ab[hängen]. Zudem stellt die Wertschätzung der Herkunftssprache für Eltern und Kinder einen wichtigen Gradmesser dafür dar, wie sie sich von einer städtische Institution […] angenommen und akzeptiert fühlen“ (STADT FRANKFURT AM MAIN - STADTBÜCHEREI 2009: S. 4).
Dieses Ergebnis wird auch durch die Analysen des Frankfurter Amtes für Gesundheit zum Sprachstand von Kindern zum Zeitpunkt der Einschulungsuntersuchung gestützt. Wie Abbildung 5.8 zeigt, konnte hier sowohl bei Kindern mit wie auch ohne Migrationshintergrund eine positive Auswirkung der Kindergartenbesuchsdauer auf die Sprachkompetenzen festgestellt werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR GESUNDHEITSWESEN 2012: S. III; S. 133ff.; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 70). Alleine der Besuch einer Kindertagesstätte scheint den Spracherwerb also erheblich zu fördern (vgl. PAETSCH ET. AL. 2014: S. 321).
Sprachkontext und Dauer des Sprachkontakts
Sprachförderung im Erwachsenenalter
Die (zuvor aufgeführten) Befunde aus Studien zeigen, dass Mehrsprachigkeit zumindest beim frühen Zweitspracherwerb oder simultanen Spracherwerb gelingt und pädagogisch sinnvoll ist. Aus institutioneller Sicht stellt sich dennoch die Frage, ob ein kritischer Schwellenwert existiert, ab dem ein hoher Anteil an nicht (völlig korrekt) deutsch sprechenden Kindern oder Jugendlichen in einer KitaGruppe bzw. Schulklasse sich negativ auf das Leistungsniveau auswirken kann („Exposure-Effekt“). Hier liegen bislang v.a. Studien aus der Bildungsforschung zu den Wirkungen schulbezogener Segregation vor. Zu den relativ unstrittigen Befunden zählt dabei, dass Klassen oder Gruppen mit einem sehr hohen Anteil an Kindern mit nichtdeutscher Familiensprache oftmals geringere Leistungen erzielen und eine sehr hohe Konzentration an Kindern mit nicht-deutscher Familiensprache den Erwerb der deutschen Sprache auch im Kindergarten erschweren kann (vgl. BECKER 2006). Dabei ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass nicht der hohe Migrantenanteil oder Mehrsprachigkeit per se ausschlaggebend sind, sondern speziell hohe Konzentrationen einer einzelnen Sprachgruppe (vgl. BIEDINGER & BECKER 2010: S. 74). Hauptursache für die Segregation in Kindergärten und Schulen sind – nach Forschungslage – das Ausmaß der Segregation im Stadtteil bzw. der Wohnumgebung sowie die Bildungssituation und Information der Familie über das Bildungssystem (vgl. KRISTEN 2007, 2008). Studien aus der Schulforschung zeigen zudem, dass der sozio-ökonomische Hintergrund sowie das Kompetenzniveau (Vorwissen und Leistungsstand) das Leistungsniveau stärker beeinflussen als der
Im Bereich der Sprachförderung für Erwachsene sind für Neuzuwanderer und zugelassene, nicht mehr schulpflichtige Jugendliche sowie erwachsene Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder Aussiedler deutschlandweit die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geförderten Integrationskurse ausschlaggebend. Diese wurden in zwei Studien evaluiert. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Evaluation waren (vgl. BMI 2006; SCHÖNWÄLDER ET. AL. 2005):
90
• B ei einer Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnte eine Verbesserung der Deutschkenntnisse festgestellt werden. • Nur etwa die Hälfte der Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer erreichte die Niveaustufe B1 innerhalb der vorgesehenen 600 Stunden. • Eine erfolgreiche Teilnahme ist vor allem bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit höherem Bildungsniveau und bereits vorhandenen Deutschkenntnissen gewährleistet. In Zusammenhang mit den Ergebnissen dieser Evaluation wurde auch darauf verwiesen, dass insbesondere bildungsferne und nicht-alphabetisierte Zuwanderer ergänzende Unterstützung benötigen bzw. das Kursangebot angepasst werden muss (vgl. SCHROEDER 2007: S. 10). Durch Novellierung der Integrationskursverordnung im Jahr 2007 wurde auf diese Punkte weitgehend reagiert (vgl. SCHNEIDER 2007: S. 3). Auch im Rahmen des in den Jahren 2007 bis 2011 vom BAMF selbst durchgeführten
komplett auffällig
> 3 Jahre Kita (n=4967)
2,7
> 18 Monate Kita (n=3577)
3,7
< 18 Monate Kita (n=332)
8,4
keine Kita (n=73)
komplett unauffällig
70,7
21,2
17,2
63,0
23,8
28,0
11,0
0
1 Test von 3 auffällig
18,2
12,0
8,4
2 Tests von 3 auffällig
20
50,6
34,2
40
28,8
60
80
100
PROZENT Abbildung 5.8: Kita-Besuchsdauer und Auffälligkeiten im Sprachtest S-ENS (INDEX) (n = 8949) Kinder mit Migrationshintergrund Quelle: STADT FRANKFURT – AMT FÜR GESUNDHEITSWESEN (2012: S. 133ff.)
Integrationspanels konnte gezeigt werden, dass über 90% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Deutschkenntnisse verbessern und 59% auch noch ein Jahr nach Kursabschluss ausbauen oder konstant halten konnten (vgl. SCHULLER ET. AL. 2011: S. 7; S. 148). Die Entwicklung der Hör-, Lese-, Sprach- und Schreibfähigkeiten wurde dabei allerdings per rückblickender Bewertung und zu unterschiedlichen Beobachtungszeitpunkten durch die Befragten selbst eingeschätzt, was methodisch kritisierbar ist (vgl. SCHULLER ET. AL. 2011: S. 41; S. 137; S. 144f.). Im Zweijahresvergleich und Vergleich zu einer Kontrollgruppe nahm außerdem auch die Erwerbstätigkeit der befragten Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer deutlich zu. Auch wurden positive Auswirkungen auf die soziale Integration im Sinne von gestiegener Sprachverwendung und gestiegenen sozialen Kontakten berichtet (vgl. SCHULLER ET. AL. 2011: S. 7; HENTGES 2010: S. 53ff.).
5.2.2 Entwicklungen im Handlungsfeld - Sprachförderkonzepte in Frankfurter Kindertagesstätten - Sprachliche Bildung und Fachkräftefortbildung in Frankfurter Kindertagesstätten - Sprachförderung und sprachliche Bildung in der Schule - Leseförderung für Kinder und Jugendliche - Sprachförderung für Erwachsene
Das nachfolgende Kapitel konzentriert sich zunächst auf die an den Frankfurter Kindertageseinrichtungen praktizierten Konzepte der Sprachförderung und sprachlichen Bildung sowie die Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher in diesen Bereichen, da hier auch der größte städtische Handlungsspielraum und der Schwerpunkt der Arbeit der Stadt Frankfurt am Main liegen. Zudem werden Angebote zur sprachlichen Bildung für Jugendliche und Erwachsene ergänzt, die vornehmlich den Bereichen informelles und lebenslanges Lernen zuzuordnen sind. Unter der Kategorie „Sprachliche Bildung“ werden im folgenden Abschnitt Methoden aufgegriffen, die in den Alltag einer Einrichtung integriert sind und auf die Erweiterung der kommunikativen Fähigkeiten von Kindern und Schaffung geeigneter Sprachanlässe abzielen (vgl. NICKEL 2014: S. 665f.). Programme und Konzepte der „Sprachförderung“ bilden einen Teilbereich der sprachlichen Bildung. Sie richten sich speziell an Kinder, welche Unterstützung im Spracherwerb benötigen, und basieren auf einem individuellen Training bzw. Trainingsmaterial sowie strukturierten Beobachtungsverfahren und Methoden. Eine Darstellung der Ausgangssituation zur Sprachförderung und sprachlichen Bildung an den allgemeinbildenden öffentlichen Schulen in Frankfurt am Main erfolgt schwerpunktmäßig in Kapitel 5.3 dieses Berichts.
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Sprachförderkonzepte in Frankfurter Kindertagesstätten Deutschkenntnisse wie auch Mehrsprachigkeit können am leichtesten in den ersten Lebensjahren erworben werden. Vorschulische Sprach- und Bildungsangebote sowie ein möglichst frühzeitiger Kindergartenbesuch besitzen daher Priorität und sind gegenüber späteren kompensatorischen Maßnahmen vorzuziehen (vgl. PAETSCH ET. AL. 2014: S. 324ff.; BECKER & BECK 2011: S. 133). Die Auseinandersetzung mit Sprachen ist als Förder- und Bildungsziel der in Frankfurter Kitas betreuten Kinder in den Frankfurter „Leitlinien für Kindertageseinrichtungen“ festgelegt, „um ihnen in einer von vielen Sprachen geprägten Gesellschaft ein angemessenes und ganzheitliches Bildungsangebot zu machen“ (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AG MINDESTVORAUSSETZUNGEN 2005: S. 9). Zur Gewährleistung der Sprachförderung wurden in den städtischen Kinderzentren im Jahr 2007 außerdem Sprachförderbeauftragte benannt, die als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren das Team bei der Sprachbildung unterstützen sollen. In einer dreitägigen Weiterbildung werden sie zu den Grundlagen im Bereich Sprachentwicklung sowie Sprachbildung und -förderung geschult. Sie besuchen regelmäßig weitere Fortbildungen und tauschen dreimal jährlich in, durch Kita Frankfurt moderierten, „Sprachförderbeauftragten-Treffen“ Informationen und Erfahrungen mit den Sprachförderbeauftragten anderer Kinderzentren aus. Die gewonnenen Erkenntnisse bringen sie in die Kinderzentren ein und beraten ihre Kolleginnen und Kollegen zum weiteren Vorgehen bei beobachteten Sprachauffälligkeiten. Das AmkA steht mit der Koordinatorin der Sprachförderbeauftragten in regelmäßigem Austausch zu interkulturellen Aspekten der Sprachförderung. In Abbildung 5.8 sind die wichtigsten, in Frankfurter Kindertagesstätten zur Anwendung kommenden, Sprachförderinstrumente und -konzepte aufgeführt. Die Darstellung orientiert sich an den Ergebnissen der Studie „Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen in Frankfurt am Main“, welche durch die Goethe Universität Frankfurt im Auftrag des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main als Befragung der Leitungen von Kindertageseinrichtungen durchgeführt wurde (vgl. GOLD & SCHULZ 2014). Im Rahmen dieser Studie wurde das städtische Programm „Meine, deine, unsere Sprache“ von rund 40% der Leitungen als für die Einrichtung relevantes Sprachkonzept genannt, weitere 25% benannten „Hören, Lauschen, Lernen“ oder „Wuppi“ (vgl. GOLD & SCHULZ 2014: S. 59). Die restlichen, in der Abbildung aufgeführten, Programme wurden jeweils annähernd gleichrangig (mit ca. je 5%) erwähnt. Wie aus der Befragung außerdem hervorgeht, kommen die
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Programme bei 77% der befragten Einrichtungen gemischt zur Anwendung – d.h. es werden jeweils Teile daraus verwendet und mit anderen Materialien gemischt (vgl. GOLD & SCHULZ 2014: S. 59). Außerdem dominiert die Förderung in Kleingruppen gegenüber der Einzelförderung (vgl. GOLD & SCHULZ 2014: S. 52). In der Befragung wurde auch das „Hanen-Programm“ und „Wir verstehen uns gut. Spielerisch Lernen“ erwähnt. Das Konzept „Wir verstehen uns gut. Spielerisch Deutsch lernen“ (SCHLÖSSER 2007) kam in Frankfurt u.a. im Rahmen des Projekts „frühstart“ zur Anwendung, welches ab dem Jahr 2004 in 7 Frankfurter Kindertagesstätten angesiedelt wurde, die alle im Stadtteil Gallus liegen.25 Konzeptionell umfasst das Projekt die interkulturelle Bildung und Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher in Grundwissen zur Sprachförderung in Deutsch und zu Mehrsprachigkeit sowie die Ausbildung von ehrenamtlichen muttersprachlichen Elternbegleitern. Im Jahr 2009 wurde beschlossen, das Modellprojekt nicht auf weitere Kindertagesstätten in Frankfurt am Main auszudehnen (vgl. B 274/2009). Das Projekt „wortstark“ wird stadtweit vom Stadtschulamt der Stadt Frankfurt am Main angeboten und dient u.a. der Fortbildung von Erzieherinnen und Erziehern. Es wird im nachfolgenden Unterabschnitt „Sprachliche Bildung und Fachkräftefortbildung an Frankfurter Kitas“ dargestellt. Es fällt auf, dass sich die Programme i.d.R. an alle Kinder einer Einrichtung richten und zur Förderung der Sprachkompetenz auf verschiedenen Ebenen des Spracherwerbs ansetzen. Ziele der Programme sind z.B. Erweiterung des Sprachverstehens, des expressiven Wortschatzes, von grammatikalischen Strukturen bis hin zur Förderung der Erzählfähigkeit. Der Aspekt „Mehrsprachigkeit“ spielt nur in den Programmen „Meine, deine, unsere Sprache“ und „Deutsch für den Schulstart“ eine Rolle. Das Würzburger Trainings-Programm „Hören, Lauschen, Lernen“ (HLL) und „Wuppi“ haben die isolierte Förderung eines Teilbereichs der Sprachkompetenz – nämlich der „phonologischen Bewusstheit – zum Ziel. Hier existieren Evaluationsergebnisse, die zeigen, dass von diesem Programm positive Effekte auf die phonologische Bewusstheit und hierüber auf die Entwicklung von Vorläuferfähigkeiten zum Schriftspracherwerb ausgehen (vgl. JAMPERT ET
25 Das Projekt „frühstart“ wurde von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, der Herbert-Quandt-Stiftung und der Türkisch-Deutschen Gesundheitsstiftung e.V. entwickelt und gemeinsam mit dem Hessischen Sozialministerium hessenweit implementiert.
„Meine, deine, unsere Sprache“ Zielgruppe: alle Kinder einer Kita, insbes. mehrsprachige Kinder, ab dem Eintritt in die Kindertageseinrichtung Ziele / Inhalte: • Sprachförderung als Bestandteil interkultureller Erziehung, welche auch Akzeptanz, Toleranz sowie den Umgang mit Mehrdeutigkeiten und Widersprüchen vermittelt • Wertschätzung der Familien- und Erstsprachen der Kinder • Präsenz verschiedener Erstsprachen durch mehrsprachige Kolleginnen und Kollegen in den Teams • alltagsintegrierte und dialogorientierte Sprachförderung in Kleingruppen • Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher, Förderung kommunikativer Fähigkeiten im Alltag „Hören, Lauschen, Lernen“ (HLL) und „Wuppi“ Zielgruppe: Kinder im Vorschulalter (ab 5 Jahren) Ziele / Inhalte: • das Würzburger Trainingsprogramm HLL dient der Förderung der phonologischen Bewusstheit in spielerischer Form • Wuppi baut auf HLL auf und bettet die Übungen in eine bebilderte Abenteuergeschichte ein • soll Vorschulkinder auf den Schriftspracherwerb vorbereiten und durch Lausch- und Reimübungen, Silbenspiele sowie Übungen zum Heraushören und Zusammenziehen von Lauten zu Wörtern für Sprachstrukturen sensibilisieren „Deutsch für den Schulstart“ Zielgruppe: Kinder von 4 bis 8 Jahren, deren Sprachfähigkeiten den schulischen Anforderungen noch nicht genügen Ziele / Inhalte: • Kernförderbereiche: 1. Wortschatz und Grammatik, Text-Verstehen und (Nach)Erzählen von Geschichten; 2. Phonologische Bewusstheit und mathematische Vorläuferfähigkeiten für den schulischen Unterricht; 3. Stärkung der Lernhaltung • mit E-Learning-Fortbildung zur Ausbildung von Multiplikator/-innen kombinierbar • ermöglicht Kombination mit herkunftssprachlichen Materialien und Förderung der Kinder zu Hause in der Herkunftssprache „Konstanzer Labor“ (Kon-Lab) Zielgruppe: Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren und bis zu 8 Jahren, Zusatzprogramm „Lex Pack“ für Kinder von 2 bis 3 Jahren Ziele / Inhalte: • Programm zur Ganzgruppenförderung sprachunauffälliger und -auffälliger Kinder, das sich auf die Förderung linguistischer Fähigkeiten konzentriert • Kernförderbereiche: 1. Sprachrhythmus, Wortbildung und -lernprinzipien; 2. Grundlagen der Grammatik; 3. Sprachverstehen Abbildung 5.9 Sprachförderkonzepte an Frankfurter Kindetagesstätten
AL. 2007).26 In Bezug auf das Programm „Deutsch für den Schulstart“ liegen unterschiedliche Ergebnisse vor, die die Wirksamkeit teilweise bestätigen, z.T. widerlegen, und die methodisch kontrovers diskutiert werden (vgl. PAETSCH 2014: S. 324; SACHSE ET. AL. 2012; KALTENBACHER 2010; POLOTZEK ET. AL. 2009).
Sprachliche Bildung und Fachkräftefortbildung in Frankfurter Kindertagesstätten Zentraler Ansatzpunkt der Kinderzentren der Stadt Frankfurt am Main in Hinblick auf die Sprachsensibilisierung der Erzieherinnen und Erzieher bildet die – im Jahr 2001 von Rita Sander und Rita Spanier erarbeitete – Konzeption „Meine, deine, unsere Sprache“ für die Sprachförderung zwei- und mehrsprachiger Kinder. Die wesentlichen Inhalte und Prinzipien von „Meine, deine, unsere Sprache“ können der Abbildung 5.9 im vorherigen Abschnitt entnommen werden.
Im Jahr 2009 beteiligten sich einige Kindertagesstätten zusätzlich an dem Projekt „wortstark – Sprachliche Bildung an Frankfurter Kitas“ (vgl. B425/2012: S. 14f.). In einem zweijährigen Rhythmus können sich freie und städtische Kitas um Teilnahme bewerben. Das Projekt „wortstark“ war im ersten Durchgang ab Mai 2009 bei 14 Frankfurter Kindertageseinrichtungen im Frankfurter Westen angesiedelt (Höchst, Sindlingen, Zeilsheim, Nied, Unterliederbach). Der zweite Durchgang fand von März 2011 bis Dezember 2012
26 Kinder mit nichtdeutscher Erstsprache konnten den Leistungsabstand zu Kindern mit deutschem Sprachhintergrund kurzfristig verringern, wenn auch nicht gänzlich überwinden. Der Nachweis einer mittelfristigen Wirkung war jedoch nicht möglich, was darauf hindeutet, dass der erreichte Zuwachs an phonologischer Bewusstheit vermutlich alleine nicht ausreicht, um Schriftsprachschwierigkeiten langfristig entgegenzuwirken (vgl. JAMPERT ET AL. 2007: S. 127f.).
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
in 14 Kitas in den Stadtteilen Gallus, Gutleut und Griesheim statt. Im Januar 2013 begann der dritte Durchlauf, an dem 9 Einrichtungen aus dem Frankfurter Osten teilnehmen. Das Projekt „wortstark“ baut dabei auf zwei Säulen auf: Fortbildung von pädagogischen Fachkräften sowie KitaTeams und Elternarbeit. Eine Weiterqualifizierung erfolgt in Hinblick auf Grundlagenwissen, Interaktionsstrategien, Beobachtungs-, Dokumentations- und Reflexionsfähigkeiten, wobei v.a. der Hanen-Ansatz einen Anknüpfungspunkt bildet.27 Jede Fachkraft erhält die Möglichkeiten zu einem persönlichen Videofeedback, anhand dessen die eigene Rolle als Sprachvorbild sowie Interaktions- und Sprachförderstrategien reflektiert werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN 2010: S. 6). Im Rahmen der – aus „wortstark“ hervorgehenden – Initiative „Interaktionsstarke Erzieherinnen und Erzieher für wortstarke Kinder“ wird über die Jahre 2014 bis 2016 in Kooperation mit der Pädagogischen Akademie Elisabethenstift Darmstadt das Thema „Bildungsgerechtigkeit“ aufgegriffen. In mehreren Fachforen wurde hierbei der Fachdiskurs zu interaktionsund sprachfördernden Strategien sowie das Praxislernen anhand von best-practices aus dem Projekt „wortstark“ angeregt. Das Projekt bezieht sich jedoch nicht nur auf die Weiterqualifizierung der Fachkräfte. Eine weitere Säule bildet die Elternarbeit. Unter dem Stichwort „Eltern für Eltern“ werden ehrenamtliche Mütter mit Migrationshintergrund („Elternbegleiterinnen“) für die Beratung von Eltern qualifiziert (vgl. B275/2013: S. 5). In sogenannten „Elterncafés“ vermitteln sie ihr Wissen darüber, wie Kinder zu Hause in der sprachlichen Entwicklung unterstützt werden können, an andere Eltern weiter. Aus „wortstark“ ging außerdem die Idee hervor, die Sprach- und Interaktionsförderung in den Frankfurter Kitas durch den Einsatz von KamishibaiPapiertheatern zu unterstützen. Seit dem Jahr 2014 stellt die Kinder- und Jugendbibliothek (KiBi) der Stadtbücherei 15 Tischtheater mit Papierbild-Tafeln und verschiedenen Geschichten zur Verfügung, welche die Frankfurter Kitas – z.T. auch in verschiedenen Herkunftssprachen – nutzen können, um die Interaktion mit den Kindern und deren sprachliche Bildung zu stärken. Das AmkA hat die Idee und die Erarbeitung eines Begleithefts mit Anregungen für den Einsatz in den Kitas konzeptionell und inhaltlich unterstützt. Neben den soeben erwähnten Programmen erfolgt eine Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher regelmäßig im Rahmen des Angebotsbereichs „Soziale und pädagogische Berufe“ des Fachbereichs 43.3 der Volkshochschule (VHS) Frankfurt am Main. Die Angebote der VHS werden durch spezifische hausinterne Fortbildungsangebote ergänzt, die durch freie Weiterbildungsträger umgesetzt werden. Außerdem erhalten zehn städtische Kinderzentren und 18 freie Kindertagesstätten Gelder für Sprachförderung und
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Qualifizierung im Rahmen der Bundesoffensive „Frühe Chancen“.28 Diese Förderung läuft allerdings aus. Bezüglich der hausinternen Fortbildungsangebote von Kita Frankfurt lässt sich festhalten, dass die Teilnehmerplätze aufgrund der großen Nachfrage in den vergangenen Jahren stetig erweitert wurden. Obwohl die Teilnahme freiwillig ist, sind die Fortbildungen in der Regel komplett ausgebucht. Zuletzt fand eine Ausweitung der Kurse statt. Im Vergleich zum Jahr 2012 hat sich die Teilnehmerzahl um 5% und im Vergleich zum Jahr 2005 um 15% gesteigert. Auch das Fortbildungsangebot der Volkshochschule (VHS) Frankfurt am Main für Erzieherinnen und Erzieher wurde erweitert. Im Jahr 2012 neu aufgenommen wurden Kurse zu den Themen „Spracherwerb von Kindern unter 3 Jahren“ (vgl. hierzu auch: B394/2013: S. 2f.). Bereits seit längerer Zeit existieren Kurse zur „Sprachförderung im Vorschulbereich“. Beide Kurse verfolgen den alltagnahen Ansatz „Sprachreich“ und werden von einer Logopädin oder einem Logopäden durchgeführt. Die Kurse „Spracherwerb von Kindern unter 3 Jahren“ wurden in den Jahren 2012 und 2013 von insgesamt 36 Teilnehmerinnen und Teilnehmern besucht; die Kurse zur „Sprachförderung im Vorschulbereich“ erreichen eine durchschnittliche Teilnehmerzahl von ca. 12 Personen. Insgesamt bewegen sich die Teilnehmerzahlen im Angebotsbereich „Soziale und pädagogische Berufe“ der VHS Frankfurt in einem Bereich von 800 bis über 900 Belegungen pro Jahr. Die Volkshochschule (VHS) Frankfurt am Main hat im Jahr 2010 außerdem damit begonnen, berufsbezogene Deutschkurse für Erzieherinnen und Erzieher mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) durchzuführen. Das AmkA hat dazu das Begleitprojekt „Sprachpaten“ entwickelt, das 2011 und 2012 mit positiver Resonanz durchgeführt wurde. 2012 und 2013 wurde der Ansatz auch an den beruflichen Schulen Berta Jourdan in der Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin / zum staatlich anerkannten Erzieher umgesetzt. Ziel des Arbeitsansatzes ist es, die Verantwortung für nicht ausreichende Deutschkenntnisse nicht allein bei den entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu belassen, sondern einen Perspektiv- bzw. Paradigmenwechsel einzuleiten, der zu mehr gemeinsa-
27 Das Hanen-Programm dient der Interaktions- und Sprachförderung und formuliert Strategien entlang der folgenden Grundschritte, die den Erzieherinnen und Erziehern dabei helfen sollen, die Kommunikation mit den Kindern zu strukturieren und zu fördern: 1. beobachten, warten, zuhören; 2. Blickkontakt; 3. imitieren; 4. interpretieren; 5. kommentieren; 6. Beteiligung am Spiel. 28 Für einen Überblick über die geförderten Einrichtungen in Frankfurt siehe: http://www.frühechancen.de/informationen_fuer/spk/standortkarte/ dok/517.php
mer Verantwortung für das Gelingen von Kommunikation und Zusammenarbeit von Kolleginnen und Kollegen mit Muttersprache Deutsch und Kolleginnen und Kollegen mit Zweitsprache Deutsch führt. Zurzeit wird im Rahmen des Hessischen Landesnetzwerks „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) eine Dokumentation erarbeitet, um den Ansatz in die Fachdiskussion einzubringen.
Sprachförderung und sprachliche Bildung in der Schule Die Regelung und Finanzierung der schulischen Sprachbildung fällt im Schwerpunkt in die Zuständigkeit des Landes. Die entsprechenden Angebote können hier nur ausschnitthaft dargestellt werden. Wie bereits im Abschnitt „Ausgangslage“ erwähnt, existieren bereits vor dem Eintritt in die Grundschule hessenweit sogenannte „Vorlaufkurse“ als Sprachfördermaßnahmen für Kinder, die nicht über genügend Deutschkenntnisse verfügen. Diese werden in Frankfurt am Main durch das Staatliche Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main an ausgewählten Kitas und Grundschulen eingerichtet. Für „Seiteneinsteiger“, die während ihrer Schullaufbahn aus dem Ausland „quer“ in das deutsche Schulsystem einsteigen, erfolgt eine Förderung in Deutsch als Zweitsprache in sogenannten „Intensivkursen“ bzw. „Intensivklassen“. Sie werden ab der dritten Jahrgangsstufe hauptsächlich an Haupt- und Gesamtschulen sowie an einigen Real-, Förder- und beruflichen Schulen durchgeführt. Ab dem Schuljahr 2004/05 wurden Intensivkurse auch an den Frankfurter Grundschulen eingerichtet, die z.T. auch zusätzliche Alphabetisierungsmaßnahmen umfassen. Auch an einigen Förder- und Hauptschulen werden zusätzlich Alphabetisierungsmaßnahmen durchgeführt. Das Aufnahme- und Beratungszentrum (ABZ) des Staatlichen Schulamts berät Eltern zu sprachlichen Fördermaßnahmen und führt die Erstberatung und Zuweisung in Intensivklassen und -kursen durch. Daneben sind bei der Mehrheit der Frankfurter allgemeinbildenden Schulen und allen Bildungsgängen der allgemeinbildenden Schulen – den Regelunterricht ergänzende – Angebote der Deutschförderung vertreten.29 Schulen können Lehrerstellen bzw. -stunden für ergänzenden Förderunterricht in „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) beantragen. In Zusammenhang mit den – im Abschnitt „Ausgangslage“ diskutierten – mehrsprachigen Unterrichtskonzepten sind die an sechs öffentlichen Grundschulen und sechs Gymnasien sowie an zwei Integrierten Gesamtschulen und einer Real- und Hauptschule angesiedelten bilingualen Klassen sowie der Unterricht in den Herkunftssprachen der klassischen Anwerbeländer von Bedeutung. In bilingualen Klassen werden Kinder mit Deutsch als Erstsprache und
bilingual aufwachsende Kinder gemeinsam in Deutsch und einer anderen Sprache unterrichtet. In Frankfurt am Main sind an den öffentlichen Schulen bilingual deutschenglische, deutsch-französische, deutsch-italienische und deutsch-spanische Zweige eingerichtet. Daneben ermöglicht der Unterricht in der Herkunftssprache Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund ab der Grundschule, mehrsprachige Kompetenzen aufzubauen und bereits erworbene Kompetenzen in der eigenen Herkunftssprache bzw. Herkunftssprache der Eltern auszubauen.30 Der Unterricht ist als freiwilliger Wahlunterricht ergänzend zum Fachunterricht konzipiert und es wird im Zeugnis vermerkt, ob die Teilnahme mit Erfolg versehen war.31 Für die Anerkennung der Zeugnisse im Ausland ist oftmals eine ergänzende externe Abschlussprüfung nötig. Herkunftssprachlicher Unterricht ist in dieser Form als Angebot an vielen Frankfurter Grundschulen und in sieben unterschiedlichen Sprachen vertreten.32 Zusätzlich engagieren sich die sogenannten „Samstagsschulen“ in diesem Bereich. Dies sind Vereine, die muttersprachlichen Unterricht für Kinder und Jugendliche am Abend oder an Samstagen anbieten. Das AmkA und Stadtschulamt planen, den Samstagsschulen Schulräume in zentralen Schwerpunktschulen zur Verfügung zu stellen. Insgesamt führen ca. 40 Samstagsschulen Unterricht in den Herkunftssprachen durch.
29 Beispiele bilden die hessenweiten Programme „Deutsch & PC“ sowie „Antolin“. Im Rahmen von „Deutsch & PC“ erhalten Schülerinnen und Schüler mit unzureichenden Deutschkenntnissen ab der ersten Klasse täglich zwei Stunden Förderunterricht in Deutsch und Mathematik. „Antolin“ ist ein Online-Portal zur Leseförderung von Klasse 1 bis 10, welches den Frankfurter Grund- wie auch Förderschulen über das Frankfurter Medienzentrum zur Verfügung gestellt wird. Es enthält interaktive Quizfragen zu Kinder-, Jugend- sowie Lehrbüchern. Neben Büchern in deutscher Sprache sind auch englisch-, französisch-, polnisch-, slowenisch-, spanisch- sowie türkisch-sprachige Bücher enthalten. Das Projekt „ffm – Förderkurse für junge Migranten“ unterstützt Schülerinnen und Schüler mit Sprachschwierigkeiten und schwachen schulischen Leistungen im Übergang aus der Grundschule in die weiterführende Schule und beim Übergang in den Beruf. Im Rahmen des Projekts erhalten Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund durch (Lehramts)Studierende der Goethe-Universität Frankfurt sprachliche und fachliche sowie Unterstützung bei der Prüfungsvorbereitung. 30 Der Unterricht in der Herkunftssprache verfolgt außerdem das Ziel, den Bezug und die Bindung zur Muttersprache und Kultur des Herkunftslandes und damit die Verständigung und das Verständnis im sozialen und familialen Umfeld zu stärken. 31 An einigen Schulen in Frankfurt am Main – den sogenannten „KOALA“Schulen – findet jedoch eine Koordination und Vernetzung zwischen dem Regel- und herkunftssprachlichen Unterricht statt. 32 Bei den weiterführenden Schulen ist ein Lernen der Herkunftssprache annähernd an allen Gesamt- und Hauptschulen, jedoch nur bei ca. ein Viertel der Realschulen möglich. Bei den staatlichen Gymnasien existieren nur noch zwei Schulen (Helmholtz- und Elisabethenschule) mit Unterricht in insgesamt vier Herkunftssprachen.
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
(Mehr)sprachige Fähigkeiten lassen sich im Rahmen des Regelunterrichts auch über das schulische Fremdsprachenangebot auf- und ausbauen. Dabei ist v.a. von Interesse, ob Schulen im Rahmen des verpflichtenden Fremdsprachenunterrichts (auch) andere als die typischen Fremdsprachen Englisch, Französisch und Latein als zweite oder dritte Fremdsprache anbieten. Die meisten Grundschulen in Frankfurt am Main bieten Englisch an. Neun öffentliche Grundschulen bieten jedoch Französisch als erste Fremdsprache an. Die Fortsetzung ist allerdings erschwert, da bei den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I Französisch mehrheitlich nur als zweite Fremdsprache vertreten ist.33 Bei ca. einem Viertel der Realschulen und ca. der Hälfte der Gymnasien sind Spanisch oder Italienisch – neben den typischen Fremdsprachen Englisch, Französisch oder Latein – als regelhafte zweite Fremdsprache vertreten. Als dritte Fremdsprache können ab der achten Klassenstufe die Sprachen Chinesisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Japanisch, Latein, Polnisch, Russisch und Spanisch als Wahlfach in Konkurrenz zu anderen Wahlfächern hinzugewählt werden. Somit sind fünf der zehn weltweit meistgesprochenen Sprachen und vier Sprachen der zehn Hauptherkunftsländer der in Frankfurt am Main lebenden Bevölkerung mit Migrationshintergrund als Fremdsprache wählbar. Türkisch wird als Sprache im regulären schulischen Fremdsprachenunterricht der Frankfurter allgemeinbildenden Schulen jedoch nicht angeboten. Auch das durch das AmkA in Kooperation mit dem Staatlichen Schulamt und den Trägern der Kindertagesstätten durchgeführte Modellprojekt „mitSprache“ beschäftigte sich bis zum Ende des Schuljahres 2012/13 mit den Aspekten „Deutsch als Zweitsprache“, „Mehrsprachigkeit“, „Zusammenarbeit mit Eltern und Familien“ und „Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte und Lehrer“. Eine flächendeckende Implementation des Projekts war jedoch nicht möglich. Auf Basis der positiven Projektergebnisse plant das AmkA in Kooperation mit dem staatlichen Schulamt für den Beginn des Schuljahres 2014/15 ein Programm zur Entwicklung beispielhafter Modelle interkultureller Elternbeteiligung in der Schule. Das AmkA erarbeitet außerdem aktuell ein Projekt zur interkulturellen Sprachbildung, in das die Erfahrungen aus dem Projekt „mitSprache“ einfließen. Hierzu steht das AmkA in Gesprächen mit Kita Frankfurt.
Leseförderung für Kinder und Jugendliche Wie im Abschnitt „Ausgangslage“ erwähnt, kommt der gezielten Leseförderung eine besondere Bedeutung für die Sprachentwicklung zu. Bilderbücher und Vorlesen unterstützen von Anfang an den Spracherwerb, die Vorstellungskraft sowie die Entwicklung von Fantasie und Krea-
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tivität. Die Frankfurter Stadtbücherei ist in diesem Bereich mit einem breiten mehrsprachigen und interkulturellen Medienangebot für alle Altersstufen sowie verschiedenen Aktionen zur Lese- und Bildungsmotivation und interkulturellen Leseförderaktionen aktiv.34 In den Jahren 2005 und 2012 wurde die Stadtbücherei Frankfurt für ihre Leseförderaktionen mit dem Hessischen Leseförderpreis ausgezeichnet. Auch in den Frankfurter Kindertageseinrichtungen wird regelmäßig vorgelesen. In Kooperation mit der Stadtbücherei werden Vorleseaktionen umgesetzt. Beispielhaft für die interkulturellen Leseförderaktionen sei an dieser Stelle auf das mehrsprachige Projekt „Viele Sprachen – viele Chancen“ hingewiesen. Dieses wird seit dem Jahr 2008 durch das Stadtschulamt und die Stadtteilbücherei in Kooperation mit dem Haus der Volksarbeit e.V. durchgeführt. Ziel des Projekts ist es, Kindergartengruppen und Kindern aus Grundschulen einen positiven Bezug zu unterschiedlichen Sprachen zu vermitteln. Dazu werden in den Bibliotheken Geschichten in nicht-deutscher und deutscher Sprache vorgelesen bzw. erzählt, wobei Personen mit Migrationshintergrund ehrenamtlich als Vorlesepatinnen und Vorlesepaten eingebunden sind. Das Vorleseprojekt wird auch im Rahmen der Interkulturellen Wochen angeboten. Im Rahmen des EU-Projekts „Bibliotheken für alle – Libraries for All / European Strategy for Multicultural Education (ESME)“ hat die Stadtbücherei spezielle Aktionskisten mit einem zwei- oder mehrsprachigen Vorlesebuch, Spielmaterial, einem Bastelmodell und Bastelmaterial entwickelt. Die Kisten können von allen Bibliotheken der Stadtbücherei Frankfurt ausgeliehen werden und bilden die Grundlage für die Vorbereitung und Durchführung interkultureller Vorleseveranstaltungen.
33 Es existieren lediglich fünf Gymnasien und zwei Realschulen in Frankfurt, in denen man Französisch bereits ab der 5. Klasse als erste Fremdsprache fortsetzen kann. 34 Zu den Aktionen, die (auch) die Lese- und Bildungsmotivation von Kindern, Jugendlichen sowie deren Eltern erhöhen sollen, zählen z.B. (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2009: S. 118): - die Frankfurter Lese-Eule: a.) als Lesereihe, die sich an Eltern und Kinder richtet, sowie b.) in Form einer großen Kinder- und Jugendbuchausstellung, bei der Neuerscheinungen vorgestellt werden und auch Vorleseaktionen stattfinden. - der Frankfurter Lesestar, bei dem Kinder über ein Lesestar-Album, in das pro Bibliotheksbesuch ein Sticker eingeklebt werden kann, dazu motiviert werden sollen, die Frankfurter Stadtteilbibliotheken aufzusuchen. In dem Album wird mit mehrsprachigen Einführungstexten und Kernsätzen gearbeitet. - Frankfurter Lese-Kaiser, eine Kooperation zwischen Kitas und Stadtbücherei. In fünf Besuchen können die Kinder zum Lese-Kaiser aufsteigen, indem sie die Bücherei kennenlernen.
Möglichkeiten zum interkulturellen Lernen für die Familie werden von der Stadtbücherei außerdem seit 2010 in mehreren Veranstaltungen der Lesereihe „Die LeseEule fliegt“ angeboten. Die mehrsprachigen Vorleseaktionen sind ebenfalls in das Programm der Interkulturellen Wochen integriert. Außerdem bietet die Stadtbücherei für Familien auch eine Broschüre mit Vorlesetipps in 21 Sprachen an, die in Zusammenarbeit mit dem AmkA erstellt wurde. Seit dem Jahr 2013 nehmen verschiedene Bildungseinrichtungen in Frankfurt am Main an dem durch die Stiftung Lesen und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bundesweit initiierten Programm „Lesestart“ teil. Eltern mit dreijährigen Kindern erhalten nützliche Informationen zur Sprach- und Leseerziehung sowie ein Buchgeschenk für ihr(e) Kind(er). Ein VorleseRatgeber und drei Beispielfilme rund ums Vorlesen zu Hause sind in deutscher, türkischer, russischer und polnischer Sprache beigefügt. Das Programm verfolgt einen mehrstufigen Ablauf. Sets für unter dreijährige Kinder wurden in der ersten Stufe bereits über Kinderärzte und das Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt am Main auf Anfrage ausgegeben. In der zweiten Stufe wurden Sets für Kinder ab 3 Jahren durch die Stadtbücherei in den Stadtteilbibliotheken auf Anfrage ausgegeben. Die Stadtbücherei wirbt trägerübergreifend mit Postkarten bei Kindertagesstätten für die Sets. In einem dritten Schritt werden Lesestart-Sets ab dem Jahr 2016 an alle Schulanfänger verteilt. Schulen in Frankfurt am Main werden bei Leseförderaktivitäten auch durch die Schulbibliothekarische Arbeitsstelle (sba) der Stadtbücherei unterstützt. Zu ihren Angeboten zählen z.B. Medienangebote für den Unterricht wie der „Frankfurter Bücher-Rucksack“ oder die „Die Rote Kiste“ sowie Angebote wie der Frankfurter „Lesepass“ und die Frankfurter „Leseakte“. Für die Aktion „Eltern-Kind-Abend: Schenk mir Geschichten“ wurde die Schulbibliothekarische Arbeitsstelle 2011 mit dem Deutschen Vorlesepreis in der Kategorie „Förderpreis für Integration“ ausgezeichnet. Das Projekt „Schenk mir Geschichten!“ basiert auf der engen Kooperation zwischen Schule, Schulbibliothek und Eltern. Die Mütter und Väter werden als wichtige Partner der Leseförderung aktiviert und für die Bedeutung des Vorlesens sensibilisiert. Am Eltern-Kind-Abend treffen sich Eltern und Kinder aller Nationen zu einem persönlichen Leseerlebnis in der Schulbibliothek, das Lesen wird als familiäres Erlebnis positioniert. Schon seit Jahren verfolgt die sba zudem die Idee, die Frankfurter Schülerinnen und Schüler in den Bestandsaufbau von Schulbibliotheken einzubeziehen und ihre Lese- und Medienvorlieben sichtbar zu machen. Die sba gibt hierzu regelmäßig Vorschlagsverzeichnisse heraus, die auch eine Vielzahl zweisprachiger Titel aufführen. Niedrigschwellige Angebote wie „Liest du
schon oder suchst du noch aus“ (Schüler kaufen selbstständig Medien für ihre Schulbibliothek) erreichen bevorzugt Kinder und Jugendliche aus lesefernen Familien ebenso wie die Aktion „Buch auf – Meinung ab!“, welche bewusst in Schulen in bildungsfernen Milieus etabliert wurde. Zu den weiteren an Schulen eingerichteten Leseförderaktionen zählen z.B. die Einrichtung von Lesestunden und Vorlesezeiten in Klassen; die Leseförderung in Zusammenarbeit mit Lesepaten, die ehrenamtlich mit Kindern das Lesen, Sprechen und Verstehen deutscher Texte üben; regelmäßige Lesemotivation durch an die Schulbibliotheken angeknüpfte Aktivitäten sowie Internet- oder PCgestütztes Lernen.
Sprachförderung für Erwachsene Arbeitssuchende Erwachsene und Neuzuwanderer mit geringen Deutschkenntnissen sind gemäß Zuwanderungsgesetz dazu verpflichtet, an einem vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) finanzierten Integrationskurs teilzunehmen. Nicht mehr schulpflichtige Jugendliche und Erwachsene mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder Aussiedler können auf Anfrage zu einem Kurs zugelassen werden. In Frankfurt am Main finden im Durchschnitt ca. 200 Kurse pro Jahr statt mit durchschnittlich etwa 2.000 neuen Teilnehmerinnen und Teilnehmern (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 74f.). Das AmkA war an der Konzeptentwicklung der Integrationskurse beteiligt und koordiniert seit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes im Jahr 2005 in enger Abstimmung mit dem BAMF und unter Einbeziehung der Ausländerbehörde und des Jobcenter Frankfurt das Netzwerk der Integrationskursträger und der Migrationsberatungsstellen. Migrantinnen und Migranten mit einer unterbrochenen Bildungsbiographie und nicht alphabetisierte Migrantinnen und Migranten stellen eine besondere Zielgruppe der Sprachförderung und der Integrationskurse dar. In den letzten Jahren war ein Anstieg der Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Kursen, welche eine ergänzende Alphabetisierung ermöglichen, zu beobachten (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 74; B153/2012: S. 3f.). Aktuell machen die Integrationskurse, welche sich gezielt an die Zielgruppen der Migrantinnen und Migranten mit Alphabetisierungsbedarf richten, in Frankfurt etwa ein Fünftel des Kursangebots der BAMF-Integrationskurse aus (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 74). Weitere Angebote zur Alphabetisierung werden durch die VHS Frankfurt, die Frankfurter Stadtbücherei – u.a. im Rahmen des
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Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
PC-Lernstudios zur Alphabetisierung in der Stadtteilbibliothek Gallus – sowie im Rahmen des Programms „Mama lernt Deutsch“ des AmkA umgesetzt. Für arbeitssuchende Menschen mit Migrationshintergrund, die bereits ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache (i.d.R. durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs) nachweisen können, existieren bei verschiedenen Trägern in Frankfurt am Main berufsbezogene Deutschkurse im Rahmen des ESF-BAMF-Programms. Die Kurse werden durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert und durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) organisiert. Neben der Vermittlung von berufsbezogenen Deutschkenntnissen bieten die Kurse auch die Möglichkeit, berufliche Praxiserfahrungen (durch ein vierwöchiges Praktikum) zu sammeln und sich (durch ergänzenden Fachunterricht) weiter zu qualifizieren. Bis zum 30.09.14 finanzierte das BAMF nach §4a Absatz 2 der Integrationskursverordnung außerdem das Angebot der integrationskursbegleitenden Kinderbetreuung. In Frankfurt am Main haben sieben Träger Betreuungsangebote für Integrationskursteilnehmerinnen und -teilnehmer, deren Kinder im Alter von unter drei Jahren noch keinen Kitaplatz haben, vorgehalten. Im Zuge des Rechtsanspruches auf einen Kitaplatz bzw. auf Betreuungsgeld zum 01.08.2013 und des bundesweit fortschreitenden Ausbaus von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren wurde die Finanzierung des von Beginn an als subsidiär eingestuften Angebots zum 30.09.2014 auf Seiten des BAMF eingestellt. Für Kinder unter einem Jahr, für die der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nicht gilt, prüft das AmkA aktuell verschiedene Ansätze, um die wegfallenden Mittel des Bundes zu kompensieren bzw. ein integrationskursergänzendes Betreuungsangebot zu ermöglichen. Zu den Integrationskursträgern zählt auch die Frankfurter Volkshochschule (VHS). Sie setzt außerdem verschiedene Kursangebote im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ mit jährlich über 800 Kursen mit ca. 76.000 Unterrichtsstunden und über 12.000 Belegungen um und führt seit vielen Jahren Alphabetisierungskurse für Migrantinnen und Migranten durch. Zu dem Kursangebote der VHS zählen u.a.: • • • •
Deutschkurse von Niveau A1 bis C2; Alphabetisierungskurse; Förderkurse; prüfungsvorbereitende Kurse und berufsbezogene Kurse ab Niveau B1; • Grammatik-, Schreib- und Aussprachetraining; • Kurse in 31 Fremdsprachen. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Entwicklung der Teilnehmerzahlen in diesen Programmen im Zeitraum
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2009 bis 2013. Die Kursbelegungen im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Im Vergleich zum Jahr 2005 um 15% von 8.722 auf 10.296 im Jahr 2013, im Vergleich zum Jahr 2009 um 8%. Die dargestellten Teilnehmerzahlen zeigen einen relativ konstanten Verlauf von durchschnittlich 240 Teilnehmerinnen und Teilnehmern pro Jahr bei den Alphabetisierungskursen und eine wachsende Zahl an Teilnehmerinnen und Teilnehmern in den Kursen „Grammatik-, Schreib- und Aussprachetraining“ sowie (seit 2010) in den Deutschkursen von Niveau A1 bis C2. Bei den prüfungsvorbereitenden und berufsbezogenen Kursen auf Niveau B1 sowie in den Fremdsprachenkursen schwanken die Teilnehmerzahlen. Im Bereich Sprachförderung im Erwachsenenalter ist außerdem auch das AmkA mit dem Kurskonzept „Mama lernt Deutsch“ aktiv. Die „Mama lernt Deutsch“-Kurse richten sich an Frauen mit Kindern im Alter von 0 bis 10 Jahren. Die Kurse dienen dabei nicht nur dem Ausbau von Deutschkenntnissen, sondern leisten zusätzlich Bildungs- und Beratungsarbeit. Hierzu wird die Vermittlung von Deutschkenntnissen an bildungsrelevante Themen gekoppelt, die den Teilnehmerinnen dabei helfen sollen, das Bildungs- und Ausbildungssystem besser zu verstehen, mögliche Schwellenängste abzubauen und Kontakte zur Schule zu knüpfen. Ein Grundprinzip der Kurse liegt in ihrer Niederschwelligkeit und sie besitzen eine Türöffnerfunktion gegenüber anderen Angeboten (vgl. B435/2013: S. 2). Um diese Grundprinzipien zu verwirklichen, sind die Kurse mit Kinderbetreuung verknüpft, sie finden unmittelbar bei den Bildungseinrichtungen (Kitas oder Schulen) statt, ermöglichen eine schrittweise Heranführung an die Anforderungen eines weiterführenden Sprachkurses und informieren über weitere sozialpädagogische und städtische Angebote im Stadtteil. Sie dienen dabei insbesondere als Brücke für die Aufnahme eines Integrationskurses. Zurzeit finden in Kooperation mit d er ASB-Lehrerkooperative rund 23 Kurse, davon 13 in Schulen, acht in Kinderund Familienzentren bzw. Kitas und zwei in anderen Einrichtungen statt. Das AmkA begleitet die Kurse inhaltlich und sorgt steuernd dafür, dass eine Verzahnung mit Kitas, Schulen, Elternintegrationskursen und anderen Maßnahmen der Elternbildung im Stadtteil hergestellt wird. Angebote der Deutschförderung und Alphabetisierung für Erwachsene sind außerdem in verschiedenen Stadtteilbibliotheken und der Zentralbibliothek der Stadtbücherei breit vertreten. Das Angebot der „Internationalen Bibliothek“ umfasst die folgenden Services: • A ngebote für Deutsch Lernende in den Bibliotheken im Gallus, in Höchst und Sindlingen;
2009
2010
2011
2012
2013
Gesamt
9.451
8.879
9.434
9.638
10.296
47.698
Alphabetisierungskurse
548
576
631
560
556
2.871
Förderkurse
239
530
932
760
724
3.185
Prüfungsvorbereitende Kurse und berufsbezogene Kurse ab Niveau B1
276
262
223
207
236
1.204
Grammatik-, Schreibund Aussprachetraining
804
870
897
931
985
4.487
10.909
10.552
10.591
9.254
8.796
50.102
Deutschkurse von Niveau A1 bis C2
Kurse Fremdsprachen
• K ooperationen mit Alphabetisierungskursen für Migrantinnen und Migranten in den Bibliotheken im Gallus, in Sachsenhausen sowie in der Zentralbibliothek; • PC-Lernstudio in der Stadtteilbibliothek Gallus; • Angebote für Lehrende von Deutsch-, Alphabetisierungs- oder Integrationskursen in den Bibliotheken im Gallus, in Bornheim, Höchst und Sindlingen. In den Stadtteilbibliotheken Gallus und Sindlingen wurden im Rahmen des EU-Projekts „Libraries for All“ außerdem interkulturelle Familienangebote entwickelt. Zu diesen Angeboten zählen z.B.: • mehrsprachiger Bestand an Elternratgebern; • Beratung zur Mediennutzung von Kindern; • interkulturelle Vorleseaktionen. Insgesamt verfügt die Stadtbücherei Frankfurt am Main über 710 Medien zum Deutsch lernen, hinzu kommen 730 mehrsprachige Medien, davon richten sich 362 gezielt an Kinder und Familien und 368 sind für Erwachsene konzipiert. Zum Bestand zählen außerdem rund 21.600 fremdsprachige Medien, davon richten sich 5.132 an die Zielgruppe Kinder und 16.447 speziell an Erwachsene.
5.2.3 Zusammenfassung Sprache ist eine zentrale Grundlage für die Bewältigung des Alltags, sie ist ein wichtiger Schlüssel zur gesellschaftlichen und sozialen Integration. Bei Kindern und Jugendlichen lässt sich in den letzten Jahren ein steigender Sprachförderbedarf verzeichnen. Dieser ist besonders bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, u.a. sogenannten „Seiteneinsteigern“, feststellbar.
Abbildung 5.10: Teilnehmer/-innen an „Deutsch als Fremdsprache“-Kursen und anderen Sprachkursen Datenquelle: Volkshochschule Frankfurt am Main
von Kindern signifikant verbessert werden, je länger der Besuch einer Kita ausfällt. Eine unausgewogene Zusammensetzung der Kindertagesstätten in Hinblick auf die Sprach- bzw. Deutschfähigkeiten und sozio-ökonomische Herkunft kann zur Abschwächung dieses Effekts führen. An den Kitas in Frankfurt am Main kommen unterschiedliche Konzepte zur Sprachförderung und sprachlichen Bildung der Kinder zur Anwendung. Einige der genutzten Sprachförderprogramme unterstützen Mehrsprachigkeit als eigene Kompetenz. Die Konzepte gehen oftmals aus der Ausbildung oder Fortbildung der Fachkräfte hervor. Ein Großteil der Frankfurter Schulen bietet Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern Intensivklassen oder Intensivkurse im Rahmen von Deutsch als Zweitsprache. Gerade in Zeiten vermehrter Zuwanderung ist dies eine fundamentale Maßnahme für eine Angleichung der Bildungsvoraussetzungen. Bilinguale Klassen fördern die Sprachkompetenz der Kinder und Jugendlichen und werden als Wertschätzung erlebt, insbesondere wenn es sich dabei um die Herkunftssprache der Familie handelt. Mehrsprachigkeit wird außerdem im Regelunterricht durch das Fremdsprachenangebot an Grund- und weiterführenden Schulen sowie durch den ergänzenden herkunftssprachlichen Unterricht an Schulen und durch „Samstagsschulen“ gefördert. Die Sprachförderung von Erwachsenen wird – insbesondere bei Neuzuwanderern – überwiegend über die Integrationskurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) oder Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache durchgeführt. Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die zuvor oder flankierend, Maßnahmen der Alphabetisierung wahrnehmen, ist gestiegen.
Mehrsprachigkeit stellt einen Ausgangspunkt und eine Ressource der Arbeit aller Frankfurter Kindertagesstätten dar. Studien belegen, dass die Deutschfähigkeiten
99
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
5.3 Bildung und Schule Obwohl in den letzten Jahren eine Verbesserung der Bildungssituation von Menschen mit Migrationshintergrund zu verzeichnen ist, existieren weiterhin herkunftsbezogene und sozial konnotierte Bildungsungleichheiten. Unterschiedliche Übergänge auf verschiedene Schulformen und divergierende Schulbiographien benötigen weiterhin Aufmerksamkeit – z.B. im Rahmen der Schulentwicklungsplanung. Im Rahmen städtischer Kompetenzen nehmen eine wachsende Zahl von Beratungsleistungen für Zielgruppen und Bildungseinrichtungen, Projekte der Sozialarbeit und Jugendhilfe sowie Maßnahmen zur sprachlichen Bildung Einfluss auf Rahmenbedingungen und Schulalltag. Dabei gewinnen Projekte zur Elterninformation und Elternbeteiligung sowie zu Deutsch als Zweit- und Bildungssprache an Gewicht. Auch in Maßnahmen der Bibliotheksarbeit sowie der Volkshochschule haben interkulturelle Aspekte zugenommen, oft mit sozialräumlichen Bezügen.
Integrationspolitische Bedeutung Ein erfolgreicher Bildungsverlauf und der erreichte Bildungsabschluss beeinflussen wesentlich die Zugangschancen zum Arbeitsmarkt, die beruflichen Möglichkeiten sowie den Übergang von der Schule in die Ausbildung. Erfolg im Bildungssystem ist eine wichtige Voraussetzung für soziale Mobilität. Die Grundlagen für den schulischen Erfolg werden bereits in der frühen Kindheit gelegt. Daher kommt der Frühförderung und regelmäßigen Begleitung des Bildungsverlaufs durch die Eltern wie auch durch städtische Einrichtungen und Maßnahmen eine zentrale Bedeutung zu. Innerhalb der Schule werden die Weichen für viele Bereiche des weiteren Lebensweges gestellt. Schulen sind dabei nicht nur Orte der Wissensvermittlung sondern auch des sozialen und gesellschaftlichen Lernens und Zusammenlebens. Chancengleichheit und Interkulturalität bilden daher aus verschiedenen Gründen zentrale Maßstäbe der Bildungsarbeit. Zunehmend spielen auch Formen der non-formalen bzw. außerschulischen Bildung eine Rolle als „zentrale (traditionelle) Elemente selbstbestimmter und selbstorganisierter Bildung“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – STADTSCHULAMT 2012: S. 82). Diese unterscheiden sich von formalen Lernformen insofern, als es freiwillige Angebote sind, bei denen ein selbstgesteuerter und meist interessengeleiteter Lernprozess stattfindet.
100
Hier verfügt die Kommune über größere Gestaltungsautonomie als im Bereich der Schulen und Hochschulen, was i.d.R. auch mit der Freiwilligkeit der eingerichteten Angebote zusammenhängt.
Kommunale Handlungsmöglichkeiten Vor- und außerschulische Bildung. Im vorschulischen Bereich liegt der Schwerpunkt der kommunalen Zuständigkeit auf dem Aspekt „frühkindliche Bildung“. Hier legen die Regelungen des SGB VIII folgende Punkte als verbindlich fest (vgl. SVR 2012: S. 69): • V ereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung; • Förderung der kindlichen Entwicklung im Sinne einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit; • Berücksichtigung der Herkunft der Kinder bei der Förderung der sprachlichen Fähigkeiten; • Zusammenarbeit der Kindertagesstätten mit den Schulen, um den gelingenden Übergang in die Schule zu gewährleisten; • Vorhandensein von genügend Kindergartenplätzen. Im außer- und nachschulischen Bereich gehören die Jugendbildung (insbes. offene Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit), die Erwachsenenbildung sowie der Bereich „Lebenslanges Lernen“ zur kommunalen Daseinsfürsorge (vgl. KÜHNLEIN & KLEIN 2011: S. 175ff.). Schule. Das Schulwesen – innere Schulangelegenheiten, insbes. die Lehrerausbildung und -weiterbildung sowie die Aufstellung von Lehrplänen und -inhalten – fällt in die Zuständigkeit des Landes und der Schulen. Die kommunale Ebene kann daher alleine nur schwer auf eine interkulturelle Öffnung der Schulen hinwirken. In ihren Zuständigkeitsbereich fallen im Schwerpunkt die folgenden Aufgaben (vgl. SVR 2012: S. 76): • Schulbezirke festlegen; • schulische Betreuungsangebote und Jugendhilfeangebote einrichten; • Einstellung nicht-lehrenden Personals; • über die äußeren Schulangelegenheiten bestimmen (z.B. baulich-sachliche Ausstattung); • die Entwicklung der Schülerzahlen und den Bedarf an Schulformen für die kommunale Schulentwicklungsplanung feststellen. Berufsausbildung. Die Berufsausbildung im dualen System ist bundeseinheitlich durch das Berufsbildungsgesetz (BBiG) sowie durch die Ausbildungsrahmenpläne und Prü-
fungsordnungen der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe geregelt (vgl. KÜHNLEIN & KLEIN 2011: S. 175). Die Landesebene ist zuständig für die Rechtsaufsicht, die Regelung des schulischen Teils der dualen Berufsausbildung, die landesrechtlich geregelten Berufe sowie alle fachschulischen Berufsausbildungen, die nicht auf Bundesebene geregelt sind. Für die Sicherung der dualen Berufsausbildung sind in erster Linie die örtlichen Berufskammern zuständig (vgl. SVR 2012: S. 86). Zu ihren Aufgaben gehört es u.a. Prüfungsordnungen zu erlassen und Prüfungsausschüsse einzuberufen sowie Prüfungen abzunehmen. Die Kommune kann Einfluss auf die Inhalte der eigenen Ausbildungsberufe sowie auf das lokale Übergangsmanagement nehmen. Besondere Bedeutung kommt zudem der Jugendberufshilfe sowie dem Übergangsmanagement zwischen Schule und Beruf zu (vgl. B473/2012: S. 5ff.).
Ziele aus dem Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept Das Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt thematisiert vor diesem Hintergrund die folgenden Zielbereiche (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 67ff.): HL 26: • Zugänge erleichtern und das Bildungssystem für alle Bürgerinnen und Bürger verständlicher und transparenter gestalten; • durch gezielte Informations- und Netzwerkarbeit sowie die Initiierung von Vorbildkampagnen Informationen und Beratungsleistungen zugänglich machen; • besondere Zielgruppen wie Seiteneinsteiger und Flüchtlinge fördern. HL 29: Den Umgang mit Vielfalt in der Schule durch kultursensible Gestaltung der Rahmenbedingungen und Qualifizierung des Personals gezielt fördern. HL 32: Übergänge zwischen Bildungseinrichtungen sowie zwischen Schule und Beruf erleichtern.
5.3.1 Ausgangslage - Bildungserfolg und Bildungsungleichheit - Schulinterne Rahmenbedingungen - Einflüsse der Herkunft und Schulsegregation - Eltern- und familienspezifische Einflüsse - Informelles und Lebenslanges Lernen - Projekte der Jugendhilfe und Gewaltprävention Der Erfolg sowohl von Schülerinnen und Schülern im Bildungssystem wie auch die Leistungsfähigkeit von Schulen
und Schulformen hängen von verschiedenen Faktoren ab. Gemäß dem PISA-Rahmenmodell kann bei den Rahmenbedingungen zwischen schulinternen und schulexternen Faktoren sowie Leistungsmerkmalen der Klasse bzw. von Schülerinnen und Schülern (z.B. Lernvoraussetzungen, sprachliche Entwicklung) unterschieden werden (vgl. die beigefügte Abbildung 5.11). Zu den schulexternen Bedingungen zählen z.B. Merkmale der Familie (z.B. sozioökonomischer Status, Bildungsniveau der Eltern, Erziehungs- und Unterstützungsverhalten) sowie bildungspolitische und äußere schulische Rahmenbedingungen. In Bezug auf die schulinternen und bildungspolitischen Rahmenbedingungen und deren interkultureller Ausrichtung werden in der Forschungsliteratur als relevante Faktoren aufgeführt (vgl. DIEFENBACH 2010): • E ffekte von Schul- und Unterrichtsformen (z.B. Umbau des dreigliedrigen Systems; Ausbau von Ganztagsschulen; Bedeutung von bilingualem und herkunftssprachigem Unterricht); • Effekte von Klassengrößen und -zusammensetzungen; • Lehrereffekte (z.B. Lehreraus- und -weiterbildung in Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, Anteil der Lehrer mit Migrationshintergrund); • Formen institutioneller Diskriminierung (z.B. differentielle Leistungsbewertung, Mittelschichtsprägung des Schulsystems, frühe Selektion). Das komplexe Zusammenspiel bildungsrelevanter Faktoren kann in dem vorliegenden Bericht nicht systematisch abgebildet werden. Eingegangen wird im Folgenden auf die Ausgangslage in Frankfurt am Main, wie sie sich aus wissenschaftlichen Studien und Ergebnissen der amtlichen Statistik darstellt. In Zusammenhang mit den schulischen Rahmenbedingungen wird auf die Lehrerausbildung und Bedeutung ganztagsschulischer Angebote eingegangen. Darüber hinaus werden Analysen und Forschungsergebnisse zu herkunftsspezifischen und familialen Einflüssen präsentiert. Auf Faktoren einer gelingenden interkulturellen Öffnung von Bildungseinrichtungen weisen Ergebnisse aus einer Evaluation der Stadtbücherei Frankfurt zu den Erfolgsbedingungen interkultureller Bibliotheksarbeit im Rahmen der Teilnahme am EUProjekt „Libraries for All“ (2008 bis 2010) sowie die Studie des Sachverständigenrates für Integration und Migration (SVR) aus dem Jahr 2013 hin. Der Bericht muss an dieser Stelle zwangsläufig unvollständig bleiben, da nicht zu allen aufgeführten Bedingungen Statistiken oder Studienergebnisse zur Situation in Frankfurt vorliegen und auch nicht alle bildungsrelevanten Rahmenbedingungen durch die Stadt Frankfurt am Main beeinflussbar sind.
101
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Bildungspolitische und äußere schulische Rahmenbedingungen
Schulinterne Bedingungen Schulleitung / Kollegium / Schulprogramm / Schulentwicklung Soziales und kulturelles Kapital Sozioökon. Status Bildungsniveau der Eltern Ethnische Herkunft
Lehrer Expertise, subjektive Theorien, Ausbildung, Interessen etc.
Schüler
Unterricht
Individuelle Lernvoraussetzungen
Leistungsergebnisse
Individueller Lernprozess Klasse Zusammensetzung, Klima, Arbeitshaltung etc. Außerschulischer Kontext
Elterliches Erziehungs- und Unterstützungsverhalten
Abbildung 5.11: Bedingungen schulischer Leistungen nach dem Rahmenmodell von PISA und IGLU Quelle: LANKES ET. AL. (2003: S. 16)
Bildungserfolg und Bildungsungleichheit Im Rahmen des Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitorings konnte festgestellt werden, dass über die Jahre 2000 bis 2011 grundsätzlich eine Verbesserung der Bildungssituation von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main zu beobachten ist. Gleichwohl zeigen sich nach wie vor herkunftsbezogene Bildungsungleichheiten: So ist zwar sowohl bei Schülerinnen und Schülern mit ausländischer Staatsangehörigkeit wie auch bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund ein leichter Anstieg an Schulabgängerinnen und Schulabgängern mit Abitur bzw. Hochschulreife und ein starker Anstieg der Realschulabschlüsse zu verzeichnen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 84f. sowie die beigefügte Abbildung 5.12).35 Dennoch liegt der Anteil der Abgänger mit Abitur bzw. Hochschulreife im Vergleich zu Abgängerinnen und Abgängern mit deutscher Staatsangehörigkeit bzw. ohne Migrationshintergrund nur halb so hoch.
102
Sowohl bei den Schülerinnen und Schülern mit ausländischer Staatsangehörigkeit wie auch bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund verbleibt außerdem noch immer ein doppelt so hoher Anteil ohne Schulabschluss. Ende des Schuljahres 2011/12 waren es 98 Schülerinnen und Schüler mit ausländischer Staatsangehörigkeit zuzüglich 37 mit deutscher Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund (vgl. STATISTISCHES JAHRBUCH FRANKFURT AM MAIN 2013: S. 57). In Prozent ausgedrückt, entspricht dies einem Anteil von 68,9% mit Migrationshintergrund an einer Grundgesamtheit von 196 Schülerinnen und Schülern, die in Frankfurt am Main ohne Hauptschulabschluss verblieben. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund haben aber nicht nur mehr Schwierigkeiten, auf höhere
35 Es ist darauf hinzuweisen, dass ein Teil der erhöhten Schulabgänge mit Abitur bzw. Hochschulreife vermutlich auf die Umstellung einiger Schulen der Sekundarstufe I von G9 auf G8 und dem dadurch bedingten Zustandekommen von „Doppeljahrgängen“ zurückzuführen ist, in denen jeweils zwei Jahrgangsstufen zum Abitur geführt wurden.
17%
18%
16%
15%
16%
16%
16%
21%
22% 24% 25% 28% 28% 27% 24% Hochschul49% 47% 52% reife/Abitur 41% 42% 43% 52% 38% 44% 43% 51%
38% 48% 45% 43% 39% 42% 44% 41% 43% 39%
52%
57%
57%
57%
Realschulabschluss 43% 43% 43% 45% 47% Hauptschulabschluss
34%
MIT AUSLÄNDISCHER STAATSANGEHÖRIGKEIT
18%
16%
15%
15%
14%
14%
23%
23%
9%
MIT MIGRATIONSHINTERGRUND
13%
12%
12%
8%
2% 2% 2% 2% 2% 2008/09
6% 7% 7% 7% 5% 2011/12
2012/13
2011/12
2010/11
2009/10
2007/08
2008/09
2005/06
2003/04
34%
20%
13%
MIT DEUTSCHER STAATSANGEHÖRIGKEIT
30%
2012/13
17%
6% 4% 4% 4% 4% 4% 3% 3% 2% 2% 2001/02
6%
1999/00
2011/12
8%
2012/13
6% 2010/11
8%
9% 2009/10
2007/08
12%
2008/09
10% 2005/06
2001/02
12%
12% 2003/04
1999/00
13%
15%
2008/09
15%
25%
30%
2011/12
25%
33%
2010/11
32% 24% 31% 28% 34% 24% 36%
2012/13
31%
2010/11
32%
2009/10
31%
ohne Hauptschulabschluss
2009/10
31% 36% 37% 40% 36% 36% 35% 41% 38% 32%
OHNE MIGRATIONSHINTERGRUND
Abbildung 5.12: Bildungsabschlüsse an Frankfurter Schulen nach Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund 1999 – 2012 Datenquelle: Hessisches Statistisches Landesamt (LUSD)
Schularten zu gelangen und höhere Bildungsabschlüsse zu erreichen. Sie haben auch größere Schwierigkeiten, sich dort zu halten: Gemäß Integrations- und Diversitätsmonitoring liegen sowohl die Wiederholerquote wie auch der Anteil der Abstiege in niedrigere Bildungsgänge bei Schülerinnen und Schülern mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder Migrationshintergrund in Frankfurt höher als bei Schülerinnen und Schülern mit deutscher Staatsangehörigkeit bzw. ohne Migrationshintergrund (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 86-92; STADT FRANKFURT AM MAIN – DEZERNAT FÜR BILDUNG UND FRAUEN 2012: S. 7f.; S. 129). Auch bei der Beschulung in Förderschulen existieren Unterschiede. Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund – und insbesondere männliche Schüler mit ausländischer Staatsangehörigkeit – sind in Deutschland
und auch in Frankfurt am Main an Förderschulen überrepräsentiert (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 94; KRONIG 2003; POWELL & WAGNER 2002). Verschiedene Autorinnen und Autoren sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Abschiebung“ und „Ausgrenzung“, wobei neben dem früh ansetzenden Selektionsvorgang36 und fehlender Aussichten auf einen Abschluss oder Beschulung in der Grundschule auch die Unschärfe der Zuteilungskriterien kritisiert werden (vgl. KRONIG 2003: S. 127). Dies gilt insbesondere für die Überweisung in Schulen mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“, in denen eben36 Für eine steigende Zahl von Kindern beginnt der Schulbesuch außerdem nicht in einer Grundschule, sondern direkt in einer Förderschule (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – DEZERNAT FÜR BILDUNG UND FRAUEN 2012: S. 113). Im Schuljahr 2008/09 betraf dies 119 Kinder, im Schuljahr 2010/11 182 Kinder und im Schuljahr 2012/13 179 Kinder. Hinzu kommen die Vorklassenschülerinnen und Vorklassenschüler der Förderschulen.
103
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
falls eine Überrepräsentation nachweisbar ist (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 94). Dabei konnte festgestellt werden, dass es gerade bei Kindern und Jugendlichen mit ausländischer Staatsangehörigkeit vermehrt zu Zuteilungen aufgrund fehlerhafter Diagnosen kommt (vgl. JENNESSEN ET. AL. 2013: S. 22; S. 47f.; GOMOLLA & RADTKE 2009: S. 282; GEIßLER & WEBER-MENGES 2008: S. 22; KRONIG 2003: S. 128). Aus einer systemtheoretischen Sichtweise wird außerdem argumentiert, dass die Zahl der Überweisungen an Förderschulen – wie auch das generell schlechtere Abschneiden von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem – eine Folge der Selektivität des Bildungssystems sind. Kronig führt hierzu aus: „Solange ein bestimmter Prozentsatz an negativer Auslese schulrechtlich und institutionell vorgesehen ist und erwartet wird, werden Förderprogramme daran nichts ändern […] Der Zuwachs von Überweisungen ist aus dieser systemlogischen Perspektive […] darauf zurückzuführen, dass Sonderklassen einerseits eine willkommene Entlastungsfunktion ausüben, und gleichzeitig andererseits die Sicherung und Legitimation von zusätzlichen Ressourcen für Teilsysteme mit der Erstellung von Diagnosen verbunden ist.“ (KRONIG 2003: S. 131) Im Rahmen der inklusiven Beschulung ist es Absicht, Schülerinnen und Schüler mit Lern- oder anderen Förderbedarfen zunehmend in den Regelunterricht einzubeziehen.
Schulinterne Rahmenbedingungen In Bezug auf die Lehreraus- und -fortbildung kommen verschiedene bundesweite Studien sowie eine Befragung von Schulleitern der Frankfurter allgemeinbildenden Schulen zu dem Ergebnis, dass das Thema „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) zu wenig in der Ausbildung vertreten ist (vgl. BAUR & SCHOLTEN-AKOUN 2010; BENDERSZYMANSKI 2005: S. 4f.; BENDER-SZYMANSKI 2003: S. 156; GOGOLIN ET. AL. 2003: S. 86ff.). Außerdem wird kritisiert, dass „Deutsch als Fremdsprache“ (DaF) an deutschen Universitäten als Inhalt des Lehramtsstudiums stärker ausgebaut ist als das Fach „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ); die Qualifizierung in „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) nimmt zudem oftmals nur den Status eines Erweiterungsfachs ein. Reformbedarf besteht somit in erster Linie bei der Vermittlung von DaZ-Kompetenzen in der grundständigen Lehrerausbildung (vgl. BAUR & SCHOLTENAKOUN 2010: S. 18f.).
104
In Zusammenhang mit den schulorganisatorischen Modellen wird immer wieder der Ausbau von ganztägigen Schulformen (Ganztagsschulen) eingefordert (vgl. B19/2012; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 77; FILSINGER 2007: S. 18). Als Argumente hierfür werden u.a. angeführt (vgl. APPEL 2005: S. 101): • V erbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Entlastung der Familien; • Reduktion der Klassenwiederholungen; • Interessen- und Begabungsförderung; • Förderung der (psycho)sozialen und emotionalen Entwicklung und Kompetenz; • Kooperation und Öffnung nach außen; • sinnvolle Freizeitgestaltung; • weniger zeitlicher Druck, bedürfnisgerechtere Zeit-/ Stundenplangestaltung; • Unterstützungsbedarfen kann – besonders auch bei Kindern mit Migrationshintergrund und unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten von Familien – besser nachgekommen werden; • stärkere Beteiligung sowohl hinsichtlich der Inanspruchnahme durch Familien mit Migrationshintergrund wie auch bei der Unterstützung und Mitsprache bei der Ausgestaltung. Die Stadt Frankfurt am Main hat sich schon früh für den Ausbau von „Betreuungsschulen“ eingesetzt und die Umsetzung von Betreuungsangeboten speziell an Grundschulen personell und materiell unterstützt (vgl. B672/2001; BURKARD 1995: S. 127). Im Jahr 2003 hat das Land Hessen mit dem Erlass der „Richtlinie für ganztägig arbeitende Schulen“ Bedingungen für die Anerkennung und finanzielle Förderung von ganztägig arbeitenden Schulen in drei Organisationsformen festgelegt. Bezogen auf den Frankfurter Bildungskontext wurde ein Vergleich der Bildungssituation an Frankfurter Ganztagsund Halbtagsschulen im Rahmen der Studie zur „Situation von ausländischen Schülerinnen und Schülern in Frankfurt“ umgesetzt (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – DEZERNAT FÜR BILDUNG UND FRAUEN 2012). Die Auswertungen zeigen, dass in Hinblick auf die Übergangsquoten aufs Gymnasium und Wiederholquoten der Schülerinnen und Schüler an Frankfurter Ganztagsschulen im Vergleich zu Halbtagsschulen kaum Unterschiede bestehen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – DEZERNAT FÜR BILDUNG UND FRAUEN 2012: S. 5, S. 171 – 185). Um Aussagen zu herkunftsspezifischen Unterschieden treffen zu können, soll die Analyse hier durch eine Auswertung der
Gymnasium IGS 29%
Realschule Hauptschule 50% 58%
49%
59%
38%
42%
45%
52%
Förderstufe Förderschule
69%
24%
31% 29%
26%
18%
25%
30%
29%
22% 17%
3
l2
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OHNE MIGRATIONSHINTERGRUND
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5% 3%
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Pr
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3%
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10%
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Pr
21%
27%
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MIT MIGRATIONSHINTERGRUND
Abbildung 5.13: Übergänge von Frankfurter Grundschulen an weiterführende (Ganztags- und Halbtags-)Schulen nach Migrationshintergrund im Schuljahr 2012/13 nach Schulprofil Datenquelle: Hessisches Statistisches Landesamt
Übergänge von Frankfurter Grundschulen ans Gymnasium von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund ergänzt werden. In Abbildung 5.13 sind für das Schuljahr 2012/13 die Anteile der Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshintergrund (linke Diagrammhälfte) sowie mit Migrationshintergrund (rechte Diagrammhälfte), die nach Abschluss der Jahrgangsstufe 4 auf weiterführende Schulzweige wechseln, nach der Schulform dargestellt. Im generellen Vergleich der Übergänge von Grundschulen mit Ganztagsangeboten zu Grundschulen mit Halbtagsangeboten wird deutlich, dass bei Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshintergrund kaum Unterschiede bestehen und bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund Unterschiede vor allem in dem höheren Anteil an Abgängen von Ganztagsschulen an die Integrierte Gesamtschule bestehen. Ansonsten reproduziert sich das bereits im vorherigen Abschnitt erläuterte Muster des ungleichen Bildungserfolgs von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund.
Darüber hinaus zeigen sich jedoch auch deutliche Unterschiede je nach Organisationsform (Profil 1, 2, 3) der Ganztagsangebote an Schulen. Besonders hohe Übergänge ans Gymnasium erzielen dabei – unabhängig vom Migrationshintergrund – Schulen mit Ganztagsangeboten, welche dem Profil 1 zugeordnet werden können. Dies sind Schulen, in denen an mindestens drei Tagen in der Zeitspanne von 7:30 bis 14:30 Uhr neben dem Unterricht zusätzliche Bildungs-, Betreuungs- und Freizeitangebote sowie Hausaufgabenbetreuung oder Lernzeiten angeboten werden. Die Teilnahme an diesen Ganztagsangeboten ist für die Schülerinnen und Schüler freiwillig. Nach Anmeldung durch die Eltern besteht für den Anmeldezeitraum jedoch die Pflicht zur Teilnahme. Bei Grundschulen des Profils 2 fallen die Übergänge an Realschulen und Integrierte Gesamtschulen sowohl bei Schülerinnen und Schülern mit wie auch ohne Migrationshintergrund im Vergleich zum Ergebnis der Halbtagsschulen überdurchschnittlich aus. Der stärkere Übergang an Integrierte Gesamtschulen kann auch damit
105
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
zusammenhängen, dass an allen Frankfurter Integrierten Gesamtschulen Ganztagsangebote eingerichtet sind. So konnte z.B. im Rahmen der „Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen“ (StEG) gezeigt werden, dass Familien, die ein Ganztagsangebot in der Grundschule nutzten, auch in der Sekundarstufe weiterhin Schulen mit Ganztagsangeboten bevorzugen (vgl. BMBF 2012: S. 34). Schulen mit Ganztagsangeboten des Profils 2 bieten an fünf Tagen freiwillige Angebote von 07:30 Uhr bis 16:00 Uhr oder bis 17:00 Uhr an. Ganztagsangebote des Profils 3 („gebundene Ganztagsschule“) existierten im Schuljahr 2012/13 an den Frankfurter Grundschulen an zwei Standorten. Daher ist die Aussagekraft der Analyse in diesem Fall sehr eingeschränkt, zumal die Übergänge in den beiden Schulen sich sehr unterschiedlich darstellen.37 Bei Schulen mit Profil 3 ist die Teilnahme an Angeboten für alle Schülerinnen und Schüler ganz oder teilweise verpflichtend; die Angebote konzentrieren sich i.d.R. nicht nur auf den Nachmittag. Die Ergebnisse deuten insgesamt darauf hin, dass das Gelingen ganztägiger Bildung stark von den Angebotsinhalten und der Organisationsform abhängt (vgl. GOGOLIN & REINDERS 2013: S. 3f.; FISCHER ET. AL. 2009: S. 152). Wie Dollinger zeigt, sind die Schlüsselfaktoren, die das Gelingen von Ganztagsschulkonzepten bedingen, vielfältig (vgl. DOLLINGER 2012: S. 253 – 262). Aus verschiedenen Studien geht jedoch hervor, dass vor allem die Einrichtung eines funktionierenden Bildungsmanagements vor Ort – welches die Kooperation zwischen Jugendhilfe, Eltern, Schule und Sozialarbeitern steuert – von Bedeutung ist (vgl. GOGOLIN & REINDERS 2013: S. 3f.; DOLLINGER 2012: S. 38, S. 277; WUNDER 2005: S. 157). Wie auch die StEG-Studie zeigt, scheint darüber hinaus das Mischungsverhältnis zwischen Freiwilligkeit und Kontinuität der Teilnahme ausschlaggebend (vgl. FISCHER ET. AL. 2012: S. 52).
Einflüsse der Herkunft und Schulsegregation Bereits in Kapitel 5.2 wurde auf die Bedeutung einer – insbesondere sprachlich – ausgewogenen Klassen- und Gruppen-Zusammensetzung in der Schule und im Kindergarten hingewiesen. Eine überdurchschnittliche Häufung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund wird zum Teil als Faktor der Benachteiligung von Schulen und als Ursache für eine Verstärkung räumlicher Segregationstendenzen betrachtet (vgl. FORTMANN ET. AL. 2010: S. 5; BRÜNNER 2003: S. 214). Wie zuletzt ein Gutachten des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) gezeigt hat, reproduzieren sich in der Primarstufe ungleiche räumliche Verteilungen von Bevölkerungsgruppen über das System der Schulbezirke. Die Studie führt außer-
106
dem die folgenden praktizierten Strategien der Herstellung einer ausgewogenen Verteilung von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Herkunft auf Schulen („Desegregation“) an (vgl. MORRIS-LANGE ET. AL. 2013: S. 18 – 25; B275/2013; FILSINGER 2004: S. 39): • N euzuschneiden von Schulbezirken bei Bezirken mit überproportionaler Segregation; • Steuerung durch Festlegung einrichtungsspezifischer (Gruppen)Obergrenzen; • Ansiedlung von Magnetschulen oder Vergabe von Qualitätssiegeln, - insbesondere in benachteiligten Gebieten sowie - an Schulen mit innovativen interkulturellen Unterrichtsmethoden und attraktiven Schulprofilen; • Zuweisung von Lehrerstunden oder Bildungsgutscheinen auf Schulen. Im Rahmen von Bildungsgutscheinen erhalten die Schulen pro Schüler eine bestimmte Geldsumme, die nach dem Betreuungsaufwand variiert. Dadurch soll die Konkurrenz zwischen den Schulen belebt und die Qualität des Schulangebots gesteigert werden. Im Rahmen des Frankfurter Bildungsberichts konnte ein starker Zusammenhang zwischen „einer hohen Quote von SGB II-Leistungsempfängern im Schulbezirk und der Übergangsquote an Gymnasien“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – STADTSCHULAMT 2012: S. 63) festgestellt werden. In Hinblick auf die Verteilung nach dem Migrationshintergrund wird der Zusammenhang anhand der nachfolgenden Abbildung analysiert. Entsprechend der üblichen Vorgehensweise der Bildungsbeteiligungsforschung werden in der Punktewolke für jeden Stadtteil die Anteile der Bevölkerung mit Migrationshintergrund im Alter von 6 bis 10 Jahren dem entsprechenden Anteil in den Grundschulen zugeordnet. Der resultierende empirische Zusammenhang wird anhand der roten Gerade verdeutlicht. Die graue Gerade in der Abbildung gibt darüber hinaus den theoretischen Zusammenhang wieder, welcher sich bei gleicher Messung des Migrationshintergrundes und perfekter Übereinstimmung der Verteilung im Stadtteil und auf Grundschulebene ergeben würde. Allerdings sind die in der Schul- und Bevölkerungsstatistik verwendeten Indikatoren zur Messung des Migrationshintergrundes von vornherein nicht deckungsgleich, sodass die Anteile im Durchschnitt etwa 16 Prozentpunkte voneinander abwei-
37 Dies betrifft insbesondere die Übergänge aus der Hauptschule, deren erhöhter Wert bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund auf die erhöhten Übergänge an diese Schulform aus einer der beiden Grundschulen zurückzuführen ist.
Anteil mit Migrationshintergrund in den Frankfurter Grundschulen (Ø = 53%)
100% theoretischer Zusammenhang bei gleicher Messung des Migrationshintergrundes 90%
erwarteter Zusammenhang tatsächlicher (empiischer) Zusammenhang
80%
70%
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50%
40%
30%
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Anteil mit Migrationshintergrund in den Frankfurter Stadtbezirken im Alter von 6 bis 10 Jahren ( Ø = 69%) Abbildung 5.14: Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund im Stadtteil und in der Grundschule Datenquellen: Bürgeramt, Statistik und Wahlen (Melderegister); Hessisches Statistisches Landesamt(Schulstatistik / LUSD)
chen.38 Dies wird in der grünen Geraden berücksichtigt – sie steht für die „erwartete“ Verteilung bei Berücksichtigung der fehlenden Deckungsgleichheit der Indikatoren und erwarteter Reproduktion des Bevölkerungsanteils. Wie man erkennen kann, liegen die empirische Trendgerade und der erwartete Zusammenhang sehr eng aneinander. Berechnet man zusätzlich den Korrelationskoeffizienten als Kennzahl für den empirischen Zusammenhang, so gelangt man zu einem Wert von 0,7 – was auf eine hohe Korrelation hindeutet.39 Dies belegt, dass sich die räumliche Verteilung der Frankfurter Bevölkerung im schulfähigen Alter stadtteilspezifisch weitgehend auch in den Grundschulen reproduziert.40 Dennoch sind stadtteilspezifisch auch Abweichungen zu beobachten, welche u.a. auf Gestattungen zurückzuführen sind. In Hinblick auf die Frage, welche Wirkungen von der Zusammensetzung von Schulklassen auf den Bildungserfolg ausgehen können, belegen Ergebnisse aus sozialwissenschaftlichen Studien, dass die Zusammensetzung der Klasse in Hinblick auf den sozio-ökonomischen Hintergrund, die Sprachzusammensetzung und das Sprachniveau sowie das Vorwissen und den Leistungsstand entscheidend
38 Zur unterschiedlichen Messung des Migrationshintergrundes in der Schulstatistik und in der Frankfurter Bevölkerungsstatistik wird an dieser Stelle auf die beigefügten Quellen verwiesen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2013a; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 16). 39 Der Stadtteil bildet nur eine sehr grobe Bezugsgröße für die Analyse, da die Stadtteilgrenzen ebenso wie die Stadtbezirke nicht mit den Schulbezirksgrenzen übereinstimmen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2012: S. 10). Betrachtet man die Korrelation auf Ebene der Stadtbezirke, so steigt sie auf einen Wert von 0,85. Allerdings liegt auch nur bei ca. 75% der Stadtbezirke annähernd eine Deckung mit den Schulbezirken vor. Schließt man diejenigen Stadtbezirke (und Übergangsquoten) aus der Analyse aus, bei denen keine Deckungsgleichheit vorliegt, so steigt der Korrelationskoeffizient auf 0,9. 40 Zu einer anderen Einschätzung gelangt das erwähnte Gutachten des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) (vgl. MORRIS-LANGE ET. AL. 2012). Auf Grundlage eines Vergleichs der Anteil der 6- bis 13-jährigen im Stadtteil und des Anteils der Grundschüler mit Migrationshintergrund nach Schulstandorten kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, „dass Kinder mit Migrationshintergrund in 30 der 45 Frankfurter Stadtteile im Vergleich zum städtischen Durchschnitt entweder über- oder unterrepräsentiert sind, in 12 davon sogar stark über- bzw. unterrepräsentiert“ (vgl. MORRIS-LANGE ET. AL. 2012: S.13). Allerdings basiert die Analyse auf Daten des Einwohnermelderegisters der Stadt Frankfurt am Main aus dem Jahr 2011, als der Migrationshintergrund des Frankfurter Melderegisters und der Schulstatistik kaum kompatibel war (vgl. hierzu auch: Kapitel 2.1).
107
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Anteil mit Migrationshintergrund 0,4
Anteil der Schüler/ innen mit nichtdeutscher Sprache Sprachdiverstät
0,2
0
2010/11
2011/12
2012/13
-0,2
-0,4
-0,6
2013/14
Abbildung 5.15: Korrelation zwischen Übergangsquoten auf das Gymnasium, Anteil mit Migrationshintergrund sowie Sprachzusammensetzung in der Jahrgangsstufe 4 der Frankfurter Grundschulen Datenquelle: Hessisches Statistisches Landesamt (LUSD) Anmerkung: Sprachdiversität der 14 häufigsten nicht-deutschen Sprachgruppen analysiert anhand dem Diversitätsmaß Simpson´s D.
-0,8
-1
ist (vgl. STANAT ET. AL. 2010; KRISTEN 2008; BAUMERT ET. AL. 2006). Geringere Kompetenzniveaus können dabei auch in Klassen mit einem hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern aus Familien ohne Migrationshintergrund auftreten. Eine Betrachtung des Migrationshintergrundes per se als Merkmal der Benachteiligung ist damit extrem verkürzt und wenig zielführend für Steuerungsprozesse. Abbildung 5.15 verdeutlicht diesen Sachverhalt anhand einer Korrelationsanalyse, in der amtliche Statistiken zur sprachlichen und herkunftsbedingten Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler in der 4. Jahrgangsstufe in Frankfurter Grundschulen mit den schulspezifischen Übergängen (des folgenden Schuljahres) auf das Gymnasium verglichen werden. Dargestellt ist dabei die Stärke des Zusammenhangs zwischen dem Migrantenanteil sowie der Zahl und Anteile der Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Familiensprache auf der einen Seite und den Übergangsquoten ans Gymnasium auf der anderen Seite. Anhand eines Diversitätsmaßes wurde außerdem die Ausgewogenheit der Verteilung von Sprachgruppen analysiert. Die Korrelationsanalyse bestätigt die aufgeführten Forschungsbefunde ansatzweise auch für die Frankfurter Grundschulen. Die Abbildung ist folgendermaßen zu interpretieren: Weisen die dargestellten Balken in den negativen Bereich, so deutet dies auf einen negativen Zusammenhang mit den Übergangsquoten ans Gymnasium hin; weisen sie in den positiven Bereich, so bedeutet dies eine positive Korrelation.
108
Deutlich geht hervor, dass der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund und der Anteil der Kinder mit nicht-deutscher Familiensprache jeweils die stärkste Negativkorrelation mit den gymnasialen Übergangsquoten aufweisen. Ein etwas anderes Muster wird jedoch erkennbar, wenn man die Sprachdiversität betrachtet, welche durch die Verteilung von Sprachgruppen in der 4. Jahrgangsstufe operationalisiert ist. Hier zeigt sich – mit Ausnahme des Schuljahres 2011/12 – in allen Schuljahren ein positiver Zusammenhang mit der Übergangsquote auf das Gymnasium. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die negative Korrelation des Migrationshintergrunds sich nicht allein anhand der Sprache festmachen lässt und eine sprachdiverse Zusammensetzung in der Schule sogar positiv sein kann. Der Zusammenhang fällt jedoch deutlich geringer aus als die Korrelationsstärke zwischen Migrationshintergrund bzw. dem Anteil der Kinder mit nicht-deutscher Familiensprache und den Übergangsquoten.41
41 Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die durchgeführte Analyse nur auf Ebene von Jahrgangsstufen und nicht auf Klassen- oder Individualebene umgesetzt wurde und daher nur begrenzte Rückschlüsse ermöglicht. Dieselbe Einschränkung gilt jedoch auch für die in der Bildungsberichterstattung übliche Korrelation des Migrationshintergrundes und der Übergangsquoten ans Gymnasium. Methodisch steht daher eher zur Disposition, wie hoch die Reliabilität entsprechender Korrelationsanalysen der erklärenden Statistik anhand amtlicher (Aggregat)Daten generell einzuschätzen ist.
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gemeinsames Handeln für bessere Lernmöglichkeiten an segregierten Schulen
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Insgesamt ist davon auszugehen, dass für die soziale und interkulturelle Öffnung von Bildungsinstitutionen unterschiedliche Faktoren von Relevanz sind. Eine pauschale Ausschüttung von Geldern oder Stellen auf Schulen oder auch Kitas mit hohem Migrantenanteil oder hohen Anteilen an sozial-benachteiligten Kindern bzw. Jugendlichen vernachlässigt diesbezüglich die Erkenntnis, dass oftmals andere übergeordnete strukturelle und interkulturelle Faktoren eine Rolle spielen.
sowie sozialem Kapital (Unterstützungsmöglichkeiten im familiären und freundschaftlichen Umfeld) hingewiesen. Eine weitere familiäre Ressource, die den Bildungserfolg beeinflussen kann, ist die Bildungserfahrung der Eltern. Auf Grundlage der Ergebnisse der TIES-Studie lassen sich ergänzend die folgenden vertiefenden Ergebnisse präsentieren, die sich auf nach Frankfurt am Main zugewanderte türkische Migrantinnen und Migranten sowie deren Kinder beziehen:42
Die durch den Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) veröffentlichte Studie schlägt daher eine andere Strategie vor: die konsequente interkulturelle Öffnung des Bildungssystems zur Etablierung gleicher Lernmöglichkeiten und -rahmenbedingungen (vgl. MORRIS-LANGE ET. AL. 2013: S. 25). Wie in Abbildung 5.16 dargestellt, gelten dabei sowohl schulische Strukturen, Unterrichtsmodelle, Personal sowie die Kooperation mit außerschulischen Akteuren und den Eltern als zentrale Bezugspunkte dieser Öffnung.
• D er Anteil der türkischen Eltern ohne Schulausbildung ist in Frankfurt am Main im Vergleich mit den 14 weiteren Städten am höchsten. Der Wert liegt jedoch nur knapp über den Berliner Ergebnissen und ist v.a. durch den hohen Anteil an Müttern ohne Schulabschluss beeinflusst. Dieser fällt mit 54% mehr als überdurchschnittlich hoch aus (LESSARD-PHILLIPS & ROSS 2012: S. 83).
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Eltern- und familienspezifische Einflüsse Zusätzlich zu den bereits erwähnten schulinternen Rahmenbedingungen werden in der Forschungsliteratur auch die familialen Unterstützungsmöglichkeiten als bildungsrelevante Faktoren thematisiert. Neben den ökonomischen sowie beruflichen Möglichkeiten und Einschränkungen wird hier auf die Bedeutung von bildungsspezifischen kulturellen Ressourcen (neben Sprache insbesondere die Ausstattung der Familie mit Büchern und Leseförderung)
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Abbildung 5.16: Ansatzpunkte der Interkulturellen Öffnung und Handlungsempfehlungen für segregierte Schulen Quelle: MORIS-LANGE ET. AL. (2013: S.26)
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42 Die Studie „The Integration of the European Second Generation (TIES)“ richtete ihren Blick „auf die Nachkommen von Einwanderern aus der Türkei, Jugoslawien und Marokko, wobei die »zweite Generation« gefasst wird als die Kinder von Einwanderern, die im Einwanderungsland geboren wurden und lebten.“ (SÜRIG & WILMES 2011: S. 7). Es handelte sich um eine städtevergleichende Studie, an der sich neben Frankfurt am Main auch Berlin sowie 14 weitere Städte aus 7 EU-Ländern beteiligten (vgl. hierzu genauer: SÜRIG & WILMES 2011: S. 7). Insgesamt waren die in Frankfurt am Main 704 befragten Personen zum Zeitpunkt der Erhebung zwischen 18 und 35 Jahre alt. Da die meisten Ergebnisse nur signifikant für Befragte mit türkischen Eltern sind, beziehen sich die Ergebnisse daher speziell auf diese Befragtengruppe.
109
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
• D ie meisten der Befragten der 2. Generation hatten als höchsten Abschluss eine Ausbildung abgeschlossen. Dies gilt unabhängig von der Schulbildung des Vaters. Neben der Ausbildung bildeten Hauptschulabschlüsse die nächsthäufig genannte Abschlussform. Dies gilt auch dann, wenn die Väter höhere Schulabschlüsse erreicht haben. Höhere Abschlüsse – wie z.B. Studienabschlüsse – erreichten v.a. Befragte mit Vätern mit mittlerem oder hohem Schulabschluss (CRUL ET. AL. 2012: S. 116; S. 124).
Informelles und Lebenslanges Lernen Erfahrungswerte, die Rückschlüsse für eine erfolgreiche interkulturelle Bildungsarbeit für Familien zulassen, sammelte die Stadtbücherei Frankfurt beim Aufbau der internationalen Bibliothek und in dem EU-Projekt „Libraries for All“. Im Rahmen des EU-Projekts wurden spezielle Angebote für Familien mit interkulturellem Hintergrund entwickelt. Eine durchgeführte Evaluation des IST-Zustandes und der Erfolgsfaktoren führte zu den folgenden Ergebnissen (vgl. SCHUMANN 2010: S. 446): • E s zeigte sich ein Bedarf an Angeboten der interkulturellen Familienarbeit, bei der Förderung der deutschen und der Herkunftssprache sowie von Medienkompetenz und Literalität. • Für den Erfolg des Projektes war der gezielte Einbezug von Personen mit Migrationshintergrund im Rahmen eines interkulturellen Beirats wichtig. Dieser hatte die folgenden Funktionen: - Diskussion, Ausarbeitung und Weiterentwicklung der Angebotsstruktur unter Einbezug zielgruppenspezifischen Wissens; - Kontakt- und Netzwerkarbeit. Durch Identifikation und Nutzung vorhandener Netzwerke konnten Hemmschwellen abgebaut werden. Als relevante Partner konnten neben Migrantenvereinen auch wichtige Akteure an Schulen gewonnen werden, so z.B. herkunftssprachliche Lehrerinnen und Lehrer oder Verantwortliche für die Zusammenarbeit mit den Eltern. • Flankierend erwiesen sich vertrauensbildende Maßnahmen sowie wohnortnahe Öffentlichkeitsarbeit als bedeutsam, um bestehende kulturelle und soziale Barrieren zu überwinden und Vertrauen aufzubauen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – STADTBÜCHEREI 2010: S. 8). Es wurden Geh-Strukturen etabliert, um die Dienstleistungen der Bibliothek in den Räumen der Partnerinstitution anzubieten und dadurch bekannt zu machen.
110
5.3.2 Entwicklungen im Handlungsfeld - Sprachförderung und sprachliche Bildung - Projekte der Jugenhilfe und Gewaltprävention - Eltern- und familienunterstützende Hilfen - Berufliche Bildung und Orientierung - Informelles und Lebenslanges Lernen Die in der Einleitung zu diesem Kapitel aufgeführten schulinternen Rahmenbedingungen (wie z.B. Schul- und Unterrichtsformen, Lehreraus- und -weiterbildung in Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, Anteil der Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund) können durch die Stadt Frankfurt am Main nur schwer oder nur in Kooperation mit dem staatlichen Schulamt beeinflusst werden. Partieller Einfluss lässt sich im Rahmen der Schulentwicklungsplanung auf die (örtliche) Ansiedlung und den Ausbau von Schulformen sowie Schulbezirksgrenzen nehmen. Der Schwerpunkt der Zuständigkeit konzentriert sich somit auf den außer- oder nachschulischen Bereich. In diesem Zusammenhang werden nachfolgend an Frankfurter Schulen umgesetzte Projekte der Jugendhilfe und Gewaltprävention, Maßnahmen der Sprachförderung und sprachlichen Bildung, eltern- und familienstützende Hilfen sowie die existierenden Angebote des informellen Lernens und Lebenslangen Lernens thematisiert.
Projekte der Jugendhilfe und Gewaltprävention Die Stadt Frankfurt am Main ist an den Frankfurter Schulen mit verschiedenen Jugendhilfe- und Gewaltpräventionsprojekten aktiv. Eine Besonderheit stellt in diesem Zusammenhang die Zuordnung von ausgewählten Aufgaben des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG/SGB VIII) auf das Stadtschulamt der Stadt Frankfurt am Main dar (vgl. OLK & WOIDE 2012: S. 90). Jugendhilfeprojekte in Schulen werden auf der Grundlage der Paragraphen §11, §13.1 und §74, §81 SGB VIII und §3 HschG zwischen dem Stadtschulamt und einem gemeinnützigen Träger der Jugendhilfe vereinbart. Mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung (§648/2006) hat die Einrichtung von Projekten der Jugendhilfe zunächst an den Frankfurter Hauptschulen begonnen. Unter dem Programmtitel „Jugendhilfe in der Schule“ wurden diese Projekte mittlerweile auf die Mehrzahl der Frankfurter öffentlichen Realschulen und alle Gesamtschulen ausgeweitet. Zu den Aktivitäten im Bereich der Jugendhilfe zählen: Beratung bei persönlichen und familiären Problemen, schulisches Übergangsmanagement, soziales Training sowie schulspezifische Schwerpunkte wie z.B. Sportangebote, geschlechtsspezifische Angebote oder kunst-, kultur- und medienpädagogische Angebote (vgl. B697/2010: S. 2ff.). An den Hauptschulen verfolgen sie ins-
besondere das Ziel, die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss sowie Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher und -wechslerinnen und -wechsler zu vermindern. Die Projekte haben außerdem die Funktion, hilfebedürftige Jugendliche frühzeitig an soziale Einrichtungen – z.B. zum Sozialrathaus und örtlichen Einrichtungen der Jugendhilfe – weiterzuvermitteln. Bei der Ausgestaltung der Angebote sind soziale, interkulturelle und geschlechtsspezifische Lernaspekte als Qualitätskriterien zu berücksichtigen. Auch die Mehrheit der öffentlichen Grundschulen (ca. 60%) setzt mittlerweile Angebote der Jugendhilfe um. In dem städtischen Förderprogramm „Sternpiloten – Frankfurter Lerngruppen“ sind es derzeit 47 Grundschulen. Das Projekt richtet sich an Kinder, deren Bildungsbeteiligung aufgrund von individueller oder sozialer Benachteiligung eingeschränkt ist. Ziel ist es, ihre soziale und schulische Integration durch Vermittlung von Basiskompetenzen (eigenverantwortliches Lernen, Anwenden von Arbeits- und Lerntechniken) zu unterstützen. Zweimal in der Woche werden die Kinder in Kleingruppen gefördert. Darüber hinaus werden verschiedene, mit den Schulen abgestimmte, Projektschwerpunkte realisiert – wie z.B. Theaterarbeit, kunstpädagogische Arbeit, medienpädagogische Arbeit, Konfliktbewältigung, Gewaltprävention oder Lerntraining zur Erweiterung der Lese- und Schreibkompetenz.
Sprachförderung und sprachliche Bildung Auf die wichtigsten städtischen Angebote vorschulischer Sprachförderung und -bildung sowie die in den weiterführenden Schulen realisierten bundes- oder landesweiten Sprachförderkonzepte wurde bereits eingegangen. Sie werden hier im Überblick aufgeführt, detailliertere Angaben sind Abschnitt 6.2.2 zu entnehmen. Der Schwerpunkt des Abschnitts liegt auf einem Überblick über die in den allgemeinbildenden Schulen vertretenen Angebote der Deutschförderung, Fremdsprachenangebote sowie herkunfts- und mehrsprachigen Angebote. Zu den städtischen Angeboten vorschulischer Sprachförderung und -bildung zählen z.B. die Programme „Meine, deine, unsere Sprache“, und „wortstark“. Zudem wird an einigen Kindertagesstätten das Modellprojekt „frühstart“ umgesetzt, welches durch das Hessische Sozialministerium initiiert wurde. Bereits vor dem Eintritt in die Grundschule bestehen außerdem hessenweit sogenannte „Vorlaufkurse“ als Sprachfördermaßnahmen für Kinder, die nicht über genügend Deutschkenntnisse verfügen. Für „Seiteneinsteiger“, die während ihrer Schullaufbahn aus dem Ausland „quer“ in das deutsche Schulsystem einsteigen, erfolgt eine Förderung in Deutsch als Zweitsprache
ab der 3. Jahrgangsstufe in sogenannten „Intensivkursen“ bzw. „Intensivklassen“. Sie werden hauptsächlich an Haupt- und Gesamtschulen durchgeführt und wurden im Schuljahr 2004/05 auch an Frankfurter Grundschulen eingerichtet. Daneben sind bei der Mehrheit der Frankfurter allgemeinbildenden Schulen und allen Bildungsgängen der allgemeinbildenden Schulen – den Regelunterricht ergänzende – Angebote der Deutschförderung vertreten, wie z.B. die hessenweit implementierten computergestützten Förderprogramme „Deutsch & PC“ oder „Antolin“.43 Zudem können Schulen Lehrerstellen bzw. -stunden für ergänzenden Deutsch-Förderunterricht in „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) einrichten. Seit dem Schuljahr 2013/14 gehen diese DaZ-Stellen zu 20% in eine Verrechnung mit Lehrerstellen ein, deren Anzahl pro Kommune bzw. Schule über einen Sozialindex sowie den Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund festgelegt wird. Auch müssen gekürzte Stundenkontingente für DaZ sowie Seiteneinsteiger über Stellen aus dem Sozialindex aufgefangen werden (vgl. BAUMANN & FREILING 2013: S. 34). Das Projekt „ffm – Förderkurse für junge Migranten“ unterstützt Schülerinnen und Schüler mit Sprachschwierigkeiten und schwachen schulischen Leistungen im Übergang aus der Grundschule in die weiterführende Schule und beim Übergang in den Beruf (vgl. BERNHARDT 2010: S. 11; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2009: S. 120f.). Im Rahmen des Projekts erhalten Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund durch (Lehramts)Studierende der Goethe-Universität Frankfurt zusätzlich zum normalen Unterricht sprachliche und fachliche Förderung sowie Unterstützung bei der Prüfungsvorbereitung.44 In Zusammenhang mit einer stärkeren interkulturellen Öffnung des Bildungssystems wird in der Bildungsforschung die fehlende Anerkennung der mutter- bzw. herkunftssprachigen Fähigkeiten als Sprach-Ressource sowie die monokulturelle Ausrichtung und starke Abhängigkeit des Bildungssystems von der deutschen Sprache thematisiert (vgl. z.B. SCHROEDER 2011: S. 86f., S.90f.; DIEFENBACH 2010: S. 156). Eine Besonderheit bilden in
43 Im Rahmen von „Deutsch & PC“ erhalten Schülerinnen und Schüler mit unzureichenden Deutschkenntnissen ab der ersten Klasse parallel zum Klassenverband Förderunterricht in Deutsch und Mathematik. „Antolin“ ist ein Online-Portal zur Leseförderung von Klasse 1 bis 10. Es wird den Frankfurter Grund- und Förderschulen über das Medienzentrum zur Verfügung gestellt und umfasst auch fremdsprachige Bücherbestände. 44 An dem Projekt beteiligen sich die Peter-Fuld-Stiftung, die Goethe-Universität, die Crespo Foundation, die Randstad Stiftung, die Stiftung Citoyen, das Staatliche Schulamt Frankfurt und das Frankfurter Stadtschulamt.
111
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
diesem Zusammenhang die an sechs Frankfurter öffentlichen Grundschulen, sechs Gymnasien, zwei Integrierten Gesamtschulen und einer Real- und Hauptschule angesiedelten bilingualen Klassen.44 In bilingualen Klassen werden Kinder mit Deutsch als Erstsprache und bilingual aufwachsende Kinder gemeinsam in Deutsch und einer anderen Sprache unterrichtet. I.d.R. sind dazu zwei Lehrkräfte im Fachunterricht vertreten, die die jeweiligen Inhalte im Tandem in den unterschiedlichen Sprachen unterrichten. Das Frankfurter Goethe-Gymnasium war 1969 bundesweit die erste deutsche Schule mit einem zweisprachigen (deutsch-englischen) Zweig. Darüber hinaus sind an den öffentlichen Schulen bilingual deutsch-französische, -italienische und -spanische Zweige eingerichtet. Verschiedene weiterführende öffentliche Schulen führen zudem Einzelfächer des Regelunterrichts bilingual durch (z.B. Geschichts-, Politik- oder Wirtschaftsunterricht). Daneben ermöglicht der Unterricht in der Herkunftssprache Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund ab der Grundschule, mehrsprachige Kompetenzen aufzubauen und bereits erworbene Kompetenzen in der eigenen Herkunftssprache bzw. Herkunftssprache der Eltern auszubauen. Bei den weiterführenden Schulen ist ein Lernen der Herkunftssprache annähernd an allen Gesamt- und Hauptschulen, jedoch nur bei ca. ein Viertel der Realschulen möglich. Bei den staatlichen Gymnasien existieren nur noch zwei Schulen mit Unterricht in insgesamt vier Herkunftssprachen. Hier sind die Wahlmöglichkeiten im Fremdsprachenunterricht ausschlaggebender (siehe nachfolgender Abschnitt). Der herkunftssprachliche Unterricht muss als freiwilliger Wahlunterricht ergänzend zum Fachunterricht besucht werden. Bei Teilnahme wird ins Zeugnis aufgenommen, ob die Teilnahme mit Erfolg versehen war. Für die Anerkennung der Zeugnisse im Ausland ist oftmals eine ergänzende externe Abschlussprüfung nötig. Herkunftssprachlicher Unterricht ist als Angebot auch an vielen Frankfurter Grundschulen und in sieben unterschiedlichen Sprachen vertreten. An einigen Grundschulen in Frankfurt am Main – den sogenannten „KOALA“-Schulen – findet eine Koordination und Vernetzung zwischen dem Regel- und herkunftssprachlichen Unterricht statt.45 Seit 2002 wird der herkunftssprachliche Unterricht sukzessive aus der Verantwortung des Landes in die Verantwortung der Herkunftsländer überführt (vgl. BENDER-SZYMANSKI 2007: S. 171f.). Diese stellen dann auch sogenannte „Konsulatslehrkräfte“ bereit. (Mehr)sprachige Fähigkeiten lassen sich auch über das schulische Fremdsprachenangebot im Rahmen des Regelunterrichts auf- und ausbauen. Dabei ist zwischen Schulen zu unterscheiden, welche (auch) andere als die typischen Fremdsprachen Englisch, Französisch und Latein als zwei-
112
te oder dritte Fremdsprache anbieten. Fremdsprachenunterricht wird mittlerweile bereits ab der Primarstufe verpflichtend angeboten. Dabei ist es – gemäß hessischem Schulgesetz – allen Grundschulen selbst überlassen, welche Fremdsprache(n) angeboten werden. Die meisten Grundschulen bieten Englisch an, da es die bedeutendste internationale Verkehrssprache ist. Neun öffentliche Grundschulen bieten Französisch als erste Fremdsprache an. Da Französisch bei den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I mehrheitlich als zweite Fremdsprache in das Schulprofil aufgenommen ist, besteht jedoch eine gewisse Problematik in der Fortsetzung als Hauptfach.46 Darüber hinaus ist bei ca. einem Viertel der Realschulen und ca. der Hälfte der Gymnasien (darunter alle gymnasialen Oberstufen) – neben den typischen Fremdsprachen Englisch, Französisch oder Latein – Spanisch oder Italienisch als regelhafte zweite Fremdsprache vertreten. Eine Vielfalt an Sprachen kann in Form einer 3. Fremdsprache als Wahlfach hinzugewählt werden. Zu diesen Sprachen zählen Chinesisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Japanisch, Latein, Russisch, Polnisch und Spanisch. An den Frankfurter Gymnasien sind damit grundsätzlich fünf der zehn meistgesprochenen Sprachen und vier Sprachen der zehn Hauptherkunftsländer der in Frankfurt am Main lebenden Bevölkerung mit Migrationshintergrund als Fremdsprache hinzuwählbar. Allerdings ist die dritte Fremdsprache i.d.R. erst ab der 8. Klassenstufe in Konkur-
44 Zu den sechs staatlichen Grundschulen mit einem bilingualen Zweig zählen die Holzhausen- und Mühlberg- und Willemerschule (deutschitalienischer Zweig), die Liebfrauen- und Pestalozzi-Schule (beide deutschspanisch) sowie die Textorschule (deutsch-französisch). Zu den bilingualen Gymnasien zählen das Goethe-Gymnasium und das Gymnasium Riedberg (beide deutsch-englischer Zweig). Die Carl-Schurz-Schule, die Liebig- sowie Ziehen-Schule verfügen über einen Gymnasialzweig mit deutsch-französischem Zug. An der Freiherr-vom-Stein-Schule wird im Gymnasium in Deutsch und Italienisch unterrichtet. An der IGS Eschersheim ist ein deutsch-englischer Zweig, an der IGS Georg-Büchner-Schule ein deutsch-spanischer Zweig und an der Eduard-Spranger-Schule (Hauptund Realschule) ein deutsch-englischer Zweig eingerichtet. In Frankfurt am Main gibt es zudem eine zunehmende Zahl bilingualer Kindertagesstätten. Gemäß einer Recherche des „Vereins für frühe Mehrsprachigkeit an Kindertagesstätten und Schulen“ befindet sich die Zahl der bilingualen Kitas in Frankfurt am Main im Vergleich verschiedener Großstädte an Platz 4 nach Berlin, Hamburg und München (vgl. fmks 2014: S. 8f.). Die Zahl hat sich von 2007 auf 2014 verdoppelt. 45 „KOALA“ steht für „Koordinierte Alphabetisierung im Anfangsunterricht“. Ziel ist eine koordinierte Alphabetisierung in Deutsch und der Herkunftssprache, welche den Kindern in beiden Sprachen den Wechsel von der mündlichen zur Schriftsprache ermöglichen soll. Durch die Alphabetisierung in der Herkunftssprache sollen die Schülerinnen und Schüler so in die Lage versetzt werden, die Leistungen in der Zweitsprache zu verbessern und ihre beiden Sprachen und Kulturen in eine positive Beziehung zu setzen. 46 Es existieren fünf Gymnasien und zwei Realschulen in Frankfurt, in denen man Französisch bereits ab der 5. Klasse als erste Fremdsprache fortsetzen kann.
renz zu anderen Wahlfächern belegbar. Türkisch ist jedoch nicht als Unterrichtsfach belegbar. Auch das vom AmkA konzipierte und 1999 gestartete Projekt „mitSprache“ beschäftigte sich bis zum Ende des Schuljahres 2012/13 mit den Aspekten Deutsch als Zweitsprache (DaZ), Mehrsprachigkeit, Zusammenarbeit mit Eltern und Familien und Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte und Lehrer. Es wurde als Kooperationsprojekt mit dem Staatlichen Schulamt und Trägern von Kindertagesstätten durchgeführt. Zuletzt war es an sieben Schulen sowie fünf Kindertagesstätten vertreten. Aus dem Projekt ist u.a. ein Ratgeber hervorgegangen, der Ideen für Aktionen, Veranstaltungen, Projekte und Wissen zum Thema „Mehrsprachigkeit“ für Schulen zusammenfasst. Trotz positiver Projektergebnisse war eine flächendeckende Implementierung – auch aufgrund der zur Verfügung stehenden Ressourcen – nicht möglich. Auf Basis der Projektergebnisse hat das AmkA nun in Kooperation mit dem staatlichen Schulamt für den Beginn des Schuljahres 2014/15 ein neues Programm zur Entwicklung beispielhafter Modelle interkultureller Elternbeteiligung in der Schule entwickelt (vgl. nachfolgender Abschnitt). Zudem stehen das AmkA und der Träger Kita Frankfurt in Gesprächen zu einem Kooperationsprojekt zur Förderung der interkulturellen Sprachbildung.
Eltern- und familienunterstützende Hilfen Wie in dem Abschnitt zur „Ausgangslage“ in diesem Kapitel aufgeführt, spielen familiäre Ressourcen und familienstützende Hilfen zentrale Ansatzpunkte zur Behebung von Ungleichheiten im Bildungsverlauf. Zwei, beim Amt für multikulturelle Angelegenheiten angesiedelte, Programme widmen sich gezielt der Unterstützung von Familien. Das Familienbildungsprogramm „HIPPY“ (Home Interaction for Parents and Preschool Youngsters) bereitet Eltern von Vorschulkindern im Alter von zwei bis sechs Jahren auf die Anforderungen des Bildungssystems vor. Kernelemente des Programms sind das Erarbeiten von Lernmaterialien durch einen Elternteil sowie Gruppentreffen, die Themen rund um Erziehung, Bildung und Gesundheit zum Inhalt haben. Die Lernmaterialien werden von mehrsprachigen HIPPY-Trainerinnen einmal wöchentlich mit den Familien besprochen und im Rollenspiel eingeübt. Die besprochenen Inhalte und Themen dienen der Stärkung der Interaktion und Bindung zwischen Kindern und Eltern durch gemeinsames Lernen, Förderung der kognitiven und motorischen Fähigkeiten bei den Kindern sowie dem Aufbau von Wissen über das Bildungssystem auf Seiten der Eltern. Die Arbeit der HIPPY-Trainerinnen erfolgt niederschwellig und stadtteilbezogen durch Einrichtung von Geh-Strukturen. Zurzeit werden rund 45 Familien pro Schuljahr betreut.
Innerhalb des Programms „Bildungsorientierte Elternarbeit (BE)“ des AmkA beraten Multiplikatorinnen und Multiplikatoren Eltern mit Migrationshintergrund zu bildungsrelevanten Themen. Die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sind alle mindestens zweisprachig und somit in der Lage, die Eltern auch in ihrer Herkunftssprache zu beraten. Begleitend dazu bietet das AmkA den Multiplikatorinnen und Multiplikatoren regelmäßige Fortbildungen zu Ausbildungs-, Bildungs- und Erziehungsthemen an. Die Beratungsthemen beziehen sich auf die Möglichkeiten des hessischen Schul- und Ausbildungssystems, Fragen zu Bildung und Erziehung sowie Verweisberatungen zu Institutionen, die in den jeweiligen Fällen die richtigen Ansprechpartner sind. Außerdem finden regelmäßige Erfahrungsaustauschtreffen der in dem Programm tätigen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren statt. BE hat seine Tätigkeit in den vergangenen Jahren sowohl inhaltlich wie auch in Bezug auf die Standorte erweitert. Von 2011 bis 2014 konnten sieben Schulen und drei Vereine als Standorte hinzugewonnen werden. Aktuell sind über 40 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in BE vertreten, die im Auftrag des AmkA bildungsorientierte Elternarbeit leisten. Zu ihnen zählen Herkunftssprachenlehrerinnen und Herkunftssprachenlehrer, Elternvertreterinnen und Elternvertreter, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere engagierte Personen aus Kultur- und Bildungseinrichtungen. Das Projekt „Bildungsorientierte Elternarbeit“ (BE) steht außerdem in Kooperation mit dem Frankfurter Hauptschulprojekt des Staatlichen Schulamts und des Bildungsdezernats der Stadt Frankfurt am Main. Basierend auf den Erfahrungen der Programme „Bildungsorientierte Elternarbeit“ und „mitSprache“ hat das AmkA in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Schulamt Frankfurt am Main ein neues Programm zur Etablierung beispielhafter Modelle interkultureller Elternbeteiligung in der Schule erarbeitet. Ab Beginn des Schuljahrs 2014/15 können sich 16 Frankfurter Schulen für die Mitarbeit bewerben. Anhand des neuen Projekts „Elternbeteiligung in der Schule“ sollen Lehrkräfte zu den Themen „Interkulturalität“, „Umgang mit Mehrsprachigkeit“ und „Deutsch als Zweitsprache“ qualifiziert werden sowie neue Formate und Modelle der Begleitung und Zusammenarbeit mit Eltern in der Schule bzw. durch die Schule erprobt und gefördert werden. Eltern sollen durch die Modellprojekte gezielt angesprochen und als Bildungspartner gewonnen werden, um sie so verstärkt in die Schulkarriere ihrer Kinder einzubinden. Die Kooperation mit Eltern ist auch für die städtischen Kindertagesstätten ein zentraler Bestandteil der täglichen Arbeit. Der durchschnittliche Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund, die in Frankfurt am Main eine Kindertagesstätte besuchen, liegt bei ca. 60% (vgl. STADT
113
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 78f.). Kulturelle Vielfalt stellt damit eine tägliche Ressource und Realität der Frankfurter Kindertagesstätten dar. Die Mehrheit der Frankfurter Kitas greift interkulturelle Prinzipien in ihrem Leitbild auf und spricht dadurch gezielt Familien mit Migrationshintergrund an. Die Beratung und Kooperation mit den Eltern erfolgt im Rahmen von Elterncafés und Elternbeiräten sowie im Rahmen von Entwicklungsgesprächen, Eltern-Kind-Nachmittagen und Elternabenden. Eltern sind außerdem an Festen sowie im Rahmen der Übergangsgestaltung zur Grundschule und der verkehrserzieherischen Angebote beteiligt. Darüber hinaus existieren spezifische Angebote zur Kompetenzerweiterung der Eltern, wie z.B. Marte Meo. Marte Meo ist eine videogestützte Methode der Familien- und Erziehungsberatung und ein Instrument zur Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit und der Fachkräfte. Anhand von wiederholten Videoaufnahmen in alltäglichen Interaktionssituationen und in Austausch mit (in der Marte-Meo-Methode geschulten) Fachkräften lernen Eltern, ihr Kind besser zu verstehen und aus eigener Kraft in der Entwicklung zu unterstützen. Im Zentrum stehen die sprachliche Kommunikation sowie die Kommunikation über Körpersprache, Mimik und Gestik. Marte Meo dient aber auch der Qualitätssicherung in den Einrichtungen und der Weiterbildung der Erzieherinnen und Erzieher. Im Rahmen der Videoanalysen gewinnen die Erzieherinnen und Erzieher einen neuen Blick auf die Kinder und lernen, noch stärker auf die Ressourcen des Kindes zu achten. Der Austausch zu Videoausschnitten im Team fördert Diversitätskompetenzen wie auch die Teamentwicklung. Seit dem Jahr 2010 können sich die Fachkräfte von Kita Frankfurt in drei Ausbildungsstufen in Marte Meo zu Praktikerinnen und Praktikern, zu Trainerinnen und Trainern und – im Laufe der Zeit – zu Supervisorinnen und Supervisoren weiterbilden. Mittlerweile wurden ca. 140 Fachkräfte von Kita Frankfurt in Marte Meo ausgebildet.
Berufliche Bildung und Orientierung Auch an den beruflichen Schulen fördert das Stadtschulamt seit dem Schuljahr 2007/08 sozialpädagogische Angebote und unterstützt zusätzlich Maßnahmen zur beruflichen Orientierung und Ausbildungsvorbereitung. Zur spezifischen Abstimmung der Angebote führt das Stadtschulamt regelmäßige Planungsgespräche mit den Schulleitungen der beruflichen Schulen und mit Trägern durch. Ein zentraler Kooperationspartner bei der Förderung der beruflichen Integration Jugendlicher an den Frankfurter beruflichen Schulen sowie den Haupt- und Realschulen stellt die „Gesellschaft für Jugendbeschäftigung“ (gjb) dar. Die gjb ist an den beruflichen Schulen in der Berufswege-
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planung und in der sozialpädagogischen Förderung aktiv. An Haupt- und Realschulen gehören Berufsinformationsveranstaltungen und berufsorientierende Elternarbeit zu dem Angebot. Ein großer Teil der schulbezogenen Projekte wird dabei durch das Stadtschulamt finanziert. Eine Kooperation mit dem Stadtschulamt findet auch im Rahmen des Frankfurter Hauptschulprojekts statt. Hier sind zusätzlich auch das Land Hessen sowie die Agentur für Arbeit sowie private Sponsoren finanziell beteiligt. Das Frankfurter Hauptschulprojekt wird an 20 Frankfurter Schulen mit dem Bildungsgang Hauptschule umgesetzt und hilft Schülerinnen und Schüler aus den Abschlussklassen 9 und 10 durch Beratung sowie Vernetzung von Eltern, Schule und Unternehmen bei der Berufswahl, im Bewerbungsprozess und bei der Vermittlung in betriebliche Ausbildungen. Das Stadtschulamt finanziert gemeinsam mit dem Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main und in Kooperation mit verschiedenen Trägern an fünf Hauptschulen und an zwei Förderschulen sogenannte „Schule und Betrieb (SchuB)-Klassen“ zur sozialpädagogischen Förderung von Schülerinnen und Schülern, die Schwierigkeiten haben, den Hauptschulabschluss zu erreichen. Auch das Jugend- und Sozialamt fördert Projekte zur Berufsorientierung und Vorbereitung auf den Schulabschluss. Hierzu zählen z.B. die Projekte „Touchdown“ der AWO Perspektiven gGmbH, der „Startbetrieb I“ der FaPrik gGmbH, der „Lernbetrieb“ des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit sowie das Projekt „Fit in den Beruf“, welches durch die ZfW umgesetzt wird. Gemeinsam mit der ASB-Lehrerkooperative gGmbH wurde außerdem der Hauptschulabschluss- und Berufsorientierungslehrgang „HASA“ entwickelt. Die ASB Lehrerkooperative richtet sich in ihrer Bildungsarbeit dabei explizit an Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund. In Kooperation mit dem Jobcenter Frankfurt am Main konnte außerdem das „Berufsbildungsprojekt für Roma-Jugendliche und junge Erwachsene“ beim Förderverein Roma e.V. etabliert werden. Die Mehrheit dieser Projekte wird durch den Europäischen Sozialfonds oder das Ausbildungsbudget des Landes Hessen finanziert. Weitere Maßnahmen der Ausbildungsförderung und Vermittlung ins duale Ausbildungssystem, welche primär dem sogenannten „Übergangssystem“ zuzurechnen sind, werden detailliert in Abschnitt 5.4.2 dargestellt. Eine systematische Übersicht über die städtischen und städtisch geförderten Angebote des Übergangssystems sowie zur Berufsorientierung und Vorbereitung auf den Berufsabschluss kann der Veröffentlichung „Übersicht über Angebote und Maßnahmen für Jugendliche und junge Erwachsene ohne Ausbildung und Arbeit“ des Netzwerks für Jugend und Arbeit (vgl. gjb 2013) entnommen werden.
Informelles und Lebenslanges Lernen Die Stadtbücherei Frankfurt entwickelt – ausgehend von ihren langjährigen Erfahrungen und im Rahmen der interkulturellen Bibliotheksarbeit – ihre Angebote kontinuierlich weiter. Im Rahmen des EU-Projekts „Bibliotheken für alle – Libraries for All / European Strategy for Multicultural Education (ESME)“ wurden im Zeitraum von Oktober 2008 bis September 2010 die Angebote der Stadtteilbibliotheken Gallus, Höchst und Sindlingen für Menschen mit Migrationshintergrund geöffnet und ausgebaut. Dem Projekt lag ein systematischer Umsetzungsprozess zugrunde, der von einer Bestandserhebung und Bedarfseinschätzung ausging, gefolgt von der Angebotsimplementierung mit anknüpfender Öffentlichkeitsarbeit sowie einer abschließenden Bewertung und Erfolgskontrolle. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor und innovatives Element des Projekts war die Installation eines interkulturellen Beirats („Advisory Board for Multiculturalism“), der aus acht Mitgliedern besteht, von denen die Mehrheit eigene Migrationserfahrungen ausweist und in der interkulturellen Familienarbeit tätig sind (vgl. SCHUMANN 2010: S. 446). Der interkulturelle Beirat berät die Projektbibliotheken bei der Bedarfsermittlung sowie der Gestaltung ihrer Angebote. Aufgrund seiner Zusammensetzung wird das Wissen der Zielgruppe unmittelbar in die Angebotsausarbeitung einbezogen. Die Besucherzahlen und Besucherbefragungen zeigen, dass interkulturelle Öffnungsprozesse, welche die Bedürfnisse und mögliche Hemmschwellen der Bevölkerung mit Migrationshintergrund berücksichtigen, sowie ein zielgruppenspezifisches Informationskonzept zum Erfolg eines Angebots beitragen können (vgl. SCHUMANN 2010: S. 447): • B ereits im ersten Jahr des Projekts konnte die Stadtteilbibliothek Gallus einen Anstieg der Besucherzahlen um 35% gegenüber dem Vorjahr verzeichnen. • Evaluierungen durch Besucherbefragungen zeigten fast ausnahmslos eine sehr positive Resonanz. Im Bereich „Lebenslanges Lernen“ ist auch die Volkshochschule Frankfurt am Main (VHS) mit einem vielfältigen Programm aktiv, welches sich an die gesamte Bevölkerung richtet. Zu den Bildungsangeboten zählen Kurse, Weiterbildungs- und Trainingsangebote, Vortragsreihen und Studientage, Exkursionen, Freizeit- und Gesundheitsangebote zu den Themenbereichen „Gesellschaft“, „Kultur“, „Gesundheit“, „Sprachen“, „Beruf“. Neben dem Sprachangebot, welches sich im Bereich „Deutsch als Fremdsprache (DaF)“ gezielt an Menschen mit Migrationshintergrund richtet, die ihre Sprachkenntnisse in Deutsch auf unterschiedlichen Niveaustufen erwerben oder vertiefen wollen, und beruflichen Weiterbildungen für Erzieherinnen und
Erzieher zum Thema „Sprachförderung“ (vgl. Abschnitt 5.2.2) widmet sich die VHS u.a. im Bereich „Gesellschaft“ bzw. „Multikulturelles Frankfurt“ gezielt interkulturellen Themen. Das Programmangebot „Multikulturelles Frankfurt“ soll dabei zur Verbesserung des Zusammenlebens der Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen beitragen und beinhaltet auch die Veranstaltung „Trialog der Religionen“. Ziel des Programms „Trialog der Religionen“ ist es, Menschen in die religiöse und kulturelle Tradition der drei großen abrahamischen Religionen einzuführen und den Austausch unter Christen, Juden und Muslimen zu fördern. Wissen über Religionen wird außerdem auch in Veranstaltungen des Bereichs „Religion, Philosophie“ vermittelt. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund können sich bei der VHS außerdem auf einen Schulabschluss vorbereiten oder einen Schulabschluss nachholen sowie Kurse zur Alphabetisierung durchführen.
5.3.3 Zusammenfassung Die schulische Ausbildung ist die Grundlage für den Zugang zum Arbeitsmarkt und für daraus folgende soziale Mobilität. Eine gute Schulbildung eröffnet die Chancen für Berufe, die gut bezahlt sind und einen hohen Status genießen. Damit alle Mitglieder einer Gesellschaft diese Bildungsmöglichkeiten wahrnehmen können, muss das Prinzip der Chancengleichheit verfolgt und Interkulturalität als Grundsatz verankert werden. Wie das Integrationsund Diversitätsmonitoring aus dem Jahr 2012 bestätigt, haben auch in Frankfurt am Main Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund signifikanter schlechtere Bildungschancen als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Der Bildungserfolg hängt von verschiedenen Faktoren ab: von der familiären Herkunft, dem Schulkonzept, der Klassenzusammensetzung und auch etwaiger institutioneller Diskriminierung. Auch die monokulturelle Ausrichtung des Schulsystems und damit einhergehende geringe Förderung der Herkunftssprachen und von Mehrsprachigkeit kann ein Hemmnis für eine erfolgreiche Schullaufbahn von mehrsprachigen Kindern darstellen. Auch die Angebote und Stellung von Deutsch als Zweitsprache (DaZ) sind, insbesondere in der Lehrerausbildung, ausbaufähig. Segregationstendenzen in der Schülerschaft können sich ebenfalls – u.a. hervorgerufen durch Gestattungsanträge oder räumliche Ungleichverteilungen – erschwerend auf den Bildungsweg von Kindern auswirken. Dabei wird jedoch zu wenig wahrgenommen, dass der Schulerfolg nicht nur vom Migrationshintergrund abhängig ist, sondern multifaktoriell begründet werden muss. Es lässt sich beobachten, dass Schulen mit Ganztagsangeboten bei allen Kindern, unabhängig von Herkunft oder sozialer Lage,
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
zu besseren Bildungschancen führen. Der Schulerfolg fällt jedoch – je nach Profil – sehr unterschiedlich aus, sodass vermutlich die pädagogischen Inhalte der Angebote und das lokale Bildungsmanagement von übergeordneter Bedeutung sind.
marktintegration und beruflicher Aufstieg sind dabei wiederum selbst abhängig von einer erfolgreichen Bildungsbeteiligung, der Anerkennung von im Ausland erworbenen (Aus)Bildungsabschlüssen sowie der Beherrschung von (Fach)Sprache.
Es gibt in dieser Hinsicht eine Vielzahl von Ansätzen, die das Ziel haben, die schulische Integration und die Orientierung in punkto Ausbildungsmöglichkeiten zu befördern. Dazu gehören Projekte der Jugendhilfe und Gewaltprävention, Sprachförderprogramme, Leseförderung und Angebote, die eine Kompetenzerhöhung der Eltern als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im Fokus haben. Es gilt zu beachten, dass Eltern mit Migrationshintergrund oftmals nicht mit dem deutschen Schul- und Ausbildungssystem vertraut sind und ihre Kinder deshalb nur unzureichend beraten können. Insgesamt sind die Schulen aufgefordert, sich interkulturell zu öffnen und Konzepte zu entwickeln, die die Bedürfnisse aller Schülerinnen und Schüler berücksichtigen.
Arbeitsplätze werden durch eine florierende Wirtschaft und ein erfolgreiches Unternehmertum vor Ort geschaffen. Hierzu zählen auch die sogenannte „Migrantenökonomie“ bzw. das „ethnische Unternehmertum“. Die Gründung eines eigenen Betriebs ist jedoch gerade für Migrantinnen und Migranten sowie Klein- und Kleinstunternehmern aus dem Ausland mit vielen Stolpersteinen und Problemen verknüpft. Daher ist neben Beschäftigungsförderung auch eine Wirtschaftsförderung wichtig. Die Bedeutung eines funktionierenden Zusammenwirkens dieser Faktoren wird auch in dem 10-Punkte-Plan des Oberbürgermeisters und der Dezernentin für Integration der Stadt Frankfurt am Main betont.
Kommunale Handlungsmöglichkeiten
5.4 Wirtschaft und Arbeit Bei der weiterhin günstigen Gesamtsituation bleiben herkunftsbezogene Ungleichheiten in Beschäftigungsformen, insbesondere im Bereich der geringfügigen und atypischen Beschäftigungsverhältnisse, bestehen, ebenso im Fall der Erwerbslosigkeit. In der vielfältigen Gründungstätigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund und der sogenannten „migrantischen Ökonomie“ liegt ein anhaltendes Potenzial. Verschiedene städtische Ämter, Betriebe und Gesellschaften sind gemeinsam und arbeitsteilig in einer umfassenden kommunalen Beschäftigungsförderung aktiv und setzen dabei eigene kommunalpolitische Akzente mit dem Ziel, Vermittlungslücken zu schließen und Qualifizierung zu ermöglichen. Maßnahmen und Beratungsleistungen zu berufsbezogenem Deutsch wurden verstärkt. Auch in der Arbeit der Wirtschaftsförderung sowie der Gewerbe- und Gründungsberatung werden interkulturelle Aspekte zunehmend relevant.
Integrationspolitische Bedeutung Die Integration in den Arbeitsmarkt und berufliche Qualifizierung bilden – neben den Bereichen Bildung und Sprache – zentrale Aspekte der „strukturellen Integration“ in gesellschaftliche Kernbereiche. Eine gelingende Arbeits-
116
Im Bereich der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik unterliegen Leistungen der Arbeitsförderung nach dem SGB III der Gesamtverantwortung der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die Vorgaben und Zuständigkeitsbereiche sind in diesem Bereich sehr eng geführt (vgl. BUESTRICH 2011: S. 154). Eigene Akzente können auf kommunaler Ebene gesetzt werden: • i m Rahmen der durch das SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) und SGB VIII (Jugendsozialarbeit, Eingliederungshilfen, Hilfe für junge Volljährige) gegebenen Möglichkeiten; • durch Unterstützung von Existenzgründern im Rahmen der Wirtschaftsförderung; • durch eigene Beschäftigungspolitik und interkulturelle Öffnung der Verwaltung für Menschen mit Migrationshintergrund. Eine zentrale Aufgabe auf kommunaler Ebene besteht vor diesem Hintergrund darin, die zur Verfügung stehenden Angebote und finanziellen Ressourcen lokal sinnvoll abzustimmen und zielgerichtet dort zu ergänzen, wo Vermittlungslücken vorhanden sind oder regionale Besonderheiten durch das arbeitsmarktpolitische Instrumentarium nur bedingt berücksichtigt werden können. Mit dem Frankfurter Arbeitsmarktprogramm (FRAP) hat die Stadt Frankfurt am Main kürzlich ein Instrument zur Ergänzung der vom Bund verantworteten Arbeitsmarktförderung geschaffen, mit dem eigene Akzente hinsichtlich der Zielgruppen und Inhalte der Fördermaßnahmen gesetzt werden sollen (vgl. hierzu noch: Abschnitt 5.4.2).
Eine wesentliche Voraussetzung für eine gelingende Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik bilden die Bereiche „Qualifizierung“ und die „Anerkennung von Berufsabschlüssen“. Im Zusammenhang mit dem 2012 verabschiedeten „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ wurden u.a. im Rahmen des Förderprogramms „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) bundesweit regionale Anlaufstellen geschaffen, die über Verfahren und rechtliche Grundlagen informieren und Anerkennungsinteressierte an die zuständigen Stellen vermitteln (vgl. B76/2013: S. 3 sowie Abschnitt 5.4.2).
Ziele aus dem Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept Als Grundsatzziele des Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept gelten für das Themenfeld „Arbeit und Wirtschaft“ in den Handlungslinien HL 34 bis HL 40 die Sicherung der Beschäftigungschancen und die Beteiligung der Bevölkerung am Erwerbsleben (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 71ff.). Als zentrale Punkte werden in den einzelnen Handlungslinien benannt: HL 14: Die Vielfalt der Gewerbestruktur als einen zentralen Bestandteil des lokalen Wirtschaftslebens zur positiven Imagebildung nutzen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 61). HL 20, HL 36: Stärkere Förderung berufsbezogener Deutschkenntnisse (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 61). HL 34: • Durch ergänzende Maßnahmen – Kampagnen, Ausbau von Eltern- und Lehrerkooperation sowie Elternund Netzwerkarbeit, Berufsberatung – die Ausbildungsfähigkeit von Absolventinnen und Absolventen sicherstellen. • Alle Ämter sollen dabei helfen, den Berufswahlhorizont der Frankfurter Schülerinnen und Schüler zu weiten und durch die Unterstützung von Übergängen in eine flexible Berufsausbildung Ausbildungsabbrüche zu vermindern (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 71). HL 35: Mentorenprogramme stärken und Communities, Arbeitgeber, Eltern, Familie und den Freundeskreis einbeziehen.
• 36: HL Verstärkte Förderung der Qualifizierung von auf dem Arbeitsmarkt benachteiligten Gruppen sowie Strukturierung des Übergangs zwischen Integrationskursen und Förderprogrammen der Arbeitsagenturen. HL 37: • Zu einer interkulturellen Öffnung der relevanten Arbeitsmarktakteure und Sensibilisierung der Personalabteilungen beitragen. • Eine verstärkte Nutzung von Fremd- und Mehrsprachigkeit im Berufsleben anregen, z.B. in den Bereichen Erziehung und Pflege. HL 38: Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen bekannter machen. HL 39, HL 40: Existenzgründungsberatung und -begleitung weiter ausbauen und Betriebe durch aufsuchende Beratung und Netzwerkarbeit sowie Förderangebote unterstützen.
5.4.1 Ausgangslage - Beschäftigungssituation - Unternehmertum
Beschäftigungssituation Gemäß den Ergebnissen des Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitorings ist die Zahl der Erwerbstätigen und die Erwerbstätigenquote der Frankfurter Bevölkerung – sowohl bei der Bevölkerung mit wie auch ohne Migrationshintergrund – in den vergangenen Jahren gestiegen. Allerdings realisieren Frauen noch immer eine geringere Erwerbstätigenquote als Männer. Dies gilt insbesondere für die weibliche Bevölkerung mit Migrationshintergrund, bei der die Erwerbstätigenquote in den Jahren 2005 bis 2010 zwischen 17 und 26 Prozentpunkten unter der Erwerbstätigenquote der Männer ohne Migrationshintergrund sowie um 20 Prozentpunkte unter der der Frauen ohne Migrationshintergrund lag (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 108). Der Ausbau der Beschäftigung ist teilweise auf eine Zunahme der geringfügigen und atypischen Beschäftigungsverhältnisse zurückzuführen. Menschen mit Migrationshintergrund bzw. ausländischer Staatsangehörigkeit sind stärker in diesen Beschäftigungsformen vertreten (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 123 – 126). Die Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit weist außerdem noch immer eine mehr als doppelt so hohe Arbeitslosenquote auf als die Bevölkerung mit deutscher
117
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Staatsangehörigkeit (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 110ff.). Als ein Grund für die häufigere Arbeitslosigkeit und geringere Erwerbstätigenquote wird oftmals auf die berufliche Qualifikation und Beschäftigung von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit bzw. mit Migrationshintergrund in Sektoren hingewiesen, die stärker von Arbeitslosigkeit betroffen und in denen die Beschäftigungsmöglichkeiten rückläufig sind (vgl. BRÜCK-KLINGBERG 2010: S. 259; GEIßLER 2006: S. 242; OECD 2005: S. 40: MÜNZ ET. AL. 1999: S. 106). Verschiedene Studien deuten allerdings auf einen Wandel dieser beruflichen Ungleichstellung im Generationenverhältnis hin (vgl. BRÜCKKLINGBERG 2010: S. 258; OECD 2005: S. 40; KESKCES 2004: S. 221; KOGAN 2003: S. 19f.). In Abbildung 5.17 werden Statistiken der Agentur für Arbeit und zur beruflichen Stellung von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit deutscher und mit ausländischer Staatsangehörigkeit vergleichend dargestellt. Zusätzlich werden das Anforderungsniveau von Tätigkeiten und das Geschlecht als Merkmale berücksichtigt. Bei Betrachtung von Abbildung 5.17 zur beruflichen Stellung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort Frankfurt am Main wird deutlich, dass Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Jahr 2013 erheblich höhere Beschäftigungsanteile im Bereich der „Verkehrsberufe, Logistik, Schutz und Sicherheit“, in den Bereichen „Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung“ sowie in „kaufmännischen Dienstleistungsberufen“ und den Sektoren „Vertrieb, Handel und Tourismus“ realisieren. Die aufgeführten Berufskategorien beinhalten insbesondere auch „Hotel- und Gaststättenberufe“, Beschäftigungen als „Aufseher/-in“, „Kontrolleur/-in“ sowie „Wach- und Schutzpersonal“ und „Reinigungs- und Verkaufsberufe“. Sie umfassen oftmals hohe Anteile an geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen sowie Zeitarbeits- und Minijobs und sind stärker von saisonalen und konjunkturellen Schwankungen betroffen (vgl. TREICHLER 2013: S. 37; WILLKE 2006: S. 51). Deutlich weniger vertreten sind Beschäftigte mit ausländischer Staatsangehörigkeit dagegen in Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufen, denen eher eine positive Beschäftigungsentwicklung prognostiziert wird (vgl. GERUSCHKAT ET. AL. 2013: S. 11; KNOBEL ET. AL. 2013: S. 46; KNOBEL ET. AL. 2008: S. 144f., S. 152). Der Vergleich nach Geschlecht zeigt, dass es Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit stärker gelingt, in diesen Berufen Fuß zu fassen.
118
Beim Vergleich des Anforderungsniveaus der ausgeübten Tätigkeiten wird außerdem deutlich, dass Beschäftigte mit ausländischer Staatsangehörigkeit deutlich häufiger in Helfer- und Anlerntätigkeiten angestellt sind. Dies sind Tätigkeiten, für die i.d.R. kein formaler beruflicher Bildungsabschluss bzw. lediglich eine einjährige (geregelte) Berufsausbildung oder nur geringe spezifische Fachkenntnisse erforderlich sind. Qualifikation, Arbeitserfahrung und Beschäftigung in strukturschwachen Branchen bilden sicherlich auch eine Ursache für die höhere Arbeitslosenquote der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Für den Arbeitsmarkterfolg spielt daher auch eine Rolle, ob im Ausland erworbene Qualifikationen überhaupt anerkannt werden: So liegt der Anteil der Leistungsberechtigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit ohne anerkannte Berufsausbildung in Frankfurt am Main mehr als 20 Prozent über dem Anteil der Leistungsberechtigten mit deutscher Staatsangehörigkeit (vgl. JOBCENTER FRANKFURT AM MAIN 2014: S. 24). Daneben können bei der Stellenvergabe aber auch Vorurteile und Diskriminierungen zum Tragen kommen. In der Frankfurter Integrationsstudie aus dem Jahr 2008 wurde die „Suche nach einer Arbeitsstelle/Ausbildungsplatz“ mit 24% nach „Schule/Ausbildung“ (31%) am zweithäufigsten als Bereich benannt, in dem persönliche Diskriminierungserfahrungen vorliegen (vgl. HALISCH 2008: S. 208). In der internationalen Städtevergleichsstudie TIES47 aus dem Jahr 2012, welche sich mit der Situation der zweiten Generation auseinandersetzte, gab lediglich ein Drittel der Befragten mit türkischer Herkunft an, bei der Arbeitssuche nicht diskriminiert worden zu sein (vgl. LESSARDPHILLIPS ET. AL. 2012: S. 189). Im Städtevergleich belegte Frankfurt damit den zweitschlechtesten Platz.
47 Die Studie „The Integration of the European Second Generation (TIES)“ richtete ihren Blick „auf die Nachkommen von Einwanderern aus der Türkei, Jugoslawien und Marokko, wobei die »zweite Generation« gefasst wird als die Kinder von Einwanderern, die im Einwanderungsland geboren wurden und lebten“ (SÜRIG & WILMES 2011: S. 7). Es handelte sich um eine städtevergleichende Studie, an der sich neben Frankfurt am Main auch Berlin sowie 14 weitere Städte aus 7 EU-Ländern beteiligten (vgl. hierzu genauer: SÜRIG & WILMES 2011: S. 7). Insgesamt waren die in Frankfurt am Main 704 befragten Personen zum Zeitpunkt der Erhebung zwischen 18 und 35 Jahre alt. Da die meisten Ergebnisse nur signifikant für Befragte mit türkischen Eltern sind, beziehen sich die Ergebnisse daher speziell auf diese Befragtengruppe.
Bevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit Geisteswissenschaften, Kultur, Gestaltung
Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht, Verwaltung Kaufm. Dienstleistungen, Handel, Vertrieb, Tourismus
Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit
Naturwissenschaft, Geographie, Informatik
Bau, Architektur, Vermessung, Gebäudetechnik
Rohstoffgewinnung, Produktion, Fertigung
Land-, Forst-, Tierwirtschaft, Gartenbau
0
20000
40000
Helfer/in
60000
80000
100000 120000 140000 160000 180000
Fachkraft
Spezialist /in
Expertin / Experte
Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit Geisteswissenschaften, Kultur, Gestaltung
Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht, Verwaltung Kaufm. Dienstleistungen, Handel, Vertrieb, Tourismus
Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit
Naturwissenschaft, Geographie, Informatik
Bau, Architektur, Vermessung, Gebäudetechnik
Rohstoffgewinnung, Produktion, Fertigung
Land-, Forst-, Tierwirtschaft, Gartenbau
0
5000
Helfer/in
10000
Fachkraft
15000
20000
Spezialist /in
25000
30000
Expertin / Experte
Abbildung 5.17a: Stellung im Beruf nach Migrationshintergrund, 2013 Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit
119
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Weibliche Bevölkerung 3,0%
18,8%
24,4%
Geisteswissenschaften, Kultur
5,7%
Gesundheit, Soziales, Erziehung
17,1%
Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht, Verwaltung
Kaufmännische Dienstleistungen, Handel, Vertrieb, Tourismus
45,7%
20,2% Verkehr, Logistik, Schutz, Sicherheit 12,1% Naturwissenschaften, Geographie, Informatik
23,8%
0,8%
2,1% 6,9%
Bau, Architektur, Vermessung, Gebäudetechnik
11,7%
Landwirtschaft-, Zucht-, Fischereiberufe, Gartenbau
3,3%
BEVÖLKERUNG MIT AUSLÄNDISCHER STAATSANGEHÖRIGKEIT
3,1%
1,3%
BEVÖLKERUNG MIT DEUTSCHER STAATSANGEHÖRIGKEIT
Männliche Bevölkerung 2,2% 3,8%
Geisteswissenschaften, Kultur
13,5%
Gesundheit, Soziales, Erziehung
12,4%
Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht, Verwaltung
4,4% 5,0%
33,7%
Kaufmännische Dienstleistungen, Handel, Vertrieb, Tourismus 8,8%
34,4%
Verkehr, Logistik, Schutz, Sicherheit 16,9% Naturwissenschaften, Geographie, Informatik
6,8% 10,2%
Bau, Architektur, Vermessung, Gebäudetechnik
15,5% Landwirtschaft-, Zucht-, Fischereiberufe, Gartenbau
BEVÖLKERUNG MIT AUSLÄNDISCHER STAATSANGEHÖRIGKEIT
120
5,4%
Rohstoffgewinnung, Produktion, Fertigung
15,6% 1,2%
10,1%
0,5% BEVÖLKERUNG MIT DEUTSCHER STAATSANGEHÖRIGKEIT
Abbildung 5.17b: Stellung im Beruf nach Geschlecht, 2013 Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit
Unternehmertum Die Frankfurter Integrationsstudie sowie Sonderauswertungen des Bürgeramt, Statistik und Wahlen haben auf den deutlichen Anstieg der Gewerbeanmeldungen in Frankfurt und speziell der von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gegründeten Unternehmen hingewiesen (vgl. HALISCH 2008: S. 126f.; STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2012; STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2010: S. 1). Ca. 50% der Neugründungen von Betrieben erfolgt in Frankfurt am Main durch Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit und dabei vornehmlich von Männern. Im Jahr 2012 war außerdem mindestens jedes siebte Unternehmen (ca. 16%) im IHK-Bezirk Frankfurt in ausländischem Besitz oder wird durch Entscheidungsträger mit ausländischer Herkunft geleitet (vgl. IHK FRANKFURT AM MAIN 2013: S. 3). Wie u.a. das Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring gezeigt hat, überstiegen die Neugründungen bis zum Jahr 2011 regelmäßig die Schließungen, sodass auch von einer gewissen Nachhaltigkeit der Gründungs-aktivität von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Frankfurt ausgegangen werden kann (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 120f.). Abbildung 5.18 zeigt in diesem Zusammenhang den Saldo aus Anmeldungen abzüglich der Abmeldungen von Gewerben, wobei die Staatsangehörigkeit der Gründerinnen und Gründer berücksichtigt wird. Wie aus der Abbildung hervorgeht, übersteigt ab dem Jahr 2012 neuerdings bei den Gründerinnen und Gründern mit ausländischer Staatsangehörigkeit die Zahl der Gewerbeabmeldungen erstmals die Zahl der Gewerbeanmeldungen. Als ein Grund hierfür wird der Wegfall der Beschränkungen in der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der daraufhin resultierende Übergang in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse aufgeführt (vgl. BAAS ET. AL. 2011). Wie Abbildung 5.19 zeigt, ist in den vergangenen Jahren gerade bei erwerbsfähigen Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus einem der sogenannten „EU-8-Länder“ ein Zuwachs in den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zu beobachten.48 Mit einem Anteil von ca. 60% bis 65% der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten der EU-8 ist der Zuwachs dabei größtenteils auf die Beschäftigung von Personen mit polnischer Staatsangehörigkeit zurückzuführen. Wie der Abbildung entnommen werden kann, ist darüber hinaus auch ein Zuwachs bei den sozialversicherungs-
pflichtig Beschäftigten mit rumänischer und bulgarischer Staatsangehörigkeit sowie mit griechischer, italienischer, portugiesischer oder spanischer Staatsangehörigkeit zu verzeichnen. Die Zahl der Beschäftigten mit den in der Abbildung erwähnten Staatsangehörigkeiten bildeten in den Jahren 2006 bis 2013 mit ca. 65% bis 70% auch den größten Anteil der Beschäftigten mit Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates (ohne deutsche Staatsangehörige) in Frankfurt am Main. 70% bis 85% der aufgeführten Beschäftigten gingen dabei nicht nur in Frankfurt am Main zur Arbeit, sondern hatten gleichzeitig auch ihren Wohnort in Frankfurt am Main. Als weiterer Grund für den Rückgang der Gewerbetreibenden kommt hinzu, dass das Frankfurter Ordnungsamt seit Juli 2012 neue Kriterien zur Anwendung bringt, welche die Anmeldung eines Gewerbes erschweren (vgl. B180/2014: S. 6). Hierdurch konnte die Scheinselbstständigkeit reduziert werden. Zusammenfassend kann – gemäß den Ergebnissen der bisherigen Studien – davon ausgegangen werden, dass die neuen Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit Anreize für die Aufnahme und Umwandlung von (sozialversicherungspflichtigen) Beschäftigungsverhältnissen gesetzt haben, was auch den Sozialversicherungssystemen und dem Abbau von Scheinselbstständigkeit entgegenkommt (vgl. BAAS ET. AL. 2011: S. 4). Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass – neben der Qualifikation (und deren Anerkennung) – insbesondere rechtliche Barrieren eine wichtige Rolle für die höhere Gründungsneigung von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit spielen (vgl. JUNG ET. AL. 2011: S. 25). Mit Blick auf die Abmeldung von Gewerben steht außerdem zur Frage, welche Faktoren den dauerhaften Erfolg migrantischen Unternehmertums bedingen. Anhaltspunkte zu Erfolgsbedingungen für migrantisches Unternehmertum in Frankfurt am Main können der qualitative Studie „Transnationales Unternehmertum in Frankfurt am Main: Profile, Bedingungen und Handlungspotentiale“ der Goethe-Universität Frankfurt entnommen werden, welche durch das Amt für multikulturelle Angelegenheiten kofinanziert wurde. Die Studie beschäftigte sich mit transnationalen Unternehmen, die
48 Zu den „EU-8“ zählen die Staaten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn. Seit dem 1. Mai 2011 sind die Übergangsfristen für die Arbeitsnehmerfreizügigkeit aus diesen Ländern verstrichen, sodass ein uneingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt möglich ist. Aufgrund des Grundrechts der Niederlassungsfreiheit war es Bürgerinnen und Bürgern aus diesen Staaten zuvor bereits möglich, uneingeschränkt als Selbstständige oder Unternehmer tätig zu werden. Bei allen abhängigen Beschäftigungsverhältnissen galt der Inländerprimat.
121
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
2600
Saldo aus Gewerbeanmeldungen und Gewerbeabmeldungen bei ... Gewerbetreibenden mit deutscher Staatsangehörigkeit Gewerbetreibenden mit ausländischer Staatsangehörigkeit
2100
1600
1100
600
100 2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
-400
-900 Abbildung 5.18: Saldo aus Gewerbeanmeldungen abzüglich Gewerbeabmeldungen nach Staatsangehörigkeit der Gewerbetreibenden Datenquelle: Hessisches Statistisches Landesamt 1600
1400
EU8 Griechenland, Italien, Portugal, Spanien (EU4) Bulgarien, Rumänien
1200
1000
800
600
400
200
0 2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
Abbildung 5.19: -200 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort Frankfurt am Main nach Staatsangehörigkeit, ohne Auszubildende Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit
122
2013
von Personen mit Migrationshintergrund gegründet wurden, sich (im Durchschnitt über 10 Jahre) am Markt etablieren konnten, und deren wirtschaftliche Aktivitäten sich hinsichtlich Kunden-, Lieferanten- oder Finanzierungsbeziehungen auf mindestens zwei Länder erstrecken (vgl. EBNER & WÖSTEN 2013: S. 8). Ein Ergebnis aus den durchgeführten qualitativen Interviews ist dabei, dass transnationale Firmen durch grenzüberschreitende Kombination von Ressourcen und Produktionsfaktoren Produkte und Dienstleistungen anbieten können, die bisher noch in recht geringem Ausmaß angeboten werden und dadurch auch zur Wettbewerbsfähigkeit eines Wirtschaftsstandorts beitragen (vgl. EBNER & WÖSTEN 2013: S. 60). In Einklang mit den Expertenaussagen der CLIP-Studie konnte außerdem festgestellt werden, dass ein Großteil des migrantischen bzw. transnationalen Unternehmertums in Frankfurt am Main nicht nur dem Muster einer Nischenökonomie folgt.49 Gemäß den Befunden der Studie sind migrantische bzw. transnationale Unternehmen (vgl. EBNER & WÖSTEN 2013: S. 29f., S. 40, S. 60; LÜKENKLAßEN & POHL 2010: S. 23f.): • in einem breiten Wirtschafsspektrum tätig; • in Bereichen tätig, die höhere Qualifikationen voraussetzen; • nicht primär in der Erbringung eigenethnischer Dienstleistungen gegenüber der eigenen Community tätig, sondern bedienen sowohl Kundinnen und Kunden mit wie auch ohne Migrationshintergrund. Migrantische und transnationale Unternehmen erfüllen wirtschaftlich und im internationalen Standortwettbewerb außerdem eine wichtige Funktion, indem sie Marktlücken schließen, neue Produkte und Dienstleistungen in einen lokalen Wirtschaftskontext einführen oder spezialisierte Dienstleistungen für global agierende Konzerne anbieten und es ausländischen Investoren erleichtern, Fuß zu fassen (vgl. EBNER & WÖSTEN 2013: S. 35f., S. 50f., S. 60).
• v ergünstigte Bereitstellung und Unterstützung bei der Suche von (Büro)Räumlichkeiten bzw. Immobilien angesichts – im Vergleich zu anderen Standorten in Deutschland – sehr hoher Mieten für Wohn- und Büroraum; • Gründungszuschüsse und Zugang zu Krediten. Als wichtige Akteure wurden benannt (vgl. EBNER & WÖSTEN 2013: S. 57f.): • d ie Agentur für Arbeit Frankfurt am Main und Offenbach (KIZ); • die Wirtschaftsförderung der Stadt Frankfurt und der Metropolregion FrankfurtRheinMain; • der Goethe-Unibator der Goethe-Universität Frankfurt; • die Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt am Main; • die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW); • die Frankfurt Tourismus und Congress GmbH. Als gründungsfördernde Faktoren und Perspektiven für die Zukunft wurden u.a. abgeleitet (vgl. EBNER & WÖSTEN 2013: S. 59 - 64): • S enkung bürokratischer Hürden bei der Erlangung von Aufenthaltstiteln für ausländische Arbeitskräfte; • leichtere und umfassendere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse; • transparentere Förderprogramme, bessere Abstimmung und Entwicklung bereichsübergreifender Förderstrategien; • Bündelung kommunaler Informations- und Beratungsangebote für transnationale Unternehmer nach dem Beispiel von „One-Stop-Agencies“, welche Informationen und Beratung aus einer Hand anbieten; • Ausbau von Serviceangeboten und lokalen Beratungsstellen in Kooperation mit migrantischen Verbänden und Vereinen sowie in Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil.
Als positive Standortbedingungen und gründungsfördernde Faktoren wurden im Rahmen der durchgeführten Interviews die folgenden Aspekte hervorgehoben (vgl. EBNER & WÖSTEN 2013: S. 49, S. 51., S. 54): • g ute Verkehrsinfrastruktur und Internationalität des Standorts Frankfurt; • Arbeitskräfteverfügbarkeit und Attraktivität Frankfurts für ausländische Fachkräfte; • Diversität, kulturelle Offenheit und weitverbreitete Englischsprachigkeit der Bevölkerung; • Coaching, Beratung und Unterstützung der Start-UpUnternehmen bei Vernetzung;
49 Auch die Studie „Wirtschaft International“ der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main zeigt, dass ausländische Unternehmen in allen Wirtschaftssektoren vertreten sind. Mit einem Anteil von 38% liegt ein gewisser Schwerpunkt jedoch auf dem Sektor „Informations- und Kommunikationstechnik, Vermietung, Finanz- und Unternehmensdienstleistungen“ (vgl. IHK FRANKFURT AM MAIN 2013: S. 8).
123
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
5.4.2 Entwicklungen im Handlungsfeld - Beschäftigungsförderung - Frankfurter Arbeitsmarktprogramm - Förderprogramme für Jugendliche und junge Erwachsene - Förderprogramme für Erwachsene (über 25 Jahre) - Berufsbezogenes Deutsch, Sprachsensibilisierung und Beratung - Qualifizierung, Anerkennung von Abschlüssen - Wirtschaftsförderung, Förderung von Unternehmertum
Beschäftigungsförderung Die kommunale Beschäftigungsförderung hat in Frankfurt am Main eine lange Tradition. Verschiedene Dezernate, Ämter und Gesellschaften ergänzen sich in diesem Bereich durch zielgruppenspezifische Förder- und Unterstützungsangebote und stehen diesbezüglich in Kooperation (vgl. B590/2013: S. 6). Im Bereich der Jugendberufshilfe sind auf städtischer Seite sowohl das Stadtschulamt wie auch das Jugend- und Sozialamt zuständig. Das Jugend- und Sozialamt hat außerdem die Federführung für die Umsetzung des Frankfurter Arbeitsmarktprogramms (FRAP). Das Jugend- und Sozialamt ist außerdem für die Gewährung existenzsichernder Mindestleistungen wie das Arbeitslosengeld II, Sozialgeld oder Grundsicherung im Alter verantwortlich, auf welche als Leistungen für alle bedürftigen Bevölkerungsgruppen unabhängig von der Nationalität ein Anspruch besteht.50 Auch das Frauenreferat und die Wirtschaftsförderung sind im Bereich der Beschäftigungsförderung für unterschiedliche Zielgruppen aktiv. Das im Jahr 2005 gegründete Jobcenter Frankfurt am Main ist für Leistungsbeziehende nach dem SGB II zuständig, die Bundesagentur für Arbeit (BA) übernimmt Aufgaben für Leistungsbeziehende nach dem SGB III und für arbeitssuchende Personen ohne Leistungsbezug. Seit dem Jahr 2005 ist das Jobcenter als gemeinsames Projekt der Stadt Frankfurt am Main und der Bundesagentur für Arbeit konzipiert, von 2005 bis 2010 als Arbeitsgemeinschaft, seit 2011 als gemeinsame Einrichtung. Die Belegschaft wird je zur Hälfte von der Stadt und von der Bundesagentur gestellt. Eine Abstimmung zwischen Jobcenter, Stadt und Bundesagentur erfolgt in der Trägerversammlung wie auch im Arbeitsalltag. Das Maßnahmenportfolio des Jobcenters berücksichtigt grundsätzlich die Bedarfe von Personen mit Migrationshintergrund im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. Der Zugang in Maßnahmen der Arbeitsförderung soll für alle Leistungsbeziehende – auch für Personen mit z.B. geringeren Deutschkenntnissen – möglich sein. Darüber hinaus werden einige wenige zielgruppenorientierte Ein-
124
gliederungsleistungen angeboten. Das Jobcenter Frankfurt am Main ist außerdem bestrebt, interkulturelle Öffnung zu ermöglichen. Dabei werden Organisationsstrukturen und Instrumente des Förderns und Forderns hinsichtlich kultur- und migrationsspezifischer Aspekte beleuchtet. Zu den aktuellen Arbeitsschwerpunkten zählen: • B eleuchtung des Kundenpfades hinsichtlich möglicher Hindernisse für Personen mit geringen Deutschkenntnissen; • systematische Erfassung der im Ausland erworbenen Abschlüsse im Profiling; • systematische Kompetenzerfassung von migrationsspezifischen Qualifikationen und Entwicklung von Erfolg versprechenden Vermittlungsstrategien; • Entwicklung von Entscheidungsvorlagen zum Einkauf geeigneter Maßnahmen zur (Nach- bzw. Anpassungs-) Qualifizierung für Migrantinnen und Migranten; • migrationsspezifische Beratung von unter 25-jährigen und ihrer Eltern im Übergang von der Schule in den Beruf. Darüber hinaus verfügt das Jobcenter über ein erprobtes Verfahren zur Sprachstandsfeststellung, das eine passgenauere Zuweisung zu den Integrationskursen, in das ESF-BAMF-Programm und in Qualifizierungsmaßnahmen ermöglicht.
Frankfurter Arbeitsmarktprogramm Die Stadt Frankfurt am Main ergänzt seit vielen Jahren die Angebote der Bundesagentur für Arbeit sowie des Jobcenters Frankfurt und setzt dadurch eigene kommunalpolitische Akzente. In Zusammenhang mit der Kürzung von Bundesmitteln und zur Verbesserung der Teilhabechancen von Bürgerinnen und Bürgern am Arbeitsmarkt wurde der Etat des Dezernates für Soziales, Senioren, Jugend und Recht im Rahmen des Frankfurter Arbeitsmarktprogramms (FRAP) ab dem Jahr 2012 um fünf Millionen auf jährlich 16 Millionen Euro erweitert. Das Frankfurter Arbeitsmarktprogramm (FRAP) versteht sich als Instrument zur Ergänzung der Arbeitsmarktförderung der Bundesagentur für Arbeit und des Jobcenters und dient dem regionalen und zielgruppenspezifischen Zuschnitt
50 Es ist darauf hinzuweisen, dass Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die einem Beschäftigungsverbot unterliegen oder ausschließlich zur Arbeitssuche eingereist sind, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben. Staatsangehörigen von Nicht-EU-Ländern kann bei unzureichender Lebensunterhaltssicherung die Verlängerung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis versagt werden; ausländische Studierende können ihr Aufenthaltsrecht verlieren.
von Fördermaßnahmen (vgl. B590/2013: S. 6). Zu den Zielgruppen zählen seit jeher insbesondere (vgl. B473/2012: S. 6 – 11.; B576/2012: S. 3): • s ozial benachteiligte Jugendliche und Erwachsene mit besonderen Förderbedarfen; • Langzeitarbeitslose; • Personen mit multiplen Problemlagen und intensivem Unterstützungsbedarf. Daneben sollen mit dem FRAP neue Zielgruppen erreicht werden, beispielsweise die sogenannte „Stille Reserve“, aber auch dauerhaft erwerbsgeminderte Personen, bei denen die Chance besteht, durch gezielte Unterstützung eine Erwerbsfähigkeit wiederherzustellen. Hohe Priorität genießen Projekte, die neben der Qualifizierung der Teilnehmenden auch einen Nutzen für die Stadtgesellschaft entfalten. Im Rahmen des FRAP wurde auch ein neues Beratungszentrum geschaffen, in dem Beratungen zur beruflichen Zukunft und zu Weiterbildungsmöglichkeiten von Einwohnerinnen und Einwohnern mit und ohne Migrationshintergrund umgesetzt werden. Für Menschen mit Migrationshintergrund bilden dabei Beratung in Fragen rund um die Anerkennung und Nachholung von im Ausland erworbener Abschlüsse eine wichtige Rolle. Aus Mitteln des FRAP wurde 2013 die Umsetzung eines Pilotprojektes mit „Integrierter Deutschförderung“ für arbeitslose Personen mit Migrationshintergrund in einer über das Jobcenter Frankfurt geförderten Maßnahme ermöglicht. Die Gemeinnützige Frankfurter Frauen-Beschäftigungsgesellschaft (GFFB) erprobt dieses neue Konzept im Berufsfeld „Hauswirtschaft“ ihres Aktivierungscenters. Das AmkA hat das Projekt gemeinsam mit dem Jugend- und Sozialamt und dem Jobcenter Frankfurt initiiert und begleitet die Umsetzung fachlich. In Einzelgesprächen wird dabei zuerst der Förderbedarf anhand einer Sprachstandserhebung ermittelt. Danach werden im Teamteaching und in Gruppensitzungen die Fachsprache in Sprachhandlungen – wie das Verstehen und Weitergeben von Arbeitsanweisungen oder das Nachvollziehen von Bedienungsanleitungen und Sicherheitsstandards – praxisnah eingeübt. Durch die Methode des Teamteaching und die enge Zusammenarbeit zwischen Fachanleitung und Deutsch-Fachkraft findet eine Sensibilisierung der Fachanleitung für die – auf Zweitsprachenlerner bezogene – passgenaue Vermittlung von Inhalten statt. Die von berami e.V. konzipierten Kurse zur Vorbereitung von Frauen mit Migrationshintergrund auf die Berufsausbildung zur Altenpflegerin und von Personen mit Migra-
tionshintergrund auf die Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher wurden 2013 erstmals aus FRAP-Mitteln finanziert. In dem Vorbereitungskurs zur Altenpflegerin werden Frauen mit Migrationshintergrund auf die Aufnahmeprüfung zur Ausbildung als examinierte Fachkraft vorbereitet. Bei erfolgreicher Teilnahme qualifizieren sie sich als Betreuungskraft und haben damit eine Einstiegsqualifikation im Bereich Pflege erworben. Die Ausbildungsvorbereitung zur Erzieherin und zum Erzieher richtet sich an Personen mit Migrationshintergrund mit Abschluss im pädagogischen Bereich, denen die Berufsanerkennung in Deutschland fehlt. Es müssen Deutschkenntnisse mindestens auf Stufe B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) vorhanden sein. Neben dem Vorbereitungskurs51 erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ergänzend fachbezogenen Unterricht in Deutsch, der auf C1-Niveau des GER abgeschlossen wird.
Förderprogramme für Jugendliche und junge Erwachsene Bestimmte Beschäftigungsförderungsprogramme sind besonders stark durch Menschen mit Migrationshintergrund belegt, sodass man hier annähernd bei jedem Angebot von einer „Integrationsmaßnahme“ sprechen kann. Dies gilt z.B. für Förderprogramme für junge Menschen (U 25/27), von denen im Durchschnitt etwa drei Viertel durch Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Migrationshintergrund belegt sind.52 Hier existieren eine Vielzahl an – schwerpunktmäßig durch das Jugend- und Sozialamt finanzierten – Angeboten für Jugendliche, welche sich unterteilen lassen in: Maßnahmen zur Vorbereitung auf den Schulabschluss53, berufsorientierende und ausbildungsvorbereitende Maßnahmen54,
51 In den Vorbereitungskursen werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer umfassend geschult, beraten und auf die schriftliche und mündliche Aufnahmeprüfung an der Berta Jourdan Schule vorbereitet. Außerdem absolvieren sie ein 6-monatiges Praktikum in einer Kinderbetreuungseinrichtung. 52 Vgl. hierzu die Auswertungen des Jugend- und Sozialamtes sowie des Frauenreferats zur Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Migrationshintergrund in den Anlagen 1, 2 und 4 zu B473/2012 sowie in den Anlagen 1 und 2 zu B590/2013. 53 Maßnahmen zur Vorbereitung auf den Schulabschluss helfen Jugendlichen ohne Schulabschluss dabei, den Hauptschulabschluss nachzuholen. Sie sind dazu eng mit Maßnahmen der beruflichen Orientierung verbunden (vgl. B590/2013: S. 10). 54 Berufsorientierende Maßnahmen unterstützen junge Menschen bei der Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche durch Angebote beruflicher Orientierung, Qualifizierung und Ausbildungsvorbereitung (vgl. B590/2013: S. 10).
125
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
ausbildungsbegleitende Maßnahmen55 und Maßnahmen der außerbetrieblichen Ausbildung56 sowie Ausbildungsangebote in Ausbildungsverbünden57 (vgl. B590/2013: S. 9f.). In Zusammenhang mit den Aspekten „Vorbereitung auf den Schulabschluss“ und „Berufsorientierung“ wurde bereits in Kapitel 5.3 auf das Frankfurter Hauptschulprojekt und die bestehenden berufsorientierenden Maßnahmen an Berufsschulen hingewiesen. Zusätzlich können an dieser Stelle die folgenden schulexternen Angebote und Maßnahmen der Berufsorientierung erwähnt werden, welche besonders stark durch Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Migrationshintergrund genutzt werden oder sich speziell an diese Zielgruppe richten:58 Hierzu zählten zuletzt z.B. das Hauptschulanschluss- und Berufsorientierungsprogramm „Touchdown“ der AWO Perspektiven gGmbH, das Berufsbildungsprojekt des Fördervereins Roma e.V. für Roma-Jugendliche und junge Erwachsene, verschiedene Projekte zur Qualifizierung, Ausbildungsorientierung und Beschäftigungsförderung des Internationalen Bundes (IB) sowie die Projekte „Fit in den Beruf“, „Perspektive mit Plan“, das Projekt „BOK – Berufsorientierung und Qualifizierung junger Frauen und Mädchen aus Familien mit Migrationshintergrund“ und andere Projekte des Zentrums für Weiterbildung gGmbH (ZfW). Darüber hinaus existieren eine Vielzahl von offenen (Beratungs-)Angeboten, wie die Jugendberufshilfe Fechenheim, die „Jobscouts am Bügel“ des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit e.V., die „Schul- und Ausbildungsberatung“ des Internationalen Familienzentrums e.V. (IFZ), die „Patenschaft für Ausbildung“ des Vereins Jugend braucht Arbeit e.V. sowie das Projekt „Gallus 1:1 für Ausbildung“ des Sportkreises Frankfurt (vgl. hierzu auch Abschnitt 5.7.2). Im Bereich „ausbildungsbegleitende Maßnahmen“ werden die Projekte „FidA – Förderung in der Ausbildung“ des Vereins für berufliche Förderung von Frauen (VbFF) sowie das Projekt „LIA – Lernförderung in der Ausbildung“ des ZfW stark durch junge Menschen mit Migrationshintergrund genutzt. Im Bereich „außerbetriebliche Ausbildung“ ist der „SchubLaden“ der FaPrik gGmbH, die „Ausbildung zur/ zum Raumausstatter/-in“ (IB), die „Ausbildung zur/zum Servicefahrer/-in“ (vae), die „Ausbildung und Qualifizierung in der Gastronomie und Hauswirtschaft“ (ZfW), die „Erstausbildung für junge Migrantinnen zur Bürokauffrau“ („Büroprojekt“ des VbFF) sowie das Angebot „Ausbildung in der Migration“ (ZfW) stark durch Menschen mit Migrationshintergrund genutzt und gezielt auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten.
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Um Jugendliche und junge Erwachsene noch besser beim Berufseinstieg unterstützen zu können, haben das Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt am Main, die Bundesagentur für Arbeit und das Jobcenter Frankfurt am Main im Jahr 2012 außerdem das Jugendjobcenter gegründet. Ziel ist es, Unterstützungsangebote der beteiligten Rechtskreise SGB II (Jobcenter), SGB III (Agentur für Arbeit) und SGB VIII (Jugend- und Sozialamt) zukünftig besser abzustimmen. Das Angebot richtete sich zunächst auf den Frankfurter Süden und Osten und wurde 2014 auf alle Stadtteile ausgedehnt (vgl. JOBCENTER FRANKFURT AM MAIN 2014: S. 9; S. 29).
Förderprogramme für Erwachsene (über 25 Jahre) In der Altersgruppe über 25 Jahre werden vor allem Projekte, die sich an Frauen richten, stärker von Menschen mit Migrationshintergrund genutzt.59 Beispielhaft zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die folgenden Projekte, die durch das Jugend- und Sozialamt gefördert werden: die Qualifizierungsmaßnahme „Migrantinnen fit für den Arbeitsmarkt“ von jumpp e.V. in Zusammenarbeit mit berami sowie „Schritt für Schritt ins Erwerbsleben“ des VbFF e.V. Diese Angebote richten sich an Frauen mit Migrationshintergrund, die im SGB II-Leistungsbezug stehen, und unterstützen sie beim beruflichen Wiedereinstieg nach der Familienphase durch Beratung, Coaching sowie Qualifizierungs- und Bewerbungstrainings.
55 Ausbildungsorientierende Maßnahmen richten sich an junge Menschen, die sich in einer betrieblichen Ausbildung befinden und unterstützen den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung: „Maßnahmeninhalte sind beispielsweise der Ausgleich fachlicher Defizite durch Stützunterricht oder die Unterstützung und Vermittlung […] bei Konflikten am Ausbildungsplatz“ (vgl. B590/2013: S. 11). 56 Maßnahmen der außerbetrieblichen Ausbildung beinhalten Ausbildungsplätze, die zusätzlich zum bestehenden Angebot auf dem ersten Arbeitsmarkt und zu außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen der BA sowie des Jobcenters für junge Menschen geschaffen wurden, die den Anforderungen der anderen aufgeführten Ausbildungsangebote nicht gewachsen sind (vgl. B590/2013: S. 11). 57 Ausbildungsverbünde richten sich an ausbildungsplatzsuchende Jugendliche mit Förderbedarf und/oder Migrationshintergrund sowie Betriebe, die zwar ausbilden möchten, aber nicht alle Ausbildungsinhalte im eigenen Betrieb durchführen können (vgl. B590/2013: S. 11). 58 Für eine Übersicht siehe die Anlagen 1, 2 und 3 zu B590/2013 sowie die „Übersicht der Angebote und Maßnahmen für Jugendliche und junge Erwachsene ohne Ausbildung und Arbeit“ des Netzwerks „Jugend und Arbeit“ (vgl. gjb 2013). 59 Weniger stark frequentiert sind dagegen Maßnahmen der Beschäftigungsförderung für Menschen über 25 bzw. 27 Jahre. Hier weist im Durchschnitt etwa ein Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Migrationshintergrund auf.
In Zusammenhang mit der Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen ist außerdem auch das Frauenreferat durch mehrere geförderte Beratungs- und Qualifizierungsprojekte aktiv. Zu denjenigen Angeboten des Frauenreferats, die sich speziell an Frauen mit Migrationshintergrund richten, zählen z.B. die durch das Frauen-Softwarehaus e.V. angebotenen „Internetkurse für Migrantinnen“ und das Projekt „Ausbildung in Migration“, welches durch den Verein zur beruflichen Förderung von Frauen e.V. (VbFF) entwickelt wurde, sowie die durch berami e.V. umgesetzten Projekte „Beratung für Arbeit, Bildung und Beruf“, „Brückenbausteine zum Beruf“, „Forum Berufsrückkehr“, „Mentoring für Migrantinnen“ und „Lernhaus für Frauen“.
Berufsbezogenes Deutsch, Sprachsensibilisierung und Beratung Neben zielgruppenspezifischen Ansätzen ist es wichtig, dass etablierte sowie neue Angebote, Maßnahmen und Beschäftigungsmöglichkeiten weiter interkulturell geöffnet und an die Bevölkerung mit Migrationshintergrund kommuniziert werden. In diesem Zusammenhang ist das AmkA beratend und durch Konzeptarbeit in den folgenden Zusammenhängen tätig: • B eratung des Jobcenters seit dessen Eröffnung (2005) in Zusammenhang mit migrationsspezifischen Themen und dem Thema „Interkulturelle Öffnung“. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters wurden durch das AmkA umfangreiche Schulungen durchgeführt. • Begleitung des FRAP-Beratungszentrums bei dessen Initiierung und Umsetzung. Der Fokus der Beratungstätigkeit des AmkA liegt hier auf der Berufswegeberatung von Menschen mit Migrationshintergrund und der Unterstützung der damit in Verbindung stehenden Kooperation der Werkstatt e.V. und berami e.V. • Mitarbeit bei der Entwicklung des Rahmencurriculums und Begleitung der Umsetzung (seit 2007) des ESF-BAMF-Programms in Frankfurt am Main. Das ESFBAMF-Programm ist ein Programm für berufsbezogenes Deutsch des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), welches Anschlussfähigkeit an die Integrationskurse herstellen soll. Im Jahr 2010 hat das AmkA im Rahmen des Positionspapiers „Weiterbildungsbegleitende Hilfen als zentraler Bestandteil adressatenorientierter beruflicher Weiterbildung“ darauf hingewiesen, dass „der Bedeutung von Sprachbeherrschung für berufliches Lernen und Handeln […] bislang im Kontext beruflicher Weiterbildung sowie im Kontext Deutsch als Zweitsprache wenig Beachtung geschenkt [wird]“ (BETHSCHEIDER ET. AL. 2010: S. 7).
An diesen Befund anknüpfend wurde in den Folgejahren ein Konzept für Fortbildungen zur Sprachsensibilisierung für Fachlehrende und Ausbildende in der beruflichen Qualifizierung entwickelt und in den Jahren 2009 bis 2011 ca. 20-mal in Frankfurt durchgeführt. In Kooperation mit dem Jobcenter Frankfurt wurden vor allem Qualifizierungsträger, aber auch Berufsschulen angesprochen. Die Fortbildungen fanden sehr gute Resonanz. Das Konzept und die konkrete Umsetzung wurde 2011 in einer Dokumentation dargestellt und in Kooperation mit dem bundesweiten Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) in einer Multiplikatorenschulung mit bundesweiter Beteiligung vorgestellt. Zwischenzeitlich werden diese Fortbildungen an anderen IQ-Standorten in Deutschland erprobt und in einem universitären Forschungsprojekt der Universitäten Bielefeld, Nürnberg-Erlangen und Leipzig wissenschaftlich fundiert und weiterentwickelt.
Qualifizierung, Anerkennung von Abschlüssen Durch das „Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen“ (BQFG) vom 01.04.2012 und das „Hessische Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz“ (HBQFG) vom 12.12.2012 wurde die Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt, die das Anerkennungsverfahren und den Anspruch auf Prüfung der Unterlagen regeln soll. Der Anerkennungsberatung kommen die folgenden Funktionen zu: Information zu den gesetzlichen Grundlagen sowie über Kosten und Dauer des Anerkennungsverfahrens, zu den benötigten Unterlagen sowie eine Ersteinschätzung zu einem möglichen Referenzberuf und zu den Chancen eines Anerkennungsverfahrens. Anerkennungsberatung erfolgt in Frankfurt am Main im Rahmen des – aus dem Sozialetat der Stadt Frankfurt am Main finanzierten – FRAP-Beratungszentrum durch berami e.V. Auch die Kammern und Migrationsberatungsstellen und das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) des Bundes leisten Anerkennungsberatung. Außerdem steht ein durch berami e.V. entwickelter Leitfaden zur „Anerkennung von Schul-, Berufs- und Hochschulabschlüssen in Hessen“ als Vorabinformation zur Verfügung. Netzwerk „Integration durch Qualifizierung“. Das AmkA war von 2011 bis 2012 im Rahmen des bundesweiten Netzwerks „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) für die Entwicklung eines Konzeptes für ein hessisches Netzwerk zur Begleitung des Anerkennungsgesetzes und Qualifizierung und Beratung der Arbeitsmarktdienstleister sowie dessen Koordinierung für ganz Hessen verantwortlich. Arbeitsmarktdienstleister wie Agenturen für Arbeit, Grundsicherungsstellen, Kammern, Arbeitgeber, Bildungsträger,
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Beratungseinrichtungen usw. werden durch IQ in den folgenden Aufgabenfeldern unterstützt: • A nerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen; • Anpassungs- und Nachqualifizierung; • Integrierte Deutschförderung / Berufsbezogenes Deutsch; • Diversity Management / Stärkung von Migrantenorganisationen. Seit Anfang 2013 haben sich neue Zuständigkeitsverteilungen ergeben: Die INBAS GmbH ist die Koordinierungsstelle für Hessen. Das AmkA ist weiterhin für die fachliche Koordinierung des Handlungsfelds „Integrierte Deutschförderung / Berufsbezogenes Deutsch“ zuständig.
Wirtschaftsförderung, Förderung von Unternehmertum Zentrale Ansprechpartnerin für die Förderung der lokalen Wirtschaft ist die städtische Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH: „Sie zielt darauf ab, Wachstum und Arbeitsplätze in der Stadt zu schaffen, berät Unternehmen, verfolgt clusterbezogene Ansiedlungsstrategien und sieht sich als Beratungs- und Servicestelle für Frankfurter Unternehmen sowie ausländische Investoren“ (vgl. LÜKEN-KLAßEN & POHL 2010: S. 33). Darüber hinaus werden Maßnahmen und Programme zur Förderung unternehmerischer Fähigkeiten und Unterstützung von ökonomischer Selbstständigkeit in Frankfurt am Main auch durch das Jobcenter, die Arbeitsagentur und die Kammern (HWK RheinMain und IHK Frankfurt am Main) angeboten (vgl. LÜKEN-KLAßEN & POHL 2010: S. 35ff.). Das Jobcenter unterstützt Personen, die sich selbstständig machen bzw. ein Unternehmen gründen wollen, durch ein Beratungsangebot, welches Grundinformationen, eine Kompetenzanalyse (Profiling) sowie Gründungsvorbereitung im Rahmen eines Individualcoachings beinhaltet. Die Startphase muss von den Gründerinnen und Gründern eigenständig gestaltet werden; auf mögliche finanzielle und beratende Unterstützung wird hingewiesen. Erhält eine Unternehmerin oder ein Unternehmer – bei nicht ausreichender Gewinnerzielung – ergänzende Leistungen nach dem SGB II, so kann eine Förderung durch weitere Schulungsmodule erfolgen. Durch das Angebot sollen somit sowohl Gründungswillige wie auch Unternehmen, die in eine Schieflage geraten sind, unterstützt werden. Im Bereich der gezielten „Förderung von GründerInnen mit Migrationshintergrund“ bildet die Kompass gGmbH seit dem Jahr 2000 eine zentrale Kontakt- und Beratungsstelle (vgl. WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG Frankfurt 2013: S. 15; LÜKEN-KLAßEN & POHL 2010: S. 36). Die Stadt Frank-
128
furt am Main ist Mitgesellschafter der Kompass gGmbH und stellt ihr die Räumlichkeiten zur Verfügung; die Frankfurter Wirtschaftsförderung beteiligt sich mit jährlich 75.000 € an den Aktivitäten (vgl. WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG FRANKFURT 2013: S. 15). Darüber hinaus wird Kompass aus Mitteln des Frankfurter Arbeitsmarktprogrammes (FRAP) in Höhe von 205.000 € pro Jahr bezuschusst. Kompass führt Beratungen, Infoveranstaltungen und Workshops für potenzielle Unternehmerinnen und Unternehmer durch, erstellt eine Tragfähigkeitsbescheinigung im Rahmen des ALG I und leistet Vernetzungs- und Kommunikationsarbeit. Mit dem Projekt „International Start Ups“ werden gezielt Gründungen und Unternehmen von Personen ausländischer Herkunft gefördert. Eine niederschwellige Informationsverbreitung und gezielte Vermittlung von Personen mit aussichtsreichen Gründungsideen wird u.a. durch Einbezug von Multiplikatoren aus Migrantenvereinen – sogenannte „Gründerscouts“ – gewährleistet. Diese werden in Workshops u.a. darin geschult, wie sie unternehmerische Kompetenzen gründungsinteressierter Migrantinnen und Migranten identifizieren können. Die Zahl der in den Jahren 2000 bis 2013 durch Kompass beratenen Personen umfasst 22.063, davon wurden 4.969 in die Gründung geführt. Im Jahr 2013 wurden insgesamt 1.027 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Informationsveranstaltungen, Seminaren und Workshops sowie im Rahmen von Coachings neu beraten (vgl. WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG FRANKFURT 2014: S. 18). Kompass unterstützt außerdem länderübergreifend und innerstädtisch Unternehmertum und Kooperation durch Vernetzung und Informationsmanagement. Im Jahr 2008 wurde beispielsweise eine mit migrationsspezifischen Aspekten qualifizierte Datenbank angelegt sowie – gemeinsam mit dem AmkA und der Wirtschaftsförderung der Stadt Frankfurt am Main – ein Ratgeber für Gründerinnen und Gründer mit Best-Practice-Beispielen entwickelt (vgl. KOMPASS 2008). Mit der im Jahr 2011 entwickelten Kooperationsbörse „Match for Export“ finden Unternehmen aus Deutschland, Schweden und Russland zueinander. Auf der Plattform http://matchforexport.com können gezielt Verbindungen zu Kunden, Lieferanten oder Vertriebspartnern hergestellt werden. Zudem berät Kompass in Kooperation mit dem Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM) und der Deutschen Industrie- und Handelskammer (IHK) im Rahmen des Projekts „Geschäftsideen für Entwicklung“ seit 2011 in Deutschland lebende Gründerinnen und Gründer marokkanischer, kamerunischer und georgischer Herkunft bei der Umsetzung ihrer Geschäftsideen im Herkunftsland und führt hierzu Seminare durch.
Beratung von Jungunternehmern mit und ohne Migrationshintergrund, Unterstützung bei der Suche nach Büroflächen, Beratung von Gründerinnen und Gründern vor Bankgesprächen und Kontaktvermittlung findet aber auch ganz allgemein durch die Wirtschaftsförderung Frankfurt im Rahmen ihrer Funktion als allgemeine Leitstelle für Gründungs- und Finanzierungsberatung statt. Neben der Kompass gGmbH zählen u.a. die Agentur für Arbeit Bezirk Frankfurt am Main, das Jobcenter Frankfurt am Main, das Gründernetz „Route A 66“, die Goethe Universität, die Handwerkskammer (HWK RheinMain) und die Industrieund Handelskammer (IHK Frankfurt), jumpp e.V., die Bürgschaftsbank Hessen GmbH, das Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Wirtschaft (RKW) Hessen GmbH, die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WI-Bank) zu den Kooperationspartnern der Wirtschaftsförderung (vgl. WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG FRANKFURT 2013: S. 15; 2011: S. 4f.). Im Arbeitskreis „Gründungsberatung“ findet ein regelmäßiger Austausch und eine Entwicklung von Kooperationsideen statt. Die Wirtschaftsförderung informiert aktuell außerdem im Rahmen von Netzwerkveranstaltungen mit verschiedenen internationalen Business-Communities über die Blue-Card-Erleichterung für hochqualifizierte Fachkräfte und unterstützt internationale Unternehmen bei der Antragstellung auf Aufenthaltserlaubnis für ihre Fachkräfte (vgl. B208/2013).
5.4.3 Zusammenfassung Die Integration in den Arbeitsmarkt ist ein wichtiger Baustein der strukturellen Integration, ein gesichertes Arbeitsverhältnis ist ein Entree in die Gesellschaft. Von Arbeitslosigkeit sind Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder mit Migrationshintergrund – und dabei insbesondere Frauen – stärker betroffen. Im Vergleich zu Erwerbstätigen mit deutscher Staatsangehörigkeit sind Erwerbstätige ohne deutsche Staatsangehörigkeit häufiger in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen vertreten und sie sind öfter in Helfer/-innen- und Anlerntätigkeiten sowie Sektoren anzutreffen, die von konjunkturellen Schwankungen betroffen sind. In den Büro- und Verwaltungsberufen sind sie dagegen unterrepräsentiert, wobei der Zugang für Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in diesen Berufen leichter möglich ist als für Männer mit Zuwanderungsgeschichte. Neben der sektorenspezifischen und konjunkturabhängigen Wirtschaftslage spielt vor allem die Qualifikation eine wichtige Rolle für die Ungleichstellung. Wie Studien in Frankfurt am Main zeigen, spielt aber auch die subjektive Einschätzung, bei der Ausbildungsplatz- oder Arbeitsplatzsuche diskriminiert worden zu sein, bei Befragten mit Migrationshintergrund keine unbedeutende Rolle.
Gerade aufgrund der Bedeutung des Handlungsfeldes Arbeitsmarkt als Bestandteil struktureller Integration gibt es viele Bestrebungen, einen Zugang für alle zu fördern. In diesem Feld sind auch das Jobcenter der Stadt Frankfurt am Main und freie Träger, z.B. der Jugendberufshilfe, tätig. Das Jugend- und Sozialamt fördert viele dieser Angebote, die grundsätzlich für alle Menschen offen sind – unabhängig von ihrer Herkunft. Menschen mit Migrationshintergrund sind in Angeboten der Weiterqualifizierung und Beschäftigungsförderung unabhängig von Alter und Geschlecht überrepräsentiert. Viele Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gründen eigene Unternehmen. Migrantische oder transnationale Unternehmen fassen jedoch nicht nur in der eigenen Community Fuß, sondern sprechen Kundinnen und Kunden mit und ohne Migrationshintergrund an. Das migrantische Unternehmertum fördert dadurch die ökonomische Vielfalt, hilft Marktlücken zu schließen und erleichtert ausländischen Investoren die Ansiedlung. Die Stadt berät und unterstützt Existenzgründungswillige und hat dafür spezielle Programme. Ein Grund für den erschwerten Zugang von Menschen mit Migrationshintergrund zum Arbeitsmarkt ist mangelndes berufsbezogenes Deutsch. Diesem Bedarf wurde erst spät Rechnung getragen, nun finden die Fortbildungen viel Resonanz. Einer der Hauptgründe für den erschwerten Zugang von Menschen mit Migrationshintergrund zum Arbeitsmarkt liegt in der mangelnden Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse. Hier ist das Netzwerk „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) tätig in der Vermittlung von Anerkennungsinteressierten und Beratung von Arbeitsmarktdienstleistern und Anerkennungsstellen.
5.5 Zusammenhalt und (Zusammen)Leben im Stadtteil In den Frankfurter Stadtteilen gibt es eine Vielzahl integrationspolitisch wirksamer Projekte, Kooperationen und Förderungen verschiedener Ämter und Bildungseinrichtungen, auch unter Verwendung partizipativer Formen und interkultureller Planungsgruppen. Diese Vorhaben wurden bislang in der Regel unabhängig voneinander in eigener Sachzuständigkeit entwickelt. Erfolgreiche Projekte sind oftmals nur lokal erprobt; ihre Wirkung ist im Stadtgebiet oft ungleichmäßig verteilt. Vorhaben der Stadtverwaltung umfassen auch Maßnahmen der Mediation und Gewaltprävention. Besondere Aufmerksamkeit erfahren derzeit Projekte und Schulungen gegen politisch-religiöse Radikalisierung. 129
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Von der angespannten Wohnsituation und von Aufwertungsprozessen sind Migrantinnen und Migranten überdurchschnittlich betroffen. Dennoch bleibt die räumliche Segregation der Bevölkerung nach Herkunft und Staatsangehörigkeit in Frankfurt am Main weiterhin vergleichsweise gering.
Integrationspolitische Bedeutung Soziale Kontakte und eine ausgewogene Bevölkerungsstruktur können helfen, Gruppengrenzen zu überwinden und Wohngebiete zu stabilisieren (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 60). Der entstehende soziale Zusammenhalt und eine gelungene Einbindung in den Stadtteil tragen dazu bei, die persönliche Identifikation mit dem Wohnort zu verstärken. Die soziale Kohäsion wird außerdem durch Beteiligung in stadtteilbezogenen Gremien und Aktivitäten zur Förderung des interkulturellen Zusammenlebens gestärkt. Die Förderung der Eigentumsbildung bildet außerdem eine wichtige Grundlage der Daseinsvorsorge.
Kommunale Handlungsmöglichkeiten In diesem Teilkapitel stehen Möglichkeiten einer Verknüpfung kommunaler Integrationspolitik mit wohnungspolitischen und stadtteilbezogenen Zielen, Programmen und Maßnahmen im Mittelpunkt. Die Umsetzung von integrierten und stadtteilbezogenen Konzepten und Maßnahmen wurde auf kommunaler Ebene lange Zeit durch Bundesmittel im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ finanziert. Allerdings hat sich der Bund wegen erheblicher Kürzungen im Rahmen der Haushaltsbeschlüsse seit dem Jahr 2011 weitgehend aus dieser Förderung zurückgezogen, sodass bestehende Programme auslaufen. Als zentrale Förderinstrumente der sozialen Wohnungspolitik gelten auf kommunaler Ebene außerdem die soziale Wohnraumförderung und das „Wohngeld“ (vgl. SVR 2012: S. 104). Die Stadt Frankfurt am Main hat sich im Rahmen des Frankfurter Vertrags und in den Wohnungspolitischen Leitlinien der Schaffung von sozial und nach Herkunftsgruppen ausgewogenen Bewohnerstrukturen verpflichtet, um so Segregationstendenzen zu vermindern. Der Frankfurter Vertrag wurde im Jahr 1999 mit den Frankfurter Wohnungsbaugesellschaften geschlossen. Er beinhaltet u.a. eine Quotenregelung für die Belegung von Sozialwohnungen, welche darauf abzielen, eine – auch nach Herkunft – ausgewogene Mischung in den Wohnanlagen herzustellen. Auf die Zugangschancen und preisliche Entwicklung des privaten Wohnungsmarktes hat die Kommune jedoch nur sehr begrenzte Einflussmöglichkeiten. 130
Ziele aus dem Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept Die Förderung einer ausgewogenen Bewohnerstruktur in den Stadtteilen bildet ein zentrales Ziel des Integrationsund Diversitätskonzepts der Stadt Frankfurt am Main (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 31, S. 60). Zu den weiteren, im Integrationsund Diversitätskonzept sowie in den wohnungspolitischen Leitlinien der Stadt Frankfurt am Main unter Ziffer 4, 5.2 und 6.3 festgehaltenen wohnungspolitischen Zielen zählen: Ziel 24: Sicherung einer ausreichenden und angemessenen Wohnungsversorgung aller Bevölkerungsgruppen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 31). HL 12: • Förderung einer ausgewogenen Bewohnerstruktur im Stadtteil (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S.31, S. 60); • Unterstützung der Eigentumsbildung unter der Frankfurter Bevölkerung (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 61). In Bezug auf die Umsetzung einer stadtteilorientierten Integrationsarbeit werden im Rahmen des Integrationsund Diversitätskonzept die folgenden Ansatzpunkte hervorgehoben: Ziel 3: In der Gestaltung des öffentlichen Raumes, von städtischen Einrichtungen und Einzelmaßnahmen sollen Vernetzung, Dialog und Öffnung gefördert werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 21). Ziel 4: Bürgerinnen und Bürger sollen in die Stadtteilarbeit einbezogen werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 21). Ziel 32: Kooperationen und Kontakte zwischen den Stadtteilen und einzelnen Vierteln sollen gefördert werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 37). Ziel 34: Durch vernetzte Präventions- und Mediationsarbeit sowie Beratung in Fragen interkultureller Kommunikation in den Stadtteilen zur Konfliktklärung und -vorbeugung beitragen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 38). Ziel 41: Anhand von Stadtteilkonferenzen sollen unterschiedliche Bevölkerungsgruppen zusammengebracht und ver-
netzt, das Zusammengehörigkeitsgefühl gefördert und Konflikte abgebaut werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 44). HL 16: An öffentlichen und oft besuchten Orten sollen Anlaufstellen in den Stadtteilen ausgebaut werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 62).
5.5.1 Ausgangslage - Situation auf dem Wohnungsmarkt - Räumliche Bevölkerungsverteilung In den Handlungsfeldern „Wohnen“ und „Räumliche Verteilung“ liegen Erkenntnisse aus dem Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012) sowie dem „Monitoring 2011 zur sozialen Segregation und Benachteiligung in Frankfurt am Main“ (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2012) vor. Weitere Erfahrungswerte können der CLIP-Studie „Kommunale Wohnpolitik zur Integration von Migranten in Frankfurt am Main“ (vgl. LÜKEN-KLAßEN 2007) sowie dem Wohnungsmarkt- und Tätigkeitberichten des Amtes für Wohnungswesen (vgl. STADT Frankfurt AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a/b) entnommen werden.
Situation auf dem Wohnungsmarkt
ten, Versicherungen, Hedgefonds. Während im Umland Frankfurts Immobilieninvestitionen vornehmlich von Privatpersonen und lokalen Akteuren getätigt werden, treten in Frankfurt – und insbesondere in innenstadtnahen Lagen – verstärkt global tätige Investoren als Akteure auf (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 36f.; TREICHLER 2013: S. 39f.; HEEG & HOLM 2012: S. 217). • R ückgang des sozialen Wohnungsbaus: Die Zahl der kommunalen Sozialwohnungen hat sich in den Jahren 1993 bis 2012 von rund 62.100 auf 28.300 mehr als halbiert (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 76; TREICHLER 2013: S. 39f.; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2007: S. 33). Wie das Integrations- und Diversitätsmonitoring gezeigt hat, verfügt die Bevölkerung mit Migrationshintergrund im Durchschnitt über weniger Wohnraum als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund: Mehrpersonenhaushalten ohne Migrationshintergrund stehen durchschnittlich 40,2 qm pro Person, Mehrpersonenhaushalten mit Migrationshintergrund 27,1 qm pro Person zur Verfügung (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 129). Als Ursachen hierfür sind das mangelnde Angebot an großen Wohnungen sowie die geringeren finanziellen Ressourcen und größere Familien- und Haushaltsgröße von Menschen mit Migrationshintergrund zu erwähnen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 130; LÜKEN-KLAßEN 2007: S. 27). Beim Mietpreis waren dagegen in den Jahren 2006 und 2010 keine gravierenden Unterschiede erkennbar (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 129).
Eine Ausgangslage, welche seit Jahren alle Wohnungssuchende in Frankfurt am Main – unabhängig von der Herkunft – betrifft, ist das hohe Mietniveau und die unzureichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum (vgl. LÜKEN-KLAßEN 2007: S. 18). Vor allem im unteren Preissegment ist der Wohnungsmarkt angespannt. Gemäß der neusten Ergebnisse der Frankfurter Bürgerbefragung stellt der Wohnungsmarkt – sowohl aus Sichtweise der Bevölkerung mit deutscher wie auch bei der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit – das aktuell vordringlichste Problemfeld der Stadt Frankfurt am Main dar (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2013c). Als Gründe, die diese Situation auf dem Frankfurter Wohnungsmarkt beeinflussen, werden aufgeführt:
Auf mögliche Probleme von Migrantinnen und Migranten, ihren finanziellen Möglichkeiten entsprechenden Wohnraum in Frankfurt am Main zu finden, deuten auch das hohe Niveau an Bewerberinnen und Bewerbern für öffentlich geförderten Wohnraum sowie die höhere Mietbelastung hin (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 132, S. 136).60 So hat das Integrations- und Diversitätsmonitoring gezeigt, dass die Mietbelastung der Haushalte
• A nsiedlung oder Umnutzung von Büro- und Gewerberäumen in der Innenstadt und innenstadtnahen Gebieten, die den Wohnraum verknappen (vgl. HEEG & HOLM 2012: S. 216, S. 224f.); • verstärkte Nachfrage nach Wohneigentum von kapitalintensiven Einzelpersonen wie auch Kapitalgesellschaf-
60 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Frankfurt sehr heterogen ist. Frankfurt bietet als Global City auch vielen Hochqualifizierten aus dem Ausland einen Arbeitsplatz – diese Bevölkerungsgruppe dürfte weniger Zugangsschwierigkeiten zu Wohnraum haben.
131
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
mit Migrationshintergrund bei mehr als einem Drittel der Haushalte über 35% des Haushaltseinkommens ausmacht, bei den Haushalten ohne Migrationshintergrund dagegen „nur“ ein Viertel. Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund verzeichnet außerdem eine geringere Wohneigentumsquote. Neben geringeren finanziellen Ressourcen spielt hier auch die geplante Aufenthaltsdauer und Aufenthaltssicherheit eine Rolle (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2009: S. 162).
Räumliche Bevölkerungsverteilung In Hinblick auf die räumliche Verteilung kommen verschiedene Berichte und Studien zu dem Ergebnis, dass die räumliche Segregation nach Staatsangehörigkeit oder Migrationshintergrund in Frankfurt am Main geringer als in anderen Städten ausfällt und dass annähernd alle Stadtteile Frankfurts relativ hohe Diversitätswerte aufweisen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 139; STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2012: S. 78f.). Abbildung 5.20 zeigt den in Frankfurter Stadtteilen realisierten Diversitätsgrad bei Berücksichtigung von neun – nach Herkunftsregionen unterschiedenen – Bevölkerungsgruppen. Zur Darstellung wurde das Diversitätsmaß Simpson´s D berechnet, welches von 0 bis 1 variiert, wobei das Maximum auf eine Gleichverteilung der Bevölkerungsgruppen im Stadtteil hindeutet. Es wird deutlich, dass in annähernd allen Frankfurter Stadtteilen sehr hohe Diversitätswerte vorliegen – was sowohl auf eine relativ gleichmäßige Verteilung der betrachteten Bevölkerungsgruppen über das Stadtgebiet wie auch innerhalb der Stadtteile hinweist.61 Eine Bevölkerungsbefragung, die in Frankfurt und 15 weiteren deutschen Großstädten durchgeführt wurde, zeigt außerdem, dass die Chance für eine Kontaktaufnahme zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen umso höher ausfällt, je diverser die Bevölkerungszusammensetzung in der Nachbarschaft. In Einklang mit der Kontakthypothese konnte in der Studie außerdem aufgezeigt werden, dass Kontakt und speziell Kontakt zu Menschen mit Migrationshintergrund zum Abbau von Vorurteilen beiträgt und zu einer Erhöhung des gesellschaftlichen Vertrauens führt (vgl. STOLLE ET. AL. 2013: S. 287 - 291). Anhand der Analyse amtlicher Daten lassen sich jedoch bestenfalls Kontaktchancen abbilden. Wie die Ergebnisse der TIES-Studie zeigen, sind interethnische Freundschaften bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund wesentlich geringer ausgepägt (vgl. SCHNEIDER ET. AL. 2012: S. 318).62 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass – den Analysen des Frankfurter Segregationsmonitorings zufolge – die
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räumliche Segregation nach der Staatsangehörigkeit zwar einen niedrigen, aber immer noch den vierthöchsten Wert im Vergleich mit verschiedenen anderen Dimensionen der sozialen Segregation einnimmt (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2012: S. 78). Menschen mit Migrationshintergrund wohnen außerdem häufiger in Stadtteilen bzw. -bezirken mit benachteiligenden Lebensbedingungen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2012: S. 88). Neben dem Migrationshintergrund sind für die Beurteilung der städtischen Segregation somit auch soziale Faktoren relevant, die alleine oder in Kombination wiederum positive Kontaktchancen verhindern können. Insgesamt sollte zudem nicht vernachlässigt werden, dass bestimmte Stadtteile in Frankfurt existieren, welche besondere Integrationsleistungen in Hinblick auf Mehrfachbenachteiligung und Konfliktpotenziale zu erbringen haben.63
5.5.2 Entwicklung im Handlungsfeld - Wohnraumentwicklung und Wohnraumvermittlung - Eigentumsbildung - Stadtteilarbeit - Aktivitäten zur Stärkung der Beteiligung und des interkulturellen Zusammenlebens - Stadtteilbezogene Arbeitskreise und Initiativen - Förderung von Dialog und sozialer Kohäsion
Wohnraumentwicklung und Wohnraumvermittlung In Zusammenhang mit der Wohnungsmarktsituation werden aktuell zwei Entwicklungen diskutiert: Die Zunahme von Verdrängungs- bzw. Gentrifizierungstendenzen sowie die steigende Zahl der registrierten wohnungssuchen-
61 Eine ausführlichere Besprechung der Ergebnisse kann dem Entwurf zum Integrations- und Diversitätskonzept sowie dem Integrations- und Diversitätsmonitoring entnommen werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 38ff. sowie STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2009: S. 49). 62 Die Studie „The Integration of the European Second Generation (TIES)“ richtete ihren Blick „auf die Nachkommen von Einwanderern aus der Türkei, Jugoslawien und Marokko, wobei die »zweite Generation« gefasst wird als die Kinder von Einwanderern, die im Einwanderungsland geboren wurden und lebten“ (SÜRIG & WILMES 2011: S. 7). Es handelte sich um eine städtevergleichende Studie, an der sich neben Frankfurt am Main auch Berlin sowie 14 weitere Städte aus 7 EU-Ländern beteiligten (vgl. hierzu genauer: SÜRIG & WILMES 2011: S. 7). In Frankfurt am Main wurden 704 Personen im Alter von 18 bis 35 Jahren befragt. 63 Verschiedene Erfahrungsberichte und stadtteilbasierte Studien berichten in diesem Zusammenhang auch über latente Konfliktpotenziale (vgl. CARITAS 2008: S. 8; MERZ 2008: S. 22; NEUER-MIEBACH 2007: S. 21 - 23; BRÜNNER 2003: S. 212). Diese Erkenntnisse liegen jedoch nur punktuell vor und vermitteln damit ein äußerst zeitabhängiges und lückenhaftes Bild.
Nieder-Erlenbach Nieder-Eschbach
37,65 – 45,84
KalbachRiedberg
45,84 – 54,03 54,03 – 62,21 62,21 – 70,40
Harheim Bonames Frankfurter Berg
Niederursel
70,40 – 78,59
Heddern-Eschersheim heim Praunheim
Ginnheim Dornbusch
Berkersheim Bergen-Enkheim
Preungesheim Eckenheim
Seckbach
Hausen Rödelheim Sossenheim Unterliederbach
Höchst
Sindlingen
Altstadt Bhfsvrtl SachsenhausenGutleutNord Oberrad viertel
Griesheim
Schwanheim
Fechenheim
Gallusviertel
Nied Zeilsheim
BornWest- Nordend- end- Nord- heim RiederNord West endBockenheim wald Ost WestendInnenstadt Süd Ostend
Niederrad
Sachsenhausen-Süd (inkl. Flughafen)
Abbildung 5.20 : Diversitätsindex (Simpson´s D) im Jahr 2012 bei Berücksichtigung von 9 Hauptkategorien Datenquelle: Melderegister Anmerkung: Bei den berücksichtigten 9 Hauptkategorien handelt es sich um Deutsche mit Migrationshintergrund mit Herkunftsland EU und Nicht-EU; Deutsche ohne Migrationshintergrund; Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates, sonstiges Europa, Afrika, Asien und Australien sowie übrige.
den Haushalte (vgl. STADT Frankfurt AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 35; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 37). In Verbindung mit einer erhöhten Zuwanderung nach Frankfurt am Main (vgl. hierzu auch Abschnitt 2.1) beschäftigen das Amt für Wohnungswesen zudem verstärkt Fragen und Aufgaben der Wohnungssicherheit aufgrund der Überbelegung von Wohnungen. Zu den registrierten wohnungssuchenden Haushalten zählen alle Haushalte, die nicht in der Lage sind, sich an-
gemessen mit Wohnraum zu versorgen und sich daher im Service-Center des Amtes für Wohnungswesen als wohnungssuchend melden, um eine „Sozialwohnung“ vermittelt zu bekommen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 33; LÜKENKLAßEN 2007: S. 19). Unter „Sozialwohnungen“ werden i.d.R. Wohnungen verstanden, die unter dem 1. Förderweg oder anderen Förderprogrammen (Frankfurter Programm, Ekof, Soziale Stadt …) gefördert werden sowie Wohnungen, für welche die Stadt Frankfurt am Main Belegrechte erworben hat (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR
133
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 43).64 Belegrechte werden sowohl von privaten Vermietern, wie auch von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften erworben. Ein weiteres Unterstützungsinstrument für Haushalte, die sich ohne die finanzielle Unterstützung keine angemessene Wohnung leisten könnten, ist das von Bund und Land finanzierte Wohngeld, welches beim Amt für Wohnungswesen beantragt werden kann. Der Anspruch auf eine Sozialwohnung oder Wohnungsgeld hängt von der Höhe des Haushaltseinkommens, von der Zahl der Familienmitglieder und davon ab, ob der Aufenthaltsstatus nicht von vornherein auf eine bestimmte Dauer befristet ist.65 Die Gesamtzahl der registrierten wohnungssuchenden Haushalte ist in den letzten Jahren stark gestiegen und umfasste Ende des Jahres 2012 7.906 Haushalte (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 41; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 35). Der Anteil der ausländischen Haushalte liegt bei 41,6% und fällt somit überdurchschnittlich aus (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 42). Allerdings ist sowohl der Anteil der Antragstellerinnen und Antragsteller mit ausländischer Staatsangehörigkeit wie auch der Anteil der vermittelten Haushalten mit ausländischer Staatsangehörigkeit an den Antragstellern in den letzten Jahren rückläufig (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 136f.). Dies zeigt auch, dass bestimmte Haushalte deutlich schwieriger vermittelt werden können als andere. Die besten Chancen auf eine schnelle Vermittlung haben 2-Personen-Haushalte (Vermittlungsquote: 56,6%). Weit unter dem Durchschnitt liegt die Versorgungsquote von größeren Haushalten (je nach Haushaltsgröße: 13,1% bis 18,5%). Gemäß Wohnungsmarktbericht ist dies v.a. auf Vorbehalte von Vermietern, bei denen Belegrechte erworben wurden, gegenüber bestimmten Gruppen zurückzuführen. Zu diesen benachteiligten Gruppen zählen: „kinderreiche ausländische Familien, Alleinerziehende und Personen, die wohnungslos sind oder aus therapeutischen Einrichtungen entlassen wurden […]. Bewerber mit Transfereinkommen oder Insolvenzproblemen werden zunehmend von Vermietern abgelehnt.“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 48) In jüngster Zeit wird – mit Blick auf die Wohnungssituation sozial schwächerer Haushalte – außerdem über die durch (preisliche und bauliche) Aufwertung von Wohnraum ausgelöste Verdrängung der ansässigen Bevölkerung aus
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bestimmten Stadtteilen berichtet (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 39; ECKARDT & MERKEL 2010: S. 93). Neben dem Innenstadtbereich werden dabei das Nordend, Bockenheim sowie zunehmend auch ehemals noch bezahlbare Stadtteile in Innenstadt- und Mainnähe – wie Bahnhofsviertel, Gallus, Niederrad (Mainfeld), Ostend – als Orte der Mietpreissteigerung und Verdrängung erwähnt (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 37; HECKER ET. AL. 2012: S. 6). Entsprechende Tendenzen werden z.T. auch unter dem Begriff „Gentrifizierung“ zusammengefasst. Wie man Abbildung 5.21 entnehmen kann, sind dies auch Stadtteile, in denen traditionell ein hoher Anteil der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit lebt. Bei den Eigentumswohnungen gehören neben dem Nord- und Ostend außerdem auch das Westend, Bornheim und Sachsenhausen zu den beliebten Lagen, in denen es auch vermehrt zu Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen kommt (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S.33). Im Jahr 2011 hat das Frankfurter Stadtplanungsamt daher die Fachtagung „Gentrifizierung – sozialverträgliche Stadtteilentwicklung“ durchgeführt und entwickelt aktuell ein stadtteilbezogenes Monitoringsystem zur Beobachtung von „Aufwertungsund Verdrängungspotenzialen“ (vgl. B470/2013; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 37; B383/2012). Auf die Ursachen von Aufwertungs- und Mietsteigerungsprozessen kann nur eingeschränkt reagiert werden. Die wichtigsten, in der Fachliteratur diskutierten, kommunalen Instrumente der Mietpreisgestaltung und der Wohnraumversorgung sind in der Abbildung 5.22 dargestellt (vgl. GINSKI ET. AL. 2013: S. 13 - 26; BMVBS 2010: S. 14ff; LÜKEN-KLAßEN 2007: S. 31, S. 35; HÖBEL ET. AL. 2006: S. 27ff.; MÜNCH 2005: S. 51). Die entsprechenden Maßnahmen werden weitgehend auch durch die Stadt Frankfurt am Main praktiziert (siehe
64 Annähernd die Hälfte des Sozialwohnungsbestands der Stadt Frankfurt am Main befindet sich im Eigentum der ABG Frankfurt Holding, ca. 26% gehören den übrigen ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. Der Rest verteilt sich auf Unternehmen, Kirchen, Vereine, sonstige soziale Träger und private Anbieter (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 45). 65 Dies impliziert z.B., dass ausländische Studierende und Saisonarbeitskräfte vom Anspruch auf Sozialwohnungen ausgeschlossen sind, während anerkannte Flüchtlinge eine Sozialwohnung bekommen könnten (vgl. LÜKEN-KLAßEN 2007: S. 27).
Nieder-Erlenbach Nieder-Eschbach
10,60 – 18,93
KalbachRiedberg
18,93 – 27,27 27,27 – 35,61 35,61 – 43,95
Harheim Bonames Frankfurter Berg
Niederursel
43,95 – 52,29
Heddern-Eschersheim heim Praunheim
Ginnheim Dornbusch
Berkersheim Bergen-Enkheim
Preungesheim Eckenheim
Seckbach
Hausen Rödelheim Sossenheim Unterliederbach
Höchst
Sindlingen
Altstadt Bhfsvrtl SachsenhausenGutleutNord Oberrad viertel
Griesheim
Schwanheim
Fechenheim
Gallusviertel
Nied Zeilsheim
BornWest- Nordend- end- Nord- heim RiederNord West endBockenheim wald Ost WestendInnenstadt Süd Ostend
Niederrad
Sachsenhausen-Süd (inkl. Flughafen)
Abbildung 5.21 : Anteil der Bevölkerung in % mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Jahr 2012 in den Stadtteilen der Stadt Frankfurt am Main Datenquelle: Melderegister
Ausführungen in der Abbildung 5.22).66 Viele weitere Bereiche (z.B. Einführung einer Kappungsgrenze für Mieterhöhungen, Erhebung einer Fehlbelegungsabgabe, Verbot der Wohnraumzweckentfremdung) erfordern zunächst eine landesrechtliche Regelung. Wirksamstes Mittel, um der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt als auch der sinkenden Zahl von geförderten Wohnungen entgegenzuwirken, ist in erster Linie die Schaffung von Wohnraum (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 35; LÜKEN-KLAßEN 2007: S. 31).
Die Erschließung von Wohnungsbaugrundstücken, Umwandlung leerstehenden Wohnraums sowie Nachverdichtung in bestehenden Wohnquartieren wurden daher zuletzt von Oberbürgermeister Peter Feldmann und Bürgermeister Olaf Cunitz als Schlüsselinstrumente für die Schaffung neuen Wohnraums in Frankfurt am Main benannt. In diesem Zusammenhang ist die Erschließung von 15 Baugebieten mit rund 6.000 neuen Wohneinheiten geplant (vgl. M9/2014). 66 Zu den Maßnahmen sind auch die „Wohnungsbauförderprogramme für Neubau, Erwerb und Modernisierung von Eigentum“ des Stadtplanungsamtes zu zählen.
135
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Zielvorgaben für die Modernisierungspolitik, Mietpreisgestaltung und Belegungspraxis der städtischen Wohnungsbaugesellschaften: Frankfurter Vertrag: Quotenregelungen, die vorgeben, dass bei der Belegung von Sozialwohnungen der Anteil ausländischer Bewohner max. 30%, der Anteil an Sozialhilfeempfängern max. 15% und der Anteil an Aussiedlern max. 10% betragen soll. Zu den Bewerber/-innen mit deutscher Staatsangehörigkeit werden auch EU-Bürger und Haushalte, in denen ein Ehepartner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, gezählt sowie Personen mit 15 Jahren Daueraufenthalt in Deutschland. Frankfurter Registrier- und Vergaberichtlinien: • Berücksichtigung von Dringlichkeitsstufen und Wartezeit bei der Vergabe von Sozialwohnungen; • mindestens 30% geförderte (Sozial)Wohnungen bei Neubauprojekten; • maximale Mietpreissteigerung von 15% innerhalb von drei Jahren. Ausübung des Vorkaufsrechts bei bebauten und unbebauten Grundstücken, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Um Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau oder für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf zu nutzen und deren Umwandlung in Eigentumswohnungen zu mindern. Ankauf von Belegrechten bei Wohnungsbaugesellschaften und privaten Eigentümern (Abschnitt 3.3.4, Wohnungspolitische Leitlinien). Um die Beteiligung von Privateigentümern zu verbessern, hat das Amt für Wohnungswesen 2011 eine Werbeaktion gestartet. Mit der ABG Holding und Nassauischen Heimstätte wurde zudem vereinbart, in einzelnen Liegenschaften jede freiwerdende Wohnung in den Belegrechtsankauf aufzunehmen. Einführung von Erhaltungs- und Milieuschutzsatzungen, um bauliche Maßnahmen, die zu einer Teuerung von Wohnraum (durch „Luxussanierungen“) könnten, genehmigungspflichtig zu machen. In Frankfurt bestehen für einzelne Gebiete bereits Erhaltungssatzungen, eine Milieuschutzsatzung wird für den Stadtteil Bockenheim entwickelt. Vertragliche Regelungen beim Verkauf von Wohnungsbeständen (Sozialcharta): Ausschluss der Kündigung für 10 Jahre, Begrenzung der Mieterhöhungen, Ausschluss von Luxussanierungen, Erhalt von Erbpachtbeständen. Soziale Wohnraum- und Wohnbauförderung günstige Darlehen/Förderung im „Frankfurter Programm für familien- und seniorengerechten Mietwohnungsbau“ und Mittelstandsprogramm Mieterberatung, Marktbeobachtung durch Mietspiegelerstellung zur Verhinderung ungerechtfertigter Mieterhöhungen
Abbildung 5.22 Zentrale Instrumente der sozialen Absicherung des Wohnens und Beispiele der Umsetzung bei der Stadt Frankfurt am Main
Hinzu kommen Anreize durch Darlehen und Förderboni im Rahmen des Mittelstandsprogramms, durch welche Wohnbauprojekte für Menschen, deren Einkommen über der Einkommensgrenze für Sozialwohnungen liegt, und die es aber schwer haben, sich selbst auf dem Wohnungsmarkt zu versorgen. Um gezielt die (Wohn)Eigentumsbildung bei jungen Familien zu fördern, bietet die Stadt im Rahmen des „Frankfurter Programm für familien- und seniorengerechten Mietwohnungsbau“ zinsgünstige Darlehen für Familien, Paare und Alleinerziehende mit mindestens einem Kind sowie Seniorinnen und Senioren.
Amt für Wohnungswesen hat hier bereits erste Maßnahmen getroffen und achtet verstärkt darauf, dass gezielt Haushalte versorgt werden, deren Versorgungsquote besonders niedrig ist (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 54). Der knappe Wohnungsraum hat v.a. für Neuzuwanderer – insbesondere aus südosteuropäischen Ländern – bereits zur Folge, dass diese sich immer häufiger in prekäre Wohnverhältnisse begeben. Gemäß Tätigkeitsbericht des Frankfurter Amtes für Wohnungswesen stellt sich die Situation aktuell folgendermaßen dar:
Die angespannte Situation auf dem freien Wohnungsmarkt kann insgesamt dazu führen, dass vorhandene Diskriminierungsbarrieren und soziale Ausschlusskriterien noch stärker zum Tragen kommen, sodass sich Segregationstendenzen verschärfen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2012: S. 97; KRUMMACHER 2011: S. 201; BRÜNNER 2003: S. 203). Das
„Die Menschen, die auf derartige Vermietungsangebote angewiesen sind, sind die schwächsten Teilnehmer am engen Frankfurter Wohnungsmarkt. Wegen ihrer wirtschaftlich zumeist ungesicherten Situation sind sie für die »normalen« Wohnungsvermieter nicht attraktiv. Fehlende Kenntnis ihrer Mieterrechte, mangelnde deutsche Sprachkenntnis und die Notwendigkeit, schnell ein Dach über
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dem Kopf finden zu müssen, schwächen ihre Verhandlungsposition zusätzlich. Einige Vermieterinnen und Vermieter haben sich auf genau diesen Personenkreis spezialisiert. Das Vermarktungskonzept ist lukrativ: Pro Person werden gerne Mieten von 200 – 300 Euro pro Monat verlangt und von den Bewohner/-innen mangels Alternative auch gezahlt.“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 22) Das Amt für Wohnungswesen ist angesichts dieser Entwicklungen aktuell vermehrt im Aufgabenfeld der Wohnungsaufsicht gefordert. So wurden im Jahr 2012 in 129 Fällen Überbelegungen beanstandet. Eine Überbelegung liegt vor, wenn die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner (z.B. im Falle eines Brandes) und die Mindestanforderungen an Wohnfläche gemäß dem Hessischen Wohnungsaufsichtsgesetz (HWoAufG) nicht gewährleistet ist oder die sanitären Gegebenheiten nach Einschätzung des Amtes für Wohnungswesen sich unterhalb eines menschenwürdigen Zustands bewegen.67 Die entsprechenden Verfahren gegen Vermieter sind sehr aufwändig, da auch Verschleierung betrieben wird und entsprechend Zeugenvernehmung und schwierige Beweisverfahren inklusive Durchsuchung notwendig sind (vgl. B180/2014: S. 9; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 25). Ist keine gütliche Einigung möglich, so bedarf es einer förmlichen Anordnung einer Wohnungsräumung bis die zulässige Anzahl von Personen in den Räumen wohnt. Dies war bei 44% der Fälle notwendig. In der Summe ist das Amt für Wohnungswesen aufgrund dieser steigenden Verfahrenszahl in Kombination mit der zunehmenden Beratungsaktivität im Servicecenter und der erhöhten Zahl von Anträgen von Wohnungssuchenden weitgehend ausgelastet (vgl. B180/2014: S. 9; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 25, S. 35).
Eigentumsbildung Neben der Vermittlung von Wohnraum und Mietwohnungsförderung kommt auch der Eigentumsbildung eine wichtige Rolle zu. Wohneigentumsbildung vermindert Fluktuation und hat stabilisierende Wirkung gerade auch auf benachteiligte Wohngebiete (vgl. HAUSMANN 2013: S. 438). Um auch einkommensschwächeren Migrantenhaushalten die Bildung von Wohneigentum zu ermöglichen, können außerdem Ansätze für gemein- und genossenschaftliches Wohnen Erfolg versprechend sein (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 50; HAUSMANN 2013: S. 443; BMVBS 2010b: S. 36, 42ff.). Dass hier Interesse besteht, zeigt eine chinesische Wohninitiative, die sich im Jahr 2012 mit einem generationenübergreifenden Wohnkonzept an das AmkA gewen-
det hat und weitervermittelt wurde. Menschen mit Migrationshintergrund kennen sich jedoch vermutlich mit dieser Wohnform wie auch mit den Wohnfördermöglichkeiten weniger aus. Daher ist es wichtig, diese Bevölkerungsgruppe durch aktive Informations- und Beratungspolitik gezielt zu informieren und verstärkt für solche Projekte zu gewinnen.
Stadtteilarbeit In den nachfolgenden Abschnitten werden stadtteil- und sozialraum- oder gemeinwesenbezogene Aktivitäten dargestellt, welche durch die Stadt Frankfurt am Main umgesetzt werden.68 Zu den bekanntesten zählen das Programm „Aktive Nachbarschaften“ des Jugend- und Sozialamtes der Stadt Frankfurt am Main und das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“. Um ein Überblick über stadtteilbezogene Aktivitäten zu erhalten, wurde im Rahmen der durchgeführten Befragung der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main nach zentralen Beispielen der Stadtteilarbeit sowie der Förderung des (interkulturellen) Zusammenlebens der Bevölkerung in den Stadtteilen gefragt (siehe hierzu auch die Abschnitte 4.6.1 und 4.6.2). In der nachfolgenden Darstellung werden die durch die Ämter und Betriebe in der Befragung benannten Aktivitäten von ihrem Inhalt her einbezogen. Ein quantitativer Überblick zu den Angaben kann Kapitel 4.6 entnommen werden. Zu den relativ kontinuierlichen Formen der stadtteilbezogenen Arbeit – welche auch mehrfach in der Befragung benannt wurden – zählen die Aktivitäten des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“, welches in Frankfurt am Main durch das Stadtplanungsamt betreut wird, sowie des
67 Nach dem Hessischen Wohnungsaufsichtsgesetz dürfen Wohnungen nur benutzt werden, wenn für jede Person eine Wohnfläche von mindestens 9 qm zur Verfügung steht. Bei Vermietung eines Einzelzimmers kann sich die vorgeschriebene Mindestfläche je Person auf 6 qm reduzieren, falls genügend Nebenräume zur Mitbenutzung zur Verfügung stehen (vgl. B180/2014: S. 8; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 23). 68 Als stadtteil- und sozialraum- oder gemeinwesenbezogene Ansätze können Programme und Aktivitäten verstanden werden, welche – anknüpfend an die Interessen, Bedarfe und Probleme der Bewohner eines Stadtteils, Quartiers oder Sozialraums – Handlungsansätze konzipieren, Selbsthilfepotenziale sowie Ressourcen aktivieren sowie lokale Akteure und bestehende Angebote miteinander vernetzen bzw. ggf. neu entwickeln. Sie nehmen eine besondere Bedeutung im Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main ein (siehe Ziel 3, 4, 32, 41). Entsprechende Ansätze können z.B. auf lokaler Ebene dazu eingesetzt werden, bürgerschaftliche und ehrenamtliche Potenziale zu mobilisieren (aktivierender Ansatz), Interessen sowie Konflikte zu klären (mediativer Ansatz), soziale Ungleichheiten auszugleichen (integrativer Ansatz) und/oder stadtteilbezogene Planungs- und Entwicklungsprozesse einzuleiten (soziotechnischer Ansatz).
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Programms „Aktive Nachbarschaften“ des Jugend- und Sozialamtes. Gemeinsames Ziel (sowohl des Bund-Länder-Programms wie auch des kommunalen Programms „Aktive Nachbarschaften“) ist es, die Lebenssituation der lokalen Bevölkerung zu verbessern, positive Zukunftsperspektiven von Wohngebieten zu unterstützen und eine Stärkung des sozialen Zusammenhalts zu erreichen. In beiden Programmen wurden Nachbarschafts-, Quartiersoder Stadtteilbüros eingerichtet, welche als zentrale Anlaufstellen die Aktivierung, Beratung und Vernetzung von Akteuren vor Ort sowie die Initiierung von Maßnahmen und Umsetzung von Veranstaltungen zum Ziel haben. Der Schwerpunkt des Programms „Soziale Stadt“ liegt auf der Entwicklung und Umsetzung von integrierten Handlungsplänen. Diese ergänzen klassische Steuerungsinstrumente – wie Bauleitplanung oder Sanierungsverfahren – anhand von Sozialraum- und Bedarfsanalysen, Leitbildentwicklung sowie Verfahren der Bewohnerbeteiligung. Im Jahr 2004 wurde in den Stadtteilen Gallus und Unterliederbach ein Beirat „Soziale Stadt“ gegründet, der die Entwicklung integrierter Handlungskonzepte für die jeweiligen Stadtteile mitsteuert und die Bewohnerinnen und Bewohner und Institutionen des Stadtteils an der Projektplanung der Sozialen Stadt beteiligt. Aktuell befindet sich noch der Stadtteil Gallus in dem Bund-Länder-Programm. Im Jahr 2013 wurde der Stadtteilbeirat im Gallus neu besetzt und mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet. Hierzu zählt die Auswahl und Förderung kleinerer Projekte und Aktivitäten zur nachhaltigen Stärkung des nachbarschaftlichen Zusammenlebens über einen Verfügungsfonds. Beim Quartier Engelsruhe/Unterliederbach endete die Laufzeit des Programms im Jahr 2012. Es wurde für eine erweiterte Nachbetreuung (Nachsorgephase) in das Programm „Aktive Nachbarschaften“ überführt. Das Programm „Aktive Nachbarschaften“ des Jugend- und Sozialamtes konzentriert sich auf die Umsetzung von Ansätzen des Quartiersmanagements, welche die Vernetzung sowie Aktivierung von Bewohnerinnen und Bewohnern zur Selbstorganisation zum Ziel haben, Konfliktlösung anleiten sowie quartiersbezogene Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen einleiten. Als Ausdruck der Wertschätzung von Aktivitäten und Aktionen von Bewohnerinnen und Bewohnern für ein besseres nachbarschaftliches Miteinander wird jährlich ein Nachbarschaftspreis mit einem 1. und 2. Platz für durchgeführte und geplante Aktivitäten verliehen. Zur Weiterentwicklung der entstandenen Partizipationsstrukturen und Angebote im Sozialraum wurden in Sindlingen eine Zukunftswerkstatt und in Seckbach, Rödelheim und Zeilsheim ein Überleitungsworkshop unter Bürgerbeteiligung umgesetzt. Die folgenden Quartiere sind aktuell in das Programm „Aktive Nachbarschaften“ aufgenommen: 138
• s eit 2008: Atzelbergsiedlung (Seckbach), RödelheimWest, Taunusblicksiedlung (Zeilsheim), Hermann-BrillSiedlung (Sindlingen); • seit 2010: Otto-Brenner-Siedlung (Sossenheim), Riederwald-Siedlung, Griesheim-Süd, Heinrich-Lübke-Siedlung (Praunheim); • seit 2013: Karl-Kirschner-Siedlung (Preungesheim). Die Quartiere Griesheim-Nord, Im Mainfeld (Niederrad), Heilmann- und Bernadottestraße, kleines Zentrum, Gerhart-Hauptmann-Ring (Nordweststadt) befinden sich seit 2009 in der Nachbetreuungsphase.
Aktivitäten zur Stärkung der Beteiligung und des interkulturellen Zusammenlebens Lokale Aktivitäten zur Beteiligung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und zur Verbesserung des interkulturellen Zusammenlebens in den Stadtteilen werden auch von anderen Ämtern und Einrichtungen der Stadt Frankfurt am Main umgesetzt. Beispiele, welche durch die befragten Ämter und Betriebe erwähnt wurden, sind nachfolgend aufgeführt. Stadtbücherei. Die Stadtbücherei hat in den Jahren 2008 bis 2010 die Angebote der Stadtteilbibliotheken Höchst und Sindlingen für Menschen mit Migrationshintergrund unter Beteiligung eines interkulturellen Beirats („Advisory Board for Multiculturalism“) geöffnet und Ansätze der interkulturellen Bibliotheksarbeit – welche bereits in der Stadtbibliothek Gallus erprobt waren – ausgebaut (vgl. SCHUMANN 2010 sowie Abschnitt 5.3.2). In dem Beirat waren überwiegend Personen mit eigener Migrationserfahrung aus dem Stadtteil und/oder Erfahrungen in der interkulturellen Familienarbeit vertreten. In der Projektlaufzeit wurde in der Stadtteilbibliothek Sindlingen, in Kooperation mit dem lokalen Quartiersmanagement auch ein offener Treff für einen themengesteuerten Austausch vornehmlich für Frauen mit Migrationshintergrund („Elterncafé“) eingerichtet. Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt hat stadtteilbezogene Maßnahmen der interkulturellen Gesundheitsförderung initiiert (vgl. WOLTER 2011: S. 5f. sowie Abschnitt 5.6.2). Hierzu zählen die Einrichtung von Gesundheitsfördernetzwerken (in Fechenheim, der Nordweststadt, Schwanheim und Sossenheim), die Unterstützung von lokalen Selbsthilfegruppen im Rahmen des Gesundheitszentrums Schwanheim und der dort angesiedelten Servicestelle „BürgerInnenbeteiligung“ sowie die stadtteilbezogene Aufklärungsarbeit durch interkulturelle Gesundheitslotsinnen und -lotsen. Die Gesundheits-AG Nordweststadt hat Gesundheitskonferenzen in der Nord-
weststadt, in Praunheim, Niederursel und Heddernheim organisiert. Stadtteilbasierte Projekte des Historischen Museums. Beispiele für stadtteilbasierte Projekte und interkulturelle Beteiligung im kulturellen Bereich bilden verschiedene Aktivitäten, die im Jahr 2013 durch das Historische Museum umgesetzt wurden (siehe hierzu auch noch Abschnitt 5.7.2). In das Projekt „Bibliothek der Alten“ werden regelmäßig biographische Beiträge von Migrantinnen und Migranten aufgenommen (im Jahr 2013 beispielsweise im Rahmen des Biographie-Workshops „Wege nach Frankfurt“). Für die Ausstellung „Drago Trumbetaš: Gastarbeiter in Frankfurt“ – die sich mit der Migrationsgeschichte sowie der anfänglichen Lebens- und Wohnsituation auseinandersetzt – hat das Historische Museum gezielt Migrantenorganisationen als Multiplikatoren zur Bekanntmachung einbezogen. Das partizipative Projekt „Stadtlabor unterwegs“ untersucht Orte Frankfurts aus der Perspektive und unter Beteiligung von Bewohnerinnen und Bewohnern mit und ohne Migrationshintergrund. Die Ausstellungsinhalte beziehen sich auf den Stadtteil und werden von oder gemeinsam mit den Ausstellungsteilnehmerinnen und -teilnehmern erarbeitet. An dem Stadtlabor-Projekt in Ginnheim war der Bundesverband der Migrantinnen e.V. als Co-Kurator beteiligt. Planungsgruppen des Sportamtes. Das Sportamt hat im Herbst 2013 unter Berücksichtigung mehrerer Bevölkerungsstrukturdaten und als sinnvolle Ergänzung zur Planungsgruppe „Familienfreundliches Fechenheim“ den Stadtteil Fechenheim als Pilotstadtteil ausgewählt und von April bis Juli 2014 dort eine stadtteilbezogene Bewegungsraumplanung durchgeführt. Zusammen mit Fraktionsmitgliedern des Ortsbeirates 11, den städtischen Ämtern, den Fechenheimer Turn- und Sportvereinen, den Schulen, Jugendzentren sowie weiteren wichtigen Einrichtungen des Stadtteils wurden nach zwei Stadtteilbegehungen mit Kindern der Heinrich-Kraft-Schule und mit Jugendlichen der Konrad-Haenisch-Schule Maßnahmen und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Beteiligungsprozesse des Jugend- und Sozialamtes. Abgesehen von den Beteiligungsprozessen im Programm „Aktive Nachbarschaften“ hat das Jugend- und Sozialamt Menschen mit Migrationshintergrund außerdem in mehreren Stadtteilen im Rahmen von interkulturellen Frauentreffs (Seckbach, Nordweststadt, Griesheim-Nord, Heinrich-Lübke-Siedlung) und Eltern-Kind-Treffs (Sindlingen, Nordweststadt, Zeilsheim, Riederwald, Niederrad) sowie im Rahmen der sozialen Sprechstunde in Sindlingen gezielt in die Informationsverbreitung und als beratende Lotsinnen und Lotsen eingesetzt.
Stadtteilbezogene Institutionen. Darüber hinaus existieren Institutionen, die per Auftrag stadtteilbezogen arbeiten und sich in ihrer regelmäßigen Arbeit auch auf die Bevölkerung mit Migrationshintergrund beziehen und sich mit Themen des interkulturellen Zusammenlebens beschäftigen. Als zentrale Akteure und Institutionen der Stadtteilarbeit wurden im Rahmen der Befragung die Sozialrathäuser, die Stadtteilbüros, die Ortsbeiräte, die Regionalräte des Präventionsrates und die Kinder- und Familienzentren erwähnt. Viele interkulturelle Projekte und Angebote der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main werden in Kooperation mit freien Trägern, Vereinen und weiteren Einrichtungen vor Ort umgesetzt und sind in diesem Sinn als Beitrag zur Integration in den Stadtteilen zu verstehen.
Stadtteilbezogene Arbeitskreise und Initiativen Zu den stadtteilbezogenen Aktivitäten gehören auch lokale Arbeitskreise sowie Bewohnerinitiativen und -bündnisse. Diese (stadtteilspezifisch) sehr unterschiedlichen und vielfältigen Aktivitäten können hier in ihrer Funktion und thematischen Ausrichtung nicht erschöpfend dargestellt werden. Das AmkA ist jedoch aktuell damit beschäftigt, Stadtteilanalysen durchzuführen, in denen auch die Arbeitskreisstrukturen erfasst werden. Sie sollen nach und nach veröffentlicht werden. Für den Stadtteil Fechenheim wurde bereits eine Stadtteilanalyse abgeschlossen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2014). Die Bestandsaufnahme zeigte u.a., dass in diesem Stadtteil zahlreiche themenbezogene Arbeitskreise tätig sind. An annähernd allen Arbeitskreisen nehmen Ämter oder Einrichtungen der Stadt Frankfurt am Main teil; drei wurden durch die Stadt initiiert oder per Magistratsbeschluss eingerichtet. Die Ergebnisse der Stadtteilanalyse wurden den beteiligten Akteuren am 8. Mai 2014 in einer Veranstaltung in Fechenheim rückvermittelt und gingen – gemeinsam mit Rückmeldungen aus der Veranstaltung – in eine ergänzende Prozessbegleitung ein, welche zur Unterstützung der Zusammenarbeit und Koordination unter den Akteuren diente. Der Prozess wurde gemeinsam mit dem Jugend- und Sozialamt eingeleitet und im Programm „Aktive Nachbarschaften“ fortgeführt. Zu den Arbeitskreisen im Stadtteil Fechenheim zählen auch der Arbeitskreis „Dietesheimer Straße“ und das Stadtteilbüro „Unser Dieter“. Diese wurden im Rahmen der durchgeführten Befragung der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main mehrfach als wichtige Institutionen hervorgehoben, in denen unter Beteiligung von Einwohnerinnen und Einwohnern mit Migrationshintergrund soziale Aspekte und Probleme im Zusammenleben thematisiert und bearbeitet werden. Als weiterer stadtteilbezogener Arbeitskreis wurde außerdem auch der „Bunte
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Tisch – Höchst Miteinander“ benannt. Dieser wurde im Jahr 2008 im Anschluss an das zweite Höchster StadtGespräch ins Leben gerufen, welches unter dem Thema „Höchster Vielfalt – Kulti-Multi“ stattfand. Der „Bunte Tisch“ versteht sich als Stadtteilinitiative, die sich gezielt mit dem Thema „Integration“ beschäftigt und zu einem besseren gegenseitigen Verständnis, zur gegenseitigen Anerkennung, zu einem guten Miteinander und zu einer gleichberechtigten Teilhabe am öffentlichen Leben in Höchst beitragen will. Zu den stadtteilbezogenen Aktivitäten, die aus dem Arbeitskreis hervorgegangen sind, zählen z.B. das „Internationale Höchster Suppenfest“, Nachbarschaftsfeste, der „Höchster Frauentreff“ oder der „Höchster Literatur-Genuss“. Der „Bunte Tisch“ organisiert außerdem Lesungen, Stadtteilgespräche sowie Podiumsdiskussionen zu interkulturellen und aktuellen (integrations-)politischen Themen und initiiert und/oder beteiligt sich an Veranstaltungen, wie z.B. dem „Tag der Offenen Moschee“. Im Jahr 2011 wurde der „Bunte Tisch – Höchst Miteinander“ für sein Engagement mit dem Integrationspreis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet. Auch die Regionalräte sowie die Arbeitskreise „Drogen“, „Sicherheit“, „Frauen“, „Jugend und Prävention“ des Präventionsrates stellen stadtteilbezogene Arbeitskreise dar.
Förderung von Dialog und sozialer Kohäsion Frankfurt am Main gilt – sowohl in der subjektiven Meinung der Bevölkerung wie auch in Hinblick auf die Bevölkerungszusammensetzung – als internationale Stadt, in der – insbesondere im Vergleich zu anderen Großstädten – wenig Probleme und Konflikte zwischen den Bevölkerungsgruppen auftreten und in der eine starke Identifikation der Bevölkerung mit der Stadt vorliegt (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2013d; LÜKEN-KLAßEN & POHL 2009: S. 27f.; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2009: S. 86ff.). Dennoch können zeitweise lokale Konflikte und Radikalisierungstendenzen auftreten. Stadtteilkonfliktvermittlung. Bereits im Jahr 1996 hat das Amt für multikulturelle Angelegenheiten eine stadtteilübergreifende Konfliktvermittlungsstelle eingerichtet, deren Schwerpunkt bis heute in der Mediation von Nachbarschafts- und Stadtteilkonflikten liegt. Bei Konfliktfällen können sich betroffene Bürgerinnen und Bürger mit der Bitte um Vermittlung an das AmkA wenden. Als Konfliktvermittler kommen u.a. durch das AmkA geschulte ehrenamtliche Helferinnen und Helfer zum Einsatz, deren Aufgabe darin besteht, eine Konfliktanalyse durchzuführen und im Rahmen mehrerer Gespräche eine Lösung herbeizuführen. Das AmkA erhält nach der initialen Konfliktanalyse eine Rückmeldung, bespricht die weiteren Schritte
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und prüft, ob weitere Behörden und Institutionen einzubeziehen sind. Oftmals wird das AmkA auch selbst tätig, insbesondere bei schweren und problematischen Konfliktkonstellationen. Im Jahr 2013 hat das AmkA durch eine Werbeaktion auf das Angebot aufmerksam gemacht und gezielt neue ehrenamtliche Helferinnen und Helfer angeworben. Aktuell kann das AmkA auf einen Vermittlerpool von über 30 Personen zurückgreifen. Voraussetzung für die Tätigkeit als Konfliktvermittlerin bzw. Konfliktvermittler ist die Teilnahme an einer Schulung, in der u.a. Basiskompetenzen in der Mediation und Konfliktanalyse, Gesprächsführung und interkulturelle Sensibilität vermittelt werden. In der nachfolgenden Abbildung 5.23 sind die beim AmkA durch eine Konfliktpartei zur Klärung gegebenen Konfliktursachen aufgeführt. Da ein Konflikt mehrere Konfliktdimensionen beinhalten kann, gehen in die entsprechenden Anteile Mehrfachnennungen ein. Durchschnittlich fallen im Jahr rund 40 Konfliktmeldungen an, die oftmals über mehrere Sitzungen hinweg bearbeitet werden. Wie man der Abbildung entnehmen kann, zählen Lärm und Ruhestörung sowie Beleidigung, Drohungen und Gewalt zu den hauptsächlichen Konfliktgründen. An dritter Stelle stehen sonstige Gründe, wie z.B. „Herumlungern“, Sachbeschädigung etc.. Auch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind präventiv und vermittelnd tätig. So stellt die ABG Sozialarbeiter mit einer Mediationsausbildung bereit, um ein harmonisches Zusammenleben der Bewohnerinnen und Bewohner im Quartier zu fördern (vgl. LÜKEN-KLAßEN 2007: S. 37f.). Bei Nachbarschaftskonflikten bieten sie Beratungsangebote an. Die Sozialarbeiter der ABG sind in lokale Netzwerke eingebunden und pflegen Kontakte zu den Beiräten und Quartiersmanagern der Sozialen StadtProjekte. In Zusammenarbeit mit Behörden, Polizei und sozialen Trägern werden runde Tische organisiert, um die Konflikte zu entschärfen. Religion und Weltanschauung. Das AmkA steht mit unterschiedlichen Akteuren im Dialog zu den Themen „Religion und Weltanschauung“, vermittelt Kontakte und Informationen und organisiert unterschiedliche Veranstaltungen zum Thema „Religionen in Frankfurt am Main“. Ein wichtiger Kooperationspartner bildet hierbei der „Rat der Religionen“. Im Jahr 2013 wurde im Rahmen einer Arbeitsgruppe mit dem Stadtplanungsamt, der Bauaufsicht, dem Liegenschaftsamt, dem Jugend- und Sozialamt und dem Ordnungsamt der Leitfaden „Religiöse Bauten in Frankfurt am Main“ ausgearbeitet. Er wurde 2014 veröffentlicht und
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Essen, Gerüche, Rauch
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Sonstige
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Abbildung 5.23: Konfliktvermittlungsstelle des AmkA gemeldete Konfliktfälle Datenquelle: Konfliktvermittlungsstelle des AmkA
soll dazu beitragen, den Bürgerinnen und Bürgern die religiöse Vielfalt und die damit verbundene Notwendigkeit von (Gebets-)Räumen zu vermitteln, den Gemeinden die notwendigen Schritte zur Errichtung eines religiösen Gebäudes zu erläutern sowie Ansprechpartner in der Stadtverwaltung zu verdeutlichen. Er trägt damit vorsteuernd dazu bei, öffentlichen Dissens sowie fehlende Informationen über Entscheidungs- und Verfahrensgrundlagen zu vermeiden. In jüngster Zeit rückt zunehmend das Thema „Radikalisierung“ in die öffentliche Aufmerksamkeit. Die Rekrutierung mehrerer Minderjähriger für den „Heiligen Krieg“ und der Tod eines 16-jährigen Frankfurter Schülers in Syrien führte im Jahr 2013 zur Gründung des „Runden Tisch gegen Extremismus“ unter Federführung des AmkA, an dem das Jugend- und Sozialamt, Stadtschulamt, der Präventionsrat, das Staatliche Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main, das Polizeipräsidium Frankfurt am Main, das Hessische Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) und das Hessische Landesamt für Verfassungsschutz teilnehmen. Als ein Ergebnis dieser Kooperation hat sich der Jugendhilfeausschuss in seiner Sitzung am 19.03.2014 über Erkenntnisse des Staatsschutzes zur Radikalisierung junger Menschen und mit dem Planungsstand des „Frankfurter Konzeptes gegen Extremismus“ befasst (vgl. B207/2014). Das AmkA hat im Jahr 2014 außerdem Fortbildungsveranstaltungen für Fachpersonal aus der Ju-
gendhilfe und Schulen organisiert sowie einen Flyer „Umgang mit radikalisierten Jugendlichen“ veröffentlicht. Ab dem Jahr 2015 wird beim AmkA eine Stelle für Antiradikalisierung eingerichtet, die die stadtweite Vernetzung verantworten wird. Eine der ersten Aufgaben der Stelle wird darin bestehen, junge Erwachsene als Teamerinnen und Teamer zu qualifizieren, die dann von Schulen oder Jugendeinrichtungen für Gespräche mit Jugendgruppen oder Schulklassen zum Thema „Wie wollen wir leben? – Zusammenleben von Muslimen und Nichtmuslimen in Deutschland, Vielfalt des Islam und islamischer Extremismus“ angefordert werden können. Die Teamerinnen und Teamer sollen alle über einen Migrationshintergrund verfügen und überwiegend muslimischer Glaubenszugehörigkeit sein. Präventionsrat und Regionalräte. Für ein das soziale Zusammenleben sowie Vertrauensbildung bzw. Identifikation im Stadtteil setzen sich auch der Präventionsrat und die Regionalräte des Präventionsrates ein. Die Regionalräte und der Präventionsrat bilden einen wichtigen Bestandteil des Frankfurter Präventionsnetzwerkes, wobei Gewaltprävention und Sicherheit ein Schwerpunktgebiet bilden. Die Kampagne „Gewalt – Sehen – Helfen“ setzt sich bereits seit 1997 und durch regelmäßige Kurse, die stadtteilorientiert (in Kooperation mit der VHS) organisiert sind und sich an verschiedene Zielgruppen (Organisationen, Senior/-
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
innen, Familien) wenden, für Zivilcourage und Gewaltprävention ein. Die Regionalräte arbeiten stadtteilbezogen und behördenübergreifend und binden Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Sachverstand, bei der Analyse örtlicher Probleme und durch die Ausgestaltung von Präventionsmaßnahmen in die Präventionsarbeit mit ein. Jeder Stadtteil kann grundsätzlich in Absprache mit der Geschäftsstelle des Präventionsrates einen Regionalrat gründen. Voraussetzung ist, dass die Initiative aus dem Stadtteil selbst, von interessierten und engagierten Akteuren heraus eingebracht und getragen wird. Aktuell sind Regionalräte in den Stadtteilen Bergen-Enkheim, Fechenheim, Frankfurter Berg, Gallus, Goldstein, Griesheim, Nied, Nieder-Eschbach, Niederrad und Oberrad, Preungesheim, Schwanheim, Sindlingen, Sossenheim, Unterliederbach und Zeilsheim eingerichtet. Anerkennung von interkulturellem und integrationsförderndem Engagement. Zur Anerkennung und Förderung von Engagement für ein friedliches und tolerantes Zusammenleben, Teilhabe und Integration vor Ort tragen regelmäßig der Integrationspreis des Integrationsdezernats, der Nachbarschaftspreis des Sozialdezernats sowie der Bürgerpreis der Stadt Frankfurt am Main und der Stiftung der Frankfurter Sparkasse bei. Auch die Organisation eines regelmäßigen Treffens für Migrantenvereine und -initiativen, wie es durch das AmkA am 31.10.2013 und 15.11.2014 durchgeführt wurde, dient dem Dialog und der Förderung von Zusammenhalt.
5.5.3 Zusammenfassung Eine bezahlbare und ausreichend ausgestattete Wohnung ist die Grundlage für ein Heimisch-fühlen im Stadtteil. Frankfurt steht vor der Herausforderung, Wohnraum für viele Zuziehende vorzuhalten. Allerdings ist das Mietniveau hoch und der Wohnraum knapp. Die Folgen spüren vor allem Menschen mit geringem Einkommen. Menschen mit Migrationshintergrund verfügen statistisch gesehen durchschnittlich sowohl über weniger Einkommen wie auch weniger Wohnraum als Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte. Prozesse der Gentrifizierung verschärfen die Situation auf dem Wohnungsmarkt und implizieren eine Verdrängung der angestammten Mieterinnen und Mieter und eine veränderte Bewohner- und Sozialstruktur. Die zunehmende Wohnungsknappheit führt dazu, dass beispielsweise kinderreiche Familien, Alleinerziehende oder Wohnungslose nur schwerlich eine Wohnung finden. Konsequenzen des knappen Wohnraumangebotes sind auch Mietwucher und drastische Überbelegungen, z.B. bei Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderern, die sich nicht mit dem deutschen Mietrecht
142
und -markt auskennen. Um die gravierenden Probleme auf dem Wohnungsmarkt abzumildern, setzt die Stadt Frankfurt am Main vornehmlich auf die Schaffung von neuem Wohnraum. Ungeachtet dieser Problemstellungen lässt sich für fast alle Stadtteile Frankfurts eine relativ ausgewogene räumliche Verteilung der Bevölkerung ermitteln. In einzelnen Quartieren allerdings sind Segregationstendenzen feststellbar. Um dem entgegenzuwirken, den sozialen Zusammenhalt zu erhöhen und die Lebenssituationen zu verbessern, wurden in einigen Stadtteilen die Programme „Soziale Stadt“ und „Aktive Nachbarschaften“ umgesetzt. Verschiedene Ämter der Stadt führen stadtteilbezogene Projekte durch, teilweise in Kooperation mit freien Trägern, oder wirken an Arbeitskreisen mit, die das soziale Miteinander fördern. In diesen Kontext ist auch die Konfliktvermittlung des AmkA einzuordnen, die in unterschiedlichen Stadtteilen angefragt wurde. Außerdem führt das AmkA Beratungen und Veranstaltungen zum Thema Religion in der Migration sowie Antiradikalisierung durch. Das Ziel ist ein gegenseitiges größeres Verständnis im Stadtteil.
5.6 Gesundheit und Alter Die Stadt Frankfurt am Main engagiert sich im Sinne eines ganzheitlichen Gesundheitsbegriffs in interkulturellen Angeboten und Netzwerken der Vorsorge und Präventionsarbeit. Dabei wurden auch humanitäre Leistungen im öffentlichen Interesse wie z.B. anonyme Sprechstunden ausgebaut. In Fachforen, Fortbildungen und Modellprojekten widmet sich die Stadt der stetig wachsenden Zahl älterer Menschen mit Migrationshintergrund, für die zunehmend Angebote im Bereich der Pflege und Betreuung notwendig sind. Auch in schwierigen Lagen wie z.B. komplexen internationalen Rentenfragen leistet die Stadt interkulturelle Hilfestellungen.
Integrationspolitische Bedeutung Gesundheitliche und soziale Absicherung sowie Vorsorge beeinflussen die individuellen Lebenschancen und Lebensqualität grundlegend. Dies gilt insbesondere für das Rentenalter, in dem gesundheitliche Bedarfe zunehmen und soziale Risiken nicht (mehr) durch Erwerbstätigkeit abgedeckt werden können. Die Minimierung dieser Risiken durch kommunale Gesundheitsprävention und -aufklärung und die Herstellung von Gesundheitsgerechtigkeit sind zentrale Aspekte kommunaler Gesundheitsförderung.
Basis für die soziale und gesundheitliche (Ab)Sicherung der Bevölkerung bildet in Deutschland eine Sozialgesetzgebung, welche spezifische Ansprüche und Formen von Sozial- und Versicherungsleistungen (Arbeitslosen-, Pflege- oder Krankengeld) sowie kommunale Zuständigkeiten festlegt. Allerdings können viele Migrantinnen und Migranten aufgrund kürzerer Versicherungszeiten oder ihres rechtlichen Status entsprechende Leistungen oftmals nicht oder nicht vollständig in Anspruch nehmen. Migrantinnen und Migranten sind – aufgrund beruflicher und sozioökonomischer Belastungen – oftmals stärker von gesundheitlichen Risiken und von anderen Erkrankungen betroffen (vgl. KOHLS 2010: S. 3ff.). Gerade für die Versorgung der alternden Bevölkerung mit Migrationshintergrund wird es in Zukunft darauf ankommen, die bestehenden Strukturen und Angebote der Pflege- und Gesundheitsversorgung verstärkt auf diese Zielgruppe auszurichten.
Kommunale Handlungsmöglichkeiten Kommunen sind dazu verpflichtet, sowohl präventiv und steuernd durch Gesundheitsschutz, -aufsicht und -beratung wie auch durch gesundheitliches Qualitätsmanagement und Verbraucherschutz tätig zu werden. In Zusammenhang mit der Gesundheitsvorsorge und -förderung gehört es zu den kommunalen Aufgaben, subsidiär in denjenigen Handlungsfeldern tätig zu werden, die nicht von den ambulanten und stationären Gesundheitsdiensten abgedeckt sind. Bei der gesundheitlichen und sozialen Absicherung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist dies insbesondere dann notwendig, wenn fehlende oder unterbrochene Versicherungszeiten vorliegen. Für Menschen mit Migrationshintergrund ist der Zugang zu Gesundheits- und Pflegeleistungen aufgrund ihres rechtlichen Status teilweise nur in eingeschränktem Maße gegeben (vgl. AK MIGRATION UND ÖFFENTLICHE GESUNDHEIT 2012: S. 23ff.).
Ziele aus dem Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept Das Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main benennt die folgenden Ziele als Ansatzpunkte für die Unterstützung der Integration von Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 64; S. 76):
HL 20: Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund bei der Einbürgerung und beim Ausbau ihrer Deutschkenntnisse unterstützen. HL 47: • Zu einer Versorgung und Pflege beitragen, die kultursensibel unterschiedliche Lebenswege und Situationen berücksichtigt. • Öffnung und Unterstützung der ambulanten und stationären Pflege, der offenen Altenhilfe sowie von Senioren-Netzwerken. In Zusammenhang mit Handlungslinie HL 53 („Gesundheitsversorgung sicherstellen“) werden im Integrations- und Diversitätskonzept im Handlungsfeld „Gesundheit“ die folgenden Ziele aufgeführt (STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 78): HL 53: • Versorgungsmängeln in der Gesundheitsversorgung, in der psychosozialen Versorgung und in der Drogenberatung entgegenwirken; • erschwerte Zugänge, fehlende Aufklärung und Information bei Diagnose und Behandlung beheben; • kultursensible Versorgung sowie unzureichende Kommunikationsfähigkeit in Krankenhäusern und Arztpraxen sicherstellen, sodass auch mögliche kulturspezifische Krankheitsvorstellungen berücksichtigt werden können.
5.6.1 Ausgangslage - Zugangsbarrieren zu Gesundheitsleistungen - Lebenssituation von Menschen mit Migrationshintergrund im Alter Informationen zur gesundheitlichen Lage der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main werden vom Frankfurter Gesundheitsamt im Rahmen des regelmäßigen Kindergesundheitsberichtes veröffentlicht (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR GESUNDHEIT 2012). Dieser bezieht sich jedoch spezifisch auf den Gesundheits- und Entwicklungsstand von Kindern im Alter von 5 bis 6½ Jahre. Zudem existieren Erkenntnisse aus Erfahrungswerten in Zusammenhang mit der Humanitären Sprechstunde des Frankfurter Gesundheitsamtes (vgl. TIARKS-JUNGK 2010; STARK ET AL. 2007: S. 96). Im folgenden Abschnitt wird außerdem auch die Situation der älteren bzw. alternden Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main betrachtet. Hierzu werden Auswertungen der amtlichen Statistik vorgenommen und
143
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
die Ergebnisse einer aktuellen Studie besprochen, welche im Auftrag des AmkA durchgeführt wurde (vgl. BARG ET. AL. 2013).
Gesundheitliche Situation von Kindern mit Migrationshintergrund Wesentliche Ergebnisse des Kindergesundheitsberichtes betreffen v.a. Erkenntnisse zum gesundheitspräventiven Verhalten von Familien mit und ohne Migrationshintergrund und deren Kinder. Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder mit Migrationshintergrund: • m it einem Anteil von 60% seltener einen vollständigen Vorsorgestatus aufweisen als Kinder ohne Migrationshintergrund, bei denen 80% der Kinder alle Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen haben (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR GESUNDHEIT 2012: S. 28ff.); • einen besseren Impfstatus verzeichnen können als Kinder ohne Migrationshintergrund (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR GESUNDHEIT 2012: S. 48ff.); • mit 20% einen doppelt so hohen Anteil der Kinder an Übergewicht und Adipositas leidet als bei den untersuchten Kindern ohne Migrationshintergrund (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR GESUNDHEIT 2012: S. 80ff. sowie B37/2011: S. 5). In den Jahren 2009 bis 2011 traf dies bei Mädchen und Jungen etwa gleich stark zu. Gemäß dem Erfahrungsbericht der Koordinierungsstelle Kinder zur „Lebenssituation Frankfurter Kinder“ weisen unter 15-Jährige mit Migrationshintergrund auch häufiger Entwicklungsauffälligkeiten im Bereich Bewegung auf als Kinder ohne Migrationshintergrund (vgl. B37/2011: S. 5).
Zugangsbarrieren zu Gesundheitsleistungen Aus verschiedenen Veröffentlichungen und Studien liegen Erfahrungswerte zu den Barrieren und Bedingungen der Nutzung gesundheitlicher Angebote durch Menschen mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main vor. Grundsätzlich können die folgenden allgemeinen Gründe benannt werden, die dazu führen, dass Gesundheitsleistungen verzögert oder ungenügend in Anspruch genommen werden: • r echtliche Hürden und fehlende ökonomische Mittel verhindern den Kauf von Medikamenten oder den Arztbesuch; • fehlende oder schlechte Information und Aufklärung, oft fehlt eine Orientierung innerhalb des deutschen Hilfesystems (vgl. B425/2011: S. 12; STARK ET AL. 2007: S. 97)
144
;• ein kulturell unterschiedliches Gesundheitsverständnis, stärkeres Vertrauen auf Hilfe durch familiäre oder soziale Netzwerke (vgl. BARG ET. AL. 2013: S. 31; TIARKS-JUNGK 2010: S. 55); • eigene oder familiäre Widerstände, Ängste, soziale Erwünschtheit und Tabuisierung von gesundheitsrelevanten Themen. Die Tabuisierung des Drogenthemas führt z.B. dazu, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund nicht gut über Drogen informiert sind (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – DROGENREFERAT 2011: S. 105; TIARKS-JUNGK 2010: S. 55). Im Rahmen der Afrika- und Humanitären Sprechstunde hat das Frankfurter Gesundheitsamt die Erfahrung gemacht, dass Menschen ohne Aufenthalts- oder Versicherungsstatus oftmals erst bei hochakuter Erkrankung ärztliche Hilfe suchen, auch wenn die Beschwerden schon seit längerem bestehen (vgl. STARK ET AL. 2007: S. 96; TIARKSJUNGK 2010: S. 55). Diese Erfahrung steht auch in Einklang mit den Ergebnissen der Frankfurter Illegalitätsstudie (vgl. KRIEGER ET AL. 2006: S. 107f.).
Lebenssituation von Menschen mit Migrationshintergrund im Alter Aufgrund von ungünstigeren Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie Traumatisierungs- und Diskriminierungserfahrungen weisen Menschen mit Migrationshintergrund im Alter ein erhöhtes Krankheitsrisiko auf und sind auch häufiger von psychischen Gesundheitserkrankungen betroffen (vgl. OLBERMANN 2013: S. 2; SCHIMANY ET. AL. 2012: S. 222, S. 330). Es stellt sich verstärkt die Frage nach der dauerhaften Versorgung und ob bzw. wie diese anhand sozialer oder familiärer Unterstützung und/oder externe Hilfen sichergestellt werden kann. Hier spielen auch die – im Rahmen des Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring festgestellten – geringeren Möglichkeiten der Bevölkerung mit Migrationshintergrund zu einer privaten Vorsorge und Vermögensbildung mit Blick auf Wohneigentum und Geldvermögen eine Rolle (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN - AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 129 – 135; S. 151 – 155).69 Außerdem ist die Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Rentenalter in einem deutlich höheren Maß auf Leistungen aus dem SGB XII angewiesen als die Bevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 147f.).
69 Eine Übersicht über die für einzelne Zuwanderungsgruppen geltenden historischen Rahmenbedingungen findet sich in der Veröffentlichung „Ältere Migrantinnen und Migranten“ des BAMF (vgl. SCHIMANY ET. AL. 2012).
Einwohnermelderegister
2005
2008
2007
2008
2009
2010
2011
2012
• absolut
15.429
15.649
16.530
16.953
17.881
18.726
20.160
31.834
+ 1,4%
+ 5,6%
+ 2,6%
+ 5,5%
+ 4,7%
+ 7,7%
Steigerung in % • prozentual
14,5%
14,5%
15,3%
15,6%
16,3%
17,1%
18,4%
28,7%
Mikrozensus
15,0%
15,2%
17,0%
16,5%
15,3%
16,2%
17,1%
18,2%
Abbildung 5.24: Zahl und Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von über 65 Jahren in Frankfurt am Main Datenquellen: Melderegister, Mikrozensus Anmerkung: Erhöhung des Migrantenanteils im Jahr 2012 aufgrund Umstellung der Auswertungsmethode auf das MigraPro-Verfahren. Prozentuale Steigerung daher nicht angebbar.
Ältere Menschen mit Migrationshintergrund bildeten bislang noch eine relativ kleine Gruppe innerhalb der Frankfurter Bevölkerung. Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, nimmt die Zahl der Personen mit Migrationshintergrund und ihr Anteil an der Bevölkerung ab 65 Jahren jedoch stetig zu. Da die Pflegestatistik nicht nach der Staatsangehörigkeit und/oder Migrationshintergrund differenziert, sind keine konkreten Aussagen oder Prognosen zur aktuellen/zukünftigen Pflegebedürftigkeit möglich (vgl. KOHLS 2012: S. 48ff.).70 Allerdings lassen sich Ergebnisse zur Betreuungssituation in Einrichtungen und Diensten der professionellen Altenhilfe aus einer aktuellen Studie zur „Angebotsstruktur in Einrichtungen der Altenhilfe für ältere Migrantinnen und Migranten in Frankfurt am Main“ und einem daran ansetzenden Fachforum ableiten (vgl. BARG ET. AL. 2013). Die Studie wurde im Auftrag des AmkA durch das Institut für soziale Infrastruktur (ISIS) umgesetzt und diente u.a. dazu, die folgenden Fragen zu klären: • W ie ist die Angebotsstruktur in den verschiedenen Bereichen der Altenhilfe in Frankfurt zu beurteilen und wie werden die vorliegenden Angebote durch ältere Migrantinnen und Migranten genutzt? • Gibt es Hinweise darauf, welche Angebote fehlen, um eine adäquate Versorgung zu sichern? Um diese Fragen zu klären wurden 127 Organisationen (Rücklaufquote: 42%), die in Frankfurt am Main in den Bereichen Betreuung, Unterstützung und Pflege tätig sind, mittels eines Online-Fragebogens zur Situation in ihrer Einrichtung befragt (vgl. BARG ET. AL. 2013: S. 34 – 38). Einrichtungen der ambulanten und stationären Pflege, der offenen Altenhilfe sowie Migrantenselbstorganisationen und religiöse Zuwanderergemeinden waren sowohl unter der Gesamtzahl der Befragungsteilnehmer wie auch in Hinblick auf die spezifischen Rücklaufquoten etwa gleich repräsentiert. Als zentrale Ergebnisse aus dieser Studie
können an dieser Stelle hervorgehoben werden (vgl. BARG ET. AL. 2013: S. 43f.; S. 59f.; S. 82): • E twa 70% der befragten Einrichtungen werden auch von älteren Migrantinnen und Migranten genutzt. • Der überwiegende Teil der befragten Einrichtungen (74%) schätzt den Anteil an älteren Migrantinnen und Migranten auf unter 10% ein, das restliche Viertel realisiert höhere Anteile. Etwas höher wird der Anteil bei Trägern und Angeboten der offenen Altenhilfe eingeschätzt: Hier schätzt ca. 1/3 (36%) der Träger den Anteil auf über 10%. • Im Durchschnitt wird die Versorgungslage als mittelmäßig bis gut bewertet. Die befragten Migrantenselbstorganisationen und religiösen Zuwanderergemeinden treffen jedoch eine kritischere Einschätzung. Gemäß der Ergebnisse der Befragung scheinen Menschen mit Migrationshintergrund – angesichts eines Bevölkerungsanteils von etwa 17% in der Altersgruppe über 65 Jahre – in Einrichtungen der Altenhilfe leicht unterrepräsentiert. Dies kann allerdings auch damit zusammenhängen, dass Menschen mit Migrationshintergrund im Alter eher durch ihre Familienangehörigen oder Partner betreut oder unterstützt werden (vgl. KOHLS 2012: S. 31).71 In den Abbildungen 5.25 und 5.26 wird in diesem Zusammenhang analysiert, ob sich Unterschiede in Hinblick auf das dauerhafte Zusammenleben mit anderen Personen in einem Haushalt zwischen Personen im Alter von über 65 Jahren
70 Die Erhebung der Staatsangehörigkeit bzw. des Migrationshintergrundes ist in der amtlichen Pflegestatistik nach § 109 SGB XI auch zukünftig nicht vorgesehen (vgl. KOHLS 2012: S. 49). 71 Als ein Grund für die stärkere Betreuung von Menschen mit Migrationshintergrund durch Familienmitglieder bis ins hohe Alter werden das Wirken von traditionellen und religiösen Vorstellungen, stärkere familiäre Solidarität und Kontakte mit den Kindern sowie Unkenntnis und mangelndes Vertrauen in die Strukturen der Altenhilfe benannt (vgl. KURT 2012: S. 4; SCHIMANY ET. AL. 2012: S. 278 - 287.).
145
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
MIT DEUTSCHER STAATSANGEHÖRIGKEIT
54,9%
54,7%
54,1%
85 und älter
52,7%
MIT AUSLÄNDISCHER STAATSANGEHÖRIGKEIT 75 – 84
40,1% 42,1% 31,2%
43,7%
42,7%
43,8%
44,5%
41,5%
65 – 74
38,3%
45 – 64 30,9%
31,2%
31,2%
13,1%
13,5%
23,5%
24,5%
25,3%
26,5%
23,6%
23,8%
24,5%
25,6%
21,9%
22,0%
23,6%
2009
2010
2011
25,1%
42,2%
42,1%
14,4%
35,2%
45,3%
35 – 44
34,6%
35,1%
35,6%
36,4%
37,0%
36,9%
36,5%
36,8%
25,1%
25,1%
24,8%
24,5%
24,7%
2012
2009
2010
2011
2012
unter 35
Abbildung 5.25: Anteil der Einpersonenhaushalte an der Gesamtbevölkerung mit bzw. ohne deutsche Staatsangehörigkeit nach Altersgruppen Datenquelle: Einwohnermelderegister
OHNE MIGRATIONSHINTERGRUND
47,5%
42,6%
43,5%
43,5%
65 und älter 45 – 64
MIT MIGRATIONSHINTERGRUND
40,9% 38,3%
34,6%
35 – 44
23,7%
17,0%
17,4%
12,3%
11,6%
13,7%
2010
2011
2012
20,6%
15,8%
14,9%
13,6% 2009
34,0%
35,1%
36,7%
37,1%
34,3%
36,6%
32,4%
32,2%
32,9%
33,0%
2009
2010
2011
2012
31,3%
23,4%
20,0%
35,4%
34,4%
Abbildung 5.26: Anteil der Einpersonenhaushalte an der Gesamtbevölkerung mit bzw. ohne Migrationshintergrund nach Altersgruppen Datenquelle: Mikrozensus
146
unter 35
mit ausländischer und deutscher Staatsangehörigkeit bzw. mit und ohne Migrationshintergrund ergeben. Hintergrund bildet die Annahme, dass in Mehrpersonenhaushalten lebende über 65-jährige Personen möglicherweise mit Familienangehörigen zusammenleben, welche sich gezielt auch in Pflege und Betreuung älterer Angehöriger engagieren. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Unterstützungsmöglichkeiten im Haushalt für ältere Familienangehörige umso größer ausfallen sollten, je geringer der Anteil von in Einpersonenhaushalten lebenden Personen im Alter von über 65 Jahren an der Gesamtbevölkerung über 65 Jahren ausfällt (vgl. SÜTTERLIN ET.AL. 2011: S. 41). Wie aus den Abbildungen 5.25 und 5.26 deutlich wird, leben sowohl Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit wie auch Personen mit Migrationshintergrund in allen betrachteten Altersgruppen seltener in Einpersonenhaushalten. Vor dem Hintergrund der oben getroffenen Annahmen, deutet dieses Ergebnis auf ein höheres Unterstützungspotenzial in Haushalten mit Migrationshintergrund hin.72 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass auch andere Ursachen als alternative Erklärungsfaktoren für eine mögliche Unterrepräsentation von älteren Migrantinnen und Migranten in ambulanten und stationären Einrichtungen in Betracht gezogen werden müssen. Neben den eingangs erwähnten Punkten zählen zu den alternativen Erklärungsfaktoren z.B. auch das Ausmaß, in dem es Pflegeeinrichtungen gelingt, ihre Strukturen an die vorhandenen Bedarfe anzupassen (vgl. KOHLS 2012: S. 35 – 40). Aus der durch das AmkA beauftragten Studie lassen sich diesbezüglich die folgenden zukünftigen Herausforderungen bei der Versorgung von älteren Migrantinnen und Migranten ableiten, welche konsensuell von allen befragten Einrichtungen und Diensten benannt wurden (vgl. BARG ET. AL. 2013: S. 55, S. 69): • Altersarmut; • Isolation; • Ängste, Misstrauen gegenüber institutionellen Angeboten; • Sprachbarrieren; • Demenz und Pflegebedürftigkeit; • fehlende Informationen bei der Zielgruppe; • Pflegenotstand/fehlendes qualifiziertes Personal.
5.6.2 Entwicklungen im Handlungsfeld - Gesundheitliche Versorgung und Vorsorge - Versorgung und Vorsorge im Alter
Gesundheitliche Versorgung und Vorsorge Zur gesundheitlichen Vorsorge und Präventionsarbeit koordiniert und entwickelt die Fachstelle „Migration und öffentliche Gesundheit“ des Frankfurter Gesundheitsamtes verschiedene interkulturelle Angebote sowie Modelle guter Praxis. Als „Interkulturelle kommunale Gesundheitsinitiativen“ (KOGIs) sind in den vergangenen Jahren Gesundheitsnetzwerke auf Stadtteilebene entstanden sowie interkulturelle Gesundheitslotsinnen und -lotsen geschult worden, die im Stadtteil als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren tätig sind. Generelles Ziel dieser Maßnahmen ist es, Bevölkerungsgruppen, die Schwierigkeiten beim Zugang zum Gesundheitswesen haben, zu unterstützen und gemeinsam mit Akteuren vor Ort lokale Informations- und Hilfsnetzwerke zu bilden. Netzwerke. Im Rahmen des Gesundheitsnetzwerks Nordweststadt wurden in den Jahren 2009 und 2011 eine Gesundheits-AG initiiert und gemeinsam quartiersbezogene Gesundheitskonferenzen umgesetzt (vgl. WOLTER 2011). Die Gesundheits-AG besteht aus 15 Einrichtungen und Vereinen und hat die Vernetzung der Gesundheitsakteure im Stadtteil sowie die Planung und Vorbereitung der Gesundheitskonferenzen zur Aufgabe. Im Jahr 2011 wurde außerdem auch ein interkultureller Gesundheitstreff im Nachbarschaftsbüro Nordweststadt eingerichtet. Ziel des interkulturellen Gesundheitstreffs ist es, Menschen mit Migrationshintergrund über das deutsche Gesundheitssystem zu informieren sowie die gesundheitliche Präventionsarbeit im Quartier durch Beratung und Information zu stärken. Er wird in Kooperation mit der Servicestelle „BürgerInnen-Beteiligung“, dem Gesunde-Städte-Projekt und dem Programm „Aktive Nachbarschaften“ umgesetzt. Gesundheitslotsinnen und -lotsen. Schulungen von interkulturellen Gesundheitslotsinnen und Gesundheits-
72 Die entsprechende Hypothese wird auch durch die Ergebnisse einer Bürgerbefragung bestätigt, welche im Jahr 2003 durch INBAS im Rahmen der Partizipativen Altersplanung im Auftrag des Jugend- und Sozialamtes durchgeführt wurde. Im Rahmen dieser Studie gaben 40% der Befragten mit ausländischer Staatsangehörigkeit an, dass Sie im Falle von Pflegebedürftigkeit wahrscheinlich von Angehörigen gepflegt würden, während unter den Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit nur 34% davon ausgingen. Umgekehrt gehen 45% der Befragten mit ausländischer Staatsangehörigkeit davon aus, im Alter nicht von Angehörigen gepflegt zu werden gegenüber 50% auf Seiten der Befragten mit deutscher Staatsangehörigkeit (vgl. hierzu die Tabellen in: STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2007b: S. 36 u. 128; eigene Berechnungen)..
147
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
lotsen finden in Frankfurt am Main bereits seit dem Jahr 2005 statt (vgl. B425/2012: S. 12; B961/2009: S. 1ff.). Im Jahr 2013 wurden erneut 25 Frauen mit Migrationshintergrund in einer 50-stündigen Schulung in gesundheitsrelevanten Themen zu Gesundheitslotsinnen ausgebildet. Ihre Aufgabe besteht darin, als Multiplikatorinnen das Wissen von Menschen mit Migrationshintergrund über das deutsche Gesundheitswesen, über Gesundheitsförderung und Prävention zu verbessern. Sie dienen als Ansprechpartner in ihrer Wohnumgebung und führen Veranstaltungen sowie Gespräche zur Gesundheitsaufklärung in Deutsch und anderen Sprachen durch. Nach Abschluss der Ausbildung erhalten sie ein Zertifikat. Einrichtungen in Frankfurt – z.B. Migrationsberatungsstellen, Wohlfahrtsverbände, Kultur- und Migrantenvereine, kirchliche Einrichtungen, Moscheen, Stadtteilberatungsstellen, Kindereinrichtungen und Schulen – können Gesundheitslotsinnen für Veranstaltungen anfragen. Humanitäre Sprechstunde. Im Jahr 2009 hat das Frankfurter Gesundheitsamt außerdem sein bestehendes Angebot einer kostenlosen und anonymen Beratung und Behandlung im Rahmen der „Internationalen Humanitären Sprechstunde“ für alle Bevölkerungsgruppen geöffnet. Ausgangspunkt war eine stetig wachsende Patientenzahl in der Afrikasprechstunde sowie die Erkenntnis, dass immer mehr Familien sowie Menschen in prekären Lebenslagen, ohne Aufenthaltsstatus oder Krankenversicherung im Krankheitsfall keine ausreichende gesundheitliche Versorgung erhalten. Der bisherige Zuschnitt des Angebots speziell auf afrikanische Frauen erwies sich damit als nicht mehr zeit- und bedarfsgemäß (vgl. TIARKS-JUNGK 2010: S. 51f.). Auch inhaltlich hat sich das Angebot über die Jahre stetig weiterentwickelt und umfasst heute „das Spektrum einer allgemeinmedizinisch tätigen Praxis mit einer klassischen hausärztlichen Betreuung“ (TIARKS-JUNGK 2010: S. 51). Zu den Behandlungsschwerpunkten zählen (vgl. TIARKS-JUNGK 2010: S. 54): • • • • •
Herz-Kreislauferkrankungen (insb. Bluthochdruck); degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates; Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus; akute Infektionen (Hepatitiden, HIV, Tbc); gynäkologische Erkrankungen (inkl. Schwangerschaften). In Abbildung 5.27 ist die Zahl der Behandlungsfälle bis zum Jahr 2013 aufgeführt. Dabei wird zwischen Personen und deren Konsultationen unterschieden. Die vorliegenden Fallstatistiken zeigen eine (ab dem Jahr 2009) steigende Zahl an Patientinnen und Patienten und eine mehr als doppelte Zunahme der Konsultationen, was auf die Notwendigkeit dieses humanitären Hilfsangebots hinweist.
148
Seit der Öffnung des Angebots ist insbesondere der Anteil der Patientinnen und Patienten aus Herkunftsländern der EU – und v.a. aus Bulgarien und Rumänien – gestiegen (vgl. auch: B180/2014: S. 12; B496/2013: S. 2f.). Grundsätzlich kommen die Patientinnen und Patienten der Internationalen Humanitären Sprechstunde aus allen Altersgruppen, was ebenfalls die Notwendigkeit dieses Angebots verdeutlicht (vgl. B496/2013: S. 2). Auffallend ist seit Beginn der Sprechstunden: • d ie mehrheitliche Inanspruchnahme durch Frauen (ca. 75%); • Kinderanteil von ca. einem Fünftel unter den behandelten Fällen; • das gleichzeitige Auftreten von medizinischen und psychosozialen Problemen. Neben der Internationalen Humanitären Sprechstunde bietet das Gesundheitsamt seit 2012 auch die Humanitäre Sprechstunde für Kinder an (vgl. B496/2013). In den Jahren 2012 und 2013 kamen jeweils rund 400 Kinder in diese Sprechstunde, wobei die tatsächliche Kontaktzahl – aufgrund von Mehrfachkonsultationen – bei durchschnittlich 900 Konsultationen im Jahr lag. Sowohl die Humanitäre Sprechstunde für Kinder wie auch die Humanitäre Sprechstunde stehen für unbürokratische, niederschwellige Hilfe für Menschen, die – aufgrund ihrer ökonomischen und/ oder rechtlichen Situation – keinen Zugang zur Regelversorgung haben. Die Kostenübernahme für das Angebot erfolgt als Kooperation zwischen dem Frankfurter Jugend- und Sozialamt und dem Gesundheitsamt. Die erforderlichen Mittel für das Personal und die Arbeitsplatzausstattung werden vom Gesundheitsamt, die Mittel für den medizinischen Sachbedarf und Medikamente vom Sozialamt getragen (vgl. B496/2013: S. 3). Brücke für Integration und Soziales. Auch das Angebot BINSO („Brücke für Integration und Soziales“) des Vereins Arbeits- und Erziehungshilfe e.V. (vae), welches durch das Frankfurter Drogenreferat gefördert wird, konnte in den vergangenen Jahren eine Öffnung verzeichnen. Das Projekt besteht seit 2002 und steht für aufsuchende Arbeit bei suchtgefährdeten jugendlichen Migrantinnen und Migranten aus muslimischen Kulturkreisen und in Jugendeinrichtungen mit hohem Migrantenanteil (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – DROGENREFERAT 2011: S. 29). Eine Öffnung fand hier in zweierlei Hinsicht statt: • D ie Zahl der Kooperationspartner (Moscheen, Kulturvereine, Jugendhäuser) konnte erweitert und so zunehmend auch neue Stadtteile als Anknüpfungspunkte für Beratungen einbezogen werden. Ausgangspunkt für die Tätigkeit des BINSO-Projekts bildeten ursprünglich die
Anzahl der Konsultationen und Patienten sowie Geschlecht nach Jahr
Konsultationen
Patienten
davon weiblich
davon weiblich
2500
80
70 2000 1911
1765
60
50
1500 1154
40
1154 1000
PROZENT
ANZAHL
1625
30 673
633
500
657
670
636
20
462 10
255
0
0 2008
2009
2010
2011
2012
2013
Abbildung 5.27: Anzahl der Konsultationen und Patientinnen und Patienten der Humanitären Sprechstunde nach Geschlecht und Jahr Quelle: SCHADE ET. AL. (2014) Datenquelle: Gesundheitsamt Frankfurt am Main
westlichen Stadteile, in denen die Jugend- und Drogenberatung Höchst angesiedelt ist. Mittlerweile wird BINSO in zwei weiteren Stadtteilen angeboten: im Gutleutviertel und in Preungesheim. • Um verstärkt muslimische Frauen ansprechen zu können, wurde außerdem eine muslimische Sozialarbeiterin in das BINSO-Projekt einbezogen. Neu installiert wurde ein Angebot für Frauen, das ebenfalls an Kulturvereine angebunden ist. Gemeinsam mit verschiedenen Trägern (FIM, Maisha, Regenbogen, Mädchenbüro, fema u.a.) wurden Infoveranstaltungen für Frauen zu den Themen Prävention, Drogen, Sucht und Suchthilfesystem durchgeführt. Wie die Statistik in Abbildung 5.28 zeigt, fanden im Rahmen des BINSO-Projekts in den Jahren 2007 bis 2012 jährlich rund 270 Beratungen von suchtgefährdeten jugendlichen Migrantinnen und Migranten und rund 40 Vermittlungen in weiterführende Hilfen statt. Zu den weiterführenden Hilfen zählen z.B. Angebote der Jugendhilfe und Erziehungsberatung sowie Drogenhilfe.
Gerade bei sensiblen Themen wie Drogenhilfe und -beratung ist ein niederschwelliger Zugang und Vertrauen wichtig. In verschiedenen ambulanten Einrichtungen der Drogenhilfe und -beratung (z.B. der Jugend- und Drogenberatung Höchst und Sachsenhausen sowie den Drogenhilfeeinrichtungen Eastside und La Strada) sind daher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit eigener Migrationserfahrung und muttersprachlichen Sprachkenntnissen beschäftigt. Sie helfen dabei, sprachliche Barrieren im Erstkontakt zu überwinden und Ängste abzubauen.
Versorgung und Vorsorge im Alter Im Bereich Versorgung werden Leistungen der Pflegeversicherung durch die Pflegekassen gewährt. Zur Sicherstellung des Lebensunterhalts im Alter ist zudem das Jugendund Sozialamt der Stadt Frankfurt am Main für Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, durch existenzsichernde Grundleistungen nach dem SGB XII tätig. Zusätzlich werden ergänzende Hilfen aus dem SGB XII gewährt, wenn ein Pflegebedarf nicht abgedeckt
149
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Beratungen und andere Gesprächskontakte im offenen Bereich Vermittlung in weiterführende Hilfen
2007
2008
2009
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2011
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ist bzw. nicht aus eigenen Mitteln erbracht oder nicht zugemutet werden kann. Neben diesen Leistungen der Versicherung und Grundsicherung im Alter wird – vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung – die aktive interkulturelle Öffnung und kultursensible Ausgestaltung der Angebote der Altenhilfe und -pflege als wichtig erachtet (vgl. WENDL 2013: S. 43, S. 218). Ende 2011 gab es in Frankfurt am Main 45 Pflegeheime für ältere Menschen (vgl. STATISTISCHES JAHRBUCH FRANKFURT AM MAIN 2013: S. 139). Die Frankfurter Altenpflegeheime stehen grundsätzlich allen Bevölkerungsgruppen im Alter über 65 Jahren offen, bei denen Pflegebedarf vorhanden ist. Es existieren jedoch auch einige Einrichtungen, die aufgrund ihrer muttersprachlichen oder multilingualen Ausrichtung besonders von bestimmten Herkunftsgruppen genutzt und die nachfolgend dargestellt werden. Zu diesen Einrichtungen gehören z.B. (vgl. B123/2013): • D as Victor-Gollancz-Haus in Höchst und das Bürgermeister-Gräf-Haus in Sachsenhausen: Als interkulturelles Altenzentrum bietet das „Victor-Gollancz-Haus“ des Frankfurter Verbandes für Alten- und Behindertenhilfe e.V. eine spezifisch für ältere Menschen mit muslimischem Glauben ausgerichtete Wohngruppe für 11 Bewohner an. Die Einrichtung verfügt auch über ein eigenes Teezimmer („Ceyodasi“), in dem auch Zeitungen und muttersprachliches Fernsehen vorhanden sind sowie eigene Gebetsräume, in denen christliche und muslimische Seelsorger Gottesdienste und Gebete anbieten. Aufgrund der starken Nachfrage wurde im Jahr 2012 ein weiterer Wohnbereich in Sachsenhausen im Pflegeheim „Bürgermeister-Gräf-Haus“ eröffnet (vgl. KURT 2012: S. 6). • Das Altenzentrum St. Josef in Niederrad: Das Altenzentrum „St. Josef“ der Caritas verfügt über drei Wohnbereiche mit 48 Einzelzimmern sowie zwei- oder mehrsprachigem Personal, welches diese Wohnbereiche betreut. Zu den Bewohnerinnen und Bewohnern zählen vermehrt Personen mit italienischer, spanischer und portugiesischer Herkunft. Es wird gezielt darauf geachtet, dass Personal mit muttersprachlichen Kenntnissen in den entsprechenden Sprachen vorhanden ist. In die Wohngruppen werden aber auch Personen anderer Herkunft und Staatsangehörigkeit aufgenommen. 150
19
2012 204
21
Abbildung 5.28: BINSO in Moscheen und Kulturvereinen: Beratung und Vermittlung Datenquelle: Drogenreferat / vae e.V.
• Das jüdische Altenzentrum in Bornheim: Das Altenzentrum der Jüdischen Gemeinde verfügt über 174 Plätze im vollstationären und teilstationären Bereich sowie dreizehn Wohngruppen. Das Personal in diesen Gruppen ist durchweg zwei- oder mehrsprachig und spricht auch hebräisch. Die Belegung der Wohngruppen erfolgt nach Gesichtspunkten einer möglichst gemeinsamen Herkunft und Sprache und beinhaltet zudem, dass die Essgewohnheiten und -wünsche der Bewohnerinnen und Bewohner berücksichtigt werden. • Die Henry und Emma Budge-Stiftung in Seckbach: Ziel der Henry und Emma Budge-Stiftung ist es, Menschen mit jüdischem und christlichem Glauben ein würdevolles Leben im Alter zu ermöglichen. Die Wohnanlage und das Pflegeheim verfolgen ein interkulturelles Konzept, welches darauf abzielt, Menschen jüdischen und christlichen Glaubens unter einem Dach zu vereinen. Spezielle Wohngruppen für Migrantinnen und Migranten sind daher nicht eingerichtet. Das Personal spricht in großer Zahl Hebräisch und weitere Sprachen. Die Frankfurter Altenhilfeeinrichtungen wie auch Angebote der offenen Altenhilfe werden finanziell durch Zuwendungen des Jugend- und Sozialamts – u.a. im Rahmen des kommunalen Programms „Würde im Alter“ – unterstützt. Zu den entsprechenden Angeboten und Aktivitäten der offenen Altenhilfe zählen auch verschiedene Seniorenclubs und -treffs, die sich speziell an Migrantinnen und Migranten aus bestimmten Herkunftsländern richten. Die Clubs / Treffs sind in der Regel aus dem wachsenden Bedürfnis nach Austausch im Alter in der Muttersprache und mit Personen mit ähnlichen biographischen Erfahrungen und Herkunftsgeschichte entstanden. Sie haben daher oftmals eine sprachspezifische Prägung und greifen verstärkt kulturspezifische Traditionen und Aktivitäten auf. Beispiele für solche Angebote der offenen Altenhilfe in Frankfurt sind (vgl. B402/2012): • der Altentreff „OASI“ der Caritas in Höchst; • die offene Seniorenarbeit „Café (H)alteplatz“ des Türkischen Volkshauses; • der Seniorinnen- und Senioren-Treff „Pro Seniore“ des Vereins „Associazione Familiglie Italiane e.V. (AFI)“;
• v erschiedene Angebote des DRK, wie der Spanische Altenclub in Sachsenhausen sowie die Beratungsstelle und Begegnungsstätte HIWA; • der griechische Altenclub der griechischen Gemeinde e.V.; • Begegnungsangebote bei infrau e.V. und dem Internationales Familienzentrum (IFZ). Die Versorgung älterer Migrantinnen und Migranten bildete seit seiner Gründung auch ein Arbeitsfeld des AmkA. Bereits im Jahr 1996 wurde über zwei Konferenzen und eine Studie des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. (ISS) frühzeitig auf die zukünftigen Bedarfe und notwendigen Veränderungen in der Altenhilfe und in Pflegeeinrichtungen hingewiesen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 1998a/b). Aktuell engagiert sich das AmkA im Arbeitsbereich „Migration und Alter“ mit der „Interkulturellen Hilfestellung in Rentenfragen“ und der Fortbildungsreihe „Sozialberatung (nicht nur) für Migrantinnen und Migranten“ für das Thema. Darüber hinaus leistet das AmkA Informations- und Vernetzungsarbeit durch Mitarbeit an der Seniorenzeitschrift (Rubrik „Begegnungen der Kulturen“), im Netzwerk „Aktiv bis 100“73 sowie durch Teilnahme am Arbeitskreis „Ältere Migrantinnen und Migranten“ der Beratungsstelle HIWA des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Interkulturelle Hilfestellungen in Rentenfragen. Die „Interkulturellen Hilfestellungen in Rentenfragen“ konnte im Jahr 2012 ihr 10-jähriges Bestehen feiern. Im Rahmen dieses Angebots werden seit dem Jahr 2002 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus Migrantenorganisationen und religiösen Zuwanderergemeinden zu Rentenhelferinnen und Rentenhelfern ausgebildet. Ausgangspunkt hierfür bilden die mangelnde Information von älteren Migrantinnen und Migranten über ihre Rentenansprüche und Unkenntnis des deutschen Rentensystems. Beim Ausfüllen von Formularen und bei der Vorlage der erforderlichen Unterlagen bieten die Rentenhelferinnen und Rentenhelfer Unterstützung. Hierbei kann auf einen Helferpool mit muttersprachlichen Kenntnissen in zwanzig unterschiedlichen Sprachen zurückgegriffen werden. Seit dem Jahr 2011 ist das Projekt in das Integrationslotsenprogramm des Landes Hessen eingebunden und wird in Kooperation mit dem Versicherungsamt der Stadt Frankfurt am Main und der Deutschen Rentenversicherung durchgeführt. Fortbildungsreihen und Fachforen. Im Rahmen der Fortbildungsreihe „Sozialberatung (nicht nur) für Migrantinnen und Migranten“ können sich an acht Fortbildungs-
nachmittagen im Jahr interessierte Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie Sozialberaterinnen und Sozialberater aus Migrantenorganisationen und religiösen Zuwanderergemeinden zu verschiedenen Themenfeldern fortbilden. Die Fortbildungsreihe wird in Kooperation mit der Katholischen Erwachsenenbildung und dem Caritasverband Frankfurt am Main e.V. durchgeführt. Zu den Themenfeldern zählen u.a.: • • • • •
häusliche Pflege / Pflegeversicherung; Freizeit; psychische Gesundheit; Schuldnerberatung; Demenz.
Im Jahr 2012 wurde im Auftrag und in fachlicher Begleitung des AmkA die Studie zur „Angebotsstruktur in Einrichtungen der Altenhilfe für ältere Migrantinnen und Migranten in Frankfurt am Main“ durchgeführt (vgl. BARG ET. AL. 2013). Die Ergebnisse der Studie wurden am 24.01.2013 im Rahmen des Fachforums „Altenhilfe für ältere Migrantinnen und Migranten in Frankfurt am Main“ rund 100 Fach- und Führungskräften aus dem Bereich Altenhilfe und Migrationsarbeit sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Migrantenorganisationen und religiösen Zuwanderergemeinden vorgestellt und diskutiert. Die Veranstaltung wurde als Kooperationsveranstaltung zwischen dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten und dem Jugend- und Sozialamt umgesetzt. Als ein Ergebnis der Fachtagung konnten im Rahmen von Arbeitsgruppen umfangreiche bereichs-spezifische Empfehlungen erarbeitet werden, die in Abbildung 5.29 in komprimierter Form wiedergegeben werden (vgl. BARG ET. AL. 2013: S. 51ff.). Basierend auf den Ideen und Empfehlungen des Fachforums haben das AmkA und das Jugend- und Sozialamt mehrere Fortbildungsveranstaltungen zum Thema „Interkulturelle Öffnung und Kompetenz als Qualitätsmerkmale in der Altenhilfe“ für Akteure aus dem Bereich der Altenhilfe und Migrationsarbeit und Vertreter von Migrantenorganisationen und religiösen Zuwanderergemeinden konzipiert und im Jahr 2014 damit begonnen, diese gemeinsam umzusetzen. Inhaltlich befassen sie sich mit den Themen „Führungskräfte aus der Altenhilfe und Migrantenorganisationen in interkultureller Verantwortung“, „Kultursensibles Arbeiten in der Pflege“ sowie „Möglichkeiten und Grenzen eines vorurteilsbewussten Handelns in der Offenen 73 Das Netzwerk beruht auf einer Kooperation zwischen Frankfurter Sportvereinen, Sportamt, Gesundheitsamt, Jugend- und Sozialamt, AmkA, Deutscher Turnerbund, Einrichtungen der Altenhilfe.
151
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Ambulante Pflege: • Ausbau von Netzwerktreffen zwischen Trägern der Altenhilfe und Migrantenorganisationen; • Schulung mehrsprachiger Multiplikatorinnen und Multiplikatoren (insbesondere im Sozialrecht); • Aufbau von Geh-Strukturen zu alleinlebenden älteren Migrantinnen und Migranten; • stärkere politische Repräsentation des Pflegebereichs durch Aufbau einer Pflegekammer und Einsatz der Stadt Frankfurt am Main für eine Neuausrichtung des Punktesystems der Pflegeversicherung. Stationäre Pflege: • interkulturelle Angebote und biographieorientierte Pflegeansätze; • kultursensible Speisepläne; • Sensibilisierung der Mitbewohnerinnen und Mitbewohner in Altenheimen für Migrationsthemen in Veranstaltungen; • interkulturelle und multilinguale Schulung des Personals; • Ausbau der Angebote spezifisch für Migrantinnen und Migranten und Förderung einer individuellen Altenhilfe; • verstärkte Information durch Einsatz von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus Migrantenorganisationen und Vernetzung mit Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Offene Altenhilfe: • verstärkte Sensibilisierung für das Thema „Vielfalt“; • Abbau von Sprachbarrieren durch verstärkten Rückgriff auf Dolmetscher/-innen und Sprachkurse für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; • Fortbildungen zu Interkulturalität für Ehrenamtliche und stärkere Gewinnung von Ehrenamtlichen mit Migrationshintergrund; • verstärkt quartiers- und bezirksbezogene Planung, Einrichtung von selbstorganisierten „offenen Wohnzimmern“ mit Quartiersbüro. Abbildung 5.29 Ergebnisse der AGs zur interkultulerren Öffnung der Altenhilfe im Rahmen des Fachforums „Altenhilfe für ältere Migrantinnen und Migranten in Frankfurt am Main.“
Altenhilfe“. Die Fortbildungsreihe hat auch die Vernetzung der Anbieter und Vertreter aus den verschiedenen Bereichen zum Ziel, und eine abschließende Veranstaltung mit Infomarkt dient dem Ziel der Vernetzung und Bekanntmachung von Angeboten.
5.6.3 Zusammenfassung Gesundheitsförderung hat die Minimierung von Gesundheitsrisiken und einen möglichst flächendeckenden Zugang für alle Einwohnerinnen und Einwohner zu Gesundheitsleistungen zum Ziel, wie im Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt formuliert. Studien haben gezeigt, dass Kinder mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund weniger an den Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen, vermehrt zu Übergewicht neigen, aber einen besseren Impfstatus aufweisen. Die vergleichsweise geringere Wahrnehmung von Gesundheitsleistungen durch Migrantinnen und Migranten ist u.a. auf fehlende Information, mangelnden Versicherungsschutz oder ein anderes Gesundheitsverständnis zurückzuführen. Ältere Menschen mit Migrationshintergrund haben durch belastende Arbeitsbedingungen, Traumatisierungen, mangelnde Prävention u.a. ein höheres gesundheitliches Risiko. Diese Zielgruppe muss verstärkt in den Fokus rücken, Angebote müssen auf sie ausgerichtet sein, wie auch die vom AmkA in Auftrag gegebene Studie „Angebotsstruktur in Einrichtungen der Altenhilfe für ältere Migrantinnen und Migranten in Frankfurt am Main“ deutlich ge-
152
macht hat. Zwar werden wahrscheinlich viele Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund von Angehörigen gepflegt, ein steigender Bedarf in den Einrichtungen der Altenhilfe ist aber zu erwarten. Eine interkulturelle Öffnung und kultursensible Ausrichtung der Einrichtungen ist daher notwendig. In einzelnen Quartieren Frankfurts gibt es gezielte gesundheitliche Aufklärungsarbeit, dazu gehören auch Gesundheitslotsinnen und -lotsen des Frankfurter Gesundheitsamtes, die eine niederschwellige Beratung anbieten. Auf große Nachfrage stößt auch die Internationale Humanitäre Sprechstunde des Frankfurter Gesundheitsamtes. Das Drogenreferat öffnete seine aufsuchende Arbeit interkulturell. Für die nähere Zukunft ist die interkulturelle Öffnung des Bereichs Gesundheit und auch der Altenhilfe voranzubringen.
5.7 Kultur, Freizeit und Sport Das öffentlich geförderte Kultur- und Freizeitangebot soll möglichst unterschiedliche Bevölkerungsgruppen gleichermaßen erreichen. Zum Freizeitverhalten der Bevölkerung bestehen dabei bislang unterschiedliche Untersuchungen und Einschätzungen. Unterschiede nach Herkunft und Generation scheinen insbesondere im Bereich der sogenannten „Hochkultur“ ausgeprägt. Eine zunehmende Zahl zielgruppenspezifischer Angebote nutzt das integrative Potenzial des Sports. Dabei spielt
in vielen Fällen auch der niederschwellige sowie gesundheitspräventive Ansatz als Bewegungsangebot eine Rolle. Auch die Frankfurter Museen haben in den letzten Jahren eine Reihe interkultureller und integrativer Maßnahmen und Ideen entwickelt. Die weitere interkulturelle Öffnung der städtischen Kultureinrichtungen wird zunehmend durch Beratung sowie sogenannte „Lotsenprojekte“ und Workshops begleitet. Vor allem kleinere, freie Theater haben innovative Formen für den Umgang mit Integration und Interkulturalität entwickelt. Es besteht eine dynamische mehrsprachige, semiprofessionelle Theaterszene. Mit großen öffentlichen Veranstaltungen trägt die Stadt Frankfurt am Main die Themen von Multikulturalität und Integration in die Stadtöffentlichkeit.
Kommunale Handlungsmöglichkeiten Neben den eng umgrenzten Aufgabenfeldern der Fürsorge gehört es zur Verantwortung der kommunalen Ebene, im Rahmen der Daseinsvorsorge infrastrukturelle Versorgungslücken zu identifizieren, ggf. zu schließen sowie die angemessene Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger mit kulturellen Angeboten, Freizeit- und Sportangeboten sowie sozialen Einrichtungen und Diensten sicherzustellen. Während Aufgaben aus dem Bereich der Infrastrukturverantwortung i.d.R. pflichtig wahrzunehmende Aufgaben darstellen, wird die Kommune bei den freiwilligen Aufgaben eher subsidiär durch Förderung und Beauftragung freier Träger tätig. Im Handlungsfeld „Kultur, Freizeit und Sport“ ist es aus Integrationsgesichtspunkten wichtig, dass keine monokulturelle Ausrichtung der Angebote und keine einseitige Förderung bzw. eine möglichst gemischte Zusammensetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie der Mitglieder erreicht wird.
Integrationspolitische Bedeutung Kultur- sowie Freizeit-, Sport- und Erholungsangebote können Gemeinsamkeit fördern und bilden für viele Menschen einen wichtigen Ausgleich zum beruflichen Leben. Niederschwelligkeit sowie direkte Ansprache unterschiedlicher Interessen spielen eine wichtige Rolle. Ein angemessenes internationales Kultur- und Freizeitangebot gilt zudem in der Rhein-Main-Region als relevanter Standortfaktor. Integrationspolitisch bestehen im Sport Berührungspunkte mit der Jugend- und Bildungsarbeit. Dabei werden oft auch Fähigkeiten vermittelt, die sich in anderen Lebensbereichen als hilfreich erweisen können (vgl. KALTER 2001: S. 176). Soziale Kontakte und Freundschaften entwickeln sich oftmals aus Freizeit- und Vereinskontakten in Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten. Gemeinsame Sportaktivitäten können sich außerdem positiv auf das Sozial- und Toleranzverhalten auswirken. Sie können dazu beitragen, Aggressionen abzubauen und stärken das interkulturelle Zusammenleben und soziale Vertrauen (vgl. LÜKEN-KLAßEN 2007: S. 42). Auch Kultureinrichtungen sowie die im Handlungsfeld „Kunst und Kultur“ aktiven Vereine, Theater, Museen und Szenen können den interkulturellen Kontakt und das interkulturelle Lernen fördern und sind Orte der gemeinsamen Reflexion und kulturellen Bildung. Die hohe Diversität der Frankfurter Bevölkerung – sowohl mit Blick auf soziale wie auch kulturelle Pluralität und Mobilität – bietet die Möglichkeit zu einer ständigen „Weiterentwicklung und Neuerfindung von Kulturen in der Begegnung mit Anderen“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2009: S. 31).74 Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die kulturellen Einrichtungen im Sinne einer kulturellen Teilhabe für alle Bevölkerungsgruppen zu öffnen.
Ziele aus dem Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept Das Integrations- und Diversitätskonzept widmet sich daher in einem eigenen Kapitel (4.9) speziell dem Handlungsfeld „Kultur und Kunst“. In den Handlungslinien HL 41 bis 44 des Integrations- und Diversitätskonzepts sind die folgenden Ziele festgehalten (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 74f.): HL 41: Allen Bevölkerungskreisen den Zugang zu Kunst und Kultur ermöglichen. Die Vielfalt der Frankfurter Bevölkerung und Künstlerinnen und Künstler soll sich in neuen Angeboten und der Förderung von Angeboten widerspiegeln. HL 42: Kulturelle Angebote stärker als Medium des Dialogs, der Begegnung und Teilhabe nutzen. HL 43: Vereine, soziale Einrichtungen sowie Bürgerinnen und Bürger aller Bevölkerungsgruppen stärker beteiligen und ihnen kreative Räume zur Verfügung stellen. Städtische Kultureinrichtungen sollen verstärkt auf die Nutzung ihrer Angebote durch die unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen achten. HL 44: Künstlerische und kulturelle Bildung insbesondere von Kindern unterstützen.
74 vgl. hierzu auch das einleitende Bevölkerungskapitel im Integrationsund Diversitätsmonitoring (STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 24 - 41)
153
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
In Zusammenhang mit dem Handlungsfeld „Sport und Freizeit“ werden in den Handlungslinien 5, 6 und 18 des Integrations- und Diversitätskonzept die folgenden Ziele formuliert: HL 18: Diskriminierungen im Sport wegen Herkunft, sozialem Status, Religion oder sexueller Orientierung entgegenwirken (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 63). HL 5: Individualsportarten kleiner Gruppen und wenig bekannte Sportarten bei der Suche nach Spielflächen, in Nutzungskonflikten, durch Veranstaltungen und öffentliche Anerkennung unterstützen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 56). HL 6: Netzwerke – in Vereinen, im Geschäftsleben oder auch in der Freizeit – stärken und vergrößern, indem neue Mitglieder angesprochen werden und selbst Gelegenheit zur Mitgestaltung erhalten (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 58).
5.7.1 Ausgangslage - Interkulturelle Öffnung kultureller Einrichtungen - Interkulturelle Öffnung im Sport - Freizeitverhalten in Frankfurt am Main in den Bereichen Kultur und Sport
Interkulturelle Öffnung kultureller Einrichtungen Bereits in den 1960er-Jahren bestanden in Frankfurt am Main Überlegungen, den sogenannten „Gastarbeitern“ den Besuch von Kultureinrichtungen zu erleichtern. In einem Beschluss der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung wurde festgehalten: „Als kulturelle Hilfen sind Sprachkurse, kulturelle Veranstaltungen verschiedener Art, Führungen durch Museen und Sammlungen, gesellige Veranstaltungen usw. notwendig. Alle sozialen und kulturellen Hilfen sind in einer Druckschrift bekanntzugeben, die in den betreffenden Sprachen den ausländischen Arbeitskräften zuzuleiten ist.“ (KARPF 2013: S. 132) In den 1970er-Jahren wurde die Frage der gesellschaftlichen Breitenwirkung von Kulturpolitik neu und in Bezug auf soziale Disparitäten diskutiert. Der – bundesweit Wirkung entfaltende – Begriff einer „Kultur für alle“ ist über die ihn prägende Person des langjährigen Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann eng mit der Stadt Frankfurt am Main
154
verbunden. Als kulturpolitisches Ziel vertrat er, dass „jeder Bürger […] in die Lage versetzt werden [muss], Angebote in allen Sparten und mit allen Spezialisierungsgraden wahrzunehmen und zwar mit einem finanziellen Aufwand und einer finanziellen Belastung, dass keine einkommensspezifischen Schranken aufgerichtet werden“ (HOFFMANN 1979: S. 11). Dieses Verständnis eines erleichterten Zugangs zu Kulturinstitutionen bei einer gleichzeitig möglichst vielfaltsgerechten Ausgestaltung des Angebots bildet auch heute noch ein relevantes Kriterium. Die moderne Kulturpolitik orientiert sich gemäß des UNESCO-Übereinkommens „am gleichberechtigten Zugang aller gesellschaftlichen Gruppen zu einem reichen und vielfältigen Spektrum kultureller Ausdrucksformen“ (DUK 2005: S. 6). Kulturelle Teilhabe wird dabei in einem umfassenden Sinne verstanden: „Bislang sind Migranten kaum in den kommunal getragenen Kultureinrichtungen, geschweige denn in den Kulturverwaltungen und Entscheidungsgremien der Kulturförderung vertreten. Ein Großteil von ihnen hat so gut wie keine Zugangsoptionen, obwohl sie an Kunst und Kultur interessiert sind, wie auch der Bericht der Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland« bestätigt“ (DUK 2005: S. 6). In diesem erweiterten Verständnis einer Angebotsgestaltung und -vermittlung unter Teilhabe und organisatorischer Mitwirkung ist in der Bundesrepublik im letzten Jahrzehnt eine wachsende Diskussion über erreichte Erfolge sowie über weiterhin nötige Veränderungen entstanden. Dabei wird zwischen der Freiheit von Kunst und Kultur und dem Vermittlungs- und Gestaltungsauftrag öffentlicher Stellen unterschieden. So vertritt der Deutsche Städtetag 2004 die Position: „Kunst kennt keine nationalen Grenzen und ist durchaus auch interkulturell, aber dies schließt nicht automatisch ein, dass Kunst auch einen Beitrag zum interkulturellen Dialog leisten kann und will. Dennoch: Die Kunst lebt davon, Verbindungen zu suchen, herzustellen und daraus Neues zu entwickeln“ (DEUTSCHER STÄDTETAG 2004: S. 8). In späteren Empfehlungen werden die folgenden Ansatzpunkte der Steuerung mit Blick auf Vergabemechanismen und Partizipationsformen spezifiziert: „Alle kommunalen Kultureinrichtungen sollten die kulturelle Vielfalt in der Stadt beachten und bei der Vergabebzw. Budgetentscheidungen berücksichtigen. Sie sollten sich in Programm und Repertoire entsprechend aufschließen, weil interkulturelle Lernorte und Vermittlungsprozesse für Kinder und Jugendliche gestärkt werden müssen.
Eine angemessene Partizipation der Migranten/innen und Minderheiten sollte angestrebt werden.“ (DEUTSCHER STÄDTETAG 2009: S. 10) Auch im Nationalen Aktionsplan Integration (NAPI) der Bundesregierung (Stand Dezember 2011) sind diese Zielsetzungen als Selbstverpflichtungen der Länder und Kommunen aufgegriffen. Sie umzusetzen impliziert „letztlich […] einen erfolgreichen Mentalitätswandel“, der eine neue Programmgestaltung, eine sensible Auswahl des „maßgeblichen Personals“ – auch in Gremien, Jurys und Führungspositionen – sowie eine „stärkere Zusammenarbeit zwischen Kulturinstitutionen und Akteuren der Zivilgesellschaft“ umfasst (vgl. BUNDESREGIERUNG 2011: S. 361). Darüber hinaus haben auch verschiedene Fachverbände damit begonnen, das Thema verstärkt zu bearbeiten. So formuliert z.B. der Deutsche Museumsbund die folgenden Bedingungen als Schlüssel für kulturelle Vielfalt in der Museumsarbeit: „Museen sollen die Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen fördern und Integration als wechselseitigen Prozess verstehen. Dazu müssen Zugänge erleichtert und geöffnet werden. Das erfordert die Entwicklung einer neuen Wahrnehmungs- und Empfangskultur, um die Bedürfnisse der Besucher besser zu erkennen und gezielt auf neue Besuchergruppe[n] zugehen zu können. Notwendig für diesen Prozess ist nicht zuletzt die Entwicklung interkultureller Kompetenz – bei der Mitarbeiterschaft wie den Besuchern der Museen.“ (DEUTSCHER MUSEUMSBUND, ARBEITSKREIS MIGRATION 2013: S. 5) In der Fachliteratur wird zudem vermehrt über Fragen eines interkulturellen „Audience Development“ im Sinne veränderter Angebotsgestaltung, Kommunikation und Zielgruppenansprache, aber auch zu Fragen von Organisation und Personalentwicklung diskutiert. Allerdings liegen neben Schilderungen von Einzelerfahrungen – im Sinn von „best practices“ – bislang nur wenige detaillierte Studienergebnisse zum Nutzungsverhalten von Kultureinrichtungen in Deutschland vor. Ausnahme bilden die (nachfolgend diskutierten) Ergebnisse aus drei Befragungen. Die Ergebnisse aus der Repräsentativbefragung „Kulturelle Vielfalt in Dortmund“ lassen auf ein grundsätzlich ähnliches Nutzungsinteresse bei Befragten mit und ohne Migrationshintergrund schließen (vgl. CERCI 2008: S.17, S. 30 - 34). Dabei ist zu berücksichtigen, dass z.B. ein „Theaterbesuch“ viele verschiedene Formen umfassen kann und die erfassten Kategorien – wie „Kleinkunst“ oder „Film/ Kino“ – eine große Bandbereite umfassen. Deutliche Unterschiede zeigen sich in der Mediennutzung und Information über bestehende Angebote.
Eine andere – ebenfalls als Repräsentativbefragung angelegte – Untersuchung, die nach den Milieuzugehörigkeiten differenziert, kommt zu nach Staatsbürgerschaft und milieuspezifischen Unterschieden: „Die MigrantenMilieus unterscheiden sich untereinander weniger nach ethnischer Herkunft als nach ihren Wertvorstellungen, Lebensstilen und ästhetischen Vorlieben“ (MINISTERPRÄSIDENT DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN 2010: S. 11). Die meisten der Befragten mit Migrationshintergrund sahen sich dabei „als Angehörige der multiethnischen deutschen Gesellschaft“ und „möchten sich in Kunst und Kultur stärker repräsentiert sehen“ (MINISTERPRÄSIDENT DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN 2010: S. 12). Das im Jahr 2011 vom Zentrum für Kulturforschung (ZfKf) durchgeführte „Interkulturbarometer“ (KEUCHEL 2012) untersucht neben den „Barrieren und neuen Angebotsstrukturen“ auch, wie Migrationserfahrungen das Kulturleben und -erleben beeinflussen. Bevölkerungsgruppen mit und ohne Migrationshintergrund haben – gemäß den Ergebnissen der Studie – ein nahezu identisches Bild vom aktuellen Kulturleben in Deutschland, akzentuierten den Kulturbegriff jedoch unterschiedlich. Die Studie sieht große Potenziale für eine gezielte Ansprache durch öffentlich geförderte Kultureinrichtungen, die derzeit noch nicht in ausreichendem Maße genutzt werden. In der Ansprache migrantischer Zielgruppen wird es als wichtig erachtet, dass versucht wird, auch das soziale Umfeld zu erreichen.
Interkulturelle Öffnung im Sport Aufgrund der Möglichkeit, mit anderen Menschen und Gruppen in Kontakt zu treten und gemeinsame Interessen und Ziele zu teilen, wurde dem Sport lange Zeit unhinterfragt eine Rolle als „Motor der Integration“ zugeschrieben (vgl. BRAUN & NOBIS 2012: S. 13; BEAUFTRAGTE DER BUNDESREGIERUNG FÜR MIGRATION, FLÜCHTLINGE UND INTEGRATION 2005: S. 165). Mittlerweile ist klar, dass diese These nicht unabhängig von bestimmten Rahmenbedingungen gilt: „Wissenschaftliche Untersuchungen weisen […] zunehmend darauf hin, dass Sport zwar eine integrationsfördernde Wirkung haben kann, sie aber nicht allein durch die bloße Teilhabe von Migrantinnen und Migranten bereits gewährleistet ist“ (vgl. BEAUFTRAGTE DER BUNDESREGIERUNG FÜR MIGRATION, FLÜCHTLINGE UND INTEGRATION 2005: S. 165). Auch im Sport kann es zudem – sowohl in Wettbewerben wie auch in der gemeinsamen Nutzung von Sportstätten oder im sozialen Umfeld – zu Konflikten, Diskriminierungs- und Ausgrenzungserfahrungen kommen.
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Ergebnisse zur generellen Situation, zur Mitgliederentwicklung und zur interkulturellen Öffnung des Sports in Deutschland lassen sich aus den regelmäßigen Sportentwicklungsberichten des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) entnehmen, die auf einer zweijährigen Längsschnittbefragung von Sportvereinen basiert. Als relativ gesichert gilt dabei mittlerweile der Befund, dass Menschen mit Migrationshintergrund und dabei insbesondere Migrantinnen – gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil – in den deutschen Sportvereinen unterrepräsentiert sind (vgl. BREUER ET. AL. 2010: S. 49; BREUER & WICKER 2008: S. 1). Weniger untersucht ist die Rolle „ethnischer“ bzw. „migrantischer“ Sportvereine. Eine Sonderanalyse im Rahmen des Sportentwicklungsberichts 2009/10 verweist jedoch darauf, dass bundesweit der Schwerpunkt von „Migrantenvereinen“ in den Bereichen Fußball und Tanzsport liegt (vgl. BREUER & WICKER 2010: S. 4). Sportbezogene Auswertungen des Freiwilligensurveys zeigen außerdem, dass „Personen mit Migrationshintergrund geringere Aktivitätsquoten und Engagementquoten auf[weisen] als Personen ohne Migrationshintergrund“, wobei „nicht alle Migrantengruppen gleichermaßen freiwillig im Bereich Sport engagiert“ und die „Engagementpotenziale […] hoch [sind]“ (vgl. BRAUN & NOBIS 2012: S. 17). Gemäß der Ausführungen des jüngsten Sportentwicklungsberichts 2013/14 waren zuletzt sogar rückläufige Tendenzen in der Vereinsbeteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund festzustellen: „Im Durchschnitt haben 6,2 % der Mitglieder der deutschen Sportvereine einen Migrationshintergrund. […] Allerdings zeigen sich hier im Zeitverlauf über die letzten vier Jahre signifikante Veränderungen: Der durchschnittliche Anteil an Sportvereinsmitgliedern mit Migrationshintergrund ist rückläufig […] In knapp 20 % der Sportvereine bekleiden Personen mit Migrationshintergrund auch ehrenamtliche Positionen. Knapp 11 % aller Vereine haben Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund auf der Vorstandsebene und 14,6 % verfügen über Migranten in ehrenamtlichen Positionen auf der Ausführungsebene. […] Insgesamt haben seit 2009 […] in allen Bereichen signifikant weniger Vereine Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund.“ (BREUER & FEILER 2014: S. 18f.) Der Deutsche Sportbund hat vor dem Hintergrund dieser Ausgangssituation schon früh eine Selbstverpflichtung in Hinblick auf eine stärkere interkulturelle Öffnung des Sports abgeleitet: „Die Integration von zugewanderten Menschen in die Sportvereine geschieht häufig nicht selbstverständlich. Hierzu bedarf es einer bewussten interkulturellen Sensi-
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bilisierung der Funktionsträgerinnen und Funktionsträger wie auch der Beschäftigten im organisierten Sport, um Migrantinnen und Migranten vor Ort anzusprechen und für eine aktive Mitwirkung im Verein zu gewinnen. Vielen Vereinen ist dieser Schritt in der Vergangenheit gelungen, wenngleich Migrantinnen und Migranten in Vorstandsämtern und im Übungsbetrieb deutlich unterrepräsentiert sind. Grundsätzlich steigt die Integrationsfähigkeit im Sport mit der Zahl der Migrantinnen und Migranten, die auch Funktionen im Verein ausüben. Deshalb stellt sich der organisierte Sport dieser Herausforderung für eine Mitwirkung von Migrantinnen und Migranten in den Vorständen sowie im Ausbildungssystem.“ (DOSB 2004: S. 3) Als relevante Faktoren für eine Gewinnung von Mitgliedern mit Migrationshintergrund wurden in einer Analyse der Befragungswellen 2007 und 2009 insbesondere das Vorhandensein von „Integrationsmaßnahmen“, der regionale Ausländeranteil sowie die Bestehensdauer und inhaltliche Ausrichtung des Vereins ermittelt (vgl. BREUER ET. AL. 2010: S. 48f.; S. 58f.). Gemäß dieser Analyse fällt der Anteil der Mitglieder mit Migrationshintergrund insbesondere in Fußball- und in Kampfsportvereinen und in Sportvereinen mit jüngerem Gründungsdatum höher aus. Zu den Unterstützungsleistungen gehören insbesondere finanzielle und sprachliche Unterstützungsleistungen. Eine entscheidende Rolle für die stärkere Gewinnung von Migrantinnen und Migranten kommt – gemäß Angaben der Sportvereine – außerdem einer intensivierten und spezifischen Unterstützung durch die Sportbünde und -verbände zu (vgl. BREUER & WICKER 2008: S. 2). Entsprechend der Ergebnisse des Sporte ntwicklungsberichts 2007/08 haben 8,4% der Sportvereine in Deutschland zielgruppenspezifische Angebote zur Integration von Migrantinnen und Migranten ergriffen und Anreize zur Gewinnung und Unterstützung von Mitgliedern mit Migrationshintergrund geschaffen (vgl. BREUER & WICKER 2008: S. 1; S. 15). Zu den Zielgruppenangeboten sind dabei z.B. spezielle Trainingsangebote, Sportangebote in geschlossenen Räumen ohne Einsicht, orientalischer Tanz oder Frauenschwimmen zu zählen.
Freizeitverhalten in den Bereichen Kultur und Sport in Frankfurt am Main Im Vergleich zur Gesamtdiskussion und verschiedenen Vertiefungsstudien gibt es in Frankfurt am Main zum Freizeitverhalten der Bevölkerung nur einzelne Studien und Berichte. Sie basieren jeweils auf unterschiedlichen Auswahlgesamtheiten, und Stichprobendesigns führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Zu den verwendeten Studien und Berichten zählen:
• D ie Untersuchung „Frankfurter Freizeitwelten“ aus der Reihe „Jugend und Soziales“ des Jugend- und Sozialamtes (STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2007a): Sie basiert auf einer Befragung in den Jahren 2004 und 2005 von 2.485 Frankfurter Schülerinnen und Schülern der Klassen 5 bis 10 der allgemeinbildendenden Schulen sowie im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ). Knapp 95% der Befragten waren 10 bis 16 Jahre alt (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2007a: S. 12). • D er Erfahrungsbericht der Koordinierungsstelle „Kinder“ zur Lebenssituation von Kindern im Alter von unter 15 Jahren in Frankfurt am Main (vgl. B37/2011): In dem Bericht werden verschiedene amtliche Datenquellen mit unterschiedlichen Altersabgrenzungen zusammengeführt. I.d.R. bezieht sich der Bericht auf die Gruppe der Kinder unter 15 Jahren. • B erichte aus Evaluationsstudien zur Sportentwicklungsplanung (ECKL ET. AL. 2010; WETTERICH & RÜTTEN 2013): Dem Abschlussbericht zur Sportentwicklungsplanung liegt eine telefonische Befragung der Frankfurter Bevölkerung zugrunde, welche im Dezember 2009 bis Mai 2010 durch das „Institut für Sportwissenschaft und Sport“ (ISS) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg durchgeführt wurde. Die Ergebnisse beziehen sich jeweils auf die Frankfurter Bevölkerung (mit oder ohne Migrationshintergrund) ab 7 Jahren. Die Studienergebnisse werden durch Ergebnisse aus der Frankfurter Bürgerbefragung und aus einem Gutachten zur Freien Theaterszene ergänzt. Ein Ergebnis, welches sowohl durch die Untersuchung „Frankfurter Freizeitwelten“ wie auch durch den Erfahrungsbericht der Koordinierungsstelle Kinder bestätigt wird, ist, dass Kinder mit Migrationshintergrund ihre Freizeit seltener in einem Verein verbringen aber häufiger an Freizeitangeboten der offenen Kinder- und Jugendarbeit teilnehmen (vgl. B37/2011: S. 11, S. 18; STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2007a: S. 69, S. 73).75 Der Untersuchung „Frankfurter Freizeitwelten“ zufolge halten sich jugendliche Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund im Alter von 10 bis 16 Jahren im Vergleich zu Jugendlichen ohne Migrationshintergrund in ihrer Freizeit zudem mehr außer Haus auf, treffen sich häufiger mit ihrer „Clique“ auf der Straße und gehen häufiger am Wochenende in die Stadt. Bei den häuslichen Aktivitäten ist der Fernsehkonsum stärker ausgeprägt.76
In der Studie des Sportamtes zeigten sich hingegen kaum Unterschiede in der Vereinsmitgliedschaftsquote sowie in der Nutzung von Sportvereinen bei Menschen mit und ohne Migrationshintergrund (vgl. ECKL ET. AL. 2010: S. 42, S. 49). Allerdings konnte bei Befragten mit deutscher Staatsangehörigkeit mit 24,6% im Vergleich zu Befragten ohne deutsche Staatsangehörigkeit eine deutlich höhere Vereinsmitgliedschaftsquote festgestellt werden (17,2%) (vgl. ECKL ET. AL. 2010: S. 42). Ebenso weisen Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit mit 58,4% eine niedrigere Aktivitätsquote auf als Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit (67,9%). Gemäß dieser Selbsteinschätzung treibt diese Bevölkerungsgruppe somit deutlich weniger Sport. Bei Betrachtung des Migrationshintergrundes verschwinden diese Unterschiede hingegen wieder (vgl. ECKL ET. AL. 2010: S. 42). In der nachfolgenden Abbildung werden die dargestellten Ergebnisse durch eine Auswertung aus der Bürgerbefragung zum Besuch von Frankfurter Kultur-, Sport- und Freizeit-Einrichtungen ergänzt. Angesichts der Frageformulierung in der Bürgerbefragung „Welche der folgenden Einrichtungen haben Sie in den letzten 12 Monaten besucht?“ ist festzuhalten, dass Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit aufgrund ihrer – möglicherweise – kürzeren Aufenthaltsdauer generell weniger Möglichkeiten haben, entsprechende Einrichtungen zu besuchen. Dies gilt jedoch für alle aufgeführten Bereiche gleichermaßen. Wie man der Abbildung entnehmen kann, ergeben sich insbes. in Bezug auf die erfassten Freizeiteinrichtungen keine erheblichen Unterschiede im Nutzungsverhalten von Befragten mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Unterschiede bestehen im Besuch von Sport- und KulturEinrichtungen.
75 Gemäß der Untersuchung „Frankfurter Freizeitwelten“ galt diese geringe Vereinsaktivität in den Jahren 2004 und 2005 auch für Sportvereine (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2007a: S. 74). Hier wurde entsprechend Handlungsbedarf in der Angebotsstruktur gesehen, „um die Partizipation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, Jugendlichen niedriger Schulstufen, Mädchen und älteren Jugendlichen zu erhöhen“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2007a: S. 75). 76 Gemäß der stichprobenbasierten Untersuchung gehört Fernsehen bei 61% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu den häufigsten Aktivitäten zu Hause, während dies bei nur 41% der Jugendlichen mit zwei deutschstämmigen Eltern der Fall ist (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2007a: S. 73). Es sei angemerkt, dass die Häufigkeit des Fernsehkonsums im Vergleich zu anderen häuslichen Aktivitäten noch nichts über die Dauer des Fernsehkonsums aussagt. Da sich Jugendliche mit Migrationshintergrund gemäß der Befragung mehr außer Haus aufhalten, kann es sein, dass die Dauer des Fernsehkonsums nicht wesentlich länger ausfällt als bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Keine Unterschiede ergaben sich hinsichtlich des Computerbesitzes und -nutzungsverhaltens.
157
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Anteile der Antwortangaben auf die Frage: „Welche der folgenden Einrichtungen haben Sie in den letzten 12 Monaten besucht?“
Befragte mit deutscher Staatsangehörigkeit besucht FREIZEIT Palmengarten Zoo Kinos
nicht besucht
Befragte mit ausländischer Staatsangehörigkeit noch nie besucht
besucht
nicht besucht
noch nie besucht
Commerzbank-Arena Festhalle
40% 36% 67% 25% 26%
51% 54% 25% 37% 54%
9% 10% 8% 38% 20%
31% 37% 66% 22% 22%
54% 50% 20% 34% 44%
15% 13% 14% 44% 34%
KULTUR Oper / Schauspiel Museen
39% 60%
41% 31%
21% 9%
27% 44%
32% 34%
41% 22%
Alte Oper
30%
47%
23%
19%
36%
45%
SPORT Eissporthalle Freibäder Hallenbäder Sportplätze / -hallen
11% 39% 38% 31%
54% 42% 44% 35%
35% 19% 19% 34%
17% 52% 51% 40%
49% 30% 29% 28%
34% 18% 20% 32%
Abbildung 5.29: Besuch von ausgewählten Frankfurter Einrichtungen 2012 Datenquelle: Bürgeramt, Statistik und Wahlen; Bürgerbefragung 2012 Anmerkung: geringe Fallzahl und eingeschränkte Repräsentativität bei Befragten mit ausländischer Staatsangehörigkeit
Sporteinrichtungen (v.a. Frei- und Hallenbäder, aber auch Sportplätze und -hallen) werden – gemäß der Befragungsergebnisse – häufiger von Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit besucht. Kultureinrichtungen werden dagegen häufiger von Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit besucht. Insbesondere im Bereich Sport bleiben die bisherigen Ausgangsbefunde zur Situation in Frankfurt am Main somit uneinheitlich. Offene, niederschwellige Angebote scheinen auch hier von Menschen mit Migrationshintergrund bevorzugt zu werden. Es bleibt jedoch unklar, ob dies zu einer geringeren Vereinsaktivität führt. In Hinblick auf die Situation in Frankfurt am Main im Handlungsfeld „Kunst und Kultur“ kommt ein aktuelles Gutachten zur Freien Theaterszene, welches im Auftrag des Kulturamtes erstellt wurde, zu den folgenden Schlussfolgerungen (vgl. PERSPEKTIVKOMMISSION 2012: S. 30): • N ur wenige Häuser und Gruppen haben sich geöffnet und neue innovative Formen des Umgangs mit den Themen „Integration“, „Diversität“ und „Interkulturalität“ entwickelt, auch im Sinne eines sogenannten „postmigrantischen Theaters“. Ausgehend von dem Beispiel des Berliner Ballhaus Naunynstraße thematisiert ein
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postmigrantisches Theater explizit die Perspektive der zweiten und dritten Generation und greift die Diversität und Komplexität der Zugehörigkeit und des Zusammenlebens im städtischen Kontext auf. Außerdem geht es darum, ein neues Publikum zu gewinnen, welches sich nicht unbedingt als Theaterpublikum versteht. • Eine stärkere Einbindung eines migrantischen Theaters in die Vorstellungen des Kinder- und Jugendtheaters erscheint sinnvoll. Angesichts eines aktuellen Anteils von ca. 75% an Kindern unter 6 Jahren mit Migrationshintergrund sollte jede Vorstellung Aspekte der interkulturellen Arbeit tragen oder migrantische Theaterformen in diesem Zusammenhang mitbeachtet werden.
5.7.2 Entwicklungen im Handlungsfeld - Sport und Freizeit - Kunst und Kultur - Zentrale öffentliche Veranstaltungen
Sport und Freizeit Hauptträger des organisierten Sports und Initiatoren für Projekte sowie zentrale Kooperationspartner der Stadt Frankfurt am Main sind die (Sport)Vereine. Das Frankfurter Sportamt fördert und berät die Vereine, beteiligt sich finanziell und organisatorisch an (Sport)Veranstaltungen und
stellt Sportstätten zur Verfügung bzw. hält diese instand. Im Rahmen der Sportentwicklungsplanung hat das Frankfurter Sportamt den Ausbau von Sport- und Bewegungsangeboten und die Optimierung von Vernetzungs- und Informationsprozessen vorangetrieben. Neben anderen Ämtern wurde auch die Expertise des AmkA in den Prozess einbezogen. Das Frankfurter Sportamt ist Kooperationspartner in dem Projekt „Interkulturelles Konfliktmanagement im Fußball“ des Hessischen Fußball-Verbandes e.V. (HFV) und beteiligt sich finanziell an dem Projekt. Im Jahr 2013 waren 426 Sportvereine mit rund 170.000 Mitgliedern im Landessportbund Hessen e.V. gemeldet (vgl. STATISTISCHES JAHRBUCH FRANKFURT AM MAIN 2013: S. 159). Zu den zahlen- und mitgliederstärksten Vereinen gehören Vereine aus den Bereichen Fußball, Turnen und Tennis. Die fünf mitgliederstärksten Einzelvereine sind die Turngemeinde Bornheim 1860, Eintracht Frankfurt, die FTG Frankfurt, der Deutsche Alpenverein Frankfurt sowie die TSG Nord-West Frankfurt 1898. Interkulturelle Öffnung von Projekten und Vereinen. Die Angebote der Sportvereine sind grundsätzlich offen für alle Bevölkerungsgruppen und es existieren unterschiedliche Vergünstigungsmöglichkeiten, die u.a. auch dazu beitragen sollen, dass Haushalte mit geringem Einkommen an Sportangeboten teilhaben können.77 Darüber hinaus haben sich jedoch auch einige zielgruppenspezifische Sportangebote entwickelt, die sich gezielt an Migrantinnen und Migranten richten. So gaben in der Vereinsbefragung des Frankfurter Sportamts ca. ein Viertel der befragten Vereine (24,6%) an, sich in bestimmten Schwerpunkten an die Zielgruppe „Migrant/-innen“ zu richten (vgl. WETTERICH & RÜTTEN 2013: S. 13).78 56,4% zeigten darüber hinaus eine mittlere bis große Bereitschaft, zukünftig zielgruppenspezifische Angebote für Migrantinnen und Migranten weiterzuentwickeln. Zu den zielgruppenspezifischen Angeboten zählen z.B.: • D as Kooperationsprojekt „Schwimmen und Radfahren für Migrantinnen“, für das die Stadt Frankfurt am Main dem Verein infrau e.V. im November 2012 den 1. Preis des Sportpreises „Sport kennt keine Grenzen“ verliehen hat.79 • D ie „integrierte Gymnastikgruppe für Frauen mit Migrationshintergrund“ des TSV Bonames. Der TSV Bonames hat im Jahr 2008 den 1. Preis des Sportpreises „Sport kennt keine Grenzen“ für sein beispielhaftes Engagement für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund wie auch von Menschen mit Behinderung und seine intensive Kooperation mit Kindergärten und Schulen durch die Stadt Frankfurt erhalten.
• D as durch das Sportamt geförderte Projekt „Tenniscamp für Zuwandererkinder“ des TuS Makkabi Frankfurt e.V. (vgl. B103/2013: S. 5). • S eit Frühjahr 2011 bietet der Verein „Frauen in Bewegung e.V.“ Taekwondo-Training in den Räumlichkeiten der Moschee „Tarik Ben Ziad“ im Gallus an (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – SPORTAMT 2013: S. 24, 2012: S. 42). Die Teilnehmerinnen sind v.a. muslimische Frauen und Mädchen und vorwiegend marokkanischer oder türkischer Herkunft. Im Rahmen der Trainingsgruppe wird somit gezielt muslimisch-gläubigen Frauen die Sportausübung ermöglicht. Die Teilnehmerinnen werden zudem dazu ermuntert, an den anderen Angeboten und Aktivitäten des Vereins teilzunehmen. Das Sportamt unterstützt die Trainingsgruppe durch Sportfördermittel. Im Jahr 2011 wurde zudem das Projekt „Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für Streetworkerinnen“ in Zusammenarbeit mit dem Verein „FIM – Frauenrecht ist Menschenrecht e.V.“ entwickelt, zur Schulung und zum Schutz der Streetworkerinnen und Streetworker des Vereins, die sich um Prostituierte des Straßenstrichs kümmern. • D ie Kids-WM und das in diesem Rahmen stattfindende Turnier der Phantasieländer, welches durch den Sportkreis Frankfurt im Stadtteil Gallus initiiert wurde. Besonderes Ziel dieses Turniers war es, die nationale Komponente des internationalen Fußball zu entschärfen (vgl. DO MAR CASTRO VAREL 2007: S. 38f.; LÜKEN-KLAßEN 2007: S. 42). Zuerst haben sich die teilnehmenden Kinder Phantasieländer und -namen für ihr Team ausgedacht und Logos, Fahnen, Transparente und Trikots entworfen. Diese wurden auf der Parade der Kulturen präsentiert. Im Rahmen eines Trainingslagers wurden Fair-Play-Regeln für das Turnier entwickelt. Das Projekt hat wesentlich zur
77 Haushalte mit geringem Einkommen können den Frankfurt-Pass beantragen und zahlen dann einen wesentlich ermäßigten Eintritt. Zudem bestehen Förderungsmöglichkeiten im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets für Familien, die Kinderzuschlag, Wohngeld sowie Leistungen des SGB II, XII oder des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen, die beim Frankfurter Jugend- und Sozialamt beantragt werden können. 78 Es existieren in Frankfurt auch „Migrantensportvereine“, die durch Migrantinnen und Migranten gegründet wurden und in ihrem Vereinsnamen explizit einen Bezug zu einem Migrationskontext herstellen. Allerdings existiert kein einheitliches Kriterium für die Kennzeichnung eines Vereins als „Migrantenverein“ und keine Zahlen für Frankfurt. Als Beispiel für einen „Migrantensportverein“ lässt sich der TUS Makkabi e.V. aufführen, der deutschlandweit der mitgliederstärkste jüdische Ortsverein ist. 78 Kooperationspartner bzw. Förderer sind bzw. waren das Sportamt der Stadt Frankfurt am Main, die Sportjugend Hessen „Programm Integration durch Sport“, der FTV 1860, der SchwimmPädagogische Verein, Nicole Matheis, Radfahrlehrerin nach „moveo ergo sum“, das Frauenreferat, das Verkehrsamt, das Jugend- und Sozialamt und der Sportkreis Frankfurt.
159
5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Verbesserung des Images des Stadtteils Gallus beigetragen und wurde im Jahr 2006 mit dem Integrationspreis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet. In den letzten Jahren haben sich auf diesem Ansatz aufbauend im Stadtteil Gallus eine Reihe weiterer interkultureller Projekte entwickelt, die nachfolgend dargestellt werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – SPORTAMT 2012): • Der „Galluspark-Bolzplatz“ Der Galluspark-Bolzplatz wurde 2007 aus Geldern des Projekts „Soziale Stadt“ gebaut. Während früher (zum Unmut mancher Anwohner) in den Innenhöfen und Tiefgaragen „gekickt“ wurde, ist der Bolzplatz jetzt Treffpunkt für Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen mit und ohne Migrationshintergrund. Der Frankfurter Sportkreis organisiert hier Sport- und sozialpädagogische Betreuungsangebote. In offenen wöchentlichen Gruppen- und Teamtreffs werden Konflikt- und Beratungsgespräche, Malaktionen sowie gemeinsames Foto-, Film- und Fußballschauen umgesetzt. Kooperationspartner in dem Projekt sind das Jugend- und Sozialamt, das Stadtplanungsamt sowie die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung Nike. • Das Projekt „BasKIDball“ Im Rahmen des Projekts können Kinder und Jugendliche in der Paul-Hindemith-Schule mit Übungsleiterinnen und Übungsleitern des Sportkreises Basketball trainieren. In dem Projekt geht es aber nicht nur um Sport, sondern auch um Wissensvermittlung unter pädagogischer Anleitung zu unterschiedlichen politischen Themen, zu Inhalten aus dem schulischen Unterricht und des täglichen Lebens sowie um interkulturelles Lernen insgesamt. Das Projekt kooperiert außerdem mit der Schularbeit/AWO, den FRAPORT SKYLINERS e.V. und dem Programm „Integration durch Sport“ der Sportjugend Hessen. Das Frankfurter Sportamt finanziert die Sportangebote. • Das Projekt „Gallus 1:1 für Ausbildung“ Der Sportkreis Gallus unterstützt seit 2006 Jugendliche und Firmen bei der Ausbildungs- bzw. Bewerbervermittlung und berät und begleitet Jugendliche bei der Ausbildung. Die Jugendlichen werden im Gallus-Bolzplatz-Projekt, auf Sportplätzen und über die jährliche Ausbildungs- und EQ-Börse Gallus angesprochen. Eines der größten Integrations- und Präventionsprojekte der Stadt Frankfurt am Main bildet der Mitternachtssport. Bei dem niederschwelligen Angebot treffen sich etwa 10.000 Jugendliche pro Jahr zu nächtlicher Stunde in 14
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Stadtteilen zum Fußballspielen – der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund ist sehr hoch. Zudem wurden mehrere Sportvereine für ihr Engagement und innovative Projekte in Zusammenhang mit Integration und Gleichberechtigung mit dem Frankfurter Integrationspreis ausgezeichnet. • I m Jahr 2005 erhielten der VfL Goldstein und der Frankfurter Turnverein 1860 den Integrationspreis für ihre Aktivität in Bereichen der interkulturellen Öffnung und stärkere Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund im Sport. Der Frankfurter Turnverein 1860 führt regelmäßig Kooperationsveranstaltungen mit in der interkulturellen Integrationsarbeit erfahrenen Vereinen durch, um dadurch gezielt Familien zu gewinnen, die im organisierten Sport geringer vertreten sind (vgl. SPORTJUGEND HESSEN 2012: S. 16). Zu den Kooperationspartnern gehören z.B. Maisha e.V., infrau e.V. und das Nachbarschaftszentrum Ostend e.V. Im vereinseigenen Ravenstein-Zentrum organisiert der Verein außerdem Familienspieltage und beteiligte sich im Jahr 2011 mit einem Kinderbewegungsfest „Dance Night“ an den Interkulturellen Wochen der Stadt Frankfurt am Main. • 2 008 wurde der Sportjugend Frankfurt für das im Gallus angesiedelte Box- und Tischtenniscamp der Integrationspreis verliehen. • I m Jahr 2011 wurde die Schulsportinitiative „Basketball macht Schule“ der FRAPORT SKYLINERS e.V. mit dem Frankfurter Integrationspreis ausgezeichnet. Im Rahmen der Initiative werden Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren in Basketball-AGs, die an Grundschulen stattfinden, an Themen wie Bewegung, Integration und Ernährung herangeführt. Den Jugendlichen werden soziale Kompetenzen wie Teamplay, Fairness und Toleranz vermittelt. Eine projektbegleitende Evaluationsstudie zeigt, dass 69% der an der Basketball-AG teilnehmenden Schülerinnen und Schüler in der AG mit Kindern spielen, mit denen sie keinen Kontakt haben. Unter den Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund sind es sogar 73% (vgl. HEIMER & TREPERMAN 2012: S. 19). Diese Ergebnisse verweisen nochmals auf die kontakt- und integrationsfördernde Wirkung des Sports. Sport- und Bewegungsangebote. Vor dem Hintergrund, dass Kinder mit Migrationshintergrund stärker von Übergewichtigkeit betroffen sind und sich weniger bewegen als Kinder ohne Migrationshintergrund, sind besonders bewegungsfördernde Programme zu befürworten (vgl. hierzu auch Kapitel 5.6 sowie STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR GESUNDHEIT 2012: S. 80ff.; B37/2011). Die Stadt
Frankfurt am Main unterstützt Bewegungsangebote zielgruppenspezifisch und in verschiedenen institutionellen Zusammenhängen. So findet z.B. bereits seit dem Jahr 2004 an Frankfurter Grundschulen das Programm Klasse 2000 statt, welches sich neben der Bewegungsförderung auch für Ernährungsgesundheit und Suchtprävention engagiert (vgl. B275/2013: S.3). Im Rahmen der Sportentwicklungsplanung wurden außerdem die folgenden Angebote und Projekte abgestimmt und initiiert (vgl. B181/2013; B275/2013: S. 3): • Sport- und Bewegungsangebote für sozial Schwächere Die Frankfurter Turn- und Sportvereine haben die Möglichkeit, Zuschüsse aus Sportfördermitteln des Sportamtes für Sportangebote zu erhalten, die sich an Jugendliche aus sozial schwächeren Familien richten bzw. gezielt in Stadtteilen mit einem erhöhten Anteil solcher Familien durchgeführt werden. Beispiele für solche Sportangebote sind Projekte in Kooperation mit Schulen vor Ort (z.B. Tischtennisprojekte der DJK-Sportgemeinschaft und der SG Sossenheim in Kooperation mit Schulen vor Ort), verschiedene Angebote des Mitternachtssports (z.B. im Ostend und Bornheim), Boxcamps und Selbstverteidigungskurse für Kinder und Jugendliche, zum Teil in Kooperation mit Jugendhäusern und Schulen. • Sport- und Bewegungsangebote an den Kindertageseinrichtungen und Schulen Das Frankfurter Sportamt setzt sich für den Ausbau der Kooperation der Frankfurter Sportvereine mit Kitas und Schulen ein und bezuschusst bei entsprechenden Angeboten z.B. die anfallenden Personalkosten für Übungsleiterinnen und Übungsleiter. In dem Projekt „SchulKids in Bewegung“ wird gezielt die sportliche Aktivität von Erstklässlern und damit die Kooperation zwischen Grundschulen und Sportvereinen gefördert. Vereine bieten einmal wöchentlich eine Extra-Sportstunde für Schulanfängerinnen und Schulanfänger an und erhalten dafür einen Zuschuss. Die Vereine werden außerdem ermutigt, in den Schulen weitere Aktionen (z.B. Schnuppernachmittage) anzubieten und sich an Schulaktivitäten und -festen zu beteiligen, um Schülerinnen und Schüler für die Teilnahme an Vereins- und Sportaktivitäten zu gewinnen. • Bewegungsangebote in Kinder- und Jugendeinrichtungen Anlässlich der Frauen-WM 2011 wurde durch Mittel des Sportamts Frankfurt im Kinderzentrum Gerlachstraße in Höchst ein Beach-Soccer-Platz kofinanziert, der von allen Altersgruppen des Kinderzentrums und der umliegenden Kindereinrichtungen genutzt werden kann. Das Projekt wird als sehr erfolgreich bewertet und wurde im
Jahr 2013 aus Mitteln des Sportamts und des Bildungsdezernats durch das Frankfurter Kinderbüro auf jeweils ein Kinderzentrum in Fechenheim und in der Nordweststadt ausgedehnt. Außerdem tragen auch Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit – wie z.B. Kinder- und Jugendhäuser, Abenteuerspielplätze oder Nachbarschaftszentren und Kinderkulturtreffs – dazu bei, fehlende Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten zu kompensieren. Sie werden aufgrund ihrer Niederschwelligkeit gleichzeitig besonders stark von Kindern mit Migrationshintergrund genutzt und können daher ebenfalls zur Bewegungsförderung beitragen (vgl. B425/2011: S. 19). Auch im Alter können Angebote der Bewegungsförderung zur gesundheitlichen und mentalen Fitness beitragen. Im Rahmen des Netzwerks „Aktiv bis 100“ wurden in den letzten Jahren über 20 Bewegungsgruppen für Seniorinnen und Senioren in verschiedenen Stadtteilen aufgebaut. Neben dem gemeinsamen Spaß an Bewegung geht es um Kräftigung der Muskeln, Verbesserung der Beweglichkeit, Sturzprophylaxe, Erhaltung von Alltagskompetenzen und Selbstständigkeit. In dem Netzwerk arbeiten neben dem Sport-, Gesundheits-, Jugend- und Sozialamt und dem AmkA verschiedene Turn- und Sportvereine sowie Senioren-, Sport-, Turn- und Gesundheitsverbände mit. Die Gruppen sind offen für alle und bieten auch die Möglichkeit der Integration in einen Sportverein. Durch Vermittlung des AmkA konnte eine Turngruppe gezielt für russischsprachige Seniorinnen und Senioren in der Altenwohnanlage „Kohlbrandstraße“ der AWO aufgebaut werden.
Kunst und Kultur In Frankfurt am Main gibt es etwa 60 Museen und Ausstellungshäuser, darunter sieben städtische Museen, und eine Vielzahl an Kunstgalerien. Hinzu kommen 63 Theater, darunter mehrere fremdsprachige Theater, zu denen auch das English Theatre als größtes fremdsprachiges Theater Europas gehört, sowie eine schwankende Zahl an freien Theatergruppen sowie Kunst- und Kulturvereinen. Die Stadt Frankfurt am Main stellt Künstlerinnen und Künstlern mit Wohnort Frankfurt außerdem preiswerte Arbeitsateliers zur Verfügung. Zu den meistbesuchten Frankfurter Museen zählten im Jahr 2012 das Naturmuseum Senckenberg (410.118 Besucher/-innen), das Städel Museum (447.395) und die Schirn Kunsthalle (479.121). Die meisten Karten verkauften in der Spielzeit 2012/13 die Opernbühne (192.709), die Schauspielbühne/Großes Haus (124.665), das English Theatre (59.072) und Die Komödie (63.949).
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5.
Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Die aufgeführten Kultureinrichtungen stehen für ein differenziertes Kulturprogramm, in dem auch interkulturelle Themen aufgegriffen werden. Es existieren unterschiedliche Vergünstigungsmöglichkeiten, die u.a. auch dazu beitragen sollen, dass Haushalte mit geringem Einkommen an Kulturangeboten teilhaben können.79 Am „Satourday“, der jeden letzten Samstag im Monat (bis auf August und Dezember) stattfindet, kann man zudem zwölf Frankfurter Museen kostenfrei besuchen. Die Stadt Frankfurt am Main engagiert sich außerdem gemeinsam mit der Buchmesse in dem Programm „Städte der Zuflucht“. Im Rahmen des Programms verpflichtet sich die Stadt, eine Autorin bzw. einen Autor, dessen Arbeit als Schriftstellerin oder Schriftsteller gefährdet ist, für mindestens ein Jahr aufzunehmen und ihr/ihm eine Wohnung und ein Stipendium zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es, den Autoren zu ermöglichen, ungehindert und unbedrängt ihrer schriftstellerischen Arbeit nachzugehen und sie in das kulturelle und öffentliche Leben der jeweiligen Stadt zu integrieren. Seit Juni 2014 ist der iranische Autor Mohammad Baharlo Gastautor des Programms „Frankfurt – Stadt der Zuflucht“.
sche Gesellschaft wurde eine zweijährige Stipendienstelle für interkulturelle Arbeit geschaffen. - Das partizipative Projekt „Stadtlabor unterwegs“ untersucht Orte Frankfurts aus der Perspektive und unter Beteiligung von Bewohnerinnen und Bewohnern mit und ohne Migrationshintergrund. Die Ausstellungsinhalte beziehen sich auf den Stadtteil und werden von oder gemeinsam mit den Ausstellungsteilnehmerinnen und -teilnehmern erarbeitet. An dem StadtlaborProjekt in Ginnheim war der Bundesverband der Migrantinnen e.V. als Co-Kurator beteiligt. Zudem bietet das Historische Museum regelmäßig Ausstellungen und Veranstaltungen zu Themen der Frankfurter Migrationsgeschichte an. Im Jahr 2013 zählten hierzu z.B.: - die Lesung und Ausstellung „Wege nach Frankfurt“; - Buchvorstellung und Podiumsdiskussion zu der durch das AmkA in Auftrag gegebenen Publikation „Eine Stadt und ihre Einwanderer. 700 Jahre Migrationsgeschichte in Frankfurt am Main.“ von Ernst Karpf (vgl. KARPF 2013)80; - der Dokumentarfilm „Larissa Babinskaja – Mein langer Weg nach Frankfurt“.
Städtische Museen
Weltkulturen Museum
Nachfolgend werden einige Beispiele für in den städtischen Frankfurter Museen (schwerpunktmäßig im Jahr 2013) realisierte interkulturelle Projekte, Programme und Ausstellungen aufgeführt.
• D as Weltkulturen Museum verfolgt aufgrund seiner thematischen Ausrichtung generell eine interkulturelle Zielsetzung. Es versteht sich dabei als Forum für interkulturelle Vermittlung, möchte Menschen für globale Themen und die Vielfalt der Kulturen sensibilisieren sowie den Dialog der Kulturen fördern. Die museumspädagogische Abteilung des Museums wendet sich mit einem vielschichtigen Programm an Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Ein grundlegender Ausgangspunkt besteht dabei darin, einen niederschwelligen und interaktiven Bezug zu Kultur und Kunstobjekten herzustellen: Besucherinnen und Besucher können Objekte in Workshops selbst gestalten, Gegenstände aus der hauseigenen Sammlung – mit ca. 600 Objekten aus aller Welt - können angefasst und benutzt werden. Im Einzelnen umfasst das Programm: - ausstellungsbezogene Aktionen und Workshops;
Historisches Museum • D as Historische Museum hat verschiedene Projekte der Beteiligung unter gezieltem Einbezug von Migrantenorganisationen durchgeführt: - In das Projekt „Bibliothek der Alten“ werden (u.a. unter dem Titel „Wege nach Frankfurt“) regelmäßig biographische Beiträge von Migrantinnen und Migranten aufgenommen. - Die Ausstellung „Drago Trumbetaš: Gastarbeiter in Frankfurt“ setzte sich mit der Migrationsgeschichte von Gastarbeitern sowie der anfänglichen Lebensund Wohnsituation auseinander. Für die Ausstellung hat das Historische Museum gezielt Migrantenorganisationen als Multiplikatoren zur Bekanntmachung einbezogen. Gemeinsam mit dem AmkA wurde zum Abschluss der Sonderausstellung im September 2013 eine Podiumsdiskussion durchgeführt. In deren Rahmen wurde sowohl die Situation der Gastarbeitergeneration, der zweiten und dritten Generation wie auch der (stadt)gesellschaftliche Umgang mit dem Thema mit Zeitzeugen und Gästen diskutiert. - Mit finanzieller Unterstützung durch die Polytechni-
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79 Haushalte mit geringem Einkommen können den Frankfurt- und KulturPass beantragen und zahlen dann einen ermäßigten Eintritt. Für andere Bevölkerungsgruppen bieten die Museumsufer-Card und das MuseumsuferTicket sowie die Frankfurt-Card weitere Vergünstigungen 80 Die durch das AmkA in Auftrag gegebene Publikation „Eine Stadt und ihre Einwanderer“ wurde am 21.02.2014 außerdem auch durch die Volkshochschule Frankfurt am Main im Rahmen der Gesprächsrunde „Frankfurt und seine Einwanderer. Geschichte und Wirklichkeit von Migration in unserer Stadt.“ vorgestellt..
- Ausstellungs- und Expertengespräche, Diskussionsrunden, künstlerisch-praktische Atelierkurse; - ein spezielles Familienprogramm am Wochenende. Das interkulturelle Angebot des Weltkulturen Museums richtet sich speziell auch an Bildungseinrichtungen. Schülerinnen und Schüler lernen im Rahmen von Führungen und Gesprächen, kombiniert mit praktischen Übungen, Grundmuster des Lebens anderer Kulturen und Identitätskonzepte verschiedener Bevölkerungsgruppen kennen und können Sammlungsstücke im direkten Gebrauch erkunden. Für Jugendliche mit Unterstützungsbedarf bei der Ausbildungsplatzsuche werden in Kooperation mit der JOBLINGE gAG Workshops angeboten und Ausstellungen erarbeitet. Museum für Moderne Kunst • D as Museum für Moderne Kunst (MMK) hat in Kooperation mit der Crespo Foundation im Rahmen des Stiftungsprogramms SABA mit der Künstlerin Danica Dakic das Kunstprojekt „Safe Frame“ umgesetzt. In dem Kunstprojekt verarbeiten u.a. junge Frauen, vornehmlich aus Kriegs- und Krisenländern, ihre persönlichen Geschichten. Als „Sprachbilder“ unterlegen diese Videoprojektionen von Danica Dakic, die sich auf das Werk „Louvre, Paris“ von Paul Almásy beziehen. Die Fotografien von Paul Almásy zeigten die evakuierten Bildergalerien des Louvre zur Zeit des Zweiten Weltkrieges und sind ebenfalls im MMK zu sehen. Goethe-Haus • B eim Goethe-Haus wurde mit finanzieller Unterstützung durch die Polytechnische Gesellschaft eine zweijährige Stipendienstelle für „Kulturelle Vielfalt und Migration“ geschaffen. Das Stipendium bietet Hochschulabsolventen mit besonderer Sachkenntnis und persönlicher oder familiärer Migrationserfahrung die Möglichkeit, für zwei Jahre in kulturhistorischen Museen und in Kunstmuseen zu arbeiten. Zudem veranstaltet das Goethe-Haus interkulturelle Familienfeste. Senckenberg Naturmuseum • D as Senckenberg Naturmuseum hat ebenfalls eine Stelle für interkulturelle Arbeit eingerichtet. Die Stelle hat für die Installation des Projekts „Gemeinsam Natur erleben – interkultureller Austausch in Frankfurt“ im Jahr 2011 den Frankfurter Integrationspreis erhalten. Im Rahmen des Projekts bietet das Senckenberg Naturmuseum spezielle Einführungskurse für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie Aktionen und Programme gezielt für Kinder und Erwachsene, bei denen in besonderem Maße von Zugangsbarrieren auszugehen ist (vgl. RAHN 2014: S. 104 – 107). Ursprünglich wurden die Programme für Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Alphabetisie-
rungs-, Orientierungs- oder Integrationskursen konzipiert. Sie stehen kostenfrei zur Verfügung. Führungen werden an die Bedürfnisse und Erfahrungen der jeweiligen Zielgruppen angepasst. Objekte aus den Ländern, in denen die jeweiligen Besucher geboren wurden, werden als Highlights hervorgehoben und ihr Wert für die wissenschaftlichen Sammlungen erläutert. Anhand von Naturexponaten werden Wortschatz (z.B. über Vokabeltraining am Ausstellungsobjekt) und Vielfaltserfahrungen vermittelt und zur persönlichen Lebenswelt in Bezug gesetzt. Für Kindergruppen und Eltern mit und ohne Migrationshintergrund wurde eine Kursreihe installiert, in der Ausstellungsobjekte in eine „Weltreise“ eingebunden werden und die „Vielfalt des Lebens“ aufgezeigt wird. Seit dem Jahr 2012 bietet das Senckenberg Naturmuseum das Projekt nicht mehr alleine an: Es beteiligen sich zusätzlich auch der Palmengarten, das StadtWaldHaus und der Zoo der Stadt Frankfurt am Main mit eigenen Angeboten an dem Projekt. Aktuell ist außerdem eine Kooperation mit dem Weltkulturen Museum Frankfurt am Main und dem Deutschen Architekturmuseum geplant (vgl. RAHN 2014: S. 107). Deutsches Architekturmuseum • D as Deutsche Architekturmuseum (DAM) setzt sich regelmäßig mit der Bau- und Planungskultur in verschiedenen Ländern auseinander und fördert so den interkulturellen Austausch in der Architektur und Stadtplanung. Im Jahr 2013 wurden Projekte aus Norwegen, Frankreich und Brasilien präsentiert. Außerdem bietet das DAM in Kooperation mit der JOBLINGE gAG auch Workshops für Jugendliche auf dem Weg ins Berufsleben an. Museum für Kommunikation • I nterkulturelle Verständigung und interkulturelles Lernen bildeten auch den Mittelpunkt der im Jahr 2013 durch das Museum für Kommunikation angebotenen Ausstellung „GLÜCKSFÄLLE – STÖRFÄLLE. Facetten interkultureller Kommunikation“. In interaktiven Stationen konnten die Besucherinnen und Besucher ihr Wissen über unterschiedliche Kulturen und mögliche interkulturelle Stolpersteine erweitern. Schulbezogene interkulturelle Projekte. Neben dem erwähnten Projekt „Gemeinsam Natur erleben – interkultureller Austausch in Frankfurt“ exisiterien noch weitere Programme des interkulturellen Austauschs, die als Kooperation gezielt für Schulen und Schulklassen angeboten werden. Hierzu zählen z.B. das Projekt „Interkultureller Dialog“, welches der Lions Club Museumsufer in Kooperation mit dem Bibelmuseum, dem Jüdischen Museum und der Ditib-Moschee mit Schulkassen sowie Schülergruppen durchführt. Das Archäologische Museum, das Historische
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Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Museum und das Jüdische Museum sowie die Bildungsstätte Anne Frank bieten unter Beteiligung des Fritz Bauer Instituts außerdem das Programm „Frankfurt – Stadt der Einwanderer“ für Schulen an. Italia a Francoforte. In mehreren Frankfurter Museen werden in Kooperation mit dem Verein „Italiani in Deutschland, Freunde des italienischen Kulturinstituts e.V.“ das Programm „Italia a Francoforte“ umgesetzt. In einer Reihe von Veranstaltungen werden kostenlos zweisprachige Führungen sowie Ausstellungen zu italienischen Kunstschätzen angeboten. Im Jahr 2014 nahmen an dem Programm teil: Archäologisches Museum, Bibelhaus, Deutsches Architekturmuseum, Historisches Museum, Jüdisches Museum, Liebieghaus, Oper und Städel. Im Jahr 2013 nahm außerdem auch das Deutsche Filmmuseum teil. Freie Kulturvereine und Theater. Zu den geförderten freien Kulturvereinen und Theatern, welche regelmäßig Integrations- und interkulturelle Themen in ihrem Programm aufgreifen, gehören z.B. das Theater Peripherie, das Internationale Theater, der club voltaire. Zu erwähnen ist außerdem das „Weltsprache Theater“ sowie weitere interkulturelle Projekte wie das „Schultheater der Länder“, das „Hessische Schultheatertreffen“ und „Schule kreativ“, die regelmäßig durch das Schultheater-Studio Frankfurt am Main und das Theaterpädagogische Zentrum RheinMain durchgeführt werden. Im Jahr 2013 hat außerdem das freie Theater „Tiyatro Frankfurt e.V.“ den Frankfurter Integrationspreis erhalten. Der Verein entwickelt seit rund zehn Jahren Projekte und Ideen für den interkulturellen Austausch der von Vielfalt geprägten Frankfurter Stadtgesellschaft, wobei v.a. die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen und sozialkritischen Problemen in Deutschland und in der Türkei eine Rolle spielt. Das „Tiyatro Frankfurt e.V.“ bietet vor allem der türkischen Sprache und Kultur eine eigene Bühne und fördert die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Interkulturelle Öffnung. Ein differenziertes Angebot bildet den einen Teil der Interkulturalität von Kultureinrichtungen. Es stellt sich jedoch auch die Frage, ob dieses Programm von allen Bevölkerungsgruppen genutzt wird, diese anspricht und ihnen bekannt ist. Dem AmkA und Kulturamt ist es – angesichts der demographischen Entwicklung und im Sinne einer umfassenden Förderung der gesellschaftlichen und kulturellen Beteiligung (vgl. hierzu auch Kapitel 5.7 sowie den Abschnitt „Ausgangssituation“ in diesem Kapitel) – ein Anliegen, die Frankfurter Kultureinrichtungen weiter interkulturell zu öffnen und Menschen mit Migrationshintergrund verstärkt als Besucherinnen und Besucher bzw. Mitgestalterinnen und Mitge-
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stalter zu gewinnen. Ende 2012 wurde daher gemeinsam mit dem Kulturdezernat die Tagung „Partizipation und Diversität in der kulturellen Vermittlung“ durchgeführt. Unter der Leitfrage: „Wie können die Frankfurter Kultureinrichtungen angesichts veränderter Gesellschaftsstrukturen ihr Publikum sowie Menschen, die Museen und Theater bislang wenig oder gar nicht nutzen, besser erreichen?“ wurden an zwei Tagen Vorträge und Workshops durchgeführt. Zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zählten rund 50 Vertreterinnen und Vertreter aus 20 verschiedenen Frankfurter Einrichtungen und Migrantenkulturvereinen sowie Mitglieder der Frankfurter Kommunalen Ausländervertretung (KAV) und externe Gäste. Als gemeinsame Erkenntnisse aus den Workshops und Vorträgen konnten festgehalten werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – KULTURAMT 2013: S. 32f.; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMKA 2012): • C ommunities müssen stärker einbezogen und als „Türöffner“ gewonnen werden. Über klassische Wege der Ansprache werden Menschen mit Migrationshintergrund weniger erreicht. • Kinder und Jugendliche, Erwachsene sowie Vereine in den Stadtteilen sollten vermehrt als Kulturscouts gewonnen werden, um Zielgruppen besser zu erreichen und Themen und Interessen in die Kultureinrichtungen zu übermitteln. • Es sollten mehr Kooperationen mit Migrantenkulturvereinen umgesetzt und verstärkt Kunst aus Migrantenherkunftsländern in das Programm aufgenommen werden. • Partizipative Angebote, die gemeinsam mit dem Publikum und neuen Zielgruppen entwickelt werden, eignen sich als Ansatzpunkt für eine interkulturelle Kulturarbeit besonders und stoßen zunehmend auf Interesse. • Für eine bessere Zielgruppenansprache kann es hilfreich sein, Ausstellungstexte verstärkt auf „leichte oder einfache Sprache“ umzustellen. • Als notwendige Grundausstattung wurden – neben der Bereitstellung eines angemessenen Zeit- und finanziellen Budgets – die Etablierung eines mehrsprachigen Kollegiums erwähnt. Gleichzeitig ist es wichtig, vorhandene Zugangsbarrieren abzubauen und Menschen mit Migrationshintergrund verstärkt zu einem Besuch der Frankfurter Kultureinrichtungen zu motivieren. Anknüpfend an das Sprachförderprogramm „Mama lernt Deutsch“ hat das AmkA hierzu im Jahr 2013 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für Museumsbesuche vermittelt, die in einfacher Sprache durchgeführt wurden. Die Museumsbesuche hatten gleichzeitig die Funktion, dass die Teilnehmerinnen ihre in den MamaKursen erworbenen Deutsch-Kenntnisse zur Anwendung bringen, indem sie die Erläuterung eines Ausstellungs-
stücks jeweils selbst in deutscher Sprache durchführten. Darüber hinaus versucht das AmkA Migrantenvereine über den „Satourday“ gezielt an die Museen heranzuführen. Durch Werbung bei Migrantenvereinen und Begleitung des Museumsbesuchs sollen Schwellenängste abgebaut und der Zugang zum Museum erleichtert werden. Bislang wurden Besuche des Kindermuseums, des Deutschen Architekturmuseums und des Archäologischen Museums umgesetzt. Die Rückmeldungen der Migrantenvereine und die gesammelten Erfahrungen zu den Interessen sowie Möglichkeiten einer weiteren interkulturellen Öffnung der Angebotsinhalte und -ausgestaltung werden durch das AmkA – u.a. im Rahmen eines eigens eingerichteten runden Tisches – an die Museen weitergeleitet. Ein Wunsch, welcher dabei beispielsweise mehrfach aus den Migrantenvereinen geäußert wurde, ist die vermehrte Durchführung von mehrsprachigen Führungen.
Zentrale öffentliche Veranstaltungen In Frankfurt am Main haben sich die Interkulturellen Wochen und die Parade der Kulturen als zentrale Angebote des (inter-)kulturellen Austauschs etabliert. Beide Veranstaltungen verstehen sich als eine Plattform, um das Thema Integration öffentlich zu diskutieren und den Dialog zwischen den in Frankfurt lebenden Bevölkerungsgruppen zu fördern, um dadurch Vorurteile abzubauen. Die Parade der Kulturen ist eine als Demonstration angemeldete Veranstaltung vom Frankfurter Jugendring in Kooperation mit dem Jugendbildungswerk, der Kommunalen Ausländerinnen- und Ausländervertretung (KAV) und dem AmkA. Auf der Parade demonstrieren Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gemeinsam mit Akteuren aus den ansässigen Kultur-, Sport-, Migrations- und Jugendvereinen und -gruppen für ein friedliches Miteinander und Chancengleichheit. Die Parade der Kulturen findet aktuell alle zwei Jahre unter einem bestimmten Motto statt und stellt eine überregionale Attraktion für Menschen aus dem gesamten Einzugsgebiet Rhein-Main dar. Eine Parade-Jury prämiert die Performance des Mottos, welches im Verlauf des Demonstrationszuges durch die vertretenen Gruppen mit Tanz- und Musikeinlagen präsentiert wird. Die Parade der Kulturen zog am 28. Juni 2014 zum 9. Mal durch Frankfurt am Main, wobei sich rund 60 Gruppen an der Demonstration und 80 Gruppen an den Essens- und Informationsständen beteiligten. Als zusätzlicher Schirmherr der Parade der Kulturen wurde der deutsch-malische Fußballspieler Bakary Diakité ausgewählt, neben der Sozialdezernentin Prof. Dr. Birkenfeld und der Integrationsdezernentin Dr. Eskandari-Grünberg, die bereits traditionell die Schirmherrschaft der Veranstaltung übernahmen.
Die jährlich in Frankfurt am Main stattfindenden „Interkulturellen Wochen“ sind Teil einer deutschlandweiten Kampagne in mehr als 270 Städten. Als Kampagne wurden sie ursprünglich von den Kirchen initiiert und werden von Migrantenorganisationen, -gremien und der Stadtverwaltung unterstützt. Aktuell werden die „Interkulturellen Wochen“ durch einen Initiativkreis unter Federführung des AmkA vorbereitet.81 Die „Interkulturellen Wochen“ beinhalten ein vielfältiges interkulturelles Angebot, welches Theater- und Musikveranstaltungen, Kochkurse, Ausstellungen, Literaturabende und Vorleseaktionen sowie Diskussionsveranstaltungen beinhaltet. Zudem gibt es spezielle Veranstaltungen für Kinder sowie Eltern bzw. Familien. Die Aktivitäten stehen auch hier unter einem jährlichen Motto. Im Jahr 2013 wurden insgesamt 92 Veranstaltungen unter dem Motto „Frankfurt – offen, tolerant, solidarisch“ angeboten. Im Jahr 2014 finden die „Interkulturellen Wochen“ vom 25. Oktober bis 8. November 2014 unter dem Motto „fliehen – ankommen – Heimat“ statt.
5.7.3 Zusammenfassung Die Wahrnehmung von Sport- und Kulturangeboten ist wichtig für einen Ausgleich zu Arbeit oder Schule. Sie sollten gleichermaßen für alle Menschen offenstehen. Es lässt sich allerdings nur grob sagen, in welchem Maße Menschen mit Migrationshintergrund Sport- und Kulturangebote wahrnehmen, da die Datenlage der vorliegenden Studien uneinheitlich ist und keine gesicherten Aussagen zulässt. Die in bundesweiten Studien festgestellten Unterschiede im Grad der Vereinsmitgliedschaft von Menschen mit oder ohne Migrationshintergrund scheinen für Frankfurt am Main nicht so ausgeprägt. Sporteinrichtungen, wie Hallenbäder und Sportplätze, werden häufiger von Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit genutzt, Kultureinrichtungen hingegen häufiger von Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Etwa ein Viertel der Sportvereine hält bereits spezielle Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund vor. Das Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main formuliert in verschiedenen Handlungsleitlinien die Notwendigkeit, sowohl Sport- als auch Kulturangebote weiter interkulturell zu öffnen. Eine besondere Zielgruppe sind dabei Frauen. Viele Vereine sind prinzipiell nicht ab-
81 Neben dem AmkA gehören zu dem Initiativkreis: die AWO Frankfurt, der Caritasverband Frankfurt e.V., der DGB – Region Frankfurt-Rhein-Main, die Evangelische Kirche in Frankfurt, der Evangelische Regionalverband, das Internationale Familienzentrum e.V., die Katholische Erwachsenenbildung, die Kommunale Ausländer- und Ausländerinnenvertretung (KAV), der Sportkreis Frankfurt e.V. und die Sportjugend Hessen, das Programm „Integration durch Sport“, die Stadtbücherei, die VHS Frankfurt am Main.
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Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
geneigt, ihre Angebote unter dem Blickwinkel von Diversity zu öffnen. Oftmals geben Vereine die Gelegenheit zur Wahrnehmung einer Kombination aus Sport und sozialpädagogischer Begleitung – z.B. in Form von Ausbildungsberatung oder schulischer Unterstützung – und leisten damit einen Baustein zur sozialen Integration. Jenseits der Vereine bieten zudem die offene Jugend- und auch Seniorenarbeit niederschwellige und oftmals sportlich orientierte Freizeitbeschäftigungen. Im Bereich Kultur sind die vielen Museen und Theater Frankfurts hervorzuheben. Insgesamt ist es ratsam, den Kulturbereich vermehrt interkulturell zu öffnen. Dazu gehören der Einbezug von postmigrantischen Ansätzen in Theatern und eine Weiterentwicklung der Museumspädagogik unter Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund. Ganz offensichtlich sind viele der bisherigen Wege, diese (vergleichsweise neue) Zielgruppe in der Breite anzusprechen und als Besucherinnen und Besucher zu gewinnen, nicht geeignet. Hier sind neue, innovative Konzepte vonnöten.
5.8 Interkulturelle Öffnung der Verwaltung Ziel der Frankfurter Politik ist eine Stadtverwaltung, welche die Unterschiedlichkeit der Einwohnerinnen und Einwohner widerspiegelt und die auf der Grundlage eines modernen Verständnisses von interkultureller Führung in der Lage ist, mit der gesellschaftlichen Vielfalt angemessen umzugehen. In den letzten Jahren wurden hierzu eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, insbesondere in den Bereichen der Personalgewinnung und -auswahl, die zunehmend ausgebaut und systematisiert werden. Nicht zuletzt angesichts des anhaltenden Einstellungsstops gewinnt außerdem der Bereich der Personalentwicklung an Bedeutung. Im Zusammenwirken verschiedener Fachämter und in Arbeitsgruppen wurde damit begonnen, Standards und Inhalte für interkulturelle Fortbildungen sowie für die Beurteilung interkultureller Kompetenzen zu entwickeln. Eine wachsende Zahl ämterübergreifender Schulungen widmet sich diesen Themen. Die Stadt Frankfurt am Main bleibt bestrebt, ämterübergreifend ein umfassendes Diversitätsmanagement zu entwickeln.
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Integrationspolitische Bedeutung In diesem Bericht wird – wie auch in vielen anderen Veröffentlichungen – die Auffassung vertreten, dass sich der Prozess der interkulturellen Öffnung einer Organisation nicht auf den Bereich Personalwesen beschränkt, sondern sich auf sämtliche Strukturen und Prozesse einer Organisation bezieht. Auch der am 03.07.2013 präsentierte 10-Punkte-Plan des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt am Main und der Dezernentin für Integration definiert mehrere Aufgabenbereiche der interkulturellen Öffnung als Ansatzpunkte für ein zukünftiges gemeinsames städtisches Handeln. Daher wurde als Grundlage für den vorliegenden Bericht eine Befragung bei den Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main zu verschiedenen Aspekten der interkulturellen Öffnung durchgeführt. Unabhängig davon ist es jedoch auch unbestritten, dass die Erhöhung des Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund einen Kernbestandteil der interkulturellen Öffnung im öffentlichen Dienst ausmacht.
Kommunale Handlungsmöglichkeiten Die kommunale Selbstverwaltung ist den Städten und Gemeinden in Deutschland über verschiedene kommunale Hoheitsrechte zugesichert. Im Rahmen der Personalhoheit können Städte und Gemeinden die Auswahl, Beförderung und Qualifizierung des Personals beeinflussen und somit auch die interkulturelle Öffnung im Bereich Personalwesen fördern. Eine Erhöhung des Anteils der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund in der Verwaltung kann u.a. durch kultursensible Auswahlverfahren und zielgruppenspezifisches Personalmarketing bzw. der Aufforderung von Menschen mit Migrationshintergrund zur Bewerbung erreicht werden. Ein weiterer wichtiger Bereich stellt die Schulung des Personals in interkultureller Kompetenz dar. Verschiedene Städte haben in diesem Bereich ein Zeichen gesetzt und eine Erhöhung des Migrantenanteils zur Zielsetzung und Chefsache erklärt. In Frankfurt am Main wurde diese Absicht zuletzt in dem 10-Punkte-Plan des Oberbürgermeisters und der Integrationsdezernentin bekräftigt. Eine wesentliche Einschränkung bei vielen Kommunen – so auch bei der Stadt Frankfurt am Main – stellt allerdings der Einstellungsstopp dar.
Ziele aus dem Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept Die Erhöhung des Anteils der Beschäftigten mit Migrationshintergrund bildet seit Langem ein durch mehrere parlamentarische Beschlüsse festgeschriebenes Ziel der Frankfurter Stadtverwaltung. Mit der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt im Jahr 2007 und der Verabschiedung
des Integrations- und Diversitätskonzepts im Jahr 2010 bekräftigte die Stadt Frankfurt am Main ihre Absicht, Vielfalt als Chance für den eigenen Betrieb anzuerkennen und zu fördern. Im Rahmen des Integrations- und Diversitätskonzepts sind die folgenden Ziele verankert: HL 35: Die Stadt als Arbeitgeber soll als vorbildlicher Arbeitgeber besonders benachteiligten Gruppen eine Chance geben. HL 37: Interkulturelle Öffnung des Personalwesens und interkulturelle Sensibilisierung von Personalverantwortlichen fördern. HL 60: • In ämterübergreifender Abstimmung angemessene Kriterien für die städtische Personalpolitik formulieren; • Anteil der Auszubildenden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund erhöhen; • das Bewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Weltanschauungen, Lebensweisen und Kommunikationsstile verschiedener Menschen und Milieus schärfen. Ziel 31: Die städtischen Ämter und Betriebe sollen in geeigneter Weise für unterschiedliche Formen von Diskriminierung sensibilisiert werden. Der 10-Punkte-Plan des Oberbürgermeisters und der Dezernentin für Integration präzisiert diese Handlungslinien im Sinne eines Handlungsplans für die Personalgewinnung und -entwicklung in den folgenden Punkten: • I m Bereich Personalgewinnung sollen Wege gefunden werden, um die Stadt Frankfurt am Main für die unterschiedlichen Frankfurter Bevölkerungsgruppen als einen attraktiven, integrativen und vorbildlichen Arbeitgeber interessant zu machen und Auswahlverfahren auf strukturelle Hürden zu untersuchen. • Im Bereich Personalentwicklung soll in den städtischen Ämtern und Betrieben ein modernes Verständnis interkultureller Öffnung verankert werden und in der Personalentwicklung und Schulung von Führungskräften das Bewusstsein für interkulturelle Fragen und die städtische Vielfalt systematisch gefördert werden.
5.8.1 Ausgangslage - Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund - Maßnahmen des Personalmanagements
Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund Das Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring hat gezeigt, dass sich der Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund in den Jahren 2007 bis 2011 sowohl bei den Auszubildenden wie auch bei den übrigen Beschäftigten der Stadt Frankfurt am Main nicht erhöht hat. Bei Auszubildenden mit Migrationshintergrund ist der Anteil rückläufig und lag im Jahr 2011 bei ca. 8%. Bei den Beschäftigten lag der Anteil in den Jahren 2007 bis 2011 relativ konstant bei rund 14%. Der Anteil wird hier jedoch v.a. durch den hohen (und steigenden) Anteil an Beschäftigten mit Migrationshintergrund bei den Sondervermögen und Eigenbetrieben der Stadt Frankfurt am Main auf diesem Niveau gehalten. Bei den Sondervermögen lag der Anteil im Jahr 2011 bei 24,2%, bei der Gemeindeverwaltung dagegen nur bei 10,5%. Gerade bei den Auszubildenden ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen der Beschäftigungsstatistik des Personal- und Organisationsamtes gegebenen Möglichkeiten, den Migrationshintergrund zu erfassen, begrenzt sind (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 18f.).
Maßnahmen des Personalmanagements Im Rahmen des Internationalen Städtenetzwerks CLIP (Cities for Local Integration) entstand im Jahr 2008 eine städtevergleichende Studie zu den Themen „Kommunale Diversitätspolitik“ und „Gleichstellung und Diversität“ in den Bereichen Beschäftigung und Dienstleistungen (vgl. LÜKEN-KLAßEN 2008, SPENCER 2008). Als Grundlage für die Studie wurden amtliche Statistiken ausgewertet, die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten dargestellt sowie Gespräche mit Experten der Stadtverwaltung Frankfurt am Main durchgeführt. Des Weiteren nahmen 24 weitere Städte aus 17 unterschiedlichen Ländern an dem Netzwerk teil. Zu den im Rahmen der CLIP-Studie herausgearbeiteten Praxisbeispielen zählen: • M ehrsprachige Werbung über die Homepage und mehrsprachige Flyer, Trainings in interkultureller Kompetenz (Frankfurt am Main, Stuttgart, Wien; vgl. SPENCER 2008: S. 58, S. 60, S. 74); • Meet- and Greet-Treffen zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung und Vertretern von Migrantenorganisationen und -communities als Ergänzung zu interkulturellen Trainings (Breda; vgl. SPENCER 2008: S. 59); • Werbung gezielt in benachteiligten Wohngebieten und Wohngebieten mit hohem Migrantenanteil (Lüttich; vgl. SPENCER 2008: S. 60);
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Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
• Q uotenregelungen für die Berücksichtigung eines bestimmten Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund bei Stellenbesetzungen (Amsterdam; vgl. SPENCER 2008: S. 61); • Trainings und Mentoringprogramme zur Förderung des Aufstiegs von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund in Führungspositionen (Wolverhampton; vgl. SPENCER 2008: S. 61). In dem Schwerpunktbericht für die Stadt Frankfurt am Main (vgl. LÜKEN-KLAßEN 2008) wurde festgestellt, dass eine Vielzahl von Magistrats- und Stadtverordnetenbeschlüssen zur interkulturellen Öffnung der Verwaltung und auch eine Vielzahl einzelner Maßnahmen existieren, um die Zahl junger Migrantinnen und Migranten in der Stadtverwaltung zu erhöhen (vgl. LÜKEN-KLAßEN 2008: S. 18f., S. 21; S. 31, S. 34). Allerdings wurde angemerkt, dass die Stadt Frankfurt am Main keinen systematischen strategischen Ansatz zur Nutzung und Gestaltung von kultureller Vielfalt verfolgt (vgl. LÜKEN-KLAßEN 2008: S. 18f.; S. 21; S. 34). Diese Lücke wurde in den Jahren 2011 mit der Verabschiedung des Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main und dem 10-Punkte-Plan des Oberbürgermeisters und der Dezernentin für Integration in den Jahren 2013 und 2014 geschlossen. Darüber hinaus liegen Erfahrungswerte und best-practiceBeispiele aus anderen Stadtverwaltungen vor. So hat z.B. die bei der Stadt Stuttgart seit dem Jahr 2011 umgesetzte Kampagne „Deine Stadt – Deine Zukunft“ zu einer Erhöhung des Anteils der Auszubildenden mit Migrationshintergrund von 16% auf 35% im Jahr 2013 geführt. Folgende weiteren Maßnahmen wurden in verschiedenen Kommunalverwaltungen umgesetzt: Im Bereich Personalmarketing • Einführung von Ausbildungsgängen mit Schwerpunkt „Public Management“, die nicht nur Beamtinnen und Beamten, sondern auch Menschen mit nicht-deutscher oder Staatsangehörigkeit eines Nicht-EU-Mitgliedstaates die Beschäftigung im gehobenen Dienst unmittelbar ermöglichen (München; vgl. KGSt 2011: S. 16); • Nutzung sozialer Netzwerke (Social Media) zur Nachwuchswerbung (Duisburg, Bremen; vgl. KGSt 2011: S. 18); • Berufserfahrungsberichte und Einbezug positiver Vorbilder im Internetauftritt (Hamburg; vgl. KGSt 2011: S. 19); • Gezielte Vorstellung von Ausbildungsberufen im herkunftssprachlichen Unterricht in Schulen (Duisburg; vgl. KGSt 2011: S. 20); • Einladung aller Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit Migrationshintergrund zu einer jährlichen Informationsveranstaltung über die städtischen Ausbildungsgänge und das Auswahlverfahren (Wolfsburg; vgl. KGSt 2011: S. 20); 168
• D urchführung von Informationsveranstaltungen über städtische Ausbildungsgänge und Bewerbungstrainings gemeinsam mit oder bei Migrantenorganisationen (Berlin, Duisburg; vgl. KGSt 2011: S. 21); • Mehrsprachige Flyer und mehrsprachige Werbung bei Migrantenorganisationen und PR-Kampagne (Bremen, Hamm; vgl. RAMM 2014: S. 70ff.; SIEGEL 2014: S. 18; VOGEL 2011: S. 12); • Entwicklung von fremdsprachigen Ausbildungsbroschüren und Durchführung von Informationsveranstaltungen für Eltern, die die deutsche Sprache nicht so gut beherrschen (Bremen, Hamburg; vgl. KGSt 2011: S. 22; VOGEL 2011: S. 13). Im Bereich Personalauswahl • Anonymes Bewerbungsverfahren (Göteborg; vgl. KGSt 2011: S. 33); • Regelmäßige Überprüfung der Kultursensibilität der Auswahlverfahren sowie Berücksichtigung des Merkmals „interkulturelle Kompetenz“ – z.B. durch Entwicklung „interkultureller Szenarien“, auf die im Einstellungsgespräch reagiert werden muss (Duisburg, Köln; vgl. RAMM 2014: S. 53ff.; KGSt 2011: S. 25f.); • Besondere Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit und/oder der Auswahlkriterien „gesprochene Sprachen“ und „Sprachkompetenz auf muttersprachlichem Niveau“ (Bremen, München, Wolfsburg; vgl. KGSt 2011: S. 23 und 26); • Auswahlkriterien und -verfahren, die die allgemeine Leistungsfähigkeit – unabhängig von Sprachfähigkeiten – erfassen (Culture Fair Test) (Dortmund, Hamburg; vgl. VOGEL 2011: S. 13). Im Bereich Personalqualifizierung und Personalentwicklung • Durchführung von Praktika bei Einrichtungen, die v.a. Zuwanderer ansprechen (Duisburg; vgl. KGSt 2011: S. 27); • Förderung interkultureller Team- und Netzwerkstrukturen (Duisburg, vgl. KGSt 2011: S. 13). • Verpflichtende Schulungen und Führungskräftetrainings in interkultureller Kompetenz (Augsburg, München; vgl. RAMM 2014: S. 56ff.; KGSt 2011: S. 34); • Frühzeitige Förderung von Migrantinnen und Migranten in der Stadtverwaltung durch Mentoringprogramme (Osnabrück; vgl. DEUTSCHER STÄDTETAG 2007: S. 59); • Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu interkulturellen Trainern, die Funktionen als Multiplikatoren in der Verwaltung wahrnehmen (Bremen; vgl. RAMM 2014: S. 70ff.).
5.8.2 Entwicklungen im Handlungsfeld - Maßnahmen in den Bereichen Personalmarketing und -auswahl - Maßnahmen in den Bereichen Personalqualifizierung und -entwicklung - Organisationsentwicklung, ämterübergreifende Kooperation In dem folgenden Abschnitt zum Handlungsfeld „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung“ wird im Schwerpunkt die Tätigkeit des Personal- und Organisationsamtes der Stadt Frankfurt am Main thematisiert. Außerdem ist das AmkA in diesem Handlungsfeld durch die Begleitung und Organisation interkultureller Kompetenztrainings vertreten. Im Gesprächskreis „Interkulturelle Kompetenz“ kooperieren mehrere Ämter der Stadt Frankfurt am Main, um die Standards sowie das Fortbildungsangebot in diesem Bereich regelmäßig weiterzuentwickeln. Das Personal- und Organisationsamt (POA) ist die zentrale, mit dem Personalwesen und Verwaltungsmanagement der Stadt Frankfurt am Main betraute, Behörde. Das POA legt Qualitätsstandards fest, ist zuständig für die Stellenbemessung und -bewertung sowie Aufstellung des Stellenplans, organisiert Fortbildungen, organisiert die Nachwuchswerbung sowie die Auswahl und Ausbildung von Auszubildenden und begleitet Bewerbungs- und Personalauswahlprozesse. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern wie auch die Personalauswahl – abgesehen von den Auszubildenden – durch die Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main in Eigenständigkeit und Autonomie erfolgt. Ebenso liegt die Entscheidung, ob und an welchen Qualifizierungsangeboten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnehmen, oftmals bei dem Ämtern und Betrieben selbst. Es existieren jedoch einige Pflichtweiterbildungen, an denen bestimmte Beschäftigtengruppen der Stadt Frankfurt am Main teilnehmen müssen. Hierzu gehören z.B. die Weiterbildungen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Einige Ämter organisieren zudem eigenständig Weiterbildungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Daher wurden die in den Bereichen „Migration“, „Interkulturalität“ und „Diversität“ durchgeführten Weiterbildungen ergänzend per Fragebogen im Rahmen der bei den Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt durchgeführten Befragung erfasst und in Abschnitt 4.5.2 präsentiert. Die folgende Darstellung konzentriert sich auf die Bereiche Personalmarketing und -auswahl sowie Personalqualifikation und -entwicklung. Der KGSt-Bericht Nr. 2/2011 benennt als zusätzliche, für das interkulturelle Personalmanagement relevante Handlungsfelder die Bereiche „Or-
ganisationsentwicklung, ämterübergreifende Zusammenarbeit, interkulturelle Team- und Netzwerkstrukturen“ und „Controlling“. Diese Bereiche wurden ebenfalls im Rahmen der Befragung der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main thematisiert. Die ausgewerteten Ergebnisse der Befragung finden sich in den Abschnitten 4.3, 4.7 und 4.8.
Maßnahmen in den Bereichen Personalmarketing und -auswahl Gewinnung von Auszubildenden. Die Gewinnung von Auszubildenden bildet angesichts des demographischen Wandels und Fachkräftemangels eine zentrale Herausforderung. Im Rahmen des Ausbildungsmarketings wird auf verschiedene Werbemittel und -kanäle zurückgegriffen. Die Stadt Frankfurt am Main ist seit Jahren auf verschiedenen Ausbildungsmessen vertreten. Darüber hinaus unterstützt die Stadt Frankfurt am Main seit 2011 das Mehrgenerationenhaus Frankfurt „Kinder im Zentrum Gallus e.V.“ mit der Vorstellung städtischer Berufsbilder in einem dort angebotenen Berufsparcours. Nachfolgend sind Vorkehrungen aufgeführt, die als Marketingstrategie bei der Stadt Frankfurt am Main implementiert wurden, um gezielt auch Jugendliche mit Migrationshintergrund für eine Ausbildung gewinnen zu können. Die aufgeführten Aktivitäten gehen in großen Teilen aus dem Projekt XENOS hervor, in dessen Rahmen sie erprobt wurden (vgl. JUNG & CAKIR-WAHL 2004: S. 21). Im Jahr 2012 wurden die Inhalte durch das POA überarbeitet. Information durch Flyer und Veranstaltungen • Werbung anhand eines kultursensiblen und zielgruppengerechten Fotos; • Werbung mit dem Wort „Zukunft“ in 10 verschiedenen Sprachen: Die neuen Slogans zur Werbung von Auszubildenden lauten „Frankfurt, Future & Me“ und „Hast du den Dreh raus? Es ist. Deine Zukunft!“. Um Aufmerksamkeit und Interesse für eine Ausbildung bei der Stadt Frankfurt zu wecken, wurde der Begriff „Zukunft“ in mehrere Sprachen übersetzt. • Vorstellung der Ausbildungsmöglichkeiten im Rahmen von Berufsmessen sowie im Programm „Bildungsorientierte Elternarbeit (BE)“ des AmkA. Messebesucher werden u.a. von Auszubildenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund informiert und beraten. • Veranstaltungen an und für Frankfurter Schulen. Interessierte Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer werden u.a. von Auszubildenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund beraten.
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Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
Internetauftritt • Auf der Startseite www.bewerbung-stadt-frankfurt.de wurde der folgende Text übernommen: „In der Großstadtverwaltung Frankfurt am Main gehört der Umgang mit kultureller Vielfalt, die Kommunikation und Interaktion zwischen Menschen verschiedener Herkunft und Lebensweisen zum Alltag. Deshalb freuen wir uns sehr, wenn sich Ausbildungssuchende aller Nationalitäten von unserem Angebot angesprochen fühlen und sich bei uns bewerben.“ • Bei den Stellenausschreibungen wurde in der Kategorie „Das sollten Sie mitbringen“ das Qualifikationsmerkmal „Interkulturelle Kompetenz“ aufgenommen. • Werbung über einen Teaser, in dem sowohl das zielgruppengerechte Foto wie auch der nachfolgende Text erscheint: „Jedes Jahr bildet die Stadtverwaltung in zahlreichen Berufen aus. Alle Ausbildungsberufe stehen Bewerberinnen und Bewerbern aus allen Nationalitäten offen.“ • Die Internetseite mit den Ausbildungsangeboten ist auf der Seite „www.vielfalt-bewegt-frankfurt.de“ des Amt für multikulturelle Angelegenheiten verlinkt. Printmedien Ausschreibungen in Printmedien wurden aufgrund des veränderten Nutzungsverhaltens und der Werbemöglichkeiten schon 2010 deutlich eingeschränkt. • Bei Stellenausschreibungen in Printmedien wurde der folgende Text übernommen: „Wir würden uns freuen, wenn sich Ausbildungssuchende aller Nationalitäten von unserem Arbeitsplatzangebot angesprochen fühlen.“ • Veröffentlichung von Stellenausschreibungen auch in fremdsprachigen Medien.
Gewinnung von Beschäftigten für freie Stellen Die nachfolgenden Vorkehrungen werden seit dem Jahr 2008 bei Stellenausschreibungen umgesetzt. Dabei unterscheidet sich die Vorgehensweise bei internen und externen Ausschreibungen. Interne Stellenausschreibungen • Bei jeder internen Stellenausschreibung ist das Qualifikationsmerkmal „interkulturelle Kompetenz“ als Anforderung im Stellenprofil aufgenommen. • Auf dem Deckblatt der internen Stellenausschreibungen wurde der Passus aufgenommen: „In einer Großstadtverwaltung wie der Stadtverwaltung Frankfurt am Main gehören Umgang mit Vielfalt, interkulturelle Öffnung und der Erwerb interkultureller Kompetenz zu den selbstverständlichen Erfordernissen für alle kommunalen Gremien und die Stadtverwaltung. Die
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Stadt Frankfurt am Main strebt daher auch an, den Anteil von Migranten/-innen unter ihren Bediensteten zu erhöhen. Bewerbungen von Migranten/-innen werden daher besonders begrüßt.“ Externe Stellenausschreibungen • Bei jeder Stellenausschreibung wurde das Qualifikationsmerkmal „interkulturelle Kompetenz“ als Anforderung im Stellenprofil aufgenommen. • Bei externen Ausschreibungen wurde in den Ausschreibungstext der Passus aufgenommen: „Bewerbungen von Menschen aller Nationalitäten werden ausdrücklich erwünscht.“
Maßnahmen in den Bereichen Personalqualifizierung und -entwicklung Fortbildung von Beschäftigten in interkultureller Kompetenz. Fortbildungen in interkultureller Kompetenz sind sowohl in Modulen zur Schulung der Auszubildenden wie auch in das Fortbildungsprogramm der Stadt Frankfurt am Main integriert. Während die Modulveranstaltungen als Teil der Ausbildung verpflichtend für alle Auszubildenden sind, ist das Kursangebot des Fortbildungsprogramms freiwillig. Insgesamt umfasst das Fortbildungsprogramm der Stadt Frankfurt am Main zwölf Fortbildungen, in denen interkulturelle Kompetenz als Teilaspekt oder als Schwerpunkt der Fortbildung vertreten ist. Die Fortbildungen sind in den Fortbildungsbereichen „Führungskräfte- und Führungskräftenachwuchsentwicklung“ und „Bürger/-innen und Serviceorientierung“ angesiedelt. Zu den fünf Schwerpunktveranstaltungen zählen: • Diversität – Mosaik der Arbeitswelt • Führungskräfte in interkultureller Verantwortung • Kulturelle Vielfalt in der Stadtverwaltung Frankfurt am Main • Umgehen mit Vielfalt • „Erziehen muslimische Frauen anders?“ Die Veranstaltungen orientieren sich an den Inhalten und Zielen des Integrations- und Diversitätskonzeptes. Ein vom Personal- und Organisationsamt koordinierter ämterübergreifender Gesprächskreis „Interkulturelle Kompetenz“ führt regelmäßige Arbeitsgespräche zur Fortbildungsplanung und Anpassung des Fortbildungsangebots durch (vgl. hierzu auch den Unterabschnitt „Organisationsentwicklung, ämterübergreifende Kooperation“ in diesem Kapitel sowie Kapitel 4.8.2).
Ergänzend führen einzelne Ämter und Betriebe im Rahmen ihres Personalbudgets auch dezentral eigenständige Qualifizierungen in interkultureller Kompetenz in Kooperation mit dem AmkA und/oder durch Beauftragung externer Referenten durch, die interkulturelle Kenntnisse und Fähigkeiten angepasst auf die spezifische Aufgabenstellung und Situation des jeweiligen Fachgebiets vermitteln (vgl. B564/2004: S.3 sowie Kapitel 4.5). Aktuell setzt das AmkA beispielsweise jeweils Fortbildungsveranstaltungen zur Schulung in „Interkultureller Kompetenz“ von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtpolizei und für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main aus dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit um. Inhaltlicher Schwerpunkt der Fortbildungsreihe bei der Stadtpolizei bildet eine Qualifizierung in „Interkultureller Verständigung“, wobei Kommunikations- und Konfliktlösungsstrategien anhand von praktischen Fallbeispielen interaktiv entwickelt werden. Die zweite Veranstaltung („Interkulturelle Kommunikation“) wurde gemeinsam mit dem Presse- und Informationsamt und dem IMAP Institut für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Frankfurt am Main aus dem Bereich „Öffentlichkeitsarbeit“ ins Leben gerufen. Die Veranstaltung war mehrstufig aufgebaut und Teil des aus dem Europäischen Integrationsfonds (EIF) finanzierten Projekts „Interkulturelles Netzwerk Medien“. Zum Auftakt fand am 12.07.2014 ein Treffen des „Netzwerks Öffentlichkeitsarbeit“ zum Thema „Interkulturelle Kommunikation“ statt, zu dem das Presse- und Informationsamt und das AmkA gemeinsam eingeladen hatten. Im Rahmen dieser Auftaktveranstaltung am diskutierten rund 60 Kommunikationsfachleute aus allen Bereichen der Stadtverwaltung im Rahmen von Arbeitsgruppen die folgenden Fragen und erarbeiteten erste Lösungsansätze für die tägliche Arbeit: • U nsere Stadtgesellschaft hat sich in den letzten Jahren stark verändert, unsere Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auch? • Erreichen wir noch, wen wir erreichen wollen? Oder sprechen (und schreiben) wir aneinander vorbei? • Welche Rolle spielt dabei unsere eigene kulturelle Prägung? • Welchen Nutzen hat interkulturelle Kommunikation für die Öffentlichkeitsarbeit in der Stadt Frankfurt am Main? In einem zweiten Schritt wurden in Kooperation mit dem Presse- und Informationsamt interkulturelle Trainings mit praxisbezogenen Übungen (z.B. Texte schreiben, Bildsprache, Veranstaltungen und Zielgruppenansprache) für die städtischen Kommunikatoren erprobt. Langfristiges Ziel ist es, die Schulungen als dauerhaftes Fortbildungsmodul für die städtischen Öffentlichkeitsarbeiterinnen und Öffentlichkeitsarbeiter zu etablieren.
Das Integrationsdezernat und das Verkehrsdezernat der Stadt Frankfurt am Main haben außerdem einen gemeinsamen Handlungsplan erarbeitet, der – neben anderen Maßnahmen – interkulturelle Schulungen des Personals der Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH (VGF) vorsieht. Erste Schulungen beginnen im Herbst 2014. Generelles Ziel der Kooperation ist es, die Dienstleistungen des öffentlichen Nahverkehrs noch besser auf die diverse multikulturelle Situation in der Region FrankfurtRhein-Main auszurichten. Qualifizierung von Auszubildenden. Interkulturelle Inhalte zum Thema „Umgang mit Vielfalt“ sind auch in verschiedene Module der Ausbildungsgänge der Stadt Frankfurt am Main integriert (vgl. z.B. B111/2008: S. 2). Die entsprechenden Veranstaltungen sind als Ganztagsveranstaltungen konzipiert und behandeln Teilaspekte des situationsangemessenen Handelns in interkulturellen Situationen. In den Modulen werden z.B. die Themen „Kunden- und Serviceverhalten“, „Grundlagen der Kommunikation“ oder „Grundlagen des Konfliktmanagements“ behandelt. Im zweiten Ausbildungsjahr ist in allen Ausbildungsgängen außerdem das zentrale Modul „Interkulturelle Verständigung“ verankert. Dieses wird teilweise im Austausch mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des AmkA durchgeführt. Ebenfalls Gegenstand der Ausbildung sind die Regelungen der Antidiskriminierungsrichtlinien der Stadt Frankfurt am Main sowie des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).
Organisationsentwicklung, ämterübergreifende Kooperation Gesprächskreis „Interkulturelle Kompetenz“. Beim Personal- und Organisationsamt (POA) der Stadt Frankfurt am Main ist auch der ämterübergreifende Gesprächskreis „Interkulturelle Kompetenz“ angesiedelt. Dieser führt regelmäßig Arbeitsgespräche mit Schwerpunkt auf der Fortbildungsplanung und Anpassung des Fortbildungsangebots durch. Der Gesprächskreis hat seinen Teilnehmerkreis im Jahr 2012 erweitert. Als Auftaktveranstaltung wurde in Kooperation mit dem AmkA ein Workshop mit Expertinnen und Experten organisiert, die nach der World-Café-Methode an Thementischen begriffliche Grundlagen und Inhalte der Konzepte „Integration und Inklusion“, „Diversitätsmanagement“, „Interkulturelle Öffnung / Interkulturelles Personalmanagement“, „Interkulturelle Kompetenz“, „Kultur“ mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern diskutier-
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Handlungsfelder kommunaler Integrationsarbeit
ten. An dem Workshop nahmen 18 Ämter und Betriebe der Stadtverwaltung Frankfurt am Main teil. Im Jahr 2013 stellte das Thema „Sprachsensibilisierung“ ein Schwerpunktthema des Gesprächskreises dar. Gemeinsam mit dem AmkA wurde im September 2013 ein Workshop organisiert, dessen Ziel es war, spezifische Verstehensprobleme darzustellen, die Personen mit Zweitsprache Deutsch im behördlichen Kontext haben können und Lösungsvorschläge zu entwickeln, wie sie zukünftig vermieden werden können. Im Verwaltungskontext genutzte Sprachstrukturen wurden auf ihre Verständlichkeit hin überprüft und anschließend in Arbeitsgruppen diverse kommunale Broschüren unter den erarbeiteten Gesichtspunkten untersucht, um Kriterien für leichter verständliche Formulierungen und das Verständnis unterstützende Gestaltung zu erarbeiten. In einem weiteren Schritt wurden im Ämteralltag wiederkehrende Verstehensprobleme gesammelt und daraus abzuleitende Fortbildungsbedarfe zusammengestellt. 10-Punkte-Plan des Oberbürgermeisters und der Integrationsdezernentin. Im Handlungsfeld „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung“ existiert darüber hinaus eine erfolgreiche Kooperation des POA, AmkA und des Amtes des Oberbürgermeisters im Rahmen des 10-Punkte-Plans. Dieser stellt eine Konkretisierung des Integrations- und Diversitätskonzepts im Sinne eines abgestimmten Handlungsplans dar. Das POA, AmkA und das Amt des Oberbürgermeisters haben in diesem Zusammenhang Maßnahmen erarbeitet, die eine neue Grundlage für alle im vorangehenden Abschnitt aufgeführten Bereiche schaffen. Der Maßnahmenplan wird regelmäßig aktualisiert. Zuletzt wurden im Oktober 2014 insgesamt 30 Maßnahmen vorgestellt, die in 16 Themenfeldern gebündelt sind. In den Themenfeldern „Personalgewinnung“ und „Personalentwicklung“ umfassen die Maßnahmen: • I m Bereich Personalmarketing: Entwicklung einer Kampagne für die Präsentation der Stadt Frankfurt am Main als vorbildlicher, interkulturell offener und für Antidiskriminierung eintretender Arbeitgeber. Die Kampagne wird als Roadshow, auf Veranstaltungen, durch einen ImageFilm und durch Branding des städtischen Fuhrparks umgesetzt. • Im Bereich Personalauswahl: Erarbeitung einer Handreichung sowie Hilfestellungen und Checklisten für die Sicherstellung diskriminierungsfreier und kultursensibler Verfahren der Personalgewinnung. • Im Bereich Personalqualifizierung: Schaffung eines gemeinsamen personalwirtschaftlichen Verständnisses von „Interkultureller Kompetenz“ und von Kriterien für die Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
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der Stadt Frankfurt am Main. Dieses soll sowohl für die Qualitätssicherung bei der Beurteilung von Trainerinnen und Trainern in der Fortbildung wie auch in Mitarbeiterbeurteilungsverfahren zur Anwendung kommen. Für die Schulung und Fortbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll ein neues Modul „Interkulturelle Kompetenz“ erarbeitet werden, welches als Regelfortbildung etabliert wird.
5.8.3 Zusammenfassung Der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund in der Frankfurter Stadtverwaltung ist seit Jahren konstant und liegt bei circa 14%. Die Erhöhung dieses Anteils ist ein zentraler Baustein, um die interkulturelle Öffnung der Verwaltung voranzutreiben. Die Stadt Frankfurt am Main hat sich durch die Unterzeichnung der Charta der Vielfalt 2007, die Verabschiedung des Diversitäts- und Integrationskonzeptes 2010 und durch die Verkündung des 10-PunktePlans des Oberbürgermeisters und der Integrationsdezernentin im Jahr 2013 selbst verpflichtet, die interkulturelle Öffnung zu intensivieren. Diese beinhaltet neben der Personalgewinnung auch ein verändertes Verständnis von Vielfalt und interkulturellem Zusammenleben. Wie auch die Erfahrungen anderer Städte zeigen, gelingt die Erhöhung des Anteils der Beschäftigten mit Migrationshintergrund, wenn das Personalmarketing, die Personalauswahl und -qualifizierung sowie -entwicklung ein Zusammenleben in Vielfalt als Ziel formuliert und in Maßnahmen umsetzt. Der vorgelegte 10-Punkte-Plan sieht genau dies vor und schafft damit eine wichtige Bedingung für eine gelingende interkulturelle Öffnung der Verwaltung. Das Personal- und Organisationsamt der Stadt Frankfurt am Main – zuständig für Qualitätsstandards, Fortbildungen, Nachwuchswerbung, die Auswahl von Azubis und die Begleitung von Personalauswahlprozessen – hat Maßnahmen entwickelt, um Auszubildende mit Migrationshintergrund zu gewinnen. Interkulturelle Kompetenz gilt bei Auszubildenden und auch bei Bewerberinnen und Bewerbern für freie Stellen als wichtige Voraussetzung für eine Arbeitsaufnahme bei der Stadt. Das Personal- und Organisationsamt organisiert Fortbildungen in interkultureller Kompetenz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Außerdem führt auch das Amt für multikulturelle Angelegenheiten interkulturelle Schulungen bei verschiedenen Ämtern – aktuell z.B. für den Bereich „Öffentlichkeitsarbeit“ sowie bei der Stadtpolizei – durch. Damit wird einer interkulturellen Öffnung der Belegschaft der Stadtverwaltung Rechnung getragen.
Dieser Bericht informiert über strukturelle Entwicklungen in den städtischen Ämtern und Betrieben sowie über einzelne Maßnahmen, Dienstleistungen und Projekte in integrationspolitischen Handlungsfeldern. Integration wird im Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzept als eine langfristig wirkende Querschnittstätigkeit sowie als Daueraufgabe beschrieben. Mit dieser Gesamtdarstellung von Fakten, Maßnahmen und Einschätzungen der städtischen Ämter und Betriebe folgt dieser Bericht zugleich dem Auftrag, eine Entscheidungsgrundlage für weitere Planungen zu geben.
„Integrationspolitik ist als Querschnittsaufgabe eine der Kernaufgaben unserer Stadtentwicklung. Integrationspolitik ist dabei weder eine »Ausländerpolitik« noch eine »Problempolitik«. Es geht auch nicht um die »Liebe zu Ausländern« oder zueinander, sondern einfach um unser gutes Zusammenleben mit allen Gemeinsamkeiten und Unterschieden, »Ecken und Kanten« – bei Gleichberechtigung und Chancengleichheit für alle Bürgerinnen und Bürger.“
(Integrations- und Diversitätskonzept: S. 35)
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6. Zusammenfassende Betrachtung und Handlungsansätze In dem vorliegenden Integrations- und Diversitätsbericht wurden unterschiedliche Perspektiven auf die aktuelle Situation der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und auf die Tätigkeit der Stadt Frankfurt am Main zusammengeführt. Eine durch Befragung der städtischen Ämter und Betriebe erhobene Sachstandsbeschreibung zu „Querschnittsbereichen der interkulturellen Öffnung“ ist an den Zielen des Integrations- und Diversitätskonzepts (2010) ausgerichtet. Die Darstellung von integrationspolitischen Maßnahmen, Angeboten, Projekten der Stadt Frankfurt am Main ist orientiert an den Handlungslinien des Integrations- und Diversitätskonzepts und am Integrations- und Diversitätsmonitoring (2012) der Stadt Frankfurt am Main. Damit wird die Auffassung vertreten, dass im Rahmen einer systematischen Integrationspolitik zielgruppenorientierte Arbeit und Ansätze durch die strategische Komponente „Interkulturelle Öffnung“ ergänzt werden müssen. Der vorliegende Bericht unterliegt zwei methodischen Einschränkungen. Die Darstellung beschränkt sich auf die städtischen oder durch die Stadt geförderten Angebote. Das breite Angebot freier Träger oder ehrenamtlichen Engagements sowie Maßnahmen des Landes, des Bundes oder der Europäischen Union konnten in diesem Kontext nur punktuell einbezogen werden. Es ist in diesem Rahmen auch keine Einschätzung des Erfolgs der aufgeführten Maßnahmen, Angebote, Projekte im Sinne einer Evaluation möglich. Das nachfolgende Kapitel macht vor dem Hintergrund der in den vorangehenden Einzelkapiteln aufgeführten Ergebnisse Vorschläge für Handlungsansätze. Dabei werden Ansätze vorgestellt, die aktuell – zum Teil kontrovers – diskutiert werden und zu denen auch weiterer Diskussionbedarf besteht. Oftmals sind zukünftig zunächst vertiefende Untersuchungen notwendig, um zu einer weiteren Einschätzung zu kommen. Darüber hinaus werden gezielt Handlungsansätze und Projekte aufgezeigt, die das
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Amt für multikulturelle Angelegenheiten im Rahmen der Umsetzung des Integrations- und Diversitätskonzepts in jüngster Zeit entwickelt hat und im Jahr 2015 zur Anwendung bringt.
Lokale Besonderheiten und Entwicklungen ernst nehmen Aus der Perspektive der Frankfurter Bevölkerung wie auch in der bundespolitischen Diskussion liegt die Schwerpunktlegung auf Bereichen der strukturellen Integration. [Ziele 20 bis 28 des Integrations- und Diversitätskonzepts] Die gelebte „Integration“ in der Frankfurter Bevölkerung wird immer mehr zu einer Selbstverständlichkeit. Dies zeigen die Ergebnisse der Frankfurter Bürgerbefragung sowie weitere Studien, in denen die Arbeit der Stadt Frankfurt am Main generell – insbesondere aber das Aufgabenfeld „Integration“ – eine zunehmend positive Resonanz finden (vgl. forsa 2014; STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2013c; STADT FRANKFURT AM MAIN – BÜRGERAMT, STATISTIK UND WAHLEN 2013d). In demographischer Hinsicht befindet sich die Bevölkerung der Stadt Frankfurt am Main im Wachstum und einer zunehmenden Differenzierung im Zuge des Generationen- und sozialen Wandels. Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist in Frankfurt am Main beständig gestiegen und liegt aktuell bei ca. 47%. Während der Anteil der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit in den Jahren 1998 bis 2009 rückläufig war, steigt er seit dem Jahr 2010 ebenfalls an. Der vermehrte Zuzug nach Frankfurt am Main in den letzten 3 Jahren, der insbesondere aus dem Ausland erfolgte und in unmittelbarem Zusammenhang mit Freizügigkeitsbestimmungen steht, zeigt, dass das Thema „Integration“ auch in Zukunft von zentraler Bedeutung sein wird. Der Verweis auf eine – im
Zuge des Generationenwandels – zwangsläufig und quasi „natürlich“ gelingende Integration der dritten und mittlerweile vierten Generation hat vor diesem Hintergrund wenig Bestand. Gerade für die „Neue Zuwanderung“ bedarf es an Konzepten, die die zukünftige Politik anleiten (vgl. hierzu auch die Zusammenfassung der Befragungsergebnisse zu den „Querschnittsbereichen der interkulturellen Öffnung und Integrationsarbeit“ im nachfolgenden Abschnitt). In einem Sonderfrageprogramm zur Frankfurter Bürgerbefragung wurden u.a. die folgenden Bereiche als die fünf wichtigsten Handlungsfelder für ein gelingendes Zusammenleben benannt: • • • • •
Sprachkenntnisse in Deutsch; Bildungschancen verbessern; Berufs- und Ausbildungsmöglichkeiten verbessern; Diskriminierung bekämpfen; Solidarität zwischen Jung und Alt.
Dies sind jedoch auch Handlungsfelder, in denen die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung von Integration umstritten und die kommunalen Handlungsspielräume eingeschränkt sind. Wie das Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring und dieser Integrationsbericht gezeigt haben, ist die Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Hinblick auf die Verteilung von zentralen gesellschaftlichen Ressourcen in annähernd allen betrachteten Handlungsfeldern schlechter gestellt als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Vor diesem Hintergrund reichen Ansätze, die davon ausgehen und darauf verweisen, dass alle gleich behandelt werden, nicht aus. Stattdessen geht es darum, Menschen zu befähigen, eine bessere Position zu erlangen, und die Strukturen daraufhin auszurichten. Neben der Darstellung von Handlungsfeldern wurden in dem vorliegenden Bericht daher zentrale Tätigkeitsfelder der interkulturellen Öffnung thematisiert. Der Ansatz der interkulturellen Öffnung geht davon aus, dass Ressourcenorientierung sowie eine möglichst barrierefreie und bevölkerungsübergreifende Ausgestaltung von Organisationsstrukturen und Angeboten zentral sind im Sinne einer nachholenden strukturellen Gleichstellung. Als wesentliche Tätigkeitsfelder der städtischen Querschnittsarbeit, die auch zentrale Grundsatzziele des Integrations- und Diversitätskonzeptes bilden, wurden im Rahmen des Fragebogens erfasst: • A ufgabenbereiche, Bedarfe und Inhalte der interkulturellen Öffnung (Kapitel 4.3); • Information und Zielgruppenansprache (Kapitel 4.4);
• I nterkulturelle Öffnung als Führungs-, Team- und Personalentwicklungsaufgabe (Kapitel 4.5); • Interkulturelle Öffnung als Beteiligungsprozess (Kapitel 4.6); • Richtlinien und Instrumente der Qualitätssicherung (Kapitel 4.7); • Vernetzung und Kooperation (Kapitel 4.8). Das Amt für multikulturelle Angelegenheiten ist in diesen Bereichen und in der Umsetzung des Integrations- und Diversitätskonzeptes für die Stadt Frankfurt am Main unterstützend bei der Konzeptionsarbeit tätig. In der täglichen städtischen Praxis und konkreten Ausgestaltung von Angeboten und Maßnahmen kann das AmkA jedoch nur begrenzt eingreifen. Das AmkA steht als Querschnittsamt jedoch jederzeit für fachliche Beratung bereit, führt viele Projekte eigenständig sowie in Kooperation mit städtischen Ämtern und Betrieben durch oder beteiligt sich finanziell. Zu weiteren Einzelheiten der demographischen Entwicklung sowie Bewertungen und Einschätzungen der Frankfurter Bevölkerung zu den Themen „Integration“ und „Diversität“ siehe Kapitel 2.
Querschnittsbereiche der interkulturellen Öffnung Insbesondere Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt haben in vielen Bereichen interkulturelle Öffnungsprozesse angestoßen. Dazu gehören neue Formen der Zielgruppenansprache, Beteiligungsprozesse, aber auch Maßnahmen zur interkulturellen Öffnung des Personalwesens und der Personalentwicklung. [Ziele 29 bis 44 des Integrations- und Diversitätskonzepts] In einer für diesen Bericht durchgeführten Befragung der städtischen Ämter und Betriebe durch das AmkA gaben über die Hälfte der Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt an, interkulturelle Öffnungsprozesse umgesetzt zu haben, weitere 16% befinden sich in der Planung. Gesamtstädtisch kommen die thematisierten Strategien der interkulturellen Öffnung jedoch eher selten zur Anwendung. Mit Blick auf die städtischen Integrationsangebote wurde der Ausbau von zielgruppenspezifischen Angeboten gegenüber einer konsequenten Öffnung der bereits bestehenden Angebote als weniger wichtig erachtet. Dieser Ansatzpunkt stimmt mit der Grundidee der interkulturellen Öffnung und dem grundlegenden Ansatzpunkt des Integrations- und Diversitätskonzepts überein, eine Integrationspolitik umzusetzen, die sich an alle Bür-
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Zusammenfassende Betrachtung und Handlungsansätze
gerinnen und Bürger der Stadt Frankfurt am Main wendet (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 15). Insbesondere bei der Zielgruppenansprache und Informationsweitergabe durch Printmedien, Internet oder im Rahmen von Informationsveranstaltungen und Sprechstunden werden allgemeine Strategien – wie die Information bei und Informationsverbreitung über Bildungseinrichtungen oder die Sozialrathäuser – bevorzugt. Im Zusammenhang mit Ziel 33 („Gemeinsamkeiten betonen“) des Integrations- und Diversitätskonzepts ist es auch bei diesen allgemeinen Strategien wichtig, sprachliche Barrieren durch mehrsprachige Information und/oder Anwendung von vereinfachter Sprache zu überwinden. In der durchgeführten Befragung gaben 40% aller befragten Ämter und Betriebe und 75% der Ämter und Betriebe mit direktem Bürgerkontakt an, dass im Arbeitsalltag häufig oder hin und wieder Sprachschwierigkeiten bei der Beratung oder Zusammenarbeit mit Kundinnen und Kunden auftreten. Zu den am häufigsten benannten Strategien zur Behebung von Verständigungsproblemen gehören der Einsatz mehrsprachigen Informationsmaterials, von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Fremd- oder Muttersprachkenntnissen, des städtischen Dolmetscherdienstes oder die Übersetzung durch Familienmitglieder von Kundinnen und Kunden. Darüber hinaus werden zur mehrsprachigen Information auch muttersprachige Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie barrierefreie Sprache eingesetzt. Im Zusammenhang mit Ziel 4 („Beteiligung an Entscheidungen ausbauen“) und Ziel 33 („Gemeinsamkeiten betonen“) des Integrations- und Diversitätskonzepts wurde anhand der Befragung erfasst, inwieweit Personen mit Migrationshintergrund oder Migrantenorganisationen bzw. -vereine an der Planung und Ausgestaltung von städtischen Angeboten und Maßnahmen beteiligt wurden. Entsprechende Beteiligungsprozesse werden im Zuge einer demokratischen Interessenrepräsentation mittlerweile als wichtige Komponenten einer modernen Integrationspolitik betrachtet (vgl. GISSENDANNER 2011: S. 42). Hier zeigte sich, dass gesamtstädtisch rund ein Viertel der Ämter und Betriebe und ca. 40% der Ämter und Betriebe mit direktem Kundenkontakt die erfassten Beteiligungsformen eingerichtet haben. Hier sollte über Möglichkeiten der Erhöhung der politischen und bürgerschaftlichen Partizipation und verstärkten Einbezug von Migrantinnen und Migranten in politische Gremien, Stadtteilarbeitskreise, Stadtteilinitiativen sowie die Motivation zum bürgerschaftlichen Engagement nachgedacht werden. So haben z.B. auch das Integrations- und Diversitätsmonitoring sowie Studien gezeigt, dass im Bereich „Politische Partizipation“ zwar ein starker Zuwachs von Repräsentan-
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tinnen und Repräsentanten mit Migrationshintergrund unter den Stadtverordneten in Frankfurt am Main zu erkennen ist, nicht jedoch in den Ortsbeiräten (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 168f.; S. 172f.; SCHÖNWÄLDER ET. AL. 2011: S. 25). Die Stadtteilanalyse des AmkA in Fechenheim zeigte außerdem, dass in vielen der stadtteilbezogenen Arbeitskreise und Zusammenschlüsse kaum Migrantinnen und Migranten beteiligt sind (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2014: S. 56). Aktuelle Beispiele für Beteiligungsprozesse bilden der öffentliche Dialog zum Integrations- und Diversitätskonzept, zum Flughafenausbau oder am Schulentwicklungsprozess. Auch die Sportentwicklungsplanung ist als Beteiligungsprozess organisiert. Vor dem Hintergrund der angeführten Ergebnisse ist jedoch auch anzumerken, dass solche Prozesse nur dann sinnvoll sind, wenn vorab alle zentralen Akteure identifiziert und einbezogen wurden. Hierzu zählen insbesondere auch Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Weitere Möglichkeiten zum Ausbau von Beteiligung (die auch in dem Fragebogen thematisiert wurden) bilden der Einbezug in Projekte und Angebote als „Beraterinnen und Berater bzw. Informantinnen und Informanten“, als „Lotsinnen und Lotsen“, als „Multiplikatorinnen und Multiplikatoren“, als „bürgerschaftliche bzw. ehrenamtliche Helferinnen und Helfer“. Vergleichsweise geringe Erwähnung fanden in der Befragung auch Maßnahmen der Beteiligung und Förderung des interkulturellen Kontakts durch Einrichtung von Foren, Bewohner- bzw. Elterntreffs, -versammlungen oder -anhörungen sowie Zukunfts- und Stadtteilkonferenzen. Im Zusammenhang mit den erwähnten Zielen 4 und 33 des Integrations- und Diversitätskonzepts wäre eine breitere Umsetzung derartiger aktivierender und niederschwelliger Ansätze sinnvoll. Unabhängig von einer direkten Leistungserstellung gegenüber Bürgerinnen und Bürgern und dem Vorliegen von Integrationsmaßnahmen bildet die interkulturelle Öffnung des Personalwesens ämter- und betriebsübergreifend einen wichtigen Aufgabenbereich. Um die Bedarfe in diesem Bereich aufgreifen zu können, wurden in die durchgeführte Befragung Fragen in Bezug auf das Ziel 29 („Mit Vielfalt professionell umgehen“), Ziel 31 („Gleichberechtigte Teilhabe sicherstellen“) sowie die Handlungslinie HL 60 („Strukturen und Kompetenzen weiterentwickeln“) des Integrations- und Diversitätskonzepts aufgenommen. Dass hier Handlungsbedarf gesehen wird, zeigt sich darin, dass die Aspekte „Interkulturelles Selbstverständnis“, „Personalgewinnung“ und „Basisqualifikation der Mitarbeiter in interkultureller Kompetenz“ durch die befragten Ämter und Betriebe als die für sie wichtigsten Ansatz-
punkte der interkulturellen Öffnung erwähnt wurden. Wie das Integrations- und Diversitätsmonitoring gezeigt hat, lag der Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund im Jahr 2011 bei den Ämtern der Stadt Frankfurt am Main bei ca. 11% und bei den Betrieben bei ca. 14%.82 Im Rahmen der durchgeführten Befragung wurden die befragten Expertinnen und Experten aus den städtischen Ämtern und Betrieben um eine Einschätzung zum Anteil der in interkultureller Kompetenz qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebeten. Gemäß dieser Einschätzung liegt der Anteil der in interkultureller Kompetenz qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei etwa 30% bis 40%. Für die weitere Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden in der Befragung Bedarfe zu vielfältigen Themen benannt, von denen an dieser Stelle nur die meistgenannten erwähnt werden können. Neben einem anhaltenden Bedarf an Schulungen in „Interkultureller Kompetenz“ sowie „Konfliktlösung“ bzw. „Deeskalation“ wurden auch aktuelle Themen wie die „Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen“ oder Veranstaltungen zum Thema „Sprachsensibilisierung“ bzw. „einfache Sprache“ sowie zu „Ansatzpunkten und Strategien der interkulturellen Öffnung der Stadtverwaltung“ – insbesondere auch mit Blick auf Werbemaßnahmen und deren kultursensible Gestaltung – als interessante zukünftige Fortbildungsinhalte erwähnt. Im Bereich „Vernetzung und Kooperation“ zeigte sich, dass die befragten Ämter und Betriebe gut über Arbeitskreise, Gremien und runde Tische miteinander und mit anderen Akteuren vernetzt sind. Der Großteil dieser Arbeitskreise bezieht sich in ihrer Arbeit auf das gesamte Stadtgebiet oder Stadtteile der Stadt Frankfurt am Main; die Arbeit in überregionalen Arbeitskreisen ist weniger ausgeprägt. Dennoch wird eine stärkere städtische Zusammenarbeit und intrakommunaler Austausch z.T. gewünscht, nicht jedoch im Sinne eines zentral koordinierten Prozesses. 63% der befragten Ämter und Betriebe waren Mitglied in einem vom AmkA initiierten Arbeitskreis und 86% aller antwortenden Ämter und Betriebe benannten das AmkA als wichtigen Akteur der interkulturellen Integrationsarbeit. Dieses Ergebnis unterstreicht die Funktion des AmkA als Querschnitts- und Informationsamt. Im Rahmen der Befragung wurden außerdem die Amtsbzw. Betriebsleitungen um eine Priorisierung verschiedener Handlungsfelder der interkulturellen Integrationsarbeit und interkulturellen Öffnung gebeten. Dabei zeigte sich, dass besonders die Aktivitäten „Willkommenskultur“ und „Pflichtqualifizierung in interkultureller Kompetenz“ als zukünftige gesamtstädtische Aufgabenbereiche als wichtig und sinnvoll erachtet werden. Rückschlüsse und ein Ausblick zu den Themen „Personalqualifizierung“ und
„Personalgewinnung“ werden im Abschnitt „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung“ dieses Kapitels vorgestellt. Dem Punkt „Willkommenskultur“ kommt im Zusammenhang mit Ziel 16 des Integrations- und Diversitätskonzepts („Offenheit für neue Einwohner und Mitglieder kommunizieren“) zentrale Bedeutung zu. Die Institutionalisierung von Willkommensstrukturen soll die Attraktivität und Aufnahmebereitschaft einer Kommune für Menschen mit Migrationshintergrund und Neuzuwanderer unterstreichen und Integration sowie ein Klima der Offenheit ermöglichen und unterstützen (vgl. COPUR & STELLER 2013: S. 58f.; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 27). Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie der Beirat für Integration der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration haben in diesem Zusammenhang die folgenden Handlungsempfehlungen erarbeitet (vgl. BAMF 2013; BEIRAT INTEGRATION 2012): • n iederschwellige, mehrsprachige und zielgruppen- bzw. lebenswegspezifische Willkommenspakete mit Materialien zu den Themenwelten Arbeit, Wohnen, Gesundheitswesen, Kindergarten und Schule, Integrationskurs und Beratungsangebote; • Internetportale auf Aktualität, Übersichtlichkeit und Barrierefreiheit prüfen; • Einrichtung einer (mehrsprachigen) Telefon- und E-Mail-Beratungsstelle; • Entwicklung von Online-Sprach-, Informations- und Orientierungsangeboten und Bündelung von Informationen zu Sprach- und Bildungsangeboten sowie zielgruppenspezifische Aufbereitung (z.B. nach Aufenthaltsstatus oder beruflicher Tätigkeit); • Behörden in Willkommensbehörden und insbesondere Ausländerbehörden von Ordnungs- in Dienstleistungsbehörden umformen (vgl. hierzu auch: COPUR & STELLER 2013: S. 65f.); • Bündelung von Kompetenzen in Welcome-Centern sowie One-Stop-Government-Modellen; • mehrsprachige Broschüren sowie Scheckhefte für Beratungsangebote, spezielle Informationsplattformen und Apps (vgl. hierzu auch: COPUR & STELLER 2013: S. 61f.); • Integrationspreise zu gelungenen Projekten vor Ort und regelmäßige Integrationsfeste.
82 Allerdings kann in diesem Fall für die Ermittlung des Migrationshintergrundes nur der Geburtsort und die Staatsangehörigkeit herangezogen werden, sodass davon auszugehen ist, dass der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund bei der Stadt Frankfurt am Main bei Berücksichtigung des familiären Migrationshintergrundes (z.B. durch Verwendung der Mikrozensus-Definition) höher ausfallen dürfte (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 19).
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Zusammenfassende Betrachtung und Handlungsansätze
Ein Kerninhalt der Institutionalisierung von Willkommensstrukturen besteht somit u.a. in der Etablierung eines umfassenden Informations- und Beratungsmanagements (vgl. COPUR & STELLER 2013: S. 61f.). Für die Beratung von neuzuwandernden Fachkräften wurde im Jahr 2013 für ganz Hessen das „Welcome Center Hessen“ durch das Hessische Wirtschaftsministerium und die Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit bzw. Arbeitsagentur Frankfurt am Main gegründet. Eine Information von Neuzuwanderern erfolgt durch die Stadt Frankfurt am Main u.a. im Rahmen des Willkommensbuchs „Ei Gude“. Gemeinsam mit anderen Ämtern beteiligt sich das AmkA aktuell an der Neuauflage dieser Publikation und ergänzt die Publikation um die Themen „Vielfalt“ und „Integration“. Zudem soll verstärkt darauf geachtet werden, dass die städtischen Angebote und Projekte diversitätsgerecht herausgearbeitet sind. Mit der Internetseite www.vielfaltbewegt-frankfurt.de hat das AmkA zudem eine Plattform für den Austausch und die Information zu Integrationsangeboten und zum Thema „Diversity“ geschaffen. Auch Neuzuwanderer sollen in einer speziellen Rubrik „Neu in Frankfurt?“ angesprochen werden. Ergänzend plant das AmkA, die direkte Vermittlungsarbeit in interkulturellen Angelegenheiten auszuweiten. Zu weiteren Ergebnissen der Befragungen der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main zu Querschnittsbereichen der interkulturellen Öffnung siehe Kapitel 4.
Rechtliche Situation und Antidiskriminierung Im Rahmen kommunaler Zuständigkeiten und Möglichkeiten bemüht sich die Stadt Frankfurt am Main um die Stärkung politischer Partizipationschancen. Bedeutung kommt dabei v.a. Maßnahmen zu, die Menschen zur Einbürgerung motivieren. Die Stadt unterhält im Amt für multikulturelle Angelegenheiten eine kommunale Antidiskriminierungsstelle, die umfangreiche Beratungstätigkeiten ausübt. Erhärtete Diskriminierungsfälle sind gegenüber Fällen gefühlter Diskriminierung relativ gering. Die Lebenssituation von Menschen ohne oder mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus wird in Arbeitsgruppen und Projekten bearbeitet. [Handlungslinien 3 bis 10 des Integrations- und Diversitätskonzepts] Die Umsetzung der Einbürgerungskampagne „Frankfurt bürgert ein“ in Zusammenarbeit zwischen dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten und dem Standesamt der Stadt Frankfurt am Main ist ein Beispiel für eine erfolgrei-
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che ämter- und dezernatsübergreifende Kooperation im Sinn von Ziel 44 des Integrations- und Diversitätskonzeptes („Ämterübergreifende Kooperation strukturieren“). Sie ist Teil einer Willkommens- und Gleichberechtigungspolitik entsprechend Ziel 16 des Integrations- und Diversitätskonzeptes („Offenheit für neue Einwohner und Mitglieder kommunizieren“). Der unmittelbare Nutzen und ein vereinfachter Zugang zur Einbürgerung können mehr bewirken als jede öffentliche Kampagne. In der Einbürgerungskampagne werden daher die vorhandenen Vorteile der Einbürgerung und explizit die Möglichkeiten der Verbesserung der politischen und gesellschaftlichen Partizipationschancen als eigene rationale Entscheidung betont. Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht, welche motivierende Wirkung entwickeln könnten, müssen auf Bundesebene vorgenommen werden. Zu den wichtigsten Faktoren in der Entscheidung für die Einbürgerung zählt die Gewährung der doppelten Staatsangehörigkeit (vgl. WEINMANN ET. AL. 2012: S. 194, S. 360; FILSINGER 2008: S. 11). Mit der Abschaffung der Optionspflicht im Koalitionsvertrag CDU, CSU und SPD (2013) und dem am 3. Juli 2014 vom Bundestag beschlossenen Gesetzesentwurf zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts wurde ein wichtiger Schritt in diese Richtung getan. Das Frankfurter Integrationsdezernat hat sich mehrfach und mit Nachdruck für die Gewährung der doppelten Staatsangehörigkeit und Abschaffung der Optionspflicht eingesetzt. Antidiskriminierungsarbeit bildet einen integralen Bestandteil der interkulturellen Öffnung. Im AmkA ist die städtische Antidiskriminierungsstelle angesiedelt, die sowohl gegenüber Ratsuchenden wie im Behördenkontakt umfangreiche Beratungsleistungen erbringt. Förmliche Diskriminierungsverfahren aufgrund erhärteter Diskriminierungsmeldungen gegen Ämter und Betriebe der Stadtverwaltung haben eine sehr geringe Fallzahl. In Verbindung mit Ziel 31 („Gleichberechtigte Teilhabe sicherstellen“) empfiehlt das Integrations- und Diversitätskonzept, dass die städtischen Ämter und Betriebe stärker für unterschiedliche Formen von Diskriminierung sensibilisiert werden (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 36). Daran anknüpfende Aktivitäten – wie Weiterbildungs- oder Informationsveranstaltungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sind noch nicht in der Breite verankert. Dies zeigen auch die Auswertungen der bei den Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main für diesen Bericht durchgeführten Befragung, deren Ergebnisse im vorangehenden Unterabschnitt thematisiert wurden. Der Bereich „Antidiskriminierung“ wurde bei den Weiterbildungsbedarfen zwar an vierter Stelle benannt, liegt damit aber bei Betrachtung der Gesamtzahl der Benennungen im hinteren Drittel. Auch in der Wichtigkeitseinschätzung für das eigene Amt
bzw. den eigenen Betrieb wie auch aus gesamtstädtischer Perspektive liegt der Bereich „Schulungen in Antidiskriminierung“ eher im Mittelfeld. Hier ist zu fragen, ob die Bekanntmachung der Antidiskriminierungsrichtlinien in der Stadtverwaltung genügt oder ob eine flächendeckende Sensibilisierung und Information durch Schulungen sinnvoll erscheint. Die Arbeit des AmkA wird ab 2015 durch den Arbeitsbereich einer Koordinierungsstelle für die Belange gleichgeschlechtlicher Lebensweisen ergänzt. Die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerberinnen und -bewerbern ist im Rahmen der Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes gewährleistet. In Verbindung mit den Zielen 13 („Besondere Hilfestellungen leisten“), 22 („Differenziertes Angebot an Deutschkursen sicherstellen“) und 23 („Deutschkenntnisse sicherstellen“) hat sich die Frankfurter Integrationsdezernentin zuletzt für adäquate Deutschsprachangebote für Flüchtlinge eingesetzt. Von grundlegender Bedeutung ist – angesichts steigender Zahlen – dass auch in der Zukunft eine Unterbringung gewährleistet ist, die humanitären Gesichtspunkten entspricht. Sowohl für „Flüchtlinge“ wie auch im Zusammenhang mit der „Neuen Zuwanderung“ von Menschen aus süd- und osteuropäischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist das Eintreten für eine stadtgesellschaftliche Solidarisierung im Sinne einer „Willkommenskultur“ und „Offenheit“ wichtig. Vorliegende Erkenntnisse aus Studien zeigen, dass Befürchtungen in Hinblick auf Sozialmissbrauch wissenschaftlich bislang nicht haltbar bzw. belegbar sind (vgl. BRÜCKER ET. AL. 2013: S. 6, S. 10; SVR 2013: S. 124ff.). Menschen ohne Aufenthaltsstatus erhalten in Frankfurt am Main eine gesundheitliche Grundversorgung durch die Humanitäre Sprechstunde des Frankfurter Gesundheitsamtes. Somit ist ein existenzieller Bereich des täglichen Lebens abgedeckt. Ängste aufgrund von Entdeckungsrisiken bestehen jedoch weiterhin und verhindern oftmals selbst eine frühzeitige Auseinandersetzung der Betroffenen mit möglichen Hilfen und Angeboten wie auch deren Inanspruchnahme, selbst wenn de jure Möglichkeiten bestehen. Langfristige und sozial-integrative Maßnahmen sind für Menschen ohne Aufenthaltsstatus quasi ausgeschlossen. Die zwei realistischen Hilfeformen bilden Hilfen zur Legalisierung und Rechtsberatung sowie – bei Opfern von Menschenhandel – Hilfen zur Rückkehr ins Heimatland. Zu weiteren Einzelheiten zur Ausgangslage und zu Entwicklungen sowie zu weiteren Maßnahmen und Beispielen der Tätigkeit der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main siehe Kapitel 5.1.
Spracherwerb und Sprachbeherrschung Verschiedene Ämter und Betriebe sind – insbesondere im vorschulischen Bereich und stadtteilbezogen – mit eigenen Angeboten aktiv oder fördern Projekte zum Deutscherwerb. Darüber hinaus wurde seitens verschiedener Fachämter damit begonnen, einheitliche Standards für Projekte sowie eine stadtweite Organisation zu entwickeln. Die Qualifizierung von städtischem Personal wurde verstärkt, ebenso die Beratung von und Zusammenarbeit mit Schulen und freien Trägern. [Handlungslinien 19 bis 24 des Integrations- und Diversitätskonzepts] Sowohl die Indikatoren des Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitorings, die aktuellen Zuzugstendenzen von Personen aus dem Ausland nach Frankfurt am Main wie auch die Benennung des Bereichs „Sprachkenntnisse in Deutsch“ als wichtigster Faktor des Zusammenlebens im Rahmen eines Sonderfrageprogramms zur Frankfurter Bürgerbefragung deuten alle auf die dauerhafte Bedeutung gelingender Sprachförderung hin. Insbesondere das im Integrations- und Diversitätskonzept formulierte Ziel der Handlungslinie HL 23 („Differenziertes Deutschangebot sicherstellen“), dass möglichst „alle Kinder bei der Einschulung über angemessene Deutschkenntnisse verfügen“ (STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 65), scheint aktuell noch nicht erreicht. Dies hängt auch damit zusammen, dass die bestehenden Programme noch nicht in die Breite gebracht wurden. Das Stadtschulamt hat hier mit der Etablierung des Programms „wortstark“ eine Grundlage geschaffen. Anknüpfend an die Handlungslinien HL 11 („Gesamtstädtische Strategien verfolgen“), HL 12 („Stadtteile als gemeinsamen Raum fördern“) und HL 14 („Entwicklung von Stadtteilen fördern“) des Integrations- und Diversitätskonzeptes ist das AmkA aktuell damit befasst, Ansätze und Projekte im Bereich Sprachförderung flächendeckend und stadtteilnah zu erweitern. Das AmkA steht hierbei in regelmäßigem Austausch mit dem Stadtschulamt wie auch mit Kita Frankfurt. In Zusammenhang mit Ziel 36 („Kriterien für Kooperation und Förderung standardisieren“) hat das AmkA zudem damit begonnen, das Programm „Home Instruction for Parents of Preschool Youngsters“ (HIPPY) gemeinsam mit dem Jugend- und Sozialamt auf einen stadtteilübergreifend einheitlichen Standard zu bringen. Deutschkenntnisse wie auch Mehrsprachigkeit können am leichtesten in den ersten Lebensjahren erworben werden. Vorschulische Sprach- und Bildungsangebote sowie ein möglichst frühzeitiger Kindergartenbesuch besitzen
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Zusammenfassende Betrachtung und Handlungsansätze
daher Priorität und sind gegenüber späteren kompensatorischen Maßnahmen vorzuziehen. Bei den Betreuungsangeboten für die Altersgruppe unter drei Jahren deuten die Ergebnisse des Integrations- und Diversitätsmonitorings auf eine Unterrepräsentation von Kindern mit Migrationshintergrund hin, sodass eine verstärkte zielgruppenspezifische Informationspolitik entsprechend der in der Befragung aufgezeigten Strategien der Zielgruppenansprache und -information förderlich sein kann. Eine stärkere Beteiligung setzt jedoch auch voraus, dass genügend Kinderkrippenplätze vorhanden sind. Daher kommt einem weiteren Ausbau der Kindergartenplätze weiterhin zentrale Bedeutung zu. Im Sinne der Handlungslinie HL 20 („Spracherwerb begleiten“) ist es – neben dem möglichst frühen Einsetzen einer Sprachförderung – außerdem wichtig, dass Sprachförderprogramme und -konzepte, ebenso wie die Sprachbildung allgemein, möglichst kontinuierlich erfolgen kann und in den Übergängen des Bildungssystems nicht abreißt (vgl. FILSINGER 2008: S. 17). Zentrale Bedeutung kommt außerdem dem Stellenausbau sowie der Qualifizierung der Fachkräfte zu (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR GESUNDHEIT 2012: S. 140; B275/2013). Im Zuge der interkulturellen Öffnung nehmen Fortbildungen in interkultureller Kompetenz sowie zu Ansätzen der sprachlichen Bildung und Nutzung der Synergien beim Spracherwerb wie auch Kenntnisse zur Einschätzung des Sprachstandes von Kindern eine wichtige Stellung ein (vgl. SCHROEDER 2007: S. 9, S. 11). Der Einsatz von sprachdiagnostischen Verfahren macht dabei nur abgestimmt auf spezifische Programme oder interkulturelle Verfahrensweisen Sinn. Seltener wird thematisiert, ob Fachkräfte die vorhandenen Förderangebote und Vermittlungsmöglichkeiten genügend kennen und nutzen, ob für Sprachförderung und -beobachtung im Alltag überhaupt zeitliche (und finanzielle) Ressourcen zur Verfügung stehen und ob Interkulturalität und Sprache in den Kita-Teams – z.B. in Rücksprachen – eine regelmäßige Rolle spielen. In diesem Zusammenhang hat Kita Frankfurt im Jahr 2007 Sprachförderbeauftragte in den städtischen Kinderzentren eingeführt und entwickelt aktuell in Zusammenarbeit mit dem AmkA Projekte, um interkulturelle Aspekte auf organisationsstruktureller Ebene und in der Personalqualifizierung in Zukunft noch stärker zu berücksichtigen.
sack-Programme – sowie ergänzende Förderung durch Vorlesen und Kommunikationsförderung (vgl. MICHEEL ET. AL. 2013: S. 11). Auch die flankierende Sprachförderung bei Eltern mit Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache ist wichtig (vgl. BECKER & BECK 2011: S. 130). Angebote, welche Aspekte der Familien- und Leseförderung sowie gezielten Vorbereitung von Eltern und Kindern auf das Bildungssystem dienen, sind dabei zu bevorzugen. In Bezug auf die Handlungslinien HL 19 („Frühe Deutschförderung ausbauen“) und HL 27 („Familien unterstützen“) plant das AmkA daher, das Programm HIPPY und die Mama-LerntDeutsch-Kurse weiter auszubauen. Die Stadtbücherei und die städtischen Kitas unterstützen Kinder, Jugendliche und Familien durch Angebote der Leseförderung. Auch die möglichst frühe Teilnahme an einem Integrationskurs des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von zugewanderten Müttern und die Möglichkeit einer direkten Wiederteilnahme nach der Geburt eines Kindes werden in Verbindung mit der Handlungslinie HL 20 („Spracherwerb begleiten“) als wichtige integrationspolitische Instrumente angesehen. Seit der Einführung eines Rechtsanspruches auf einen Kitaplatz bzw. auf Betreuungsgeld zum 01.08.2013 wurde die Finanzierung des Angebots der integrationskursbegleitenden Kinderbetreuung durch das BAMF eingestellt. Das AmkA prüft für die Gruppe der U1-Kinder aktuell verschiedene Ansätze, um die wegfallenden Mittel des Bundes auf kommunaler Ebene zu kompensieren. Anhaltender Bedarf in Verbindung mit der Handlungslinie HL 20 („Spracherwerb begleiten“) wird des Weiteren bei Maßnahmen der Alphabetisierung und zum Aufbau berufsbezogener Deutschkenntisse für Erwachsene gesehen. Insbesondere die Förderung in berufsbezogenem Deutsch gewinnt angesichts der aktuellen Diskussion um Fachkräftemangel sowie der gestiegenen Zuwanderung nach Frankfurt am Main an Bedeutung. Zu weiteren Einzelheiten zur Ausgangslage und zu Entwicklungen sowie zu weiteren Maßnahmen und Beispielen der Tätigkeit der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main siehe Kapitel 5.2.
Bildung und Schule Neben dem möglichst frühzeitigen Einsatz von Lern- und Förderkonzepten spielt die Möglichkeit zum regelmäßigen Gebrauch und Einüben von Sprachen im näheren sozialen Umfeld sowie die Leseförderung in der Familie eine wichtige Rolle. Von Bedeutung ist vor diesem Hintergrund die Einbeziehung der Eltern in die Sprachförderung – z.B. durch Eltern-Kind-Trainings oder Ruck-
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Auf der Grundlage kommunaler Zuständigkeiten und Möglichkeiten wurde die Fortbildung von Fachkräften sowie die Beratung von Bildungseinrichtungen in den Bereichen „Deutsch als Zweitsprache“ und „Interkulturelle Kompetenz“ verstärkt. Der Bereich der Elternberatung und Elternarbeit wird in verschiedenen Programmen weiter ausgebaut.
[Handlungslinien 25 bis 33 des Integrations- und Diversitätskonzepts] Im Themenfeld „Bildung und Schule“ wird eine fortbestehende Notwendigkeit einer stärkeren Berücksichtigung von interkulturellen Unterrichtsmodellen und DaZ-Qualifikationen sowie Kompetenzen im Umgang mit kultureller Vielfalt in der Aus- und Fortbildung von Fachkräften gesehen. Auf die Lehrerausbildung und -einstellung und die Träger der Lehrerbildung kann die Stadt Frankfurt am Main jedoch kaum Einfluss nehmen. Auch auf das Angebot an herkunfts- sowie mehr- und fremdsprachigen Unterrichtsinhalten hat die Stadt Frankfurt am Main keinen direkten Einfluss. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass auch im Sprachangebot Vielfalt in allen Schulzweigen und -stufen herrschen sollte. Die Herkunftssprachen der mehrheitlich in Frankfurt am Main lebenden Migrantinnen und Migranten sind im schulischen Fremdsprachenangebot unterrepräsentiert oder in der Fortsetzung erschwert. Auch der Unterricht in der Herkunftssprache hat mit dem Entfallen der Versetzungsrelevanz sowie der Entscheidung des Landes Hessen, Lehrerstellen in diesem Bereich nicht mehr zu ersetzen und den Unterricht sukzessive in die Verantwortung der Herkunftsstaaten zu überführen, in der öffentlichen Wahrnehmung wie auch von der Schülerzahl her an Gewicht verloren (vgl. BENDER-SZYMANSKI 2007: S. 171f.). Für die interkulturelle Öffnung der Schule ist der angemessene Umgang mit Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung und Ressource, die auch im Regelunterricht nutzbar gemacht werden sollte, unverzichtbar (vgl. SCHROEDER 2011: S. 90f.; FILSINGER 2008: S. 17; GOGOLIN 2007: S. 21). In diesem Zusammenhang ist auch die Forderung zu verstehen, Türkisch als dritte Fremdsprache zu ermöglichen und die Ergebnisse herkunftssprachlichen Unterrichts als Noten ins Zeugnis aufzunehmen. Eine Durchführung des fremd- und herkunftssprachlichen Unterrichts in „Sonderklassen“ bzw. Ergänzungsunterricht außerhalb des normalen Unterrichts scheint weder aus Gesichtspunkten der Interkulturalität zielführend noch motivierend. In Zusammenhang mit HL 25 des Integrations- und Diversitätskonzepts („Kommunales Steuerungsmodell umsetzen“) wurden die Ansiedlung von sogenannten „Magnetschulen“ und die Zuweisung von Lehrerstunden oder Bildungsgutscheinen auf Schulen als Ansatzpunkte zur Verhinderung schulbezogener Segregation diskutiert (vgl. MORRIS-LANGE ET. AL. 2013: S. 18 – 25; FILSINGER 2004: S. 39; B275/2013). Das Neuzuschneiden von Schulbezirken ist aufgrund stadtteilspezifischer Gegebenheiten dagegen nur selten möglich. Als „Magnetschulen“ bezeichnet man Schulen, die durch innovative (auch: interkulturelle) Angebote und attraktive Schulprofile Kinder aus bildungsnahen Familien zum Schulbesuch in sozial benachteiligten bzw.
segregierten Stadtteilen bewegen sollen (vgl. GEBHARDT 2013: S. 36). Mit Blick auf den Ausbau von Schulen bietet es sich an, attraktive Schulen auch in benachteiligten Gebieten anzusiedeln – wie dies zuletzt in Frankfurt am Main mit der Ansiedlung einer neuen gymnasialen Oberstufe im Stadtteil Gallus neben dem entstehenden Europaviertel geschehen ist. Bei der Verteilung zusätzlicher Stellen nach einem Sozialindex auf Schulen mit hohem Anteil an Schülerinnen und Schülern mit sozialen Benachteiligungen wird kritisiert, dass keine inhaltliche Auseinandersetzung mit oder Honorierung von erfolgreichen und innovativen Ansätzen erfolgt (vgl. MEYERHÖFER 2013: S. 25f.). Eine pauschale Ausschüttung von Geldern oder Stellen auf Schulen oder Kitas mit hohem Migrantenanteil oder Anteil an sozial-benachteiligten Kindern bzw. Jugendlichen ließe zudem außer Acht, dass oft übergeordnete institutionelle und interkulturelle Faktoren eine Rolle spielen. Zum anderen existieren auch innerhalb der Bevölkerung mit Migrationshintergrund unterschiedliche Bildungsmuster und Zusammenhänge mit dem sozialen Status. Ein aktueller Ansatzpunkt der interkulturellen Elternarbeit im Rahmen des Projekts „Bildungsorientierte Elternarbeit“ (BE) des AmkA besteht in dieser Hinsicht und in Zusammenhang mit dem Grundsatzziel Ziel 4 („Beteiligung an Entscheidungen ausbauen“) darin, gezielt darauf hinzuwirken, dass Eltern mit Migrationshintergrund stärker an der Gestaltung von Bildungsprozessen und -strukturen beteiligt werden. Im Zusammenhang mit HL 27 des Integrations- und Diversitätskonzepts („Familien unterstützen“) hat das AmkA damit begonnen, die Idee des Programms „Bildungsorientierte Elternarbeit (BE)“ auszuweiten, in dem Lehrerinnen und Lehrer zu den Themen „Interkulturalität“, „Umgang mit Mehrsprachigkeit“ und „Deutsch als Zweitsprache“ qualifiziert sowie schulbezogene Projekte der interkulturellen Elternarbeit unterstützt werden. In dem neuen Programm „Elternbeteiligung in der Schule“ fördert das AmkA in Kooperation mit dem Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main verschiedene Schulen aller Schulformen, um neue Ansätze auszuprobieren, die Eltern verstärkt in die Schulkarriere ihrer Kinder einbinden. Auch das Programm HIPPY soll durch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Jugend- und Sozialamt und AmkA und Bündelung des HIPPY-Budgets im AmkA zukünftig auf weitere Stadtteile und Familien ausgedehnt werden. Dazu wird es in gemeinsamer Verantwortung vom AmkA und dem Jugend- und Sozialamt in neue Trägerstrukturen überführt und stadtweit auf einen einheitlichen Standard gebracht. Grundsätzliches Ziel soll es dabei zukünftig sein, Integrationsarbeit nicht nur für Familien mit Migrationshintergrund, sondern verstärkt gemeinsam mit Familien mit Migrationshintergrund zu organisieren.
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Eine Möglichkeit, die Interkulturalität von Schulen zu honorieren und dadurch attraktiv zu machen, besteht darin, diese durch ein Zertifikat auszuzeichnen. Das AmkA plant Bildungseinrichtungen im Rahmen seiner Bildungsprogramme stärker konzeptuell sowie durch Beratung und Schulung in den Bereichen „Deutsch als Zweitsprache“, „kulturelle und Sprachvielfalt“ sowie „Meinungs- und Sprachvielfalt“ zu unterstützen. In Zusammenhang mit den schulorganisatorischen Modellen wird immer wieder der Ausbau von ganztägigen Schulformen eingefordert. Dabei werden auf der einen Seite Argumente eingebracht, die mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zusammenhängen (vgl. HL 48, STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 77), auf den anderen Seite wird argumentiert, dass diese Schulform vor allem strukturell benachteiligten Kindern und Jugendlichen zugutekommt (vgl. FILSINGER 2008: S. 18). Auch wenn Studien sowie Analysen der amtlichen Statistik darauf hindeuten, dass Kinder mit Migrationshintergrund an Ganztagsschulen leicht bessere Übergangsquoten erzielen, wird hier noch weiterer Forschungsbedarf gesehen. Dies betrifft insbesondere die Frage, wie der erzielte Bildungserfolg mit dem pädagogischen Profil und anderen inneren Rahmenbedingungen der Schule zusammenhängt (vgl. hierzu noch den Abschnitt „Vertiefende Studien“ in diesem Kapitel). Im Sinne der Handlungslinien HL 14 („Entwicklung von Stadtteilen fördern“), HL 27 („Familien unterstützen“) sowie HL 28 („Institutionen vernetzen“) kann dem Ausbau von Ganztagsschulkonzepten durch die Stadt Frankfurt am Main in Vernetzung mit Projekten der „Jugendhilfe in der Schule“ eine Chance in Zusammenhang mit einer sozialräumlichen Bildungsstrategie zukommen – wenn es gelingt, verschiedene Akteure in das Bildungsgeschehen sowie die Bedürfnisse und Ausgangssituation der Familien im Stadtteil miteinzubeziehen (vgl. BMBF 2012: S. 42; FILSINGER 2008: S. 19; S. 28). Auch hier wird weiterer Bedarf zur Erforschung der Bedingungen gesehen, unter denen in dieses Zusammenwirken in Frankfurt am Main besonders gut gelingt bzw. gelingen kann. Zu weiteren Einzelheiten zur Ausgangslage und zu Entwicklungen sowie zu weiteren Maßnahmen und Beispielen der Tätigkeit der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main siehe Kapitel 5.3.
Gesundheit und Alter Neben Fortbildungsreihen und Arbeitszirkeln zu interkulturellen Aspekten werden im Gesundheitsbereich sowie in der Altenhilfe zunehmend interkulturelle Projekte zur
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niedrigschwelligen Angebotsgestaltung für Menschen mit Migrationshintergrund angestoßen. [Handlungslinien 47 und 53 des Integrations- und Diversitätskonzepts] Der Bedarf an professionellen religions- und kultursensiblen Angeboten der Altenhilfe sowie Unterstützungsangeboten für ältere Migrantinnen und Migranten wird in Zukunft weiter steigen. Im Zusammenhang mit der Handlungslinie HL 47 („Älteren Generationen helfen“) kooperiert das AmkA erfolgreich mit dem Jugend- und Sozialamt. Die Kooperation wurde durch die gemeinsame Durchführung des Fachforums „Altenhilfe für ältere Migrantinnen und Migranten in Frankfurt am Main“ im Jahr 2013 auf eine neue Grundlage gestellt. Bei der Fortführung der Arbeit werden die abgeleiteten Handlungsvorschläge gezielt berücksichtigt. Als ersten Schritt hat das AmkA im Jahr 2014 damit begonnen, eine Fortbildungsreihe zum Thema „Interkulturelle Öffnung“ für Akteure aus dem Bereich der Altenhilfe und Migrationsarbeit sowie für Vertreterinnen und Vertreter von Migrantenorganisationen und religiösen Zuwanderergemeinden durchzuführen. Die Fortbildungsreihe wird wieder als Kooperation zwischen dem AmkA und dem Jugend- und Sozialamt umgesetzt. Das Projekt „Interkulturelle Hilfestellung in Rentenfragen“, welches ebenfalls in Kooperation mit dem Versicherungsamt des Jugend- und Sozialamts durchgeführt wird, ist ein Beispiel dafür, wie institutionelle Hürden wirksam abgebaut werden können. Einen zentralen Ansatzpunkt bildet hierbei die Schulung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren mit Migrationshintergrund und deren Einsatz als Rentenhelferinnen und Rentenhelfer. Auch bei der Bewegungsförderung für Seniorinnen und Senioren sollten interkulturelle Aspekte stärker in den Vordergrund rücken. Das AmkA setzte hier im Jahr 2014 zum zweiten Mal die Schulung „Im Alter in Form“ als Kooperation zwischen dem Gesundheitsamt und AmkA gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) und dem Evangelischen Regionalverband um. Zunehmend wird auch über Ansätze einer kultursensiblen Aufklärung und Früherkennung von Demenz diskutiert. Es existieren eine Reihe von demenzspezifischen Aspekten, welche besonders Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund betreffen und die zukünftig in der Praxis stärkere Beachtung finden sollten (vgl. SÜTTERLIN ET. AL. 2011: S. 41f.). So verlieren Migrantinnen und Migranten mit Demenz meist ihre deutschen Sprachkenntnisse, was auch ein Problem für die gängigen sprachlastigen Verfahren zur Früherkennung von Demenz darstellt. Außerdem gestaltet sich die rechtliche Betreuung oftmals komplexer, da neben Sprachkenntnissen z.T. auch
Kenntnisse zur Bearbeitung von Vorgängen im / aus dem Herkunftsland notwendig sind. Verstärkte Fortbildungen des Personals in interkultureller Kompetenz sowie Förderung der sprachlichen und herkunftsbezogenen Vielfalt des Personals sind nicht nur im Bereich Altenhilfe wichtig, sondern werden auch im Bereich der Drogenhilfe sowie aus einer generellen gesundheitspolitischen Perspektive als sinnvoll erachtet (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – DROGENREFERAT 2011: S. 44; B161/2012: S. 2). Im Zusammenhang mit Handlungslinie HL 53 („Gesundheitsversorgung sicherstellen“) des Integrations- und Diversitätskonzepts ist darauf hinzuweisen, dass insbesondere das Frankfurter Gesundheitsamt in den vergangenen Jahren viele interkulturelle Projekte und Konzepte entwickelt hat. In Verbindung mit Handlungslinie HL 4 des Integrations- und Diversitätskonzepts („Information und Zugänge vereinfachen“) zeigen diese Ansätze, dass eine niederschwellige Ausgestaltung von Angeboten und Vernetzung vor Ort wichtige Faktoren der interkulturellen Öffnung von Gesundheitsangeboten darstellen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – DROGENREFERAT 2011: S. 105; B425/2011: S. 12; STARK ET AL. 2007: S. 98). Als Beispiele sind hier der Einbezug von Menschen mit Migrationshintergrund sowie von Migrantenselbsthilfeorganisationen in die Angebotsgestaltung als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren bzw. Lotsinnen und Lotsen sowie die Entwicklung von Gesundheitsnetzwerken und -initiativen zu nennen. Eine weitere Berücksichtigung dieser Faktoren und der Ausbau entsprechender Aktivitäten werden als sinnvoll erachtet. Die Ergebnisse der Kindergesundheitsberichterstattung belegen, dass Kinder mit Migrationshintergrund häufiger Übergewicht und Entwicklungsauffälligkeiten aufweisen (vgl. STADT FRANKFURT – AMT FÜR GESUNDHEITSWESEN 2012: S. 80ff. sowie B37/2011: S. 5). In Vorstudien zur Sportentwicklungsplanung konnte außerdem eine geringere Aktivitätsquote bei der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit festgestellt werden (vgl. ECKL ET. AL. 2010: S. 42). Somit nehmen Programme zur Information über Ernährungsfragestellungen und zur Bewegungsförderung nicht nur bei Seniorinnen und Senioren, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine wichtige Rolle ein. Das Sportamt, das Jugend- und Sozialamt sowie das Stadtschulamt sind mit verschiedenen Programmen und Projekten für verschiedene Altersgruppen tätig. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Bevölkerung mit Migrationshintergrund durch aktive Informations- und Beratungspolitik – entsprechend der in der Befragung vorgeschlagenen Strategien – gezielt verstärkt für solche Projekte zu gewinnen.
Zu weiteren Einzelheiten zur Ausgangslage und zu Entwicklungen sowie zu weiteren Maßnahmen und Beispielen der Tätigkeit der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main siehe Kapitel 5.6.
Zusammenhalt und (Zusammen)Leben im Stadtteil Neben vielen stadtteilbasierten Projekten und Förderungen finden Beratungsleistungen und interkulturelle Öffnungsprozesse von stadtteilbezogen arbeitenden Ämtern und Betrieben statt. Verschiedene Maßnahmen sollen räumlicher Segregation entgegenwirken. Zunehmende Bedeutung kommt der Förderung und interkulturellen Beratung von Vereinen und Initiativen zu. [Handlungslinien 76 bis 79 des Integrations- und Diversitätskonzepts] Im Zusammenhang mit der Handlungslinie HL 12 („Stadtteile als gemeinsamen Raum fördern“) und Handlungslinie HL 14 („Entwicklungen von Stadtteilen fördern“) ist das AmkA aktuell damit beschäftigt, viele seiner Angebote und Projekte stärker auf einen stadtteilbasierten Ansatz umzustellen und im Stadtteil mit anderen Angeboten zu vernetzen. Dies gilt insbesondere für die Sprach- und Familienprogramme „HIPPY“ sowie „Bildungsorientierte Elternarbeit (BE)“, die in Kooperation mit Schulen, Kindergärten und weiteren Einrichtungen vor Ort umgesetzt werden. Der Prozess wird in enger Kooperation mit Kita Frankfurt, dem Stadtschulamt und dem Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main durchgeführt. Wie bereits im Abschnitt „Befragungsergebnisse“ erwähnt, hat die bei den Ämtern und Betrieben der Stadt Frankfurt am Main durchgeführte Befragung gezeigt, dass allgemeine Informationsstrategien bei der Werbung für Veranstaltungen und Angeboten gegenüber zielgruppenspezifischen bevorzugt werden: Bei den zur Anwendung kommenden Informationsstrategien lag die Werbung über Sozialrathäuser an zweiter Stelle, gefolgt von der Werbung bei Bildungseinrichtungen. Entsprechende Informationsstrategien sind jedoch nur dann auch für die Bevölkerung mit Migrationshintergrund effektiv, wenn die Einrichtungen im Stadtteil interkulturell geöffnet und bekannt sind. Ein Ansatzpunkt, welcher in diesem Zusammenhang – z.B. von der Stadt München – vertreten wird, besteht darin, die Arbeit der Sozialrathäuser verstärkt interkulturell anzuleiten. Hierfür wurde von städtischer Seite z.B. dazu aufgerufen, Zielkataloge und Maßnahmen zur interkulturellen Öffnung zu entwickeln. Innerhalb des Projekts „Interkulturelle Qualitätsentwicklung im Sozialraum“ können
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Zusammenfassende Betrachtung und Handlungsansätze
regionale Einrichtungen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerdem ein Coaching und Schulungen in „Interkultureller Orientierung und Öffnung“ erhalten (vgl. HANDSCHUCK 2013: S. 17ff.). Im Zusammenhang mit Handlungslinie HL 50 und Ziel 34 („Konflikte verhindern und nutzen“) des Integrationsund Diversitätskonzepts hat das AmkA im Jahr 2014 in Kooperation mit dem Ordnungsamt und dem Personal- und Organisationsamt in mehreren Terminen eine Schulung der Stadtpolizei in „interkultureller Verständigung“ durchgeführt. Im Jahr 2013 wurde im Rahmen einer Arbeitsgruppe gemeinsam mit dem Stadtplanungsamt, der Bauaufsicht, dem Jugend- und Sozialamt und dem Liegenschaftsamt der Leitfaden „Religiöse Bauten“ ausgearbeitet. Er soll zukünftig vorsteuernd dazu beitragen, öffentlichen Dissens sowie fehlende Informationen über Entscheidungs- und Verfahrensgrundlagen zu vermeiden. In Kooperation mit dem Jugend- und Sozialamt, dem Stadtschulamt, dem Präventionsrat, dem Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main und dem Polizeipräsidium Frankfurt am Main, dem Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) sowie dem Hessischen Landesamt für Verfassungsschutz hat das AmkA einen runden Tisch gegründet und damit begonnen. Durch Schulungen zum „Umgang mit radikalisierten Jugendlichen“ wurden zudem erste Schritte unternommen, um Radikalisierungstendenzen in der Stadt und den Stadtteilen aufzufangen. Die beim AmkA ab dem Jahr 2015 tätige Stelle für Antiradikalisierung soll diese Arbeit fortführen und sich dabei in ihrer Arbeit an die gesamte Bevölkerung richten. Im Zusammenhang mit Handlungslinie 17 („Segregation entgegenwirken“) und Handlungslinie 15 („Wohnungspolitik anpassen“) des Integrations- und Diversitätskonzepts besteht eine dauerhafte Aufgabe darin, für eine ausgewogene soziale Struktur in den Stadtteilen zu sorgen sowie Verdrängungstendenzen entgegenzuwirken. Hier wurde immer wieder auf die Rolle des Frankfurter Vertrages und die Notwendigkeit hingewiesen, anhaltend geförderten Wohnraum für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen in allen Stadtteilen zur Verfügung zu stellen. Allerdings ist die Zahl der öffentlich geförderten Miet- und Sozialwohnungen, die der Mietpreisbindung und dem Belegungs(vorschlags)recht der Wohnungsvermittlung der Stadt Frankfurt am Main unterliegen, rückläufig. Durch auslaufende Bindungen wird sie sich – trotz verstärktem Ankauf von Belegrechten – voraussichtlich weiter verringern (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 54; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013: S. 35). Hinzu kommen Kürzungen im Bund-Länder-Programm „Soziale
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Stadt“. Dies kann eine Verdrängung von Wohnraumbedürftigen und sozial schwachen Einwohnerinnen und Einwohnern zur Folge haben. Das Amt für Wohnungswesen hat hier bereits erste Maßnahmen getroffen und achtet verstärkt darauf, dass gezielt Haushalte versorgt werden, deren Versorgungsquote besonders niedrig ist (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013b: S. 54). Die angespannte Situation auf dem freien Wohnungsmarkt kann dazu führen, dass vorhandene Diskriminierungsbarrieren und soziale Ausschlusskriterien noch stärker zum Tragen kommen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – JUGEND- UND SOZIALAMT 2012: S. 97; KRUMMACHER 2011: S. 201; BRÜNNER 2003: S. 203). Als wirksamstes Mittel, um sowohl der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt als auch der sinkenden Zahl von geförderten Wohnungen entgegenzuwirken, gilt die Schaffung von Wohnraum (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 35; LÜKEN-KLAßEN 2007: S. 31). Die Stadt Frankfurt am Main hat ihre Anstrengungen, den Wohnungsmarkt zu entlasten, in jüngster Zeit intensiviert. Zuletzt wurden die kommunalen Fördermittel zum Erwerb von Belegrechten für die kommunale Wohraumversorgung im Haushalt 2015/16 aufgestockt. Um nicht allein der räumlichen Segregation – im Sinne einer ausgewogenen Verteilung von Bevölkerungsgruppen – entgegenzuwirken, ist eine Gestaltung des interkulturellen Zusammenlebens durch weiche Faktoren von Bedeutung. Hierzu zählen z.B. auch die Stärkung der Vereinsaktivität und der Einbezug von Menschen mit Migrationshintergrund in Vereine (vgl. ECKHARDT & MERKEL 2010: S. 93f.). Diesbezüglich hat das AmkA durch die Organisation eines Jahrestreffens für Migrantenvereine und -initiativen in den Jahren 2013 und 2014 den Grundstein für die Umsetzung eines Dialogtags im Sinne von Ziel 42 („Zentrale Veranstaltungen organisieren“) des Integrations- und Diversitätskonzepts gelegt. Auch Sport- und Kulturvereine und kulturelle sowie Sport-Aktivitäten im Stadtteil können dazu beitragen, soziale Kontakte aufzubauen sowie Vorurteilen und einem schlechten Stadtteilimage entgegenzuwirken (vgl. LÜKEN-KLAßEN 2007: S. 32). Im Zusammenhang mit HL 5 („Gegenseitige Wertschätzung einfordern“) möchte das AmkA in Zukunft stärker kleinere Kulturvereine und wenig bekannte Sportarten unterstützen, um damit ein Angebot zu fördern, welches noch stärker der kulturellen und Interessensvielfalt der Stadt Frankfurt am Main gerecht wird. In Verbindung mit Handlungslinie HL 15 („Wohnungspolitik anpassen“) kommt auch der Eigentumsbildung eine wichtige Rolle zu. Wohneigentum vermindert Fluktuation und hat stabilisierende Wirkungen gerade auch auf benachteiligte Wohngebiete (vgl. HAUSMANN 2013:
S. 438). Um auch einkommensschwächeren Migrantenhaushalten die Bildung von Wohneigentum zu ermöglichen, können Ansätze für gemein- und genossenschaftliches Wohnen Erfolg versprechend sein (vgl. HAUSMANN 2013: S. 443; STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR WOHNUNGSWESEN 2013a: S. 50; BMVBS 2010b: S. 36; S. 42ff.). Menschen mit Migrationshintergrund kennen sich jedoch vermutlich mit dieser Wohnform (wie auch mit den Wohnfördermöglichkeiten) weniger aus. Daher ist es wichtig, diese Bevölkerungsgruppe durch aktive Informations- und Beratungspolitik – entsprechend der in der durchgeführten Befragung vorgeschlagenen Strategien – gezielt zu informieren und verstärkt für solche Projekte zu gewinnen. Auch bei anstehenden Privatisierungen und der Neuschaffung von Wohnungsbeständen (z.B. der städtischen Wohnungsbaugesellschaften) sollte auf Informationsstrategien zurückgegriffen werden, welche den Einbezug der Bevölkerung mit Migrationshintergrund sicherstellen (vgl. BMVBS 2010b: S. 36; S. 41f.; HANHÖRSTER 2005: S. 36). Zu weiteren Einzelheiten zur Ausgangslage und zu Entwicklungen sowie zu weiteren Maßnahmen und Beispielen der Tätigkeit der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main siehe Kapitel 5.5.
Wirtschaft und Arbeit Die Stadt Frankfurt am Main unterhält verschiedene Arbeitsmarktprogramme und -projekte für unterschiedliche Zielgruppen. In Fortbildungen und Netzwerken werden Fragen zur beruflichen Integration und Qualifizierung sowie zur Förderung migrantischen Unternehmertums bearbeitet. Ein wichtiges Element bildet die Förderung berufsbezogener Deutschkenntnisse. [Handlungslinien 34 bis 40 des Integrations- und Diversitätskonzepts] Bedingt durch geringe Qualifizierung und die fehlende Anerkennung von Abschlüssen ist bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ein höheres (Langzeit)Arbeitslosigkeitsrisiko zu beobachten. Die Stadt Frankfurt am Main wendet sich seit Jahren und seit dem Jahr 2012 verstärkt mit dem Frankfurter Arbeitsmarktprogramm (FRAP) mit Maßnahmen an Langzeitarbeitslose, an sozial benachteiligte Jugendliche und Erwachsene mit besonderen Förderbedarfen sowie Personen mit multiplen Problemlagen und intensivem Unterstützungsbedarf. Auch das Frauenreferat fördert gezielt Projekte, die sich an Frauen mit Migrationshintergrund und deren Arbeitsmarktintegration wenden. Die Handlungsmöglichkeiten sind jedoch
begrenzt, zumal die Zuständigkeit für Arbeitssuchende auf der Bundesebene liegt. Ein Ziel des AmkA besteht im Zusammenhang mit der Handlungslinie HL 37 („Integration im Berufsleben fördern“) darin, die im Handlungsfeld „Wirtschaft und Arbeit“ tätigen Akteure interkulturellen Öffnung zu unterstützen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 71). Anhaltender Handlungsbedarf wird dabei u.a. in Zusammenhang mit der Entwicklung von Konzepten in „Deutsch als Zweitsprache und Bildungssprache in der beruflichen Weiterbildung“ gesehen. Auf Initiative und Beteiligung des AmkA wurde hier im Jahr 2010 das Positionspapier „Weiterbildungsbegleitende Hilfen als zentraler Bestandteil adressatenorientierter beruflicher Weiterbildung“ veröffentlicht (vgl. BETHSCHEIDER ET. AL. 2010). Mit dieser Publikation soll der – bislang nur in kleineren Fachkreisen diskutierte – Zusammenhang von Deutsch als Zweit- und Bildungssprache einerseits und beruflicher Qualifizierung andererseits einem breiteren Fachpublikum zugänglich gemacht werden. Gleichzeitig wurden erste Handlungsansätze aufgezeigt. Angesichts der vielfältigen Akteurskonstellationen und Zuständigkeitsstrukturen im Bereich der Beschäftigungsförderung bilden Netzwerke eine wichtige Voraussetzung für gelingende Abstimmung (vgl. FILSINGER 2008: S. 23). Beispiele für erfolgreich in Frankfurt am Main tätige Netzwerke sind das Netzwerk „Jugend und Arbeit“ und das Hessische Landesnetzwerk „Integration durch Qualifizierung (IQ)“, in dem das AmkA zwischenzeitlich die landesweite Koordination übernommen hatte. Verstärkte Aufmerksamkeit sollte im Verbindung mit der HL 32 („Übergänge erleichtern“) weiterhin dem Übergangsmanagement von Schule in Ausbildung zukommen. Wie bereits die Ergebnisse des Integrations- und Diversitätsmonitorings gezeigt haben, münden Jugendliche mit ausländischer Staatsangehörigkeit überproportional häufig in das berufliche Übergangssystem ein und haben ein doppelt so hohes Risiko, die Schule ohne (Haupt)Schulabschluss zu verlassen (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 85f., S. 99f.). Ausgehend von der – im Rahmen des Integrations- und Diversitätsmonitorings festgestellten – geringeren Erwerbstätigenquoten bei Frauen mit Migrationshintergrund sowie in Zusammenhang mit der Handlungslinie 46 („Geschlechtsspezifische Aspekte berücksichtigen“) ergibt sich u.U. ein Unterstützungsbedarf der Erwerbstätigkeit von Frauen mit Migrationshintergrund. Das Frauenreferat und das FRAP unterstützen die Berufstätigkeit von Frauen mit Migrationshintergrund durch die Förderung von innovativen Projekten. Um die Arbeit in diesem Bereich wei-
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6.
Zusammenfassende Betrachtung und Handlungsansätze
terzuführen, sind vertiefende Informationen in Bezug auf die Ursachen der nach wie vor geringeren Erwerbsbeteiligung wichtig. Bundesweite Studien deuten hier auf unterschiedliche Bedingungsfaktoren hin, die auch jeweils zu unterschiedlichen Handlungskonsequenzen führen. Neben der Notwendigkeit passender Betreuungsangebote im Rahmen der im Integrations- und Diversitätskonzept in Handlungslinie 37 („Integration im Berufsleben fördern“) betonten Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden als Faktoren, die zu einer geringeren Erwerbstätigkeit führen können, z.B. die Qualifizierung von Frauen mit Migrationshintergrund, das unterschiedliche Rollenverständnis in Familien mit Migrationshintergrund sowie die fehlende Information über oder finanzielle Belastung der Kinderbetreuung als Faktoren aufgeführt (vgl. SOMMER ET. AL. 2010: S. 80 – 87). Hier wird weiterer Forschungsbedarf gesehen (vgl. hierzu auch den Abschnitt „Vertiefende Studien“ in diesem Kapitel). Im Zusammenhang mit Handlungslinie HL 40 („Fördernetzwerke ausbauen“) wurde im Rahmen des 10-PunktePlans des Oberbürgermeisters und der Integrationsdezernentin nochmals betont, dass es wichtig ist, das Potenzial des „ethnischen Unternehmertums“ bzw. der „migrantischen Ökonomie“ weiterhin zu untersuchen und stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Im Jahr 2013 wurde daher die Studie „Transnationales Unternehmertum in Frankfurt am Main“ (EBNER & WÖSTEN 2013) vom AmkA unterstützt. Darüber hinaus wird die verstärkte Förderung von ausländischen Studierenden durch gezielte Ansprache und Beratung als sinnvoll erachtet. Anknüpfend an den 10-Punkte-Plan ist außerdem eine Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (G.I.Z.) zur Förderung der Fachkräftesicherung sowie Stärkung des migrantischen bzw. transnationalen Unternehmertums in Frankfurt am Main angedacht. Aktuell befinden sich das Integrationsdezernat und das Amt des Oberbürgermeisters diesbezüglich in der Abstimmungsund Planungsphase; ab dem Jahr 2015 sollen inhaltlichpraktische Schritte folgen. Zu weiteren Einzelheiten zur Ausgangslage und Entwicklungen sowie zu weiteren Maßnahmen und Beispielen der Tätigkeit der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main siehe Kapitel 5.4.
Kultur, Freizeit und Sport Die Unterstützung lokaler Kunst- und Kulturinitiativen wird zunehmend ergänzt durch strategische Überlegungen zur interkulturellen Öffnung von Museen und Theatern. Die Vernetzung von Kulturinstitutionen und ver-
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schiedenen Zielgruppen wird gefördert und begleitet. Auch im Bereich des Sports wird vor Ort wichtige interkulturelle Arbeit geleistet. [Handlungslinien 41 bis 44 des Integrations- und Diversitätskonzepts] Im Zusammenhang mit den Handlungslinien HL 41 („Kultur und Kunst vermitteln“) bis 43 („Beteiligung unterstützen“) hat das AmkA Kooperationen mit dem Kulturamt begonnen, z.B. durch die gemeinsame Durchführung des Fachforums „Partizipation und Diversität in der kulturellen Vermittlung“ im Jahr 2012. Die Notwendigkeit, Kultureinrichtungen verstärkt für Migrantinnen und Migranten zu öffnen, ist erkannt. Die im Rahmen des Forums bearbeiteten Themen sollen in der Folge gezielt vertieft werden. Das AmkA hat ferner einen eigenen Arbeitsbereich zur interkulturellen Öffnung von Kultureinrichtungen eingerichtet, der neben Beratungsleistungen städtische Zielgruppen und Kulturinstitutionen in Kontakt bringt und begleitet. Interkulturelle Öffnung bedeutet dabei einerseits das bestehende Angebot durch den Abbau von Barrieren zu öffnen, aber auch Bevölkerungsgruppen als Mitgestalter gezielt in das Angebot mit einzubeziehen. Als vielversprechenden Ansatz erproben verschiedene Frankfurter Museen in Kooperation mit dem AmkA aktuell den Ansatz, Menschen mit Migrationshintergrund und muttersprachlichen Sprachenkenntnissen als Ausstellungsführer zu gewinnen. Im Zusammenhang mit der Handlungslinie HL 43 („Beteiligung unterstützen“) werden partizipative Ansätze und Ansätze der Kulturarbeit, welche unter Einbezug der Bevölkerung oder stadtteil- und quartiersnah umgesetzt werden, als aussichtsreich erachtet. Insbesondere die Unterstützung lokaler Kunst- und Kulturinitiativen im Rahmen von Quartiersmanagement-Ansätzen oder durch Gründung eines Kulturzentrums hat sich in anderen Städten als erfolgreich herausgestellt (vgl. BMVBS 2010: S. 38; S. 50). Auch im Handlungsfeld „Sport“ sind stadtteilspezifisch unterschiedliche Ansätze sinnvoll. Stadtteile, in denen ein hoher Anteil an Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit und/oder Migrationshintergrund lebt, weisen typischerweise eine geringere Sportvereindichte auf. Nach dem Vorbild der interkulturellen Arbeit des Sportkreises im Gallus sollten hier verstärkt niederschwellige Ansätze in Kooperation mit bestehenden sozialen und städtischen Einrichtungen umgesetzt werden. Die wiederholte Auszeichnung von Sportvereinen und kleineren, oft fremdsprachigen Kulturgruppen mit dem Integrationspreis – wie z.B. des „Tiyatro Frankfurt e.V.“ im Jahr 2013 – verweist auf deren Wert für eine gelingende Integration in Frankfurt am Main. Das AmkA und das Integrationsdezernat wollen
auch zukünftig in diesen Bereichen durch gezielte Förderung und Projektarbeit Zeichen setzen, welche Angebote als sinnvoll und wichtig für den interkulturellen Austausch erachtet werden. In Verbindung mit Handlungslinie HL 44 („Kulturelle Bildung fördern“) soll weiterhin ein Schwerpunkt auf die künstlerische und kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen gelegt werden. Im Handlungsfeld „Sport und Freizeit“ und in Zusammenhang mit den Handlungslinien HL 18 („Netzwerke stärken und bilden“) und HL 5 („Gegenseitige Wertschätzung einfordern“) möchte das AmkA in Zukunft stärker auch kleinere Gruppen und wenig bekannte Sportarten unterstützen und hat dazu bereits Kontakt mit dem Frankfurter Sportkreis aufgenommen. Darüber hinaus wird es im Sinne einer interkulturellen Öffnung als wichtig erachtet, gezielt solche Projekte und Vereine zu unterstützen, die interkulturelles Lernen und Zusammenleben durch innovative pädagogische Ansätze und den Einbezug möglichst vielfältiger Bevölkerungsgruppen möglich machen. Eine weitere Abstimmung und interkulturelle Öffnung von Förderrichtlinien verschiedener Ämter bleibt wünschenswert. Zu weiteren Einzelheiten zur Ausgangslage und Entwicklungen sowie zu weiteren Maßnahmen und Beispielen der Tätigkeit der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main siehe Kapitel 5.7.
Interkulturelle Öffnung der Verwaltung Verschiedene Maßnahmen fördern und systematisieren die interkulturelle Personalgewinnung und -entwicklung der städtischen Ämter und Betriebe. Im Amt für multikulturelle Angelegenheiten wird eine neue Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen eingerichtet. [Handlungslinien 59 und 60 des Integrations- und Diversitätskonzepts] Im Rahmen dezernatsübergreifender Zielvereinbarungen definiert der am 03.07.2013 präsentierte 10-Punkte-Plan des Oberbürgermeisters und der Dezernentin für Integration mehrere Aufgabenbereiche der interkulturellen Öffnung als Ansatzpunkte für ein zukünftiges gemeinsames städtisches Handeln. Er stellt ein Beispiel für ein konzertiertes Vorgehen im Sinne von Ziel 35 („Abgestimmte Arbeitspläne erarbeiten“) des Integrations- und Diversitätskonzepts dar. Im Oktober 2014 wurden erste Maßnahmen und Handlungspläne vorgestellt. Das Amt des Oberbürgermeisters, das Personal- und Organisationsamt, das Amt für multikulturelle Angelegenheiten sowie die Dezernate I und XI der Stadt Frankfurt am Main sind aktuell wei-
terhin dabei, praktische Maßnahmen auszuarbeiten und Kooperationen aufzubauen. Die Erhöhung des Anteils der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund und die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in interkultureller Kompetenz bilden nach wie vor den Kern der interkulturellen Öffnung der Verwaltung. Die durchgeführte Befragung hat gezeigt, dass auch die Mehrheit der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main diese Bereiche als sehr wichtig für einen gesamtstädtischen Prozess der interkulturellen Öffnung erachtet. In Hinblick auf die Qualifizierung des Personals in „Interkultureller Kompetenz“ ist das AmkA im Zusammenhang mit der Handlungslinie HL 60 („Strukturen und Kompetenzen weiterentwickeln“) aktuell damit beschäftigt, angefragte Weiterbildungsveranstaltungen mit einzelnen Ämtern umzusetzen und dabei auch mögliche neue Inhalte zu erproben. Anhand der im Jahr 2012 im Auftrag des AmkA erarbeiteten Expertise „KulturKonzepte“ (SARMA 2012) wurden Anregungen und Ansatzpunkte für die interkulturelle Bildung und Weiterbildung eingebracht. Darüber hinaus steht das AmkA in einer regelmäßigen Kooperation mit dem Personal- und Organisationsamt (POA). Langfristig ist zu überlegen, ob die städtische(n) Weiterbildung(en) in „Interkultureller Kompetenz“ (ggf. für bestimmte Mitarbeitergruppen) tatsächlich in eine Pflichtqualifizierung umzuwandeln ist/sind. Zumal einer verpflichtenden Maßnahme in der durchgeführten Befragung der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main noch vor einer freiwilligen bereichsspezifischen Weiterqualifizierung Priorität eingeräumt wurde. Durch die Schaffung einer Koordinierungsstelle für Lesben, Schwule und Transgender nehmen das Integrationsdezernat der Stadt Frankfurt am Main und das AmkA verstärkt ihre Verantwortung für das Thema „Diversity“ im Sinne der Handlungslinien HL 55 („Sexuelle Orientierungen berücksichtigen“) wahr. Mit dieser Verknüpfung der Themen „kulturelle Zugehörigkeit“ und „sexuelle Orientierung“ wird ein wichtiger Schritt in Richtung eines diversitätsgerichteten Diskussions- und Arbeitsprozesses getan, wie er in der Handlungslinie HL 59 („Diversitätsmanagement anwenden“) des Integrations- und Diversitätskonzepts beschrieben ist. Zu weiteren Einzelheiten zur Ausgangslage und zu Entwicklungen sowie weiteren Maßnahmen und Beispielen der Tätigkeit der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main siehe Kapitel 5.8.
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6.
Zusammenfassende Betrachtung und Handlungsansätze
Vertiefende Analysen Neben verschiedenen Berichten und Analysen städtischer Ämter und Betriebe sind bevölkerungsbezogene Entwicklungen in der Stadt Frankfurt am Main auch Gegenstand von wissenschaftlichen Studien. Für gezieltere Steuerungsmechanismen ist auf wichtigen Gebieten eine ämterübergreifende Abstimmung, eine genauere Ursachenermittlung sowie Evaluation von Maßnahmen sinnvoll. [Ziele 40 und 43 des Integrations- und Diversitätskonzepts] Der vorliegende Bericht beschäftigt sich mit der Ausgangssituation in Frankfurt am Main, wie sie sich aus wissenschaftlichen Studien, aus Analysen der amtlichen Statistik sowie aus dem städtischen Berichtswesen darstellt. Er zeigt damit auch auf, in welchen Bereichen noch Informationsbedarf besteht und an welchen Stellen Vertiefungsstudien und -analysen ansetzen könnten. Die Notwendigkeit, derartige Untersuchungen durchzuführen, wurde sowohl in Verbindung mit dem Integrations- und Diversitätsmonitoring wie auch im Integrations- und Diversitätskonzept der Stadt Frankfurt am Main (Ziel 40: „Vertiefende Studien durchführen“ und Ziel 43: „Kooperation mit Hochschulen ausbauen“) festgestellt (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 12; STADT FRANKFURT AM MAIN – INTEGRATIONSDEZERNAT 2011: S. 43). Bei zukünftigen Untersuchungen ist zwischen der Situation, den Bedürfnissen und der Lebenslage der Frankfurter Bevölkerung und den existierenden Integrations- und interkulturellen Projekten, Maßnahmen und Angeboten zu unterscheiden. Die über die amtliche Statistik abbildbaren Aspekte der Lebenslage der Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund werden im Rahmen des Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitorings betrachtet. Allerdings lassen sich mit einem auf amtliche Daten gestütztem Monitoringsystem nur Entwicklungen (im Sinne von Trends) und nicht die Ursachen von Entwicklungen ableiten (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 12). Thematische Ergänzungen und Vertiefungsstudien zu erklärungsrelevanten Faktoren sind hier unerlässlich. Für einen vollständigen Überblick über die integrationsrelevanten und interkulturellen Projekte, Maßnahmen und Angebote in der Stadt Frankfurt am Main und die Ermittlung des Abdeckungsgrades von Aufgabenbereichen in bestimmten Handlungslinien ist es unerlässlich, themenfeldspezifische Übersichten zu den städtisch geförderten Integrationsangeboten sowie zur Tätigkeit der freien Träger zu erstellen. Projekt- und angebotsspezifisch wären außerdem Evaluationsstudien von Interesse. Evaluations-
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studien sind jedoch methodisch aufwändig und i.d.R. nur per Auftragsvergabe in Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen umsetzbar (vgl. B124/2013: S. 3). Im Themenfeld „Spracherwerb und Sprachbeherrschung“ bestehen sowohl im schulischen wie auch im Bereich der Elementarbildung nur geringe Anhaltspunkte darüber, unter welchen Rahmenbedingungen Sprachförderkonzepte wirksam und erfolgreich sind. Ein überzeugendes Evaluationsdesign müsste neben den unterschiedlichen Förderkonzepten und organisatorischen Modellen dabei auch das soziale und familiale Sprachumfeld, Bildungsaspirationen sowie die personellen und zeitlichen Rahmenbedingungen von Förder- und Unterrichtsformen betrachten. Bereits im Integrations- und Diversitätsmonitoring wurde außerdem darauf hingewiesen, dass auch Statistiken zu den gesprochenen Sprachen von Personen mit und ohne Migrationshintergrund sowie zur Zahl der im Rahmen der Integrationskurse bestandenen und nichtbestandenen Sprachprüfungen von Interesse wären (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 191). Damit Ergebnisse im Themenfeld „Bildung und Schule“ Steuerungsrelevanz erlangen können, sollte an Punkten angesetzt werden, bei denen die Stadt Frankfurt am Main steuernd und durch eigene Angebote, Maßnahmen und Projekte eingreifen kann. Dies betrifft in erster Linie die Bereiche Bildungs- bzw. Übergangsmanagement, die Ansiedlung von Schulformen und -standorten sowie die Unterstützung und Beteiligung von Eltern. Für den Aspekt der räumlichen Verteilung und Ansiedlung von Schulformen in Stadtteilen wäre eine Fortsetzung der Analysen aus Kapitel 5.3.1 zur stadtteilspezifischen Verteilung von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund auf Schulformen sinnvoll. Darüber hinaus wurde in dem vorliegenden Bericht die Arbeit der Stadt Frankfurt am Main als Trägerin von Projekten der Jugendhilfe sowie von Ganztagsangeboten aufgegriffen. Mit Blick auf Angebote der Jugendhilfe an der Schule könnte der Inhalt einer prozessbegleitenden Studie darin bestehen, zu ermitteln, wie eine Kooperation zwischen Jugendhilfe, Eltern, Schule und Sozialarbeitern im Sinne eines Bildungsmanagements gelingen kann (vgl. DOLLINGER 2012: S. 38, S. 277; GOGOLIN & REINDERS 2013: S. 3f.; WUNDER 2005: S. 157). Kontrovers diskutiert wird außerdem, welche institutionelle Ausgestaltung und Organisationform von Ganztagskonzepten zu einer Verbesserung der Bildungssituation führen (vgl. RADISCH ET. AL. 2008/2006; WUNDER 2005). Hinsichtlich der Förderung speziell von Kindern mit Migrationshintergrund sollte ein verstärktes Augenmerk auf verbesserte Partizipationschancen (auch der Eltern), die Möglichkeiten stärkerer Hausaufgabenbetreuung und
pädagogischer und sprachlicher Förderung sowie deren Wirkungen auf die Schulleistung bzw. das Sozialverhalten und die soziale Integration gelegt werden (vgl. ARNOLDT & STEINER 2013; MARCUS ET.AL. 2013: S. 16; BMBF 2012: S. 12f., S.20ff.; FISCHER ET. AL. 2010: S. 39; FISCHER ET. AL. 2009: S. 160). Wie auch im Integrations- und Diversitätsmonitoring angemerkt, wären im Zusammenhang mit den internen institutionellen Rahmenbedingungen Statistiken zur Quote der Lehrerinnen und Lehrer mit und ohne Migrationshintergrund an Frankfurter Schulen von Interesse (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 191).
gestaffelten Einbezug von Stadtteilen in einen kommunalen Survey sukzessive einen umfassenden Datenbestand aufzubauen, welcher auch erklärende subjektive Faktoren berücksichtigt. Im Sinne einer Erfassung des städtischen „Sozialen Kapitals“ wäre eine Erfassung der Vereinsgründungsaktivität nach Migrationshintergrund, des ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements sowie der Ursachen und Merkmale von Nicht-Engagement sowie des Voranschreitens des sozialen Kontaktes zwischen Bevölkerungsgruppen von Interesse (vgl. STADT FRANKFURT AM MAIN – AMT FÜR MULTIKULTURELLE ANGELEGENHEITEN 2012: S. 192).
Um konkrete Planungsschritte im Handlungsfeld „Gesundheit und Alter“ einleiten zu können, wäre eine konkrete Einschätzung der gesundheitlichen Bedürfnisse und Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main sinnvoll. Anhand der Recherche „Analyse der Angebotsstruktur in Einrichtungen der Altenhilfe für ältere Migrantinnen und Migranten in Frankfurt am Main“ (vgl. BARG ET. AL. 2013) konnte das AmkA eine Situationseinschätzung zur interkulturellen Öffnung der Altenhilfe einbringen, welche eine Planungsgrundlage ermöglicht. Für eine genauere Einschätzung zur Situation im Krankenhaus- und Gesundheitsbetrieb wären ähnliche ergänzende Studien sinnvoll (vgl. B161/2012: S. 2). Eine derartige Studie sollte die gesundheitliche Situation möglichst auch in Abhängigkeit vom Alter, rechtlichen Status, Umwelt- und sozialen Faktoren und den Arbeitsbelastungen erfassen.
Im Themenfeld „Kultur, Freizeit und Sport“ ließe sich untersuchen, welche Barrieren und mögliche Anreize für Nicht- und Wenig-Nutzer von kulturellen Angeboten bestehen. Darüber hinaus wären eine systematische Erfassung der Kultur- und Sportvereine sowie deren Mitgliederstruktur (nach Migrationshintergrund), Aktivitäten und Unterstützungsbedarfe sinnvoll.
In Zusammenhang mit dem Themenfeld „Zusammenhalt und (Zusammen)Leben im Stadtteil“ sind nur begrenzt repräsentative stadtteilbezogene Daten zu Aspekten der Integration und zu integrationsrelevanten Themen aus Sichtweise der Frankfurter Bevölkerung vorhanden. Eine Ausnahme bilden die Stadtteile Bonames, Bornheim, Eckenheim, Frankfurter Berg, Gallus und Preungesheim, in denen das AmkA in den Jahren 2005 und 2008 eine Integrationsstudie in Auftrag gegeben hat. Aktuell führt das AmkA in einzelnen Stadtteilen Stadtteilanalysen durch, die jedoch eine qualitative Ausrichtung verfolgen und dazu beitragen sollen, die Arbeit der stadtteilbezogenen Projekte des AmkA zu unterstützen sowie Prozesse und Diskussionen im Stadtteil anzustoßen. Ausgenommen von Bevölkerungsstatistiken und den Daten der Agentur für Arbeit liegen viele Statistiken auf Stadtteil- bzw. -bezirksebene nicht vor oder erzielen – insbesondere für die Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit – keine Repräsentativität. Von Interesse wären außerdem Daten, die einen Zuschnitt zulassen, der über die üblichen Stadtteiloder Stadtbezirksgrenzen hinausgeht. Eine Strategie für die Zukunft könnte diesbezüglich darin bestehen, durch
In Zusammenhang mit dem Themenfeld „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung“ wird langfristig eine Befragung unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Frankfurter Stadtverwaltung zur Erfassung des Migrationshintergrundes, internationaler Erfahrungen und interkultureller Kompetenzen als wichtig erachtet. Die hier durchgeführte Befragung der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main konnte in dieser Hinsicht eine erste Einschätzung zum möglichen Ausbildungsstand des Personals der Stadt Frankfurt am Main in interkultureller Kompetenz einbringen. Zur Qualitätssicherung sollten regelmäßig auch Befragungen aller Ämter und Betriebe zu Bedürfnissen im Bereich Personal und Fortbildung – ähnlich der für diesen Bericht umgesetzten Befragung – durchgeführt werden. Für den Bereich Personalauswahl ist eine solche Befragung insbesondere bei den Auszubildenden sinnvoll, da der Geburtsort hier als Indikator nicht ausreicht und seit der Umstellung auf das Online-Bewerbungsverfahren nur als zusätzliche freiwillige Angabe erhoben wird. Um im Handlungsfeld „Wirtschaft und Arbeit“ zu einer Einschätzung der Ursachen der geringeren Erwerbstätigenquote von Frauen mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main zu gelangen, wären ebenfalls ergänzende Analysen notwendig. Bundesweite Studien deuten auf unterschiedliche mögliche Bedingungsfaktoren dieser geringeren Erwerbstätigkeit hin. Zu diesen Faktoren zählen z.B. die Qualifikation, unterschiedliches Rollenverständnis, Qualitätsbedenken, fehlende Information über oder finanzielle Belastung der Kinderbetreuung in Kitas, Kinderbetreuungsmöglichkeiten im sozialen Umfeld wie auch fehlende passgenaue Betreuungsangebote (vgl. z.B. SOMMER ET. AL. 2010: S. 80 – 87). 189
Dieser Bericht konzentriert sich auf eine Sachdarstellung des Handelns der Ämter und Betriebe der Stadt Frankfurt am Main sowie ihre Kooperationen und Fördertätigkeit. Für die Einordnung von Maßnahmen, Entwicklungen sowie die Einschätzung von Rahmenbedingungen wurde auf die Erkenntnisse aus Studien, Berichten und weitere Publikationen zurückgegriffen.
„Integration verlangt, Komplexität ernst zu nehmen und auch im Einzelfall genau hinzusehen. Gesellschaftlicher Wandel ist nicht einfach zu messen. Beobachtete Veränderungen können viele Gründe haben. Indikatorenbezogene statistische Daten bieten eine objektive Informationsgrundlage. Statistiken sind jedoch differenziert auszuwerten. Daher ist ihre Ergänzung um Einzelstudien, qualitative Analysen oder sozialraumbezogene Analysen unerlässlich.“
(Integrations- und Diversitätskonzept: S. 43)
Literatur und vertiefende Studien AK [Bundesweiter Arbeitskreis] Migration und öffentliche Gesundheit (2012): Positionspapier. Berlin: AK Migration und öffentliche Gesundheit / Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Apeltauer, Ernst (2007): Das Kieler Modell: Sprachliche Frühförderung von Kindern mit Migrationshintergrund. In: Ahrenholz, Bernt (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache, Voraussetzungen und Konzepte für die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Freiburg i. B.: Fillibach; S. 111 – 135. Appel, Stefan (2005): Der Ganztagsschultest. In: Appel, Stefan; Ludwig, Harald; Rother, Ulrich und Rutz, Georg (Hrsg.): Jahrbuch Ganztagsschule 2006. Schulkooperationen. Schwalbach/Taunus: Wochenschau Verlag. Arbeitsgruppe Indikatorenentwicklung und Monitoring der Konferenz der für Integration zuständigen Ministerinnen und Minister / Senatorinnen und Senatoren (IntMK) (2011): Integrationsmonitoring der Länder 2005-2009. Teil 2: Datenband. (Hrsg. von der Konferenz der für Integration zuständigen Ministerinnen und Minister / Senatorinnen und Senatoren der Länder). Arnoldt, Bettina und Steiner, Christine (2013): Bieten Ganztagsschulen Eltern mit Migrationshintergrund bessere Bildungschancen? In: Geisen, Thomas; Studer, Tobias und Yildiz, Erol (Hrsg.): Migration, Familie und soziale Lage. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften (VS); S. 105 – 124. B207/2014: Schließung des Jugendhauses Gallus. Bericht des Magistrats vom 13.06.2014.
B496/2013: Humanitäre Sprechstunde für Roma. Bericht des Magistrats vom 04.10.2013. B470/2013: Ein Segregationsmonitoring für Frankfurt. Bericht des Magistrats vom 30.09.2013. B435/2013: Interkulturelle Elternarbeit zur Förderung von Bildungserfolgen junger Migrantinnen und Migranten voranbringen! Bericht des Magistrats vom 06.09.2013. B275/2013: Kindergesundheitsbericht: Nötige Maßnahmen müssen getroffen werden! Bericht des Magistrats vom 27.05.2013. B208/2013: Wie ist Frankfurt auf die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland vorbereitet? Bericht des Magistrats vom 03.05.2013. B181/2013: Sportentwicklungsplanung Frankfurt am Main. Bericht des Magistrats vom 19.04.2013. B125/2013: Diskriminierung in Frankfurt. Bericht des Magistrats vom 08.03.2013. B124/2013: Integrationsmonitoring: Was läuft schief bei der Förderung von Migrantinnen und Migranten? Bericht des Magistrats vom 08.03.2013. B123/2013: Vielfalt bewegt Frankfurt – Handlungslinie 47: Älteren Generationen helfen Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund. Bericht des Magistrats vom 08.03.2013.
B180/2014: Zuwanderung aus Südosteuropa – Situation in Frankfurt am Main. Bericht des Magistrats vom 16.05.2014.
B103/2013: Verteilung der Zuschüsse pro Ortsbezirk beziehungsweise Stadtteil. Bericht des Magistrats vom 22.02.2013.
B590/2013: Situation auf dem Frankfurter Arbeitsmarkt – kommunale Beschäftigungsförderung. Bericht des Magistrats vom 20.12.2013.
B76/2013: Anerkennung von Berufsabschlüssen bei angeworbenen Pflegekräften. Bericht des Magistrats vom 11.02.2013.
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Literatur und vertiefende Studien
B576/2012: Fünf Millionen mehr für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsförderung – Welche Maßnahmen werden im Einzelnen damit finanziert? Bericht des Magistrats vom 21.12.2012.
B111/2008: Stärkung der interkulturellen Kompetenz von Mitarbeitern/-innen. Bericht des Magistrats vom 22.02.2008.
B486/2012: Unterbringung von Asylsuchenden. Bericht des Magistrats vom 19.11.2012.
B33/2007: Angebote zur Sprachförderung in Frankfurts Kindergärten transparent gestalten und mögliche Synergien bündeln! Bericht des Magistrats vom 19.01.2007.
B473/2012: Situation auf dem Frankfurter Arbeitsmarkt – kommunale Beschäftigungsförderung. Bericht des Magistrats vom 02.11.2012.
B564/2004: Interkulturelle Kompetenz definieren und in der Stadtverwaltung umsetzen. Bericht des Magistrats vom 30.08.2004.
B425/2012: Gelingender Start ins Leben am Beispiel eines Stadtteils – Ausbau eines Netzwerkes für Frankfurts Kinder. Bericht des Magistrats vom 14.09.2012.
B672/2001: Familien durch Ganztagsschulen unterstützen. Bericht des Magistrats vom 20.08.2001.
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Stadt Frankfurt am Main – Stadtbücherei (2010): Regionaler Bericht. (Hrsg. von der Stadtbücherei der Stadt Frankfurt am Main), Frankfurt a. M. Stadt Frankfurt am Main – Stadtbücherei [Autorinnen: Schumann, Silke und Dopichaj, Vera] (2009): Bibliothekarische Bedarfseinschätzung (needsassessment) für die Einrichtung lokaler interkultureller Bildungszentren (Local Multicultural Educational Centres) in den Stadtteilbibliotheken Gallus und Sindlingen der Stadtbücherei Frankfurt am Main im Rahmen des Projekts „Libraries for all. ESME.“. (Hrsg. von der Stadtbücherei der Stadt Frankfurt am Main), Frankfurt a. M. Stadt Frankfurt am Main – Stadtschulamt (2012): [Autor: Kinstler, Hans-Joachim] Bildung in Frankfurt am Main. Bildungsbericht 2012. (Hrsg. vom Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, Dezernat Bildung und Frauen, Stadtschulamt), Frankfurt a. M. Stadt Frankfurt am Main – Stadtschulamt (2010): Informationsbrief zum Projekt „wortstark – Sprachliche Bildung in Frankfurter Kitas“ für Träger, F achkräfte und Eltern. Wortstarkaktuell August 2010. (Hrsg. vom Stadtschulamt der Stadt Frankfurt am Main), Frankfurt a. M. Stanat, Petra; Schwippert, Knut und Gröhlich, Carola (2010): Der Einfluss des Migrantenanteils in Schulklassen auf den Kompetenzerwerb. Längsschnittliche Überprüfung eines umstrittenen Effekts. In: Allemann-Ghionda, Cristina; Stanat, Petra; Göbel, Kerstin; Röhner, Charlotte (Hrsg.): Migration, Identität, Sprache und Bildungserfolg. Weinheim / Basel: Beltz; S. 147 – 164. Stark, Sonja; Wangare-Greiner, Virginia und Wolter, Hans (2007): Frankfurter Afrikasprechstunde – Gesundheitsberatung für Menschen mit Migrationshintergrund im Regeldienst. In: Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (Hrsg.): Gesundheit und Integration. Ein Handbuch für Modelle guter Praxis. 2. überarb. Aufl. Berlin: Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration; S. 93 – 99. Statistische Ämter der Länder (2013): Bruttoinlandsprodukt, Bruttowertschöpfung in den kreisfreien Städten und Landkreisen der Bundesrepublik Deutschland 1992 und 1994 bis 2012. Reihe 2, Band 1. Berechnungsstand: August 2013. Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“ (Hrsg.) im Auftrag der Statistischen Ämter der 16 Bundesländer, des Statistischen Bundesamtes und des Bürgeramtes, Statistik und Wahlen, Frankfurt a. M.
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Literatur und vertiefende Studien
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Thränhardt, Dietrich (2012): Zur Bedeutung der Länder im Konzept einer nachhaltigen Integrationspolitik. Gesprächskreis Migration und Integration. Vortrag auf der Konferenz Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen am 10.03.2012 in Bonn. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung (fes). Tiarks-Jungk, Petra (2010): Von der „Afrikasprechstunde“ zu den „Internationalen Humanitären Sprechstunden“: ein Frankfurter Modellprojekt. In: Thamer, Ulrich und Wüstenbercker, Michael (Hrsg.): Gesundheit von Migranten. Frankfurt a. M. / Berlin / Bern / Bruxelles / New York / Oxford / Wien: Lang. Treichler, Andreas (2013): Armut und sozial-räumliche Segregation in der Stadt Frankfurt am Main - Ihre Wahrnehmung und Interpretation durch das Global City-Konzept. In: Migration und Soziale Arbeit 35(1); S. 34 – 43. VDSt [Verband Deutscher Städtestatistiker] (2012): Migrationshintergrund in der Statistik. Definition, Erfassung und Vergleichbarkeit. Materialen zur Bevölkerungsstatistik, Heft 2. Köln: VDSt. Vogel, Stephanie (2011): Interkulturelle Personalentwicklung. Ein Gemeinschaftsprojekt der Städte Bielefeld, Hamm und Münster. Bielefeld / Hamm / Münster: Stadt Bielefeld, Hamm und Münster. Vogel, Dita und Aßner, Manuel (2010): Kinder ohne Aufenthaltsstatus – illegal im Land, legal in der Schule. Berlin: Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). vom Berge, Philipp; Schanne, Norbert; Schuld, ChristopherJohannes; Trübswetter, Parvati; Wurdack, Anja und Petrovic, Ana (2014): Wie sich Menschen mit niedrigen Löhnen in Großstädten verteilen. IAB-Kurzbericht, Nr. 12. Nürnberg: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Wendl, Liselotte (2013): Wie steht es um die Interkulturelle Öffnung? Studenten der Fachhochschule Frankfurt fragen in der Altenpflege nach. In: Seniorenzeitschrift, 1/2014; S. 42 – 43. Weinmann, Martin; Becher, Inna und von Gostomski, Christian Babka (2012): Einbürgerungsverhalten von Ausländerinnen und Ausländern in Deutschland sowie Erkenntnisse zu Optionspflichtigen. Ergebnisse der BAMF-Einbürgerungsstudie 2011. Forschungsbericht Nr. 15. Nürnberg: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
Wetterich, Jörg und Rütten, Alfred (2013): Vereinsbefragung Frankfurt am Main – Abschlussbericht. Stuttgart / Erlangen: Institut für Kooperative Planung und Sportentwicklung GbR (ikps) / Institut für Sportwissenschaft und Sport (ISS). Willke, Gerhart (2006): Pocket Wirtschaft. Ökonomische Grundbegriffe. 2. Aufl. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Wirtschaftsförderung Frankfurt (2014): Jahresbericht 2013. (Hrsg. von der Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH), Frankfurt a. M. Wirtschaftsförderung Frankfurt (2013): Jahresbericht 2012. (Hrsg. von der Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH), Frankfurt a. M. Wollmann, Hellmut (2004): Evaluation und Verwaltungspolitik. Konzepte und Praxis in Deutschland und im internationalen Kontext. in: Stockmann, Reinhard (Hrsg.): Evaluationsforschung. 2. Aufl.. Opladen: Leske + Budrich; S. 205 – 232. Wolter, Hans-Georg (2011): Gesundheit in Deutschland – Vorreiterrolle der „Gesunden Städte“? In: Frankfurter Selbsthilfezeitung, Sommer 2011; S. 4 – 7. Wunder, Dieter (2005): Die Ausbreitung der Ganztagsschule in Deutschland beruht auf unsicheren Grundlagen. In: Appel, Stefan; Ludwig, Harald; Rother, Ulrich und Rutz, Georg (Hrsg.): Schulkooperationen. Jahrbuch Ganztagsschule 2006. Schwalbach/Taunus: Wochenschau Verlag; S. 156 – 168.
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Aktuelle Informationen finden Sie auf unserer Internetseite: www.amka.de Besuchen Sie auch das Integrationsund Diversitätsportal für Frankfurt am Main: www.vielfalt-bewegt-frankfurt.de